Migration ohne Bauchschmerzen

16.10.1998
In vielen Unternehmen und Organisationen sind FDDI-Backbones im Einsatz. Wegen des wachsenden Datenverkehrs werden sie immer mehr zum Flaschenhals. Für Entlastung können Fast-Ethernet-Switches sorgen.

Als FDDI Anfang der 80er Jahre entwickelt wurde, nutzten die Anwender ein lokales Netz meist nur zum Drucken, zur Kommunikation via E-Mail oder zum Zugriff auf Applikationen und Daten auf Großrechnern. Deshalb erschien eine Bandbreite von 100 MBit/s mehr als ausreichend. Die Menge der Daten, die über lokale Netze transferiert wird, ist mittlerweile dramatisch angestiegen. Ein Grund ist die wachsende Zahl der Nutzer, ein anderer der Trend zu Client-Server-Strukturen sowie Inter-/Extra-/Intranet-Applikationen. Die Regel, nach der 80 Prozent des Netzwerkverkehrs in einem LAN-Segment bleiben und 20 Prozent über das Backbone-Netz laufen, hat sich deshalb umgekehrt.

FDDI kommt vor allem in Forschungseinrichtungen, unternehmensweiten Netzen und Behörden als Backbone-Technik zum Einsatz. Bis 800 MBit/s stellt FDDI II bereit. Die Arbeiten am Nachfolger von FDDI kamen jedoch nicht über das Anfangsstadium hinaus. Netzwerkverantwortliche, die FDDI einsetzen und mehr Bandbreite benötigen, müssen deshalb die Migration zu anderen Techniken ins Auge fassen. In den meisten FDDI-Backbones sind FDDI/Ethernet-Switches vorhanden, über die Workgroup-LAN-Segmente mit dem Backbone verbunden sind. Zudem sind viele Applikationsserver direkt am Backbone-Netz angeschlossen. Die Zunahme des LAN-Verkehrs führt häufig dazu, daß die FDDI-Backbones überlastet werden. Die Folge sind spürbare Wartezeiten für den Nutzer von Applikationen, da Server und Switches immer länger auf das Token (Sendeberechtigung) warten müssen.

Ein Ausweg ist, den FDDI-Ring in mehrere Ringe (multiple Backbones) aufzuteilen, die über Router verbunden sind (Bild 1). Preiswerter und leistungsfähiger sind Fast-Ethernet-Switches. Vorhandene Ethernet-Workgroup-Switches auf Fast Ethernet inklusive FDDI-Uplink aufzurüsten, ist ein relativ einfacher Weg, um die Leistungsfähigkeit eines Backbones zu erhöhen. Indem Server, die primär von einer oder wenigen Arbeitsgruppen genutzt werden, an dedizierte Ports eines Fast-Ethernet-Switches "gehängt" werden, läßt sich das Backbone vom Verkehr zwischen Arbeitsgruppen und Client-Server-Traffic entlasten. De facto entsteht so ein lokales Fast-Ethernet-Backbone für Systeme, die an den Switch angeschlossen sind.

Die Anschlüsse von Fast-Ethernet-LAN-Switches entsprechen in ihrer Leistung etwa denen von FDDI-Backbones. Allerdings sind sie erheblich billiger als direkte FDDI-Verbindungen. Ein Fast-Ethernet-Port kostet etwa 250 bis 600 Dollar, je nachdem, ob es sich um einen einfachen Anschluß oder einen Port eines Hochleistungs-Enterprise-Switches handelt. Unter dem Strich muß der Anwender für Fast Ethernet etwa ein Zehntel dessen hinlegen, was eine FDDI-Verbindung erfordert.

Fast Ethernet: Preiswerter

als FDDI

Ein Manko von 100Base-TX (Fast-Ethernet über Twisted-Pair-Kabel) ist jedoch, daß es nur Distanzen bis 100 Meter überbrücken kann. Mit FDDI sind zwei Kilometer möglich; dies gilt auch für 100Base-FX, je nach Typ und Qualität des Kabels. Mit 700 bis 1200 Dollar pro Port ist diese Technik immer noch kostengünstiger als FDDI. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen verwenden Fast-Ethernet-Switches, um "Collapsed Backbones" aufzubauen. In größeren Netzen dienen Switches dazu, Fast-Ethernet-Segmente zu installieren und dadurch FDDI-Backbones zu entlasten.

Ein weiterer Vorteil von Fast-Ethernet-Switches ist, daß sich mit ihrer Hilfe eine "flachere" Netzstruktur implementieren läßt. Dies vereinfacht die Verwaltung des LAN. Dennoch sind in großen Netzen Router und ihre Filterfunktionen erforderlich, etwa um Broadcast-Stürme zu vermeiden.

