Mit einer Plattform viele Dienste anbieten

17.11.2000
Der starke Wettbewerb in allen Branchen der Wirtschaft veranlasst immer mehr Unternehmen, sich auf ihre Kernkompetenz zu konzentrieren. Die Firmen beauftragen daher zunehmend externe Dienstleister mit der Verwaltung ihrer IT-Aufgaben. Diese beinhalten zum Teil auch geschäftskritische Prozesse. Daher zählt bei der Vergabe neben wirtschaftlichen Gesichtspunkten vor allem eine hohe Dienstgüte, welche die Serviceanbieter nur durch ein leistungsfähiges Service-Management zusichern und erbringen können.

Von: Hartmut Nehme

Die externen Dienstleister werden auch als so genannte ASP (Application Service-Provider) bezeichnet. Sie übernehmen den gesamten Betrieb der IT-Infrastruktur, indem sie Standardanwendungen sowie Speziallösungen für den Kunden in ihren Rechenzentren hosten. Installation, Wartung und Lizenzhandel gehören hierbei zu den Aufgaben des ASP. Die Kunden greifen dann über Hochgeschwindigkeitsleitungen auf die Serverfarm zu. Für die Nutzung des Dienstes berechnet ein ASP seinen Kunden eine zeitabhängige Gebühr. Ins Gewicht fällt hier nur der tatsächlich angefallene Bedarf, also die Verweildauer in der jeweiligen Anwendung. Dadurch lassen sich IT-Kosten richtig zuordnen und genauer kalkulieren. Schwer vorhersehbare Kosten, zum Beispiel für Kapazitätserweiterungen oder Reparaturen, entfallen.

Zielgruppen sind kleine und mittelständische Firmen

ASPs richten sich mit ihrem Diensteangebot vor allem an kleine und mittelständische Unternehmen, weil diese von den angebotenen Diensten überdurchschnittlich profitieren. Die Firmen können so auf den Aufbau von eigenen, kostspieligen IT-Abteilungen verzichten.

Auch spielt eine Rolle, dass immer mehr Kunden für Reparaturen bei Systemausfällen dieselbe Reaktionszeit wie bei Engpässen und Störungen im Netz erwarten. Diesen Service können kleine und mittelständische Unternehmen jedoch aus eigener Kraft und mit einem vernünftigem Kapitaleinsatz meist nicht mehr leisten.

Die am Markt befindlichen ASPs unterscheiden sich durch Servicetiefe und Preise. Die angebotenen Dienste lassen sich vier Kategorien zuordnen (siehe Grafik).

Verschiedene Konfigurationen der Dienste

Als Basisdienste kann man "Managed Network Services" bezeichnen; der ASP agiert dabei als Internet-Service-Provider (ISP). Aufgabe des Anbieters ist die Verbindung von mehreren Standorten beziehungsweise Filialen des Kunden über ein so genanntes Virtual Private Network (VPN).

Die Dienste der zweiten Schicht ("Managed Computing Services") sollen den Kunden erhöhte Betriebssicherheit der Basisinfrastruktur garantieren. Hierzu werden Überwachungs-Tools wie zum Beispiel Event Monitoring, Event-Management und Performance-Management eingesetzt. Diese Tools ermöglichen es dem ASP, Probleme und Engpässe frühzeitig zu erkennen, um Gegenmaßnahmen einzuleiten, wodurch ein Ausfall des Dienstes vermieden wird. Beispielsweise wird ein Kunde informiert, wenn sein Plattenspeicher zu 95 Prozent belegt ist.

Wählt der Kunde "Managed Application Services", so werden seine Geschäftsanwendungen mit in die Überwachung einbezogen.

In der vierten Stufe schließlich werden auch die Geschäftsprozesse der Kunden kontrolliert. Der Status aller daran beteiligten IT-Komponenten wird hier grafisch angezeigt. Diese Art der Auswertung ist vor allem für die Geschäftsleitung und leitende Mitarbeiter relevant. So können diese sofort sehen, ob eine Störung vorliegt.

