Funktionieren Ext2IFS und Co. auch unter Vista?

Mit Vista auf Linux-Partitionen zugreifen

28.11.2007 von Juergen Donauer
Dual-Boot-Konfigurationen mit Linux und Windows auf einem Rechner sind mittlerweile weit verbreitet. Auf Windows-Partitionen mit Linux zugreifen ist schon lange möglich, mittlerweile sowohl lesend als auch schreiben. Wir zeigen Ihnen, wie Sie mit Vista an Ihre Linux-Daten kommen.

Jeder, der Linux und Windows auf demselben Rechner installiert hat, kennt dieses Problem: "Ich bräuchte dringend eine Datei, die auf einer Linux-Partition gespeichert ist, und hab grad Windows am Laufen. Nur ein Neustart lässt mich an diese Datei kommen." Man könnte sich in einem solchen Fall damit behelfen, dass man Dateien ausschließlich auf externen Speichermedien verwaltet. Auch eine FAT32-Partition für den gemeinsamen Zugriff auf dem Rechner ist denkbar. Damit können sowohl Linux als auch Windows umgehen.

Windows stellt von Haus aus keine Unterstützung für Linux-Dateisysteme zur Verfügung. Verschiedene Tools schufen in der Vergangenheit Abhilfe. Dank des ntfs-3g-Treibers kann man mittlerweile sogar lesend und schreibend auf NTFS-Partitionen unter Linus zugreifen. Doch wie sieht die andere Richtung aus? Unter Windows XP gab es einige Werkzeuge, mit denen sich auf ext2/ext3- und reiserFS-Partitionen zugreifen ließ. TecChannel hat getestet, ob diese auch noch unter Windows Vista funktionieren.

Grundsätzlich gilt für Vista: Sie müssen zum Großteil die hier vorgestellten Programme via rechter Maustaste "als Administrator ausführen" starten. Sonst haben diese keinen Zugriff auf das Einlesen der Partitionen.

Interessantes über ext2 und ext3

Simpel gesagt ist das ext3-Dateisystem eine Erweiterung von ext2. Das Neuere von beiden enthält ein sogenanntes Journal. Das bedeutet: Schreibzugriffe werden mittels einer Transaktion getätigt. Wird ein ext2-Dateisystem aus irgendeinem Grund nicht getrennt, müssen Sie e2fsck ausführen. Linux tut dies in der Regel automatisch. Der Vorgang kann nach Größe der Partition sehr viel Zeit in Anspruch nehmen.

Ein ext3-System muss das nicht, wenn es demselben Phänomen ausgesetzt ist. Es kann den Vorteil des Journals nutzen. Dies rekonstruiert eine Wiederholung der Transaktionen und ist danach konsistent. Schreibt ext3 neue Daten auf eine Festplatte, so kommen diese zunächst komplett in das Journal und danach aufs Dateisystem. Somit enthält ein Journal nur dann Daten, wenn etwas auf die Festplatte geschrieben werden soll. Nach der sauberen Trennung einer ext3-Partition ist das Journal demnach leer. Ist dies nicht der Fall, so muss ein Replay des Journals erfolgen, um Beschädigungen am Dateisystem zu vermeiden. Ältere Kernel und zum Beispiel Ext2IFS binden daher keine ext3-Dateisysteme ein, deren Journal nicht leer ist. Da ext3 abwärtskompatibel ist, können beispielsweise ältere Kernel das neuere Dateisystem ebenfalls einbinden. Allerdings geht dadurch der Vorteil des Journals verloren.

Seit Kernel 2.6.19 ist zwar ext4 implementiert, jedoch halten sich die Distributoren noch vornehm zurück. Es soll aber laut Angaben der Entwickler ebenfalls abwärtskompatibel sein und daher mit den hier erwähnten Tools funktionieren. Getestet hat TecChannel dies allerdings nicht.

Dateisysteme via Ext2IFS einbinden

Ext2IFS (Ext2 Installable File System for Windows) ist wohl der bekannteste Vertreter, um mit Windows-Systemen auf ext2- und ext3-Partitionen zuzugreifen. Die Software gibt Ihnen vollen Lese- und Schreibzugriff auf ext2 und ext3. Das Tool steht kostenfrei zur Verfügung, Sie können es unter dieser Adresse herunterladen: http://www.fs-driver.org.

