Microsoft Virtual Server 2005

23.11.2004 von Stephan Rubner
Mit dem Virtual Server 2005 dringt Microsoft in VMwares angestammtes Revier ein: der Server-Konsolidierung durch virtuelle Maschinen. Während VMware sich jedoch offen zeigt, konzentriert sich Microsoft ganz auf Windows.

Nun ist es also so weit: Der von Microsoft seit langem versprochene Virtual Server 2005 ist erhältlich. Mit seiner Hilfe sollen sich mehrere virtuelle Maschinen deutlich leichter einrichten und verwalten lassen als beispielsweise mit dem kleineren Bruder Virtual PC. Dieser ist erst kürzlich in einer neuen Version auf den Markt gekommen. Im Wesentlichen ermöglicht der Virtual Server 2005 eine einfachere Verwaltung sowie eine feiner granulierte Verteilung der CPU-Ressourcen auf die virtuellen Maschinen.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den eigenen Betriebssystemen: Microsoft garantiert lediglich für Windows-Produkte eine Lauffähigkeit im emulierten Rechner. Das ist allerdings für die anvisierte Zielgruppe durchaus ausreichend, geht es neben der Bereitstellung von Testsystemen für Entwickler doch auch darum, Migrations-Unwillige zu unterstützen. Besonders die Betreiber bestehender Systeme unter Windows NT 4 oder älterer Betriebssysteme will man durch die Konsolidierung auf Virtual Server 2005 zum Kauf neuer Produkte bewegen.

Quickinfo

Produkt

Microsoft Virtual Server 2005

Anbieter

Microsoft Deutschland GmbH

Preis

Standard: 499 Euro, Enterprise 999 Euro

Min. Systemvoraussetzungen

Betriebssystem

Windows Server 2003

CPU

550 MHz Pentium II

Hauptspeicher

256 MByte

Festplatte

2 GByte

Voraussetzungen

Virtual Server 2005 ist kein eigenständiges Produkt, sondern ein Add-on, das ein vorhandenes Betriebssystem voraussetzt. Dabei ist Virtual Server 2005 recht wählerisch: Nur Rechner, auf denen ein beliebiges Mitglied der Windows-Server-2003-Familie läuft, genügen den Ansprüchen für den Produktiveinsatz. Auf diesen Rechnern muss zudem der Internet Information Server (IIS) installiert sein, da die Verwaltung der virtuellen Maschinen ausschließlich per Browser erfolgt.

Lediglich für Testzwecke lässt Microsoft auch Windows XP Professional als Basis für den Virtual Server 2005 zu. Ausreichende Prozessorleistung sowie genügend Hauptspeicher und Festplattenkapazität vorausgesetzt, so steht dem Einrichten virtueller Rechner nichts mehr im Weg. Die von Microsoft angegebenen Mindestwerte sind mit einer Pentium-III-CPU bei 550 MHz, 256 MByte RAM und 2 GByte freier Festplattenkapazität allerdings reichlich optimistisch. Ein Pentium 4 mit einer Taktfrequenz von mehr als 2 GHz sollte es schon sein, 1 GByte RAM ist sicher nicht zu wenig. Wer viele größere virtuelle Maschinen einrichten möchte, der sollte auch bei der Festplatte nicht sparen und besser zum größten verfügbaren Modell greifen.

Virtual Server 2005 gibt es in zwei Varianten: Für den Einsatz auf Rechnern mit bis zu vier CPUs bietet Microsoft die Virtual Server 2005 Standard Edition an, deren Preis laut Hersteller bei 499 US-Dollar liegt. Mit 999 US-Dollar knapp doppelt so teuer ist die Enterprise Edition, die bis zu 32 CPUs unterstützt. Abgesehen von der Anzahl der unterstützten Prozessoren bieten beide Versionen einen identischen Funktionsumfang. Das gilt auch für die über die Microsoft-Homepage verfügbare Testversion der Enterprise Edition, die für eine Dauer von 180 Tagen nach der Installation lauffähig ist.

