Mischformen des Angebots sind gefragt

26.10.2001
Je komplexer eine Datenbanklösung, desto geringer die Chance, diese im Mietverfahren nutzen zu können. Wohl aber sind Datenbank-Ma-nagementsysteme als Grundlage für das Vermieten von Software bei ASPs unverzichtbar. Die Angebote von drei Anbietern zeigen, dass der ASP-Markt auch für die Datenbankhersteller interessant ist.

Von: Konrad Buck

Hersteller wie IBM, Oracle oder Progress verstehen das Application Service Providing nach wie vor als Sonderform des Outsourcing. Sie liegen damit nach Meinung der Giga Information Group genau richtig. Die Unternehmensberatung Frost & Sullivan rechnet bis 2005 mit europaweiten Umsätzen von bis zu 15,7 Milliarden Euro in diesem Markt. Um von den Potenzialen des ASP-Geschäfts zu profitieren, kooperieren die Softwaregrößen mit kleineren Servicepartnern. Hierbei gelten für die Anbieter drei Grundprinzipien: Die Datenbank wird allein vom ASP-Partner gehostet - nicht vom Hersteller selbst. Bei den Applikationen tritt der Hersteller in Einzelfällen als ASP auf und ansonsten werden die ASPs als weiterer indirekter Kanal gepflegt.

Datenbanken müssen multimandantenfähig sein

Für Frank Roth, Vorstand Organisation des deutschen ASP-Konsortiums, haben sich die hiesigen Vermieter von Software und Applikationen bis dato noch nicht als ernst zu nehmender Wirtschaftsfaktor durchgesetzt. Einer der Treiber für den Erfolg des Software-Leasings seien die Datenbankanbieter, denn mit einer wachsenden ASP-Gemeinde entstehen neue Rechenzentren. Dafür aber sind skalierbare, sichere Datenbanken notwendig, die allerdings multi-mandantenfähig sein müssen. Roth: "Die ASPs müssen natürlich Datenbanken haben, um auf dieser Basis ihre Applikationen anbieten zu können. Wer eine Anwendung mietet, wird die teure Datenbanksoftware in speziellen Lizenz-Modellen preiswert bekommen können." Dabei habe der ASP den Vorteil, mit nur einer eigenen Datenbank vielen Kunden den Datenbank-Part verkaufen zu können - mit entsprechendem Gewinn. Der Vorteil für die Datenbankanbieter: Sie haben nur einen Ansprechpartner, liefern nur einmal technischen Support und besitzen gleichzeitig einen Distributionspartner, der die Anwendergemeinde stetig vergrößert.

prozesse zu unterstützen, decken die CCAS übergreifende Prozesse ab.

Progress Software beispielsweise geht diesen indirekten Weg zum Kunden über eine Kooperation mit ASPs. Produktmanager Stefan Kischel stellt klar: "Wir selber hosten unsere Datenbank nicht." Das würde im Übrigen auch keinen Sinn machen, da niemand auf die Idee käme, eine "leere" Datenbank zu mieten. Das Unternehmen gehe den ASP-Bereich auf drei Wegen an. Als erstes versuche man, die gegenwärtig weltweit rund 2000 Firmen zählende Partnerbasis zu aktivieren. Ziel ist, das vorhandene Angebot an vertikalen Lösungen sukzessive auch im Mietmodus bereitstellen zu können. Das bisherige Ergebnis kann sich sehen lassen. Das von Progress initiierte Aspen-Programm verfügt derzeit über ein Portfolio von über 100 Applikationen für weltweit mehr als 10 000 Anwender auf dem ASP-Markt. Diese stammen von mehr als 50 ISVs (Independent Software Vendors).

Modell für den deutschen Mittelstand

Zweite Schiene ist die Unterstützung beim Hosten dieser Applikationen durch lokale Partnerschaften mit ISP/ASPs, aber auch durch ein eigenes Angebot. Im Frühjahr kaufte Progress den Provider Allegrix. Damit kann die Firma seinen Partnern eigenes Hosting liefern, aber auch ein Angebot im Bereich ASP-Enablement machen. Drittens setzt Progress Kischel zufolge auf Öffentlichkeitsarbeit in verschiedenen ASP-Gremien, auf Messen, in einschlägigen Medien und Studien. Ziel ist es, das Modell vor allem dem deutschen Mittelstand bekannt zu machen.

