Wörterbücher, Übersetzer und Lernsoftware

Mit Übersetzungs-Apps auf Urlaubs- und Geschäftsreisen

12.07.2015 von Klaus Hauptfleisch
Elektronische Übersetzer fürs Smartphone oder Tablet werden immer besser. Manche von ihnen können sogar Texte von exotischeren Sprachen und Schriften umwandeln - wenn auch hier und da mit lustigem Ausgang. Eine Übersicht.

Wer meint, sich in Nah- oder Fernost mit Englisch durchschlagen zu können, wird möglicherweise sein blaues Wunder erleben - und danach brav dem Rat der Reiseleitung folgen, sich nicht zu weit vom Hotel zu entfernen. Aber wer Land und Leute wirklich kennenlernen will, tut gut daran, auch mal auf eigene Faust in die Stadt zu ziehen, um auf dem Markt zu feilschen und später nach dem Rückweg zu fragen. Gut, dass man sich heute Wörterbücher und Übersetzungs-Apps aufs Smartphone laden kann. Diese sind meist besser als ihr Ruf und bringen einen am Ende meist doch ans richtige Ziel.

Zweithandy gegen teures Roaming

In diesem Artikel geht es eben um solche Apps einschließlich Online-Wörterbüchern. Da nicht-lateinische Schrift für elektronische Übersetzungshilfen mit integrierter Texterkennung (OCR) zum Beispiel die größere Herausforderung darstellen, wurden die Apps im Praxistest unter anderem auf ihre Griechisch-, Chinesisch- und Arabischkenntnisse abgeklopft. China ist zwar für deutsche Urlauber meist zu weit oder zu teuer, wird aber ein immer wichtigeres Ziel für Geschäftsreisende. Man muss vorher ja keinen Crash-Sprachkurs belegen, aber mit ein paar Brocken öffnen sich im Ausland oft die Herzen.

Viele Übersetzungshilfen benötigen allerdings Internetzugang, was im nichteuropäischen Ausland mit empfindlich hohen Roaming-Gebühren verbunden sein kann. Will man sich dort länger aufhalten oder ist man aus beruflichen Gründen gezwungen, für die Geschäftspartner vor Ort immer erreichbar zu sein, ist es beispielsweise ratsam, ein ausrangiertes Zweithandy mitzunehmen und sich für das Smartphone eine lokale Prepaid-SIM-Karte zuzulegen. Für die Online-App-Nutzung sollte der Vertrag natürlich ausreichend Datenvolumen beinhalten.

