IBM verhandelt

Mögliche Sun-Übernahme: Was geschieht mit Java und MySQL?

30.03.2009 von Wolfgang Herrmann
Sollte IBM am Ende wirklich Sun Microsystems übernehmen, gibt es einige Software, die künftig doppelt vorhanden ist. Betroffen wären beispielsweise MySQL, Java oder StarOffice.

Sollte IBM den Konkurrenten Sun Microsystems übernehmen, wäre auch die Zukunft etlicher Softwareprodukte ungewiss. An der New Yorker Technologiebörse Nasdaq firmiert Sun Microsystems unter dem Kürzel JAVA. Der Name kommt nicht von ungefähr. Das Management der Kalifornier will damit die Bedeutung der eigenentwickelten und inzwischen weltweit verbreiteten Programmiersprache unterstreichen. Doch trotz der hohen Akzeptanz schaffte es Sun nie, den Erfolg in klingende Münze zu verwandeln. IBM könnte dies möglicherweise besser gelingen, mutmaßen Analysten. Der IT-Konzern gehört seit jeher zu den bedeutendsten Unterstützern von Java und ist einer der großen Treiber im Java Community Process. Trotzdem hat Sun Microsystems bisher das letzte Wort, da Java sein geistiges Eigentum ist. Mit dem Zukauf würde IBM die Kontrolle gewinnen. Das könnte anderen Softwareanbietern wie Oracle oder SAP durchaus sauer aufstoßen.

In der Diskussion um die Programmiersprache wird indes leicht übersehen, dass die in der Branche gerne als Java-Company bezeichnete Technikschmiede Sun eine ganze Reihe weiterer Softwareprodukte für Unternehmenskunden offeriert, die zum Teil mit IBM-Systemen in Konkurrenz stehen. Dazu gehören vor allem Infrastrukturprodukte wie der Application Server Glassfish oder die Java Composite Application Platform Suite (Java CAPS) für Service-orientierte Architekturen (SOA). Unterm Strich offeriert Sun einen kompletten Middleware-Stack, der direkt mit IBMs breitem Websphere-Portfolio konkurriert. Gleiches gilt für Directory-, Identity-Management- und diverse Softwareentwicklungs-Tools.

Geteiltes Echo in der Java-Szene

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass der Deal in der Java-Community ein geteiltes Echo findet. Einige Entwickler befürchten etwa, dass IBM Suns NetBeans IDE (Integrated Development Environment) nicht ausreichend unterstützen und stattdessen das eigene Eclipse-basierende Toolkit bevorzugen könnte. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten würde es aus Sicht von IBM kaum Sinn geben, zwei einschlägige Entwicklungsumgebungen zu pflegen, lautet ein oft vorgebrachtes Argument.

Die Zukunft von MySQL

Ähnliches gilt grundsätzlich auch für die Datenbank MySQL, die Sun im vergangenen Jahr erworben hat. Zwar hat das Open-Source-System vor allem unter Web-2.0-Unternehmen eine Reihe von Anhängern gefunden. Doch wenn es um kommerzielle Datenbankprodukte mit entsprechender professioneller Unterstützung geht, setzt IBM voll auf die hauseigene DB2-Plattform. Open-Source-Konkurrenten wie Ingres wittern bereits Morgenluft.

IBM besitze mehr Datenbanken als jedes andere Unternehmen weltweit, meldete sich Ingres-CEO Roger Burkhardt zu Wort: "Es besteht daher die sehr reelle Möglichkeit, dass MySQL und jede künftige Innovation in dem ganzen Hin und Her einfach untergehen werden." Dazu passt die Einschätzung von Gordon Haff, Analyst bei der amerikanischen Illuminata Inc: "IBM treibt keine Open-Source-Datenbanken voran. Es treibt DB2."

Am gravierendsten könnten die Auswirkungen des Mergers auf der untersten Ebene der Softwareinfrastruktur ausfallen. Mit Solaris und dessen Open-Source-Implementierung OpenSolaris holt sich IBM neben dem eigenen AIX ein weiteres Unix-Derivat ins Haus. Erschwerend hinzu kommt, dass die Umsätze im Markt für Unix-basierende Server ohnehin rückläufig sind und IBM schon seit Jahren Linux als plattformübergreifendes Betriebssystem propagiert.

IBM gewönne Reputation

Dennoch könnte IBM am Ende von den vielfältigen Open-Source-Initiativen Suns profitieren und in der Community Anerkennung gewinnen. Immerhin verfolgen beide Unternehmen ein gemeinsames Ziel: dem Erzrivalen Microsoft Paroli zu bieten. Das von Sun vorangetriebene Büropaket OpenOffice.org passt gut zu dieser Strategie. Auch IBM nutzt den Code für die eigenen Symphony-Produkte. Dennoch ist es fraglich, wie es mit der Suite weitergehen würde.

Nicht zuletzt könnte IBM mit Sun seine Cloud-Computing-Strategie stärken. Erst vergangene Woche stellten die Kalifornier mit der Sun Storage Cloud und der Sun Compute Cloud die ersten Ergebnisse einer groß angelegten Entwicklungsinitiative vor, die unter dem Namen Sun Open Cloud Platform läuft. Würden beide Unternehmen ihre Anstrengungen kombinieren, könnten auch Großkunden ihre Scheu vor den zum Teil noch wenig ausgereiften Cloud-Angeboten verlieren.(ComputerWoche/mja)