Dienstag, 21:05 Uhr mitteleuropäischer Zeit. Ab sofort steht in rund 100 Ländern der kostenlose Browser Chrome zur Verfügung. Das Echo der Medien ist überwältigend (TecChannel berichtete), das der User auch. Nach nur 24 Stunden hat Google Chrome laut dem Web-Analyst Clicky einen Marktanteil von über drei Prozent und schiebt sich auf Anhieb auf der vierten Platz vor Opera im hart umkämpften Browserkrieg.
Googles neuer Browser Chrome ist in der Medienwelt eingeschlagen wie eine Bombe. Die Lobeshymnen überschlagen sich: schneller, leichter, schöner. Dabei versteckt Googles seine wahren Absichten gekonnt hinter dem Hype. Denn der Internetgigant strebt nichts Geringeres als die digitale Weltherrschaft an.
Dabei bringt Google Chrome auf den ersten Blick keine neuen Features. Eher wirkt es wie ein bunter Best-Of-Mix aus bereits bekanntem. Gut, JavaScript ist deutlich schneller und die Tabs führen jetzt ein Eigenleben – stürzt einer ab reißt er nicht gleich alle mit in den Tod.
Doch was will Google mit seinem Browser erreichen? Fröhlich der Daten-Sammelwut fröhnen? Angeblich speichert Chrome persönliche Daten nur lokal und nicht auf den unzähligen Google-Servern. Die wahren Absichten von Google zielen in eine andere Richtung: die digitale Weltherrschaft.
Google: alles aus einer Hand
Ein Auszug aus dem meist kostenlosen Angebot von Google: Suchmaschine (google), Freemailer (googlemail), Videodienst (Youtube, Google Video), web-basierte Office-Programme (Google Apps), Karten und Navigationsdienst (Google Maps, Google Earth), Werbeangebote (Adsense), Bezahldienst (Google Checkout), Bilder-Community (Picasa), 3D-Modelle erstellen (SketchUp), Handy-Betriebssystem (Android) – und das ist immer noch nur ein kleiner Auszug. Das vollständige Angebot ist kaum noch überschaubar.
Ein kritischer Beobachter kann sich dem faden Beigeschmack kaum erwehren. Google hat bei seinem Suchmaschinenangebot bereits eine derzeit unantastbare Monopolstellung erreicht und weitet sein Software-Angebot stetig aus. Viele befürchten, dass das Internet zu einer Marketing-Plattform des Internet-Giganten verkommt.
Was noch fehlt ist ein vernünftiges Betriebssystem. Dann kommt alles aus einer Hand und die digitale Welt ist vergooglet. Vielleicht schafft es Google ein zweites Mal in den Duden? Wie wäre es zum Beispiel mit Googlenet statt Internet? Mit ihrem zugegebenermaßen gutem Browser Chrome ist Google auf dem besten Weg dorthin.
Und gerade für Journalisten stellt sich die Frage: Wann nutzt Google seine absolute Machtposition aus? Wann dürfen Journalisten keine Google-kritischen Artikel mehr schreiben? Die Höchststrafe für einen Online-Journalisten lässt sich von Google leicht verhängen: der Ausschluss aus dem Google-Index. Dann wird der Journalist und sein aufmüpfiges Magazin sang- und klanglos im digitalen Marianengraben untergehen. Keiner wird jemals den heiklen Artikel zu Gesicht bekommen. Oder benutzt hier etwa irgendwer eine andere Suchmaschine als Google? (mst)