Einfach: Der Manager von Ext2IFS ist schnörkellos und einfach zu bedienen.

Der Versuch, diese Software einzuspielen, schlägt zunächst fehl. Es meldete sich allerdings danach der "Programmkompatibilitätsassistent" von Vista, der dieses Problem behob. Alternativ könnte man dies manuell mit einem Rechtsklick auf die Datei unter Kompatibilität beheben. Danach lässt sich Ext2IFS installieren. Nach einer erfolgreichen Installation können Sie den ext2/ext3-Partitionen Laufwerksbuchstaben zuweisen. Diese zeigten sich auf einem Testsystem allerdings erst nach einem Neustart eingebunden.

Geht doch! Sobald man den entsprechenden Kompatibilitätsmodus verwendet, lässt sich die Software betreiben.

Weiterhin finden Sie in der Systemsteuerung ein neues Symbol: "IFS Drives". Mit diesem können Sie normalerweise Laufwerksbuchstaben von Linux-Partitionen ändern. Einen Aufruf des Programms verhinderten allerdings die Vista-Sicherheitsmaßnahmen.

Datenausführungsverhinderung-Behinderung

Es gab auf zwei Systemen unterschiedliche Phänomene. Während es auf der zweiten Vista-Installation tadellos lief, machte System Nummer eins große Probleme. Um das Programm lauffähig zu machen, mussten wir die "Datenausführungsverhinderung" bearbeiten. Diese finden Sie folgendermaßen: Klicken Sie auf Start -> Systemsteuerung -> System -> Erweiterte Systemeinstellungen.

Danach öffnet sich ein neues Fenster. Unter Erweitert -> Leistung -> Einstellungen finden Sie den Reiter "Datenausführungsverhinderung". Diesen müssen Sie auf die Option "Datenausführungsverhinderung für alle Programme und Dienste mit Ausnahme der ausgewählten einschalten" umstellen. Vista fordert Sie danach zu einem Neustart auf.

Erst mal finden: Die Dateiausführungsverhinderung ist gut versteckt.

Im selben Reiter ist danach die Datei IfsDrives.cpl hinzuzufügen. Diese befindet sich im Ordner Windows -> System32. Da Vista hier nur ausführbare Programme anzeigt, müssen Sie diese manuell angeben. Danach lässt das OS aus Redmond ein Ausführen von IFS Drives eventuell zu. An dieser Stelle ergab sich auf zwei Systemen unterschiedliches Verhalten. Nach einem erneuten Programmstart-Versuch meckerte Vista, dass man dafür lokaler Administrator sein müsse. Auf dem einen System schaltete sich wiederum der "Programmkompatibilitätsassistent" ein und behob diesen Umstand. Auf dem anderen System war ein Aufruf mit erwähnter Fehlermeldung auch nach dem zehnten Versuch nicht möglich.

Ein Versuch, die Datei Windows\System32\IfsDrives.cpl mit der rechten Maustaste als Administrator auszuführen, endete mit einer Zugriffsfehlermeldung der Datei rundll32.exe. Schaltet man diese in der "Datenausführungsverhinderung" ebenfalls frei, lässt sich IfsDrives.cpl als Administrator ausführen. Woran das Problem mit dem ersten genau lag, ließ sich nicht herausfinden. Die Installationen waren eigentlich identisch, und auf beiden Systemen lief Windows Vista Business.

Ext2fsd und explore2fs

Ein weiterer Vertreter für den Zugriff auf ext2/ext3-Dateisysteme ist Ext2fsd. Auch dieses Tool ermöglicht in der Theorie einen Lese- und Schreibzugriff auf Linux-Dateisysteme der Formate ext2 und ext3. Laut Entwickler müssen Sie Vista im Modus "Erzwingen der Treibersignatur" starten. Dies können Sie erreichen, indem Sie sich beim Systemstart mit F8 die erweiterten Start-Optionen anzeigen lassen. Leider gilt diese Einstellung nur für die jeweilige Sitzung und lässt sich nicht permanent betreiben.

Nach einer Installation können Sie im "Ext2 Volume Manager" den Linux-Partitionen Laufwerksbuchstaben zuweisen und den Dienst starten. Auch mit dieser Software gab es auf zwei Systemen unterschiedliche Verhaltensweisen: Das eine System stellte nach einem Systemstart die gewünschten Laufwerke zur Verfügung, der zweite Rechner zeigte nach einem Neustart lediglich das Vorhandensein des DVD-Laufwerks an.