Leo bei Google immer ganz vorn
Leo bietet online in jeweils beiden Richtungen Wörterbücher für Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Chinesisch, Russisch, Portugiesisch und Polnisch für allgemeines oder verschiedenes Fachvokabular an. Die Eingabe kann per Tastatur oder Mikrofon erfolgen, je nach Sprache mit mehr oder weniger großem Erfolg oder Frustfaktor. Zur Freeware gehört ein Vokabeltrainer, der die vorherige Eingabe von Zugangsdaten erfordert. Im Leo-Forum kann man sich Rat zu Suchbegriffen holen. Je nach Sprache nimmt der Löwe wie hier bei Russisch ein anderes Aussehen an. Peristroika wird im russischen Teil sogar noch näher erklärt.
Dict.cc mit 51 Sprachpaaren
Dict.cc stellt zwar Englisch und Deutsch 51 Sprachpaare zur Verfügung. Deutsch-Englisch sind es über eine Million Wörter, bei anderen Sprachen nur einige tausend. Eine Besonderheit von Dict.cc ist, dass man die Wörterbücher auch herunterladen kann, um sie offline zu nutzen, eine andere wie hier am Beispiel Computer, dass auf Latein mehrere Übersetzungsmöglichkeiten angezeigt werden. Die Plus-Version von Dict.cc für 5,94 Euro ist werbefrei und bietet zusätzlich Auflistung der zuletzt gesuchten Wörter, Favoritenfunktion und Vokabeltrainer.
Pons mit 12 Millionen Wörtern
Die Wörterbuch-App von Pons ist kostenlos und wurde von androidmag.de 2013 und 2014 zu den besten ihrer Art gekürt. Für einen kleinen Jahresobulus kann man die App auch werbefrei haben. Sie bietet uneingeschränkten Zugriff auf die Übersetzungen des ebenfalls kostenlosen Online-Wörterbuchs des Herstellers und vereint 35 Wörterbücher mit über 12 Millionen Wörtern und Redewendungen in 14 Sprachen.
Pons und der „Da Vinci Code“
Die Online-Wörterbuch-App unterstützt kostenfrei auch die maschinelle Textübersetzung, ein Service, der in der App auch für 23 zusätzliche Sprachen wie Arabisch und Japanisch verfügbar ist. Die Qualität der Übersetzung ist vielfach vergleichbar mit der vom Google Übersetzer. Der Buchtitel „Da Vinci Code“ auf Chinesisch und Arabisch wurde jeweils richtig übersetzt, auch wenn da mal ein Leerzeichen fehlt. Die Spracheingabe über Mikrofon ist auch akzeptabel.
Linguee für ganze englische Phrasen
Linguee ist in der Google-Suche meist ganz vorn, wenn es darum geht, englische oder deutsche komplexe Begriffe und auch ganze Sätze in die jeweils andere Sprachrichtung zu übersetzen. Und sie gibt es auch als App. Diese bietet englisch-deutsch, deutsch-englisch ein sehr umfangreiches Wörterbuch. Darüber hinaus hat man über den Bereich „Linguee.com Web-Resulate“ auch den gewohnten Zugriff auf eine Reihe von Beispielssätzen und weiterführende Informationen aus dem Internet, in dem der gesuchte Begriff oder Satzteil vorkommt. Um den Geldbeutel und die Smartphone-Ressourcen zu schonen, kann man den Zugang zu Linguee.com sperren oder nur über WLAN erlauben.
Multilingualer Google Übersetzer
Zum Google Translator alias Google Übersetzer wurde schon einiges gesagt. Dieser gehört zu den beliebtesten und wohl auch besten Übersetzungs-Apps. Unterstützt werden über 90 Sprachen. OCR (Texterkennung) mit übrigens hervorragender Textausrichtung von Nuance wird nicht für alle Sprachen angeboten, für Arabisch zum Beispiel nicht, wohl aber für Japanisch und Chinesisch. Die Wörter oder Sätze werden in relativ guter Qualität gleich übersetzt und kann man sich auch vorsprechen lassen. Mit Griechisch tut sich die Texterkennung der App manchmal etwas schwer. Aber den russischen Hinweis für Unbefugte verboten wird erkannt.
Japanisch 1a