Vorhandene und fehlende Features

Um einen möglichst reibungslosen Betrieb der Gastsysteme zu gewährleisten, stellt Virtual Server 2005 diesen eine große Anzahl virtueller Geräte zur Verfügung - wenn auch mit Einschränkungen. So sehen Anwendungen in der virtuellen Maschine maximal einen Prozessor, unabhängig von der tatsächlich im Host installierten Anzahl. Von den von Virtual Server unterstützten 64 GByte RAM lassen sich einem Gastsystem bis zu 3,6 GByte zuteilen. Dabei besteht zusätzlich die Einschränkung, dass die Summe der für die aktiven Gastsysteme reservierten RAMs die Menge des realen Hauptspeichers nicht überschreiten darf. Als weitere Einschränkung unterstützt der Virtual Server 2005 bislang ausschließlich die x86-Architektur mit 32 Bit. Den Umgang mit modernen 64-Bit-CPUs oder gar deren Emulation in der virtuellen Maschine sind nicht möglich.

Flexibel zeigt sich der Virtual Server bei den Speichermedien. Neben einer virtuellen IDE-Festplatte können den Gastsystemen virtuelle SCSI-Adapter bereitgestellt werden. Sie ermöglichen den Aufbau virtueller Cluster, mit deren Hilfe sich zwei virtuelle Maschinen zu einem Verbund zusammenschließen lassen. Zusätzlich stehen den Gastsystemen Floppy- und CD/DVD-Laufwerke zur Verfügung, Letztere allerdings nur mit Lesezugriff. Dafür können diese entweder auf ein vorhandenes physikalisches Laufwerk oder das ISO-Image einer CD oder DVD umgeleitet werden.

Als Kommunikationsschnittstellen stehen den virtuellen Maschinen serielle und parallele Ports zur Verfügung. Zur LAN-Anbindung dienen virtuelle Ethernet-Adapter, die sowohl zum Datenaustausch mit einem vorhandenen Netzwerk als auch zur exklusiven Kommunikation zwischen zwei virtuellen Maschinen einsetzbar sind. Für die Grafikausgabe emuliert der Virtual Server eine Grafikkarte mit dem S3-Chipsatz Trio64, die auch DirectX-Support gewährleistet. Zum Test aktueller Spiele taugen die virtuellen Maschinen allerdings weniger, da keine Sound-Karten-Emulation für die Gastsysteme vorgesehen ist. Schmerzlicher vermissen dürften zumindest Entwickler die Unterstützung von USB-Devices. Auch vorhandene Firewire-Schnittstellen reicht der Virtual Server 2005 nicht an die Gastsysteme weiter. Gleiches gilt für iSCSI, womit so gut wie alle schnellen externen Speichermedien mit hoher Kapazität aus virtuellen Maschinen heraus unerreichbar sind.

Windows-Migration und Betrieb

Das vornehmliche Einsatzgebiet von Virtual Server 2005 ist die Bereitstellung virtueller Windows-Maschinen. Diese lassen sich auf zwei verschiedene Arten einrichten. Bei der ersten Variante wird zunächst eine neue virtuelle Maschine erzeugt und darauf mit Hilfe der Installations-CD ein frisches Betriebssystem eingerichtet. Diese Methode eignet sich vor allem für Entwickler, die für Projekte jeweils neue, saubere Windows-Installationen aufsetzen wollen.

Wer allerdings seine bestehenden Server auf einen Blade-Server migrieren möchte, wird mit dieser Variante auf Grund des damit verbundenen Aufwands nicht glücklich. Daher stellt Microsoft für diesen Einsatzzweck ein spezielles Virtual Server 2005 Migration Toolkit zur Verfügung. Das aktuell als Beta-Version verfügbare Add-on zum Virtual Server 2005 bannt Windows-Server in ein Festplatten-Image, das sich dann direkt in den Virtual Server 2005 importieren lässt. Es unterstützt dabei Installationen unter Windows NT 4.0 Server, Windows 2000 Server, Windows 2000 Advanced Server sowie Windows Server 2003 und Windows Server 2003 Enterprise Edition.

Egal, auf welchem Weg die Gastsysteme ihren Weg in das virtuelle Heim finden: Im Betrieb beeindrucken sie mit hoher Leistung. Geschwindigkeitseinbußen sind so gut wie nicht feststellbar. Angesichts der Tatsache, dass die Migration in der Regel von älterer Hardware mit geringerer Leistungsfähigkeit aus erfolgt, dürften die meisten Anwender sogar eine deutliche Leistungssteigerung bemerken.

