Microsoft: Multimedia-Wiedergabe in Vista bremst Netzwerkleistung

28.08.2007 von Panagiotis Kolokythas
Microsoft hat offiziell eingeräumt, dass die Wiedergabe von Multimedia-Dateien unter Windows Vista die Netzwerk-Performance negativ beeinflusst. Erste Berichte über solche Beobachtungen waren bereits vor Tagen in Foren aufgetaucht.

Microsofts Mitarbeiter Mark Russinovich hat einen ausführlichen Blog-Eintrag zu diesem Thema veröffentlicht, in dem die Probleme bestätigt werden. Russinovich liefert auch gleich eine ausführliche technische Erläuterung dafür, wieso es überhaupt zu diesen Problemen kommt.

Demnach ist der in Windows Vista neue Dienst Multimedia Class Scheduler Service (MMCSS) schuld, der Teil von Svhost.exe ist und sich darum kümmert, dass die Wiedergabe von Multimedia-Dateien automatisch höher priorisiert ist, damit es zu keinen Störungen bei CPU-Zugriffen kommt. Sprich: Selbst wenn CPU-intensive Applikationen gestartet werden, soll MMCSS dafür sorgen, dass die gerade abgespielten Musik- oder Video-Dateien flüssig und ohne Unterbrechungen wiedergegeben werden. Eine Funktion, die Windows XP nicht zu bieten hatte.

Laut Russinovich kann die Multimedia-Wiedergabe aber nicht nur durch andere Threads, sondern auch durch Netzwerkaktivitäten gestört werden. Das hängt damit zusammen, dass jedes Mal, wenn das System ein Netzwerkpaket empfängt, ein Signal an das System gegeben wird und es seine aktuelle Tätigkeit unterbricht, um sich um das Paket zu kümmern.

Während der Entwicklungsphase von Windows Vista habe man festgestellt, dass es trotz MMCSS zu Aussetzern bei der Multimedia-Wiedergabe kommen kann, wenn ein hoher Netzwerkverkehr vorliegt. Aus diesem Grund habe man sich entschieden, dem MMCSS die Möglichkeit zu geben, den Netzwerkverkehr zu drosseln, um solche Wiedergabeaussetzer zu verhindern.

Ein Bug sorgt ebenfalls für niedrigere Netzwerk-Performance

„100-Mb-Netzwerke können mit um die 12 MB/s umgehen. Ist das System also an einem 100-Mb-Netzwerk angeschlossen, dann dürfte keine Verlangsamung bemerkbar sein“, schreibt Russinovich und fügt hinzu, dass dies bei einem 1-Gb-Netzwerk anders aussieht: Sendet und empfängt Vista Netzwerksignale über eine 1-Gb-Netzwerkinfrastruktur, so macht sich eine Absenkung des Datendurchsatzes um bis zu 15 Prozent bemerkbar.

Hinzu käme auch noch ein „unglücklicher“ Bug im NDIS-Throttling-Code, wenn mehrere NICs vorhanden sind. Normalerweise verarbeitet NDIS 8000 Pakete pro Sekunde. Liegen aber beispielsweise drei Adapter vor, dann sinkt durch den Bug die Rate auf ein Maximum von 6000 Paketen pro Sekunde, was 9 MB/s entspricht und sich somit auch als eine Verlangsamung in einem 100-Mb-Netzwerk deutlich bemerkbar macht.

Auch ein Praxisbeispiel hat Russinovich für diesen Bug parat: Er hat auf seinem Laptop mit drei Adaptern (Bluetooth, WLAN, LAN) eine große Datei von einem Ort an einen anderen kopiert. Dabei lag die Datendurchsatzrate bei 20 Prozent. Als er aber während des Kopiervorgangs den Media Player einen Song abspielen ließ, sank die Rate auf sechs Prozent. Über derartig nervige, weil langsame Kopiervorgänge hatten Vista-Nutzer in der Vergangenheit oft geklagt.

Microsoft will nachbessern

Trotz der Netzwerkdrosselung sieht Russinovich keine Gefahr für die Daten, die ein System beim Zugriff auf das Internet erhält. Er räumt aber ein, dass bei der Entwicklung von MMCSS ein Fehler gemacht worden ist, weil man hier nur Systeme mit einer CPU in 100-Mb-Netzwerken getestet habe. „Das hart-kodierte Limit war kurzsichtig, wenn man die heutzutage gängigen Systeme mit schnelleren CPUs, vielen CPU-Kernen und Gigabit-Netzwerken berücksichtigt“, so Russinovich.

Derzeit sei das Microsoft-Team damit beschäftigt, den besagten Bug bei Systemen mit multiplen Netzwerkadaptern zu beheben. Außerdem werde aber auch an einer Verbesserung des MMCSS gearbeitet, die dafür sorgen soll, dass die Netzwerkdrosselung nicht mehr so hoch ausfällt und dennoch keine Beeinträchtigung bei der Wiedergabe von Multimedia-Dateien erfolgt.

MMCSS lässt sich bis dahin auch deaktivieren

Bis dahin bleiben zwei Empfehlungen: Wer die Probleme bisher nicht gespürt hat, der kann alles beim Alten lassen und auf den oder die Updates warten. Ansonsten kann MMCSS deaktiviert werden. In einem deutschsprachigen Windows-Vista-System trägt der Dienst den Namen „Multimediaklassenplaner“ und kann über Rechtsklick auf Computer, der Auswahl von „Verwalten“ im Kontextmenü und unter „Dienste“ in der Computerverwaltung gefunden werden.

Nachteil: Multimedia-Applikationen profitieren künftig nicht von den Vorzügen von MMCSS und es kann zu Aussetzern bei der Wiedergabe von Inhalten kommen. Die Performance von Spielen wird durch das Abschalten von MMCSS nicht verbessert. (PC-Welt/mja)