Ein Beispiel soll den Vorteil verdeutlichen: Ein ASP betreibt für einen Kunden einen E-Mail-Dienst. Weil es sich hierbei um eine geschäftskritische Anwendung handelt, ist der Dienst mittels eines Backup-Servers hochverfügbar ausgelegt. Fällt nun der Primary-E-Mail-Server aus, so übernimmt der Backup-Server dessen Aufgaben, und der E-Mail-Dienst bleibt für den Kunden weiterhin nutzbar. Lediglich der Administrator bekommt dann eine Störung gemeldet. Auf der Ebene der Geschäftsprozesse wird der Dienst weiterhin als verfügbar angezeigt.

Die Geschäftsprozesse, die im Service-Management abgebildet werden, sind von Kunde zu Kunde verschieden. Daher setzt das Angebot von Diensten der vierten Stufe Branchenkenntnisse beim ASP voraus. Hier wird in Zukunft wohl die eigentliche Differenzierung der konkurrierenden Anbieter stattfinden.

Anforderungen an ein Service-Management

Für den Erfolg eines ASP wird es wichtig sein, möglichst eine einheitliche Service-Management-Plattform einzusetzen und damit die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kunden abdecken zu können. Folgende Anforderungen sind dabei zu berücksichtigen:

- Zentrale Steuerung:

Die Begrenzung der Betriebskosten setzt ein zentrales Management voraus. Diese Steuerung umfasst auch die beim Kunden befindlichen Komponenten. So können von zentraler Stelle aus Routineaufgaben wie zum Beispiel eine Datensicherung eingeleitet werden.

- Proaktives Management:

Die Verletzung von SLAs (Service Level Agreements) kostet den ASP unter Umständen viel Geld, und er büßt Vertrauen gegenüber seinen Kunden ein. Um dies zu verhindern, ist ein proaktives Management erforderlich. Dies ermöglicht dem Dienstleister, in seine IT-Infrastruktur einzugreifen, bevor es zu einer Störung oder zu einem Unterschreiten der zugesicherten Leistung kommt.

- Einheitliche Benutzeroberfläche:

Zur Vereinfachung der Arbeit mit dem System sollte für alle Managementanwendungen eine einheitliche Benutzeroberfläche eingesetzt werden. Dieses reduziert den anfallenden Schulungsaufwand für die Systemanwender und verringert gleichzeitig das Fehlerpotenzial bei der Anwendung. Für den Systemadministrator ergibt sich dadurch eine einheitlliche Vorgehensweise, unabhängig davon, ob er eine neue Netzwerkkomponente hinzufügt, oder ein neues Anwenderkonto einrichtet.

- Einheitliche Rechteverwaltung:

Die Rechte, die es dem einzelnen Anwender erlauben, auf ganz bestimmte Anwendungen zuzugreifen, sollten an zentraler Stelle vergeben und auch verwaltet werden. Dadurch braucht der Datensatz eines Anwenders nur an einer Stelle gepflegt zu werden, was zu einer Reduzierung des Administrationsaufwandes führt und die Betriebssicherheit erhöht.

- Plattformunabhängigkeit:

Die Kunden der ASPs verfügen bereits über Anwendungen, die zum Teil eine bestimmte Hardwareplattform voraussetzen. Deshalb sollte die eingesetzte Managementlösung unabhängig von der zu überwachenden Hardware sein.

- Statistiken:

Statistiken aus eingegangenen Statusmeldungen ermöglichen es dem ASP, Schwachstellen und Engpässe in der IT-Infrastruktur zu erkennen. Weiterhin dienen die erzeugten Statistiken zur Dokumentation der Einhaltung oder der Verletzung von SLAs.

Wollen kleine und mittelständische Unternehmen im Zeitalter des Internet auch weiterhin konkurrenzfähig bleiben, werden sie über neue Wege für den Betrieb ihrer IT-Infrastrukturen nachdenken müssen. Die komplexer werdende IT-Landschaft und die aufwändige Evaluierung geeigneter Management-Tools machen für sie die Dienste eines ASP interessant. Für die Anbieter gilt es in erster Linie, Vertrauen bei ihren potenziellen Kunden zu gewinnen. Der Einsatz einer leistungsfähigen Service-Management-Plattform kann bei der Vergabe geschäftskritischer Anwendungen ausschlaggebend sein. (awu)

Zur Person

Hartmut Nehme

studierte an der Fachhochschule Bochum Elektrotechnik, Fachrichtung Nachrichtentechnik, und ist seit Juli dieses Jahres als Systemberater bei Tivoli im Bereich Service-Provider tätig.