Alternative Betriebssysteme

Deutlich anders sieht es aus, wenn andere Betriebssysteme wie Linux in einer von Virtual Server 2005 bereitgestellten Maschine arbeiten. Hier fallen sowohl die träge Reaktion wie auch der im Vergleich zur Emulation von Windows-Rechnern hohe Verbrauch an Systemressourcen auf.

Trotzdem lässt sich beispielsweise Suse Linux 9.1 Professional problemlos in einer virtuellen Maschine einrichten und betreiben.

Entgegen vieler Gerüchte hat Microsoft nicht dafür gesorgt, dass Linux als Gast unwillkommen ist. In Anbetracht der gravierenden Geschwindigkeitsunterschiede scheint es eher so, als hätte man sich in Redmond vor allem auf die Optimierung von virtuellen Windows-Maschinen konzentriert. Für den Rest gilt offenbar die Devise: "Es läuft, das reicht uns." Angesichts der hauptsächlich anvisierten Zielgruppe ist dieses Vorgehen jedoch durchaus verständlich.

Verwaltung von nah und fern

Etwas ungewohnt, vor allem für mit VMware-Produkten vertraute Nutzer, dürfte die Verwaltung der virtuellen Maschinen sein. Sie erfolgt bevorzugt über den Browser.

Hier lassen sich sowohl die einzelnen virtuellen Maschinen starten, stoppen, per Remote Control direkt beeinflussen und diverse Verwaltungsaufgaben durchführen. Dies funktioniert sowohl direkt auf dem Host-Rechner als auch per Browser von einem beliebigen Arbeitsplatz aus - sofern die entsprechenden Nutzerrechte vorhanden sind. Einzige Einschränkung: Als Browser muss mindestens der Internet Explorer 5.5 zum Einsatz kommen, was zum Beispiel die Fernwartung der virtuellen Maschinen von einem Mac oder einem Linux-System aus unmöglich macht.

Verwaltung per Client

Alternativ zur Steuerung per Browser kann die Windows-Applikation Virtual Machine Remote Client genutzt werden. Diese bietet den direkten Zugriff auf eine virtuelle Maschine, die wenig komfortabel über eine URL der Form vmrc://<host.domain.tld>:5900/<name der virtuellen Maschine> zu adressieren ist. Zudem lassen sich über diesen Client keinerlei administrative Aktionen durchführen.

Die Fernsteuerung der Gastsysteme erfolgt auf Wunsch via SSL-gesicherter Übertragung.

Damit ist auch bei der Verwaltung vom Arbeitsplatz aus gewährleistet, dass Angreifer sensible Daten, wie beispielsweise Nutzerkennungen, auf den virtuellen Systemen nicht abhören können. Zur Übertragung der Bildschirminhalte bietet der Virtual Server 2005 zwei Verfahren an. Zum einen die auch von anderen Systemen bekannte Variante, bei der zunächst in das Anzeigefenster zu klicken ist, womit die so gewählte Maschine alleinigen Zugriff auf Tastatur und Maus des Anwenders erhält.

Auf virtuellen Windows-Maschinen lässt sich außerdem der Support für ein spezielles ActiveX-Controlinstallieren. Mit dessen Hilfe übernimmt das Gastsystem nur dann die Kontrolle über Tastatur und Maus, wenn sich der Mauszeiger innerhalb des virtuellen Bildschirms befindet. Beim Verlassen des Anzeigebereichs gibt das Gastsystem die Kontrolle wieder an das lokale Betriebssystem zurück. Die Installation dieses deutlich komfortableren Verfahrens erleichtert Microsoft, indem den Windows-Installationen die notwendige Software automatisch als CD-Image zur Verfügung steht.

Image-Management

Die Daten der virtuellen Rechner verwaltet Virtual Server 2005 in Form von virtuellen Disks. Diese dürfen bis zu 127 GByte groß sein und werden in einer dynamisch wachsenden und einer statischen Variante angeboten. Das zweite Verfahren hat den Nachteil, dass das Image sofort den reservierten Platz komplett belegt. Zusätzlich existieren noch zwei Sonderformen der virtuellen Festplatte: die so genannte Undo Disk sowie die Differencing Disk. Beide erfüllen spezielle Funktionen, um vor

allem Administratoren bei ihrer Arbeit zu helfen.

