Multimeter mit Farbbildschirm

11.03.2003
Glasfaseranalysatoren beherrschen die Kunst der Lokalisation von Schäden. Jetzt feilen die Hersteller die Technik ihrer Geräte weiter aus und versuchen, den Bedienkomfort zu verbessern.

Von: Dr. Klaus Plessner

"Bei der Messung von Glasfasern gibt es weder Grunddisziplinen noch die höhere Kunst", sagte Michaela Marchesani, Marketing-Managerin im Bereich Test und Messung bei Agilent Technologies Deutschland. Es gehe vielmehr darum zu verstehen, wie man eine Glasfaserstrecke messe und wie man mit Glasfasern umgehe. Die optische Messtechnik beherrscht ihr Metier; sie gibt dem Anwender Methoden an die Hand, mit denen er die Funktion seiner Glasfaserstrecken überprüft. Das ist ihre Aufgabe, nicht mehr und nicht weniger.

Das Repertoire von Kabeltestern ist daher gut abgesteckt. Sie messen die Dämpfung optischer Leitungen, bestimmen die Streckenlänge und erkennen, an welcher Stelle der Faser ein Bruch vorliegt. Was die Faserklassen anbelangt, die sich mit einem Analysegerät checken lassen, gebe es keine Richtlinien, so Marchesani. Die Geräte müssen jedenfalls die Wellenlängen und Lichtquellen für Singlemode- und Multimode-Fasern enthalten und auf deren verschiedene Einkoppelbedingungen eingehen. Demgegenüber seien neue Fasertypen zwar auf bestimmte Anwendungen hin zugeschnitten. Ob eine Leitung aber für eine Applikation auch tauglich ist, kann laut Marchesani mit Kabeltestern nicht bestimmt werden. Denn dies hängt von der Bandbreite der Strecke ab, die sich mit den Geräten noch nicht messen lässt.

Verfeinerte Technik

Selbst wenn das Aufgabenfeld optischer Kabeltester vergleichsweise begrenzt ist, verfeinern die Hersteller dennoch die Messmethoden. "Für den Singlemode-Bereich ist die Messung im C- und L-Band von zunehmenden Interesse", kommentierte Nicole Kothe, Marketing-Managerin bei Anritsu Deutschland, den gegenwärtigen Markt. Das entspricht dem DWDM-Wellenlängenbereich (Dense Wavelength Division Multiplexing) von 1530 nm bis 1625 nm. Zudem würden die Anbieter den Anwenderkomfort laufend erhöhen. Sie rüsten ihre Produkte mit Farbbildschirmen aus, verbessern die Software zum Auswerten von Ergebnissen, verkürzen die Messzeiten und geben anwendungsorientierte Messabläufe vor.

Über die Auswahl der Messgeräte entscheidet, ob die getestete Glasfaser zum LAN-Bereich gehört, oder ob sie sich in einem Providernetz über mehrere Kilometer weit erstreckt. Im Firmennetz sind nach Ansicht von Kothe OTDR-Analysatoren (Optical Time Domain Reflectometer) für die Rückstreumessung mit einer hohen Auflösung beziehungsweise kurzen Totzeiten gefragt. Denn diese zeigen dem Anwender den Ort eines Schadens genau genug an, um zu erkennen, an welchem Spleiß oder Stecker er aufgetreten ist.

Hohe Dynamik

Bei Carrier-Installationen dagegen kommt es auf eine hohe Dynamik des Analysators an. Peter Winterling, Senior Solution Specialist Fiber Optic bei Acterna Deutschland, erklärte dies so: "Für Fasern im Weitverkehr, aber auch im Bereich Metro-Netze ist es notwendig, einzelne Ereignisse, die sehr eng beiei-nander liegen, als Einzelereignisse aufzulösen und darzustellen. Deshalb besteht bei OTDR die Grundtendenz, die Dynamik immer weiter zu erhöhen." Nach Einschätzung von Winterling werden heute Geräte mit einer Dynamik von über 40 dB eingesetzt. Damit ließen sich Fasern mit über 150 Kilometer Länge messen. Für spezielle Anwendungen würden gelegentlich auch höhere Dynamikwerte erforderlich. Verfügbar sind heute Geräte mit einer Dynamik von 30 dB bis 45 dB.

Um noch ein besseres Bild des installierten Übertragungsweges zu erhalten, werden Abnahmemessungen nicht nur bei den Wellenlängen 1310 nm und 1550 nm durchgeführt, die später für die Übertragung genutzt werden. Installationsfehler wie eine Biegeradienunterschreitung bei der Verlegung des Kabels sind nach Ansicht von Winterling wesentlich deutlicher bei 1625 nm erkennbar. Üblicherweise messe man heute bei allen drei Wellenlängen.

Bei der Dämpfungsmessung gewinnt das Verfahren der Polarisationsmoden-Dispersion (PMD) an Bedeutung. Der Grund sind die wachsenden Übertragungsraten pro DWDM-Kanal (Dense Wavelength Division Multiplexing). War vor wenigen Jahren noch 2,5 GBit/s die übliche Übertragungsrate, liegt sie heute bei 10 GBit/s. Selbst die ersten 40 GBit/s-Systeme werden bereits in Pilotprojekten realisiert, so der Glasfaserspezialist von Acterna. Um die Tauglichkeit optischer Leitungen für die Übertragung höherer Bitraten festzustellen, seien PMD-Verfahren unerlässlich. Ihr Ergebnis ist dabei installationsabhängig und muss für jede Faser eines Kabels ermittelt werden. Dazu kommen Dämpfungsprofile, welche die Chromatische Dispersion (CD) einer Faser bezeichnen. Diese gibt an, wie stark ein Puls infolge der wellenlängenabhängigen Lichtgeschwindigkeit eines Mediums auseinander läuft.

Kompakte Universalgeräte

Hinsichtlich des "Formfaktors" tendieren die Hersteller zu immer kleineren Kompaktgeräten, die dem Anwender den Einsatz vor Ort erleichtern. Acterna stellt auf der CeBIT ein Universalgerät im Koffer vor, das Produkt "MTS 5000", das mit verschiedenen Modulen OTDR-Messungen, CD- und PMD-Analysen und mehr erlaubt. Ähnliche Produkte hat Agilent im Angebot. Zum Beispiel den "Modular Network Tester" für OTDR- und Dämpfungsmessungen, oder das handliche Gerät "E6000C Mini-OTDR". Der tragbare Kabeltester "MW 9076" von Anritsu ist auf OTDR-Messungen spezialisiert und soll laut Hersteller sowohl im LAN als auch im Weitverkehrsnetz gute Dienste leisten.

Noch ist die Messung an den optischen Systemen von den späteren Anwendungen unabhängig. Dennoch sollte der Netzbetreiber bei der Abnahmeprüfung künftige Applikationen im Auge behalten und entsprechend strenge Maßstäbe setzen. Dazu benötigt er jedoch eine verlässliche Grundlage. In der Zukunft dürften deshalb Methoden für die Analyse der Quality-of-Service eine zunehmend wichtige Rolle spielen.