Mit Vollgas niemals wie IBM

19.07.2005 von Joe Lorenz
Unter dem Motto “Velocity“ präsentiert Microsoft auf der diesjährigen Worldwide Partner Conference Mitte Juli sowohl neue Produkte für IT-Lösungen als auch Konzepte und Potenziale für die Partnerlandschaft. Mit viel Dynamik und gehörigem Selbstbewusstsein als Branchenprimus ist Microsoft nach den Jahren der Frustration über juristische Auseinandersetzungen wieder oben auf.

Die World Wide Partner Conference in Minneapolis zeigte vom 8. bis 10. Juli 2005 deutlich auf, dass die Partner und deren Kunden mit vielen neuen Produkten und Umsetzungsmöglichkeiten zur rechnen haben: Die Ankündigungen für den Microsoft SQL-Server 2005, .Net 2.0, Visual Studio 2005, BizTalk 2006 und MBS Axapta 4.0 sowie Navision 4.0 SP1 waren nur Teil der Vielzahl an Neuigkeiten, die auf die Microsoft-Partner einwirkten.

In vielen Vorführungen wurden bereits Teile der kommenden neuen Office-Suite erwähnt, die sowohl vom Benutzer-Interface als auch von der Möglichkeit zur Zusammenarbeit einen weiteren Meilenstein darstellen dürfte. Dabei kommt der Teamwork-Plattform und Dokumentendrehscheibe „SharePoint Portal Server“ eine besonders prominente Rolle zu:

Als unternehmensweites Portal werden damit sowohl die Suche nach Informationen als auch universelle Webparts als Bausteine von Programmen eine neue Form der Computernutzung bieten: Nach Aufgaben orientiert wird der Anwender zum Beispiel alle relevanten Informationen zu einem Projekt oder einem Kunden finden, ohne sich Gedanken über die dafür notwendigen Applikationen und Datenbanken machen zu müssen.

Steve Balmer voller Enthusiasmus

Die Rede von Steve Balmer stand ganz im Zeichen der Partnerschaften: Balmer begrüßte in gewohnt jovialer und enthusiastischer Weise die rund 6200 Teilnehmer der ausverkauften World Wide Partner Conference in Minneapolis. Mit einem großen, sechsfachen „Thank You“ lobte er die Partner für das ausgezeichnete Geschäftsergebnis, welches Microsoft im gerade abgelaufenen Finanzjahr hingelegt hat.

„Ich kann Euch keine Zahlen nennen, denn sonst wärt ihr jetzt alle „Insider“, spielte Balmer auf die Regularien der Veröffentlichung von Geschäftsergebnissen an, „aber das kann ich sagen: Das vergangene Jahr war nicht schlecht“, so Balmer mit einem verschmitzten Lächeln.

Zurück in die Zukunft

Dann ging er auf die vielen Möglichkeiten ein, die Partner im Geschäft mit Microsoft haben, hob hervor, dass Software in den nächsten Jahren noch billiger und vor allem leistungsfähiger werden wird.

In einer spontanen Blitzumfrage wollte Balmer wissen, wer der Meinung sei, dass die nächsten zehn Jahre im Wesentlichen alles so bliebe, wie es derzeit sei oder ob denn nicht mit maßgeblichen und tief greifenden Änderungen zu rechnen wäre? Erwartungsgemäß fiel die Antwort praktisch einstimmig in Richtung Änderungen aus.

Daran knüpfte Balmer an. Er hob die Vision von Computern hervor, die den Menschen in der Sprache und auch in der Mimik verstehen könnten. Weitere Visionen seien die Fortsetzung des Mooreschen Gesetzes, laut dem weiterhin die Rechenpower alle zwei Jahre verdoppelt werde, und die Service-orientierte Software. Diese werde die heutigen Standardaufgaben von Administratoren und Anwendern durch das Angebot von Diensten deutlich vereinfachen.

Für Microsoft ist IBM kein gutes Beispiel

Ein weiterer Aspekt in Balmers Rede war die Auseinandersetzung mit IBM: Er hob klar hervor, dass Microsoft sich nicht in das Service-Geschäft, also die Dienstleistungen beim Endkunden, einbringen werde. Klar positionierte er die Consultants, die Microsoft derzeit in MCS beschäftigt, als Ansprechpartner für Großkunden, jedoch nicht als Umsetzer von IT-Projekten. Insbesondere hier trat Balmer IBM mehrfach deutlich entgegen: „IBM hat die größte Mannschaft an Beratern und Außendienst-Mitarbeitern – behauptet IBM. Doch das ist nicht wahr – Seht Euch um. Ihr seid die größte Zahl von Partnern weltweit, die unsere Repräsentanz beim Kunden ist.“

Balmer bezeichnete die Partner als Teil der Familie, die gemeinsam mit den Mitarbeitern bei Microsoft für den Erfolg des Unternehmens stehe. Er wünsche sich viele Stimmen, die ihm Feedback geben und damit dazu beitragen, dass Microsoft noch besser werde. In einer anschließenden Diskussionsrunde mit drei Software- und Infrastrukturpartnern kamen dann auch durchaus kritische Töne zum Vorschein.

Kritische Fragen der ISV

Wohin sollen sich Software-Hersteller (ISV) denn orientieren, wenn Microsoft einen Bereich nach dem anderen in sein Produktportfolio aufnähme? Balmer erläuterte, dass Microsoft durch seine Strategie, die Plattform zu verbessern, immer wieder in die Situation käme, auf ISVs zu treffen. Aber die Kundenbasis sei auf das Volumen ausgerichtet und erfordere daher bei Produkten, die von der breiten Masse gewünscht werden, einen Einstieg von Microsoft. Dennoch sei das vertikale Geschäft offen und werde sicher Chancen für Partner bereithalten.

Auch zum Thema Patente auf Software nahm Balmer Stellung: Es sei wichtig, dass Software, die einmal für viel Geld entwickelt wurde, geschützt werden kann. Nur so sei sichergestellt, dass das Unternehmen auch in Zukunft eine verlässliche Grundlage habe.

In der Summe betrachtet war die WWPC ein wirklicher Networking- und Talk-Back-Event, mit der guten Chance, viel über Partner, Produkte, Lösungen und die Themen der Branche zu erfahren. Durch groß angelegte Ausstellungsflächen für Anbieter von Soft- und Hardware und Bereiche für Meetings war das Thema „persönliche Kontakte“ ein Key-Element der Veranstaltung. Und auch nachts bot sich durch allabendliche Konzerte und Partys die passende Atmosphäre zum „Get together“ an. (ala)