Aus Progress-Sicht ist für das Software-Mietmodell eine Infrastruktur aus ASPs, Netzwerkbetreibern, Serviceanbietern und vor allem Herstellern vertikaler Lösungen erforderlich. Im Aufbau und Betrieb seines Partnernetzwerks von klassischen Lösungsanbietern sieht Progress seine Stärke gegenüber anderen Anbietern aus dem Datenbankumfeld. Es ist nach Auffassung von Kischel ein natürlicher Schritt für diese Gemeinschaft, ihr Angebot auch dem ASP-Markt zu öffnen. Damit könne dem Kunden ein weiteres Betriebs und auch Kostenmodell angeboten werden, das vielen Unternehmen mit verzweigten Standorten oder kleiner IT-Mannschaft entgegenkomme.

Multimandantenfähigkeit ist Trumpf

Oracle tritt beim Application Service Providing sowohl als "Enabler" für Partner als auch als selbstständiger Lösungsanbieter auf. ASP-Geschäft heißt für die Firma, fokussierte Partnerprogramme für Technik-Hosting mit mandantenfähigen und skalierbaren Datenbanken sowie Integrationsplattformen und Portalsoftware aufzusetzen. Als Anbieter von Applikationen auf Mietbasis betreibt Oracle horizontale Standardlösungen für Kunden der "E-Business Suite". Hierzu gehören etwa Anwendungen für das Finanz- und Rechnungswesen, für das Beschaffungsmanagement (Procurement) oder das Kundenbeziehungsmanagement (CRM). Das Unternehmen sieht sich hierbei verantwortlich für den Betrieb der Anwendung und wahlweise auch für Anschaffung und Betrieb der Hardware. Die Dienstleistung wird unter dem Namen "Oracle E-Business Suite Online" vermarktet und richtet sich an Kunden des gehobenen Mittelstands sowie an Großkunden.

Daneben bringt Oracle den so genannten HSP (Hosting Service Provider )ins Spiel. Dieser stellt dem Kunden Infrastruktur, Techniken und Lösungen zur Verfügung, wobei die Anwendung meist an die Kundenwünsche angepasst ist. Hier liege, so Oracle, der Unterschied zum klassischen ASP, der das "One-to-many"-Modell bevorzuge. Die Lösung greift entweder auf eine dedizierte Datenbank zu oder auf eine, die von mehreren Kunden gleichzeitig genutzt wird. Hierdurch verschwimmen die Grenzen zwischen ASP, HSP und Outsourcing, ein Umstand, der das ASP-Geschäft nach Auffassung aller beteiligten Unternehmen ebenso schwierig wie spannend macht.

Insgesamt haben sich nach Informationen des Unternehmens sehr differenzierte Geschäftsmodelle im Markt etabliert, wobei jede Mischform denkbar ist. So könne ein Hostingpartner individuell angepasste Standardsoftware (One-to-one) für einen Teilmarkt anbieten, welche auf die Datenbank entweder im One-to-one- oder im One-to-many-Verfahren aufsetzt.

Außerdem bietet der Hersteller mit "Oracle.com" Anwendungen als Service an, wobei das Unternehmen Standardimplementierungen auf zertifizierter Hardware hostet. Durch die Technik von Oracle ist es möglich, mehrere Kunden auf eine Datenbank zugreifen zu lassen und gleichzeitig höchste Datensicherheit zu gewähren, versichert ein Unternehmenssprecher. Das bedeutet, dass ein Kunde unter keinen Umständen auf Daten eines anderen zugreifen kann.

Softwaredienste, ob über Partner oder durch Oracle selbst, sieht das Unternehmen als alternativen Kanal zu den bereits bestehenden direkten und indirekten Modellen. Zwischen reinen ASPs und Systemhäusern unterscheidet Oracle bewusst nicht. Vielmehr sieht der Anbieter eine Entwicklung beispielsweise von Systemhäusern hin zu Application Service Providern oder eine Kooperation beider Partnertypen. Ausschlaggebend sei nicht der Kanal, sondern die Lösungskompetenz und der Kundenzugang eines Anbieters, sowie die Akzeptanz des neuen Servicekanals durch den Kunden. Als Hosting-Partner hat Oracle Unternehmen wie Colt Telecom, BT Ignite, Ision Energis, Media Professionals, Cybernet oder Pironet NDH im Boot.

Sonderformen sind keine Grenzen gesetzt

Uta Goerlich, ISP/ASP-Sales- und Marketing-Managerin bei IBM, sieht es für Kunden als sinnvoll an, einzelne Datenbankservices wie beispielsweise Transaktionsdienste gezielt anzumieten. IBM tritt selbst nicht als ASP auf. Der Anbieter hat sich aus dem Anwendungsgeschäft zurückgezogen und konzentriert sich auf Betriebssysteme und Middleware-Produkte. Kooperationspartner sind ASPs wie Andate, Siennax und Jump2Net. (sf)