Mit Hilfe von Fast-Ethernet-Switches lassen sich mittlerweile virtuelle LANs (VLANs) implementieren - und damit ähnliche Kontroll- und Sicherheitsfunktionen, wie sie Router bereitstellen. VLANs sind logische LAN-Segmente innerhalb von geswitchten Segmenten. Broadcasts lassen sich auf ein bestimmtes VLAN beschränken und gehen nicht an alle Teilnehmer eines physikalischen Segments. Probleme in einem Netzwerksegment breiten sich damit nicht über das gesamte Netz aus. Der Verkehr zwischen Knoten, die in unterschiedlichen VLANs sitzen, muß weiterhin geroutet werden. Deshalb unterstützen viele Switches mittlerweile IP- und/oder Multiprotokoll-Routing (Layer-3-Switching).

Wichtig beim Aufbau in einem Hochgeschwindigkeitsnetz auf Basis von Fast-Ethernet-Switches und VLANs ist, die Knoten und Server, die häufig miteinander kommunizieren, im selben virtuellen LAN zusammenzufassen. Dieser Verkehr läuft dann nicht über den FDDI-Ring. Nur Pakete, die für einen Knoten an einem anderen Switch bestimmt sind, nutzen den Ring als "Transportbahn".

Für die Migration zu Fast-Ethernet-Arbeitsgruppen ist es erforderlich, die Netzwerkkarten in den Arbeitsstationen und Switches auszutauschen. Viele PCs für den professionellen Einsatz werden mittlerweile standardmäßig mit 10/100-Fast-Ethernet-Adaptern ausgeliefert. Diese Karten erkennen meist selbständig, ob Datenraten von 10 oder 100 MBit/s verwendet werden (Autosensing). Trotz dieser Maßnahmen kann das FDDI-Backbone bald erneut an seine Leistungsgrenze stoßen, unter anderem wegen der Rezentralisierung der DV: Datenbanken werden an zentraler Stelle vorgehalten, Server zu "Server-Farmen" zusammengefaßt. Hinzu kommt, daß der Inter-/Intranet-Zugang zunehmend ein "Muß" ist und Network Computer zum Einsatz kommen, die ihre Applikationen über das Netz laden. Weitere "Bandbreitenfresser" sind Multimedia-Anwendungen, etwa "Video on Demand", Videokonferenzen über das LAN oder Internet-Telefonie.

Backbones müssen daher für höhere Bandbreiten ausgelegt sein. Dagegen reicht Fast Ethernet auch auf mittlere Sicht noch aus, um Abteilungsserver anzubinden oder Rechner anzuschließen, die ein dediziertes LAN-Segment benötigen. Gleiches gilt für 10-MBit/s-Ethernet, da viele Anwender bestenfalls dedizierte 10 MBit/s benötigen.

Erheblich verändern wird sich das Netz zwischen dem Kabelschrank und dem "Data Center". Leitungen mit Bandbreiten zwischen 300 MBit/s und 1,2 GBit/s werden die Schränke mit Hochleistungs-Switches verbinden. Diese Infrastruktur kann mehrere 100-MBit/s-Leitungen vom Kabelschrank bis zu den Endgeräten unterstützen. Viele Unternehmen erwägen, in diesen Backbones ATM einzusetzen, jedoch benötigen viele Organisationen eine solche Infrastruktur (noch) nicht. Dennoch ist es in vielen Unternehmen erforderlich, mittelfristig Hochgeschwindigkeitsnetze zu implementieren, sei es auf Basis von ATM oder von Gigabit-Ethernet.

Einige Workgroup-Switches für Fast Ethernet sind für Änderungen der Backbone-Technik ausgelegt. Sie besitzen modulare Backbone-Links, die sich bei Bedarf austauschen lassen. Dieser modulare Aufbau sichert die Investitionen, denn es ist davon auszugehen, daß Ethernet und Fast Ethernet auch künftig die dominierende Technik bei der Verbindung von Workgroups sein werden.

Viele 10/100-Ethernet-Switches, die gegenwärtig im Einsatz sind, verfügen jedoch über ein fest integriertes FDDI-Uplink. Solche Geräte lassen sich nicht umrüsten und an ein neues Backbone-Netz anschließen. Switches mit modularen FDDI-Uplinks sind deshalb die bessere Wahl. Solche Systeme können das "Leben" des FDDI-Backbones verlängern, indem sie den Ring entlasten. Die Geräte lassen sich auch später einsetzen, wenn an die Stelle von FDDI oder multiplen Backbones ein Enterprise-ATM- oder Gigabit-Ethernet-Switch tritt.

Nach Unterlagen von Hitachi Internetworking

Literatur

[1] Migration Strategies for FDDI Backbones

Technology Paper; Hitachi Internetworking

[2] Switched Backbone LAN Technologies: Migrating FDDI to Switched Fast Ethernet; White Paper von Cisco Systems, 1997

[3] Gigabit Ethernet Migration; White Paper der Gigabit-Ethernet-Allianz, 1997

[4] Lanne, Fabien: Switched Virtual LANs; Vortrag auf Net´98 Conference von IBM, Cannes 1998.

[5] Clarke, Graham: Campus ATM Switching Solutions; Vortrag auf Net´98 von IBM, Cannes 1998.