Bei der Differencing Disk handelt es sich um einen mit einer existierenden virtuellen Festplatte eines Gastsystems verknüpften Datenspeicher. Wird ein solches Gastsystem gestartet, so landen alle Änderungen am Datenbestand nicht auf der eigentlichen virtuellen Festplatte, sondern auf der Differencing Disk. Diese lässt sich dann per Merging mit einer virtuellen Festplatte in eine neue virtuelle Festplatte umwandeln, die die in der Differencing Disk gespeicherten Änderungen beinhaltet. Damit eignet sich diese Methode gut zur schnellen Installation von Anwendungspaketen auf mehreren virtuellen Servern. Anstatt beispielsweise den IIS auf mehreren Servern separat einzurichten, legt der Anwender für die erste virtuelle Maschine eine Differencing Disk an. Anschließend richtet er den IIS ein und erzeugt durch die Zusammenführung der Ausgangs-Disk mit der Differencing Disk so viele virtuelle Festplatten, wie Server benötigt werden.

Eine etwas andere Funktion erfüllt die Undo Disk. Diese lässt sich nur für vorhandene virtuelle Maschinen anlegen und protokolliert alle während einer aktiven Sitzung vorgenommenen Änderungen. Beim Herunterfahren des virtuellen Servers fragt das System nach, ob die Änderungen übernommen oder verworfen werden sollen. Undo Disks eignen sich daher sehr gut, um Updates auszutesten und bei eventuellen Fehlern schnell wieder in den vorherigen Zustand zurückkehren zu können.

Was dem Virtual Server 2005 allerdings fehlt, ist eine Snapshot-Funktion zum Kopieren einer virtuellen Maschine im laufenden Betrieb. Auch das Verschieben eines virtuellen Rechners - beispielsweise auf einen anderen Server - bietet der Virtual Server 2005 nicht. Damit fehlen zwei wichtige Funktionen, die vor allem bei notwendigen Wartungsarbeiten am Host-System den Betrieb der virtuellen Server gewährleisten und die Downtime minimieren.

Virtuelle Netze

Ein leistungsfähiges Feature bietet der Virtual Server 2005 mit der Verwaltung virtueller Netze. Es lassen sich Netze mit Anbindung an ein vorhandenes LAN einrichten, ebenso wie Netze, deren Wirkungskreis ausschließlich auf das Host-System beschränkt ist. Erstere dienen den virtuellen Rechnern zur Kommunikation mit der Außenwelt, die zweite Variante ermöglicht den Gastsystemen, eine abhörsichere interne Kommunikation aufzubauen.

Für jede Variante existieren bereits vorgefertigte Einträge. Eine Besonderheit weist der Virtual Server 2005 zusätzlich auf: Statt eine bestimmte Netzwerkkarte zu emulieren, bietet er zwei unterschiedliche Typen an. Neben einer virtuellen 3Com Etherlink XL steht auch der oft auf Motherboards integrierte SIS900-Chipsatz zur Wahl.

Ressourcenverteilung

Etwas spartanischer gestaltet sich die Verteilung der Ressourcen auf die virtuellen Maschinen. Lediglich die Prozessorleistung kann auf die einzelnen Prozesse verteilt werden. Dabei sind für jedes Gastsystem sowohl die relative Gewichtung wie auch ein reservierter Anteil an der Gesamtleistung und eine Obergrenze für die CPU-Beanspruchung definierbar. Dies gilt gleichermaßen für laufende wie für aktuell im Ruhezustand befindliche Gastsysteme.

Fazit

Trotz oder gerade wegen der Optimierung für den Betrieb von Microsoft-Betriebssystemen ist der Virtual Server 2005 ein interessantes Produkt. Zu einem vergleichsweise moderaten Preis bietet er ausreichend Funktionen, um die Konsolidierung mehrerer Windows-Server auf einem leistungsfähigen Blade-System so reibungslos und komfortabel wie möglich zu realisieren. Die Verwaltung per Webinterface erweist sich im Test als sehr robust. Weder die Steuerung der virtuellen Maschinen noch die Verwaltung des Virtual Server selbst werfen Probleme auf. Die Leistung von Windows-Gastsystemen ist beeindruckend. Wer also seinen Windows-Servern ohne großen Aufwand zu mehr Performance verhelfen will, für den lohnt es sich, den Virtual Server 2005 einmal näher zu betrachten. Ist jedoch die Konsolidierung einer heterogenen Umgebung das Ziel, sollten eher Produkte der Mitbewerber wie VMware ins Auge gefasst werden.