Tut seinen Job: explore2fs kann nicht viel, aber es verrichtet, was es verspricht.

Wollen Sie lediglich hier und da eine Datei von einem ext2/ext3-Dateisystem holen, ist explore2fs die richtige Wahl. Dieses kleine Tool erkennt nach einem Aufruf alle vorhandenen ext2/ext3-Partitionen und stellt Ihnen diese lesend zur Verfügung. Via Drag&Drop können Sie Dateien auf das Windows-System kopieren.

Alles-Mounter von Paragorn

Eine kommerzielle Lösung zum Einbinden von ext2/etx3-Partitionen stellten in der Vergangenheit der "Alles Mounter 3.0" oder "Ext2FS Anywhere" von Paragorn bereit. Laut Aussage der Softwarefirma ist dieses Produkt allerdings noch nicht für den Einsatz auf Windows Vista geeignet. Eine neue Version solle in Bälde diesen Umstand beheben. Ein Test bestätigte diese Aussage.

Beim Versuch, die Software zu starten, erhält man einen Hinweis, dass die Windows-Version nicht bekannt sei. Versucht man das Programm in einem Kompatibilitätsmodus für ältere Windows-Varianten aufzurufen, endet das mit einer Fehlermeldung. Die Datei "BioNT.dll" lasse sich nicht laden.

Zugriff auf ResierFS mit Windows Vista

Für die Einbindung von ReiserFS in Windows gibt es ebenfalls diverse Tools. Diese sind jedoch ausschließlich für den Read-Only-Einsatz gedacht. Alteingesessen ist das Kommandozeilen-Programm rfstool. Um es ohne Fehler ausführen zu können, müssen Sie die Eingabeaufforderung mit der rechten Maustaste als Administrator aufrufen. Diese befindet sich unter Start–Zubehör–Eingabeaufforderung. Da Kommandozeilen-Programme wenig schmuck sind, gibt es auf der Grundlage von rfstool grafische Umsetzungen.

Daten auslesen mittels RFSGUI

RFSGUI ist ein einfaches Tool, mit dem Sie Daten von einer ReiserFS-Partition nach Windows kopieren können. Es benötigt das .Net-Framwork 1.1 oder 2.0. Letzteres ist in Windows Vista bereits enthalten. Dennoch beschwert sich das Programm beim Start über das Fehlen der Bibliothek msvcr71.dll. Diese können Sie allerdings aus dem Internet herunterladen. Danach kopieren Sie die Datei nach Windows\System32 und versuchen, RFSGUI erneut als Administrator zu starten. Nun sollte dies glücken, und Sie haben Lesezugriff auf Ihre ReiserFS-Partition.

Weder edel noch sexy: rfsgui gewinnt sicher keinen Schönheitspreis, aber es funktioniert.

YAReG – Yet Another RFStool GUI

Yet Another R(eiser)FStool GUI (YAReG) ist eine weitere grafische Anwendung, die auf rfstool basiert. Diese Umsetzung ist etwas schicker als RFSGUI. Sie gleicht mehr dem gewohnten Windows-Explorer. Außerdem lassen sich damit Dateien via Drag&Drop komfortabel in ein Windows-Verzeichnis kopieren.

Erinnert an alte Zeiten: YAReG hält sich optisch an den Windows-Explorer aus Windows 3.11.

Rufen Sie die Applikation mittels Doppelklick auf, öffnet sie sich, ohne zu meckern. Allerdings sehen Sie ihre ReiserFS-Partition nicht. Dieser Umstand lässt sich abschaffen, wenn Sie die Anwendung als Administrator starten.

Der Reiser-Treiber: Unstabil unter Vista

Den interessantesten Ansatz bietet der Reiser-Treiber rfsd. Sie kopieren nach einer Extraktion des Archivs die Datei rfsdfsd.sys in das Verzeichnis Windows\System32\drivers\. Danach fügen Sie mittels Doppelklick auf die Datei rfsdfsd.reg die Änderung der Registry hinzu. Nun rufen Sie regedit auf und navigieren zum Eintrag:

HKEY_LOCAL_MACHINE\SYSTEM\CurrentControlSet\Control\Session Manager\DOS Devices

Hier erstellen Sie eine neue Zeichenfolge mit dem gewünschten Laufwerksbuchstaben für die ResierFS-Partition, zum Beispiel X. Als Wert tragen Sie zum Beispiel Folgendes ein: \Device\Harddisk0\Partition9.