Dieser japanische Klappentext eines Klassikers über die chinesischen Drei Reiche zeigt die Früchte früher Pionierarbeit japanischer und chinesischer Entwickler. Die Erkennungsgenauigkeit ist sowohl bei den eher eckigen chinesischen als auch bei den runderen japanischen Zeichen hervorragend und oft besser als bei reinen Buchstabenschriften. Der Google Translator scheint nur mit den chinesischen Namen nicht klarzukommen, weil er hier „japanisch“ denkt.
Babylon Translator und Babylon Touch
Vielsprachiges iTranslate
Vielsprachiges iTranslate
Wie der Google Übersetzer versteht sich iTranslate von Sonico Mobile als kostenlose App auf über 90 Sprachen mit Verständnis einzelner Wörter, Phrasen oder ganzer Texte. Man kann den Part eintippen oder aufsprechen. Die Möglichkeit, sich den gesuchten Text in der anderen Fremdsprache vorlesen zu lassen, beinhaltet für Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch und Spanisch auch unterschiedliche Dialekte. Ein sehr großer Vorteil von iTranslate gegenüber anderen solchen Apps ist der, dass in vielen Fällen mehrere Übersetzungsvorschläge angezeigt werden.
Der mobile Dolmetscher iTranslate Voice
Sonico Mobile hat neben der soeben vorgestellten App auch einen mobilen Dolmetscher entwickelt, der für Englisch und Deutsch in beiden Sprachrichtungen kostenlos ist und über einen kleinen Obolus von 2,99 Euro als Pro-Version für 42 Sprachen und Dialekte geöffnet werden kann. Die App übersetzt den Text nicht nur, sondern liest ihn in der jeweiligen Zielsprache vor. So kann man an seiner eigenen Aussprache arbeiten. Verschiedene Dialekte einzelner Sprachen mit Frauen- oder Männerstimme werden auch unterstützt.
Q Multi Language Translator
Nyxcore bietet neben einem Sprachübersetzer auch den sogenannten Q Multi Language Translator an, der wie bei manchen Bildlexika ermöglicht, sich denselben Begriff oder Satz in mehrere Sprachen übersetzen und vorlesen zu lassen. Die Eingabe kann über die Tastatur oder das Mikrofon erfolgen. Über ein Pluszeichen unten kann man vorher wählen, in welche Sprachen man sich den Part übersetzen lassen möchte. Die Auswahl der möglichen Sprachen ist erstaunlich. Die Übersetzungsergebnisse können sich auch sehen lassen, obwohl sie vielleicht nicht immer grammatikalisch richtig sind. Aber das ist normal.
Babbeln mit Babbel
Der unerfüllte Wunsch, online spielerisch und mühelos spanisch lernen zu können, hat Lorenz Heine erwogen, einen eigenen Vokabeltrainer zu entwickeln, eine Idee, der sich die anderen Co-Gründer spontan anschlossen. Anfang 2008 ist Babbel.com online gegangen und hat heute unter dem Dach der Lesson Nine GmbH mit Sitz in Berlin und mit einem Büro in New York über 300 Mitarbeiter aus 28 Ländern, darunter Sprachwissenschaftler, Muttersprachler und Übersetzer. Ohne den Hintergrund zu kennen, hat sich der Autor dieses Artikels ebenfalls für Spanisch entschieden, um Babbel auszuprobieren. Schließlich kannte man ja schon ein paar Brocken wie „olá“, „gracias“ und „hasta la vista“. Doch selbst bei so einfachen Wörtern ließ der Aussprachetrainer nichts durchgehen. Schön wäre es, an anderer Stelle, manche Übungen wiederholen zu können. Bevor man sich mit den einfachen Vokabeln zu langweilen beginnt, werden einem ziemlich am Anfang plötzlich Sätze entgegengeschleudert, die man kaum versteht, geschweige denn wiederholen kann. Aber wie heißt es so schön: „Nicht fordern ist Faulheit.“ Insgesamt ist die App nur zu empfehlen, weil man das Gefühl hat, schnell Fortschritte zu machen.
50 Languages mit Sprachtrainer
50 Languages bietet, wie der Name schon sagt, eine große Auswahl an Sprachen, die man lernen kann. In dem Sprachführer stehen verschiedene Kategorien zur Auswahl. Die Gratis-App hat allerdings nur 30 Lektionen, für 2,99 Euro kann man zum Beispiel nur Türkçe für Türkisch mit 100 Lektionen erwerben, für 9,99 Euro alle Sprachkurse.

