Deutliche Kritik von T-Mobile

Mobile World: Nokia verärgert die Carrier

14.02.2008
Der finnische Handyriese Nokia strotzt vor Selbstsicherheit. Man verfügt über volle Kassen, eine Produktpalette an Mobiltelefonen, die so umfangreich ist wie nie zuvor, und Vorstandschef Olli-Pekka Kallasvuo hat klare Vorstellungen zum Ausbau der Position des Weltmarktführers.

Die Finnen möchten in Zukunft nicht mehr nur einmalig beim Handyverkauf verdienen, über die Nokia-Geräte sollen die Verbraucher auch die schöne bunte Welt der Internetdienste kennen lernen. Mit Hilfe des Portals Ovi sollen die Kunden Musik, Spiele und Navigationsdienste auf das Handy laden können – laut Expertenmeinung künftig ein umsatzträchtiges Geschäft.

Für die Präsentation seiner mobilen Alleskönner suchte sich Kallasvuo einen passenden Ort aus: Vor rund 500 Menschen stellte der Finne in einem kirchenähnlichen Bau nahe dem Hafen von Barcelona die neuen Geräte vor. Statt konkreter Planzahlen serviert Kallasvuo lieber eine Show mit viel Pomp und bunten Filmchen. Auch wenn er zu Zahlen schweigt, den Ausbau des jungen Geschäftsfelds lässt sich Nokia einiges kosten. So fallen alleine acht Milliarden Dollar für den Kauf des amerikanischen Anbieters digitaler Straßenkarten Navteq an.

Während der Manager öffentlich mit Ovi prahlt, wird es in Gesprächen mit den Kunden hinter verschlossenen Türen ungemütlich. Vielen Telekomkonzernen schmeckt der Einstieg des Handymassenherstellers in das Dienstegeschäft nicht. Denn Schwergewichte wie die Deutsche Telekom und Vodafone hoffen selbst auf Einnahmen aus dem mobilen Internet, um Rückgänge in der Sprachtelefonie auszugleichen. Während Vodafone-Chef Arun Sarin noch zurückhaltende Töne anschlägt, redet T-Mobile-Chef Hamid Akhavan Klartext: "Uns gefällt das nicht." Seit drei Monaten verhandle die Telekom mit Nokia, um die Interessenkollision zu beseitigen. "Wir werden keine Ovi-Telefone im Regal haben, bis wir eine Einigung mit Nokia haben." Er sei aber zuversichtlich, dass dies gelingen werde, schiebt er nach.

Nokia unbeeindruckt

Akhavan stellt für den Interessenkonflikt eine einfache Rechnung auf: Man kauft von Nokia ein Handy zum Beispiel für 600 Euro, gibt es für 200 Euro an die Kunden weiter - und dann machen die Finnen einem auch noch die Diensteerlöse streitig, aus denen die Differenz finanziert werden soll. "Ich hoffe, dass so etwas in Zukunft nicht so oft passieren wird", resümiert er als Warnung an andere Handyhersteller.

Es ist kaum wahrscheinlich, dass sich Nokia von den Protesten beeindrucken lässt. Das Unternehmen braucht dringend eine neue Wachstumsstory, denn Verfolger wie Apple knabbern am Umsatzkuchen des Branchenprimus. Auch wenn Apple mit seinem iPhone noch bescheidene zehn Millionen Handys in diesem Jahr verkaufen will - Nokia bringt über 400 Millionen an die Kunden. Der US-Technologiekonzern wird aber den enormen Nachfragesog nach dem iPhone in bare Münze umsetzen und könnte Nokia langfristig Marktanteile abnehmen, lautet die Rechnung von Marktforschern. Zudem wachsen mit Samsung und Sony Ericsson Gerätehersteller heran, die Nokia mit innovativen Modellen zusetzten. Mit Erfolg, wie ein Manager eines Mobilfunkanbieters sagt. "Die Produktpalette der beiden für das kommende Jahr ist sehr attraktiv."

Die Anbieter könnten also am Thron von Nokia sägen. Der Konzern kennt die Situation: Der einst üppige Marktanteil war massiv eingebrochen und auf unter 30 Prozent gefallen. Der Grund dafür waren Lücken in der Handypalette, wichtige Entwicklungen wie Klapphandys hatte das Unternehmen verschlafen. Mit einer enormen Kraftanstrengung arbeitete sich Nokia aus dem Tal heraus und schraubte seinen Marktanteil wieder auf 40 Prozent. Kallasvuos Vorgänger, Jorma Ollila, musste mit seiner Strategie (dem massiven Verkauf von Billiggeräten in Schwellenländern wie Indien und China) Prügel von Finanzanalysten einstecken. Denn er nahm dafür niedrigere Margen in Kauf - zumindest vorübergehend, denn die Gewinne sprudeln jetzt üppiger als je zuvor. (Computerwoche/mzu)