Vorsicht! Unter Windows starten die Festplattennummern mit 0, Partitionen allerdings mit 1. Das genannte Beispiel wäre also die neunte Partition auf der ersten Festplatte. Unter Linux könnte das Äquivalent /dev/hda8 sein. Danach müssen Sie den Rechner neu starten, damit die neuen Einträge der Registry gültig werden. Den rfsd-Dienst müssen Sie derzeit allerdings nach jedem Neustart manuell neu laden. Dies geschieht auf der Kommandozeile mittels

net start rfsdfsd

Vergessen Sie nicht, die Eingabeaufforderung als Administrator aufzurufen, sonst gibt es eine Fehlermeldung. Nach einem Start des Dienstes haben Sie, ähnlich wie bei Ext2IFS, eine eingebundene ReiserFS-Partition in Ihrem Windows-System. Der Unterschied ist, dass Sie auf dieses Laufwerk nur lesend zugreifen können.

Sie sollten allerdings vorsichtig sein: In der Testumgebung erwies sich die Lösung als instabil. Beispielsweise endete der Versuch, eine Word-Datei mit einem Doppelklick aufzurufen, in einem Komplettabsturz von Vista. Der Bildschirm wurde kurz blau, und wenige Sekunde später schaltete sich der Rechner einfach aus. Derselbe Effekt lässt sich bei dem Versuch erzielen, mit Wordpad irgendeine Datei zu öffnen. Im Test war es smb.conf. Es scheint, als würde sich Vista jedes Mal verabschieden, sobald das Betriebssystem versucht, schreibend auf die eingebundene Reiser-Partition zuzugreifen.

Mit Virtual Volumes Zugriff auf ext2, ext3 und ReiserFS

Virtual Volumes befindet sich noch in einem Beta-Stadium. Es unterstützt laut Internet-Auftritt eine erstaunliche Anzahl an Features, unter anderem Lese- und Schreibzugriff für LVM2, ext2/ext3, via SFTP und VMWare-Festplatten. Weiterhin ist ein Lesezugriff für ReiserFS-Partitionen implementiert. Allerdings ist eine Unterstützung für Vista noch in Arbeit. Dennoch lässt sich die Software installieren und ausführen. Danach können Sie in der bereit gestellten GUI Laufwerke einbinden und davon via Drag&Drop Daten auf die Vista-Partitionen kopieren.

Vielseitig: Virtual Volumes hat einen interessanten Ansatz und bietet jede Menge Funktionen.

Die Software erkennt selbständig ext2/ext3-und ReiserFS-Partitionen. Eine Einbindung findet jedoch nur in der eigenen GUI statt. Man hat die Möglichkeit, ext2/ext3 mit Schreibrechten zu mounten. Dennoch lassen sich unter Vista keine Dateien in die GUI ziehen und auf diese Laufwerke schreiben.

Fazit: Mühen, die sich lohnen

Mit ein wenig Aufwand kommt der Anwender an seine Daten, die auf den Linux-Partitionen lagern. Es stehen mehrere Tools zur Verfügung, deren Einsatz im Prinzip Geschmacksache ist. Ext2IFS ist derzeit eines der besten. Mit ihm lassen sich ext2/ext3-Partitionen als ganz normale Laufwerke lesend und schreibend einbinden.

Der Anwender hat in Windows-Manier Zugriff auf die Daten dieser Partitionen. Die anderen Lösungen erfordern ein manuelles Starten von Anwendungen. ReiserFS-Dateisysteme lassen sich leider nur lesend einbinden. Sollten Sie aber dringend eine Datei von einer ReiserFS-Partition benötigen, können Sie mittels der vorgestellten Tools darauf zugreifen.

Am elegantesten ist in diesem Zusammenhang hier die Verwendung des Reiser-Treibers rfsd. Allerdings müssen Sie nach jedem Start manuell dafür sorgen, dass der Dienst rfsdfsd startet. Das Projekt sollte man im Auge behalten. (mja)