Kekstorte "Cold dog"

Wie bereits schon erwähnt, bieten einige der Übersetzungs-Apps die Möglichkeit, über die Smartphone-Kamera Straßenschilder und Speisekarten zu lesen und zu übersetzen. Doch kann man bei falscher Erkennung dabei auch sehr in die Irre geführt werden. Mit Speisen tun sich auch viele menschliche Übersetzer schwer. "Cold dog" schlägt der Google Übersetzer (Google Übersetzer) für die Kekstorte Kalter Hund vor, umgekehrt findet er aber über hedgehog slice (wörtlich Igelstück) die richtige Übersetzung.

Im Westen bekannte chinesische Speisen tragen oft kantonesische Namen. Der in Hongkong gesprochene Dialekt wird in Nordchina aber nicht oder kaum verstanden. Gibt man etwa Dim Sum in sein elektronisches Wörterbuch ein, mag sich die Miene des Restaurantchefs zwar sofort aufhellen, wird man aber möglicherweise schwer enttäuscht. Europäer verbinden damit meist kleine gedämpfte oder frittierte Speisen im Teigmantel, viele Chinesen aber auch Nachtisch wie die Stinkfrucht vom Durianbaum.

"Dumping" und "Teekesselchen"

Gerade aus China finden sich im Internet viele lustige oder peinliche Schreib- und Übersetzungsfehler, die mitunter den Tools von Google oder Pons angelastet werden. Doch sind manche davon wohl eher der Gerüchteküche enthoben oder mittlerweile behoben. Die Übersetzungshilfen werden tatsächlich immer besser. Teils geschieht das über bestimmte Algorithmen selbständig, teilweise auch händisch aufgrund gemeldeter Fehler oder Verbesserungsvorschläge.

Schwierigkeiten bereiten immer wieder die vom "Teekesselchen" bekannten Homonyme und Polyseme, die gleich geschrieben oder gleichlautend unterschiedliche Bedeutung haben. Beispiele dafür sind "liebe Genossen, ich habe Liebe genossen" oder franzöisch mère für Mutter und maire für Bürgermeister. In dem sehr silbenarmen Chinesisch gibt es bei exakt gleicher Aussprache oft zig Zeichen mit unterschiedlicher Bedeutung. Es gibt aber auch eine Reihe von Zeichen, die je nach Aussprache eine andere Bedeutung bekommen. Meist erschließt sich der Sinn aber aus dem Kontext. Gute Wörterbücher haben daher oft Beispielssätze.

Wörterbücher, Übersetzer und Lernsoftware

Am PC findet man am schnellsten die Übersetzung für Wörter oder Satzteile, wenn man diese gefolgt von der gewünschten Zielsprache eingibt. In der Regel melden sich dann erst Dict.cc, Linguee (für Englisch), Leo, Bab.la und neuerdings auch Pons zu Wort. Sie sind alle auch als Smartphone-Apps verfügbar, die Bab.la App vorerst aber nur für iOS. Die reinen Übersetzer für ganze Sätze und Phrasen wie der Google Übersetzer (Translator), der Babylon Translator, iTranslate und Q Multi Language Translator von Nyxcorefolgen in der Bilderstrecke später, am Schluss die Sprachlern-Apps Babbel und 50 Languages.

Die Wörterbücher und Übersetzungs-Apps leben natürlich von den Nutzern, die Verbesserungsvorschläge einreichen und mit ihren Einträgen die Datenbanken füllen. Bei der Spracherkennung war lange Zeit IBM führend, heute ist es Nuance (Dragon Naturally Speaking) dank stetigen Zukäufen.

Elektronische Wörterbücher gab es als Handhelds schon in den 1980er Jahren, die ersten von Casio. Seitdem hat sich viel getan; der von der Zahl der darstellbaren Zeichen sehr eingeschränkte ASCII-Code wurde zum Beispiel zum Unicode und UTF-8 erweitert. Das hat erst ermöglicht, dass so viele unterschiedliche Sprachen in einer App Platz finden. Die meisten von ihnen sind gut, andere eine Idee besser. Lernhilfen wie Vokabel- und Aussprachetrainer bieten sie mitunter auch an, aber natürlich nicht auf so hohem Niveau wie reine Sprachlernprogramme. Babbel gehört da, zumindest was die Präsenz im Internet angeht, sicherlich zu den führenden Lernprogrammen. (mb)