Weltweite Partnerkonferenz in Washington

Microsofts neuer Weg - das ändert sich für Partner

17.07.2014 von Alexander Roth
Die weltweite Partnerkonferenz in Washington lässt keine Fragen an Microsofts neuer Reise offen. Sicher ist: Microsoft stellt sein Partnerprogramm um. Wir präsentieren Ihnen die ersten Fakten und Stimmen.

Es ist noch gar nicht so lange her, da galt Microsofts jährliche Weltpartnerkonferenz für die deutschen Partnerunternehmen einfach als Inspiration für neues Geschäft. Man netzwerkte, besuchte Sessions, freute sich auf die anpeitschenden Reden von Steve Ballmer und der weltweilten Ex-Partnerchefin Allison Watson, ging auf die deutsche Party und "gut war es".

2014 auf Microsofts Hausmesse in Washington ist das alles anders. Der Andrang ist mit 16.000 Partnern in diesem Jahr zwar genauso groß wie in den Jahren zuvor, und ebenso ist die deutsche Delegation wieder mit mehreren hundert Vertretern angereist, doch auch eine gemeinsam am Sonntag zelebrierte Fußball-Weltmeisterschaft kann nicht verhindern, dass diese Woche Arbeit, Unsicherheiten und ein Druck ansteht, wie selten zuvor.

Microsoft stellt sein Partnerprogramm um: Der Partnerstatus in allen drei Kompetenzen wird künftig über den wahren Transaktionserfolg in der Cloud abgerechnet, während der nominelle Stellenwert von Zertifizierungen an Bedeutung verliert.

Warum es vor allem die Deutsche Partnerfraktion so deutlich trifft, macht das Motto der Veranstaltung deutlich: Microsoft Weg "First Mobile, First Cloud" steht in Washington über allem, so kompliziert für viele der Weg dorthin gerade hierzulande erscheinen mag. Vorbei die Zeiten, als Microsoft von vielen als Windows- und Device-Company angesehen wurde: Der Konzern macht spätestens mit dieser Veranstaltung klar, dass es mit dieser "alten" Microsoft vorbei ist.

So war bereits die Keynote am Montag von Partnerchef Phil Sorgen, mit dem die Kollegen von ChannelPartner am Rande der Veranstaltung ausführlich sprechen könnte, ungewöhnlich sachlich und nüchtern. Es gab nur verhaltenen Applaus: Microsoft stellt sein Partnerprogramm in der Form um, dass Partner mehr Möglichkeiten haben, in, mit und aus der Cloud Geschäft zu betreiben, dazu werden auch die Entlohnungen und Aufstiegsmöglichkeiten enger an den wahren Vertriebserfolg in der Cloud gekoppelt.

Mehr Freiheiten für Azure

Des Weiteren befasste sich Phil Sorgen, der seit Herbst vergangenen Jahres das Partnergeschäft von Microsoft verantwortet, gemeinsam mit seinen Management-Kollegen ausführlich mit der Cloud Plattform Azure. Die wichtigste News hier: Ab September 2014 wird Azure in das Open Licence Programm des Herstellers überführt, das vor allem Partnern im SMB-Umfeld mehr Freiheiten in der eigenen Vertrags-, Preis-, und Service-Gestaltung gegenüber den Kunden lässt.

Wie Microsoft berichtet, ist Open Licensing im Cloud-Umfeld vor allem auch in Deutschland bereits eine Erfolgsgeschichte. Wie im Umfeld des deutschen Lagers bekannt wurde, haben hierzulande bereits deutlich über 3.000 deutsche Partner in den vergangenen zwölf Monaten große Vertriebserfolge mit Office 365 aufzuweisen. Was Microsoft nicht zuletzt den großen Freiheiten zuschreibt, die Partner im Umgang mit dem Open Licencing Programm genießen.

Die weiteren Meldungen zum Thema Cloud aus Washington: Microsoft wird die Kompetenzen "Cloud Accelerate", "Cloud Deployment" und "Azure Circle" abschaffen und dafür neue Programme einführen, die sich "Small and Midmarket Cloud Solutions", "Cloud Productivity", und "Cloud Platform" nennen. Während die Small and Midmarket Cloud Solutions sich an Partner im Office 365-SMB-Umfeld wenden, ist Cloud Productivity konzipiert für Partner aus dem Office-365-Umfeld. Cloud Plattform richtet sich schließlich an (neue) Provider, die ihr Angebot auf Basis von Azure errichten.

Entscheidend ist aber: Der Partnerstatus in allen drei Kompetenzen wird künftig über den wahren Transaktionserfolg in der Cloud abgerechnet, während der nominelle Stellenwert von Zertifizierungen an Bedeutung verliert. Der Trend ist klar: "Mauschelei", die manche Partner immer wieder zum Ende eines Quartals betreiben, und hierbei Lizenzen für den eigenen Schrank erwerben, um Ziele zu erreichen, wird so ein Riegel vorgeschoben.

"Lizenzen für den eigenen Zweck" sind dennoch ein gutes Stichwort: Microsoft kündigte an, das Angebot an Lizenzen für "Internal Use Rights" deutlich auszubauen. "Wir erhoffen uns davon, dass Partner danke eines sicheren Umgangs mit unseren Produkten, den sie auch über Eigennutzung bekommen, besser darin werden, eigenes Geschäft rund um unsere Cloud-Produkte zu erwerben", so Phil Sorgen zu CP.

Microsoft ergänzte die Cloud-News mit zahlreichen weiteren Ankündigungen, etwa mit ausgebauten technischen Support für Partner ab dem Silber-Status, Unterstützung für neue Cloud-Provider-Business-Modelle und neuen Zertifizierungs-Möglichkeiten rund um Azure.

Microsoft bleibt Partnern treu

Zwar tat er das weniger laut als Steve Ballmer, aber sowohl auf der Bühne als auch gegenüber unseren Kollegen von ChannelPartner betonte Phil Sorgen mehrfach, dass Microsoft dabei seiner Partnerausrichtung absolut treu bleiben werde. "Auch einer sich schnell verändernden Branche bleiben wir bleiben ein Partner-orientiertes Unternehmen", so der Partnerchef. Sorgen machte deutlich, dass diese Aussage für alle Geschäftsbereiche des Konzerns gelte, "egal, wie sich die Märkte entwickeln".

Wie Microsoft hierbei strategisch vorgehen will, wurde in Washington ebenfalls deutlich. Wenn es um die Positionierung im Wettbewerbsumfeld geht, ist dafür traditionell COO Kevin Turner zuständig. Und so trat Turner in Washington mit einigen interessanten Visionen und Statements auf, die laut bejubelt wurden. Zwar verlor der Manager kein Wort zu dem vermutlich bald schon kommenden Stellenabbau bei Microsoft, dennoch wird klar: Microsoft setzt in Sachen Devices auf Partner und teilweise sogar auf den Wettbewerb, zumindest wenn es um mobile Betriebssysteme geht. Das eigene Betriebssystem mit Windows selbst - zumindest das reine Geschäft damit - wird unwichtiger. So wird Office nach Ipads auch bald schon auf Android-Tablets nutzbar sein, dazu zeigte Turner neben Surface 3, auf das Microsoft große Stücke halt, ein paar attraktive Produkte von Partnerherstellern wie HP und Acer, die im extrem günstigen Preisbereich von teilweise unter 200 Dollar liegen.

Turner betonte, das Microsoft im PC-Umfeld weltweit zwar immer noch führe, mit Blick auf den geamten Markt für Devices aber einen Marktanteil im niedrig zweistelligen Bereich halte. "Das ist die neue Realität". So verwies der Manager auf aktuelle Verkaufserfolge mit Windows Phone, wobei er vor allem Nokia hervorhob.

"Wir werden mit Produktivtät gewinnen, ob mit eigener Hardware oder von Partnern. Wir werden uns nicht proprietär aufstellen. Wir öffnen uns den Realitäten einer Mobile First, Cloud First Welt", so Turner.

In Washington wurde eines deutlich: Egal ob sie im SMB- oder im Großkunden-Umfeld tätig sind, es wird von Partnern erwartet, sich mit den neueren Themen wie Azure, Office365 Mobility und Mobile Device Management auseinander zu setzen. Dabei wird es immer wichtiger, eigene Services rund um Microsofts Lösungen, zu stricken. Der Vorteil den Microsoft bietet: Die Welt der Redmonder lässt Kunden und Partnern auch künftig die Wahl, ob die Produkte und Dienste des Konzerns via Public Cloud, in Hosting-Modellen, als Hybride-Versionen oder über das eigene Rechenzentrum in Anspruch nehmen. Interessant: Wer sein Portfolio nicht zu stark erweitern will, dem empfiehlt das Haus zu Netzwerken - ein Appell, den Microsoft schon lange an seine Partner richtet, in diesen Zeiten aber an gänzlich neuem Stellenwert gewinnt.

Hier die ersten Stimmen aus Washington zu den Ankündigungen:

Sebastian Ulrich, General Manager Nokia Deutschland: "Wir nutzen die Gelegenheit vor Ort in Washington, um uns mit Microsofts IT-Channel zu vernetzen. Ich erlebe großes Interesse auf beiden Seiten."

Floris van Heijst, Mittelstands- und Partner-Chef Microsoft Deutschland: "Unser Cloud-Portfolio, das eines der ganzheitlichsten im Markt ist und von Gartner im Umfeld IaaS und PaaS als führend bezeichnet wird, kann ohne Frage alle wichtigen Anforderungen abdecken, vom Rechenzentrum bis zum mobilen Device. Wir arbeiten hier mit unseren Partnern immer enger zusammen."

Rudi Hotter, COO des Microsoft-Partners CANCOM: "Wir finden es richtig, dass sich Microsoft in Sachen Office neuen Betriebssysteme öffnet. Das kommt uns als Partner entgegen. Auch die Konzentration auf Azure erfreut uns, da wir mit unserem Angebot im Umfeld PaaS sehr aktiv sind."

Axel Oppermann, Microsoft-Experte und Geschäftsführer Avispador: "Mit der Keynote am Tag 1 der WPC hat Microsoft seinen Partnern klar gezeigt, wo die Reise hingeht: Der Konzern fokussiert sich immer mehr auf Märkte, Produkte und Services, die es vor 18, 24 oder 36 Monaten in der Form nicht gab; bzw. auf Märkte die erst entwickelt werden müssen, wie Internet of Things, M2M oder Mobile Device Management. Hier werden Partner für die Entwicklungsarbeit benötigt. Microsoft hat in den letzten Jahren für die Erschließung neuer Märkten einiges getan, und gute Arbeit geleistet. Jetzt ist es an den Partnern, die Bälle aufzunehmen und in Bewegung zu kommen. (rw/mje)