Richtig umsteigen, Fallstricke vermeiden

Lync 2013: in sechs Schritten erfolgreich migrieren

02.07.2014 von Rolf Bergfeld
Microsoft hat mit Lync 2013 eine vielversprechende Unified-Communications-Lösung entwickelt. Doch bei der Migration von der Vorgängerversion Lync 2010 müssen Firmen einige Punkte beachten. Wir zeigen auf, wo die möglichen Hürden liegen.

Kompatibilität mit vielen Systemen, nahtlose Verbindungen auch mit mobilen Geräten, eine hohe Skalierbarkeit: Microsoft Lync 2013 erfüllt zahlreiche Anforderungen, die Unternehmen an Unified-Communications-Lösungen (UC-Lösung) stellen. Wer davon profitieren möchte, muss bei der Migration verschiedene Schritte und Phasen beachten, damit ein reibungsloser Übergang sichergestellt werden kann.

Auch Unternehmen, die bereits die Vorgängerversion Microsoft Lync 2010 besitzen, können nicht einfach ein In-Place-Upgrade durchführen. Der Weg von Lync 2010 zu 2013 erfordert eine Side-by-Side-Migration, also den parallelen Aufbau einer komplett eigenen UC-Umgebung für die neue Version. Erst nach dem Umschalten der Mitarbeiter-Accounts lässt sich die bisherige Version deinstallieren. Von der Vorbereitung bis zum eigentlichen Produktivbetrieb verläuft die Migration idealerweise in sechs Schritten.

1. Schritt: Prüfung der Ausgangslage

Wie jede Migration beginnt auch diejenige zu Microsoft Lync 2013 mit dem Ermitteln des Status quo: Welche Nutzer setzen welche UC-Lösung ein, und welche Mitarbeiter sollten die Software erhalten? Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass die bisherigen UC-Lösungen auf einen einheitlichen Stand gebracht werden müssen. Wenn nämlich Office Communication Server 2007 R2 und Lync 2010 parallel betrieben werden, funktioniert die Umstellung auf Lync 2013 nicht. Die Altsysteme sind also auf eine einheitliche Version sowie einen aktuellen Patch-Level abzugleichen, mit anschließendem Sicherheits-Backup. Auch bei den weiteren Schritten ist zu beachten, dass sowohl Server als auch Clients immer in der jeweils gleichen Version vorliegen sollten, um Stabilität und maximalen Funktionsumfang zu garantieren. Dies gilt auch bei Umstellungen oder Upgrades im Zuge des Patch-Managements. So sind Aktualisierungen stets in der kompletten Infrastruktur durchzuführen.

Bildergalerie:
Microsoft Lync 2013
Lync Standardansicht: Kontaktliste und Kommunikationsmöglichkeiten.
Microsoft Lync 2013
Tabbed IM (Unterhaltungen in Registerkarten)
Microsoft Lync 2013
Video/Web-Conference mit mehreren Teilnehmern (Links: Alle Teilnehmer, oben: "Standing row" (Alle aktiven Sprecher), Mitte: Application Sharing von Powerpoint zum gemeinsamen Arbeiten an einem Dokument.
Microsoft Lync 2013
Lync gibt "intelligente" Bedienungshinweise.
Microsoft Lync 2013
Anmeldung an der Lync Web App (LWA) im Browser zur Anmeldung an einer Konferenz.
Microsoft Lync 2013
Teilnahme an einer Videokonferenz über den Browser.
Microsoft Lync 2013
Teilnahme an einer Videokonferenz über die Lync Windows 8 App.
Microsoft Lync 2013
Teilnahme an einer Videokonferenz über die Lync Web App unter Mac OS X.
Microsoft Lync 2013
Startansicht der Lync Windows 8 App (MX Client).

Eine Alternative zur On-Premise-Installation bietet die Cloud-Version Lync Online. Diese besitzt jedoch nicht den vollständigen Funktionsumfang und lässt sich auch nicht so flexibel an individuelle Bedürfnisse anpassen. Dies zeigt sich bei Erweiterung durch Eigenentwicklungen oder Lösungen von Drittanbietern. Zum Beispiel erlaubt sie keine Änderungen am Back-End, etwa für Add-On-Tools, sondern nur Client-seitig. Zudem enthält Lync Online keine eigenständige Telefoniefunktion, und die Nutzer bekommen auch keine eigene Durchwahl. Die Vorteile der Cloud-Installation liegen in höherer Skalierbarkeit, automatischen Aktualisierungen und geringeren Kosten. Schließlich kümmert sich der Provider um Installation, Wartung und Aktualisierung und berechnet nur tatsächlich benötigte Kapazitäten.

Es lässt sich aber nicht pauschal sagen, welche Version sich für Unternehmen besser eignet. Tendenziell profitieren mobile Mitarbeiter eher von Cloud- oder Hybrid-Lösungen, wenn die Anforderungen an Qualität, individuelle Anpassungen und Spezialfunktionen nicht allzu hoch sind. Dies kann etwa bei Dienstleistern der Fall sein. Finanzinstitute oder öffentliche Einrichtungen dagegen dürfen Informationen aus Compliance-Gründen nicht nach außen geben, sodass hier meist nur eine On-Premise-Lösung infrage kommt. Generell sollten Unternehmen die jeweiligen Einsatzszenarien durchspielen und unternehmenseigene Richtlinien bedenken, bevor sie sich auf eine Variante festlegen. Zum Beispiel werden Thin Clients nur mit der klassischen Servervariante unterstützt.

2. Schritt: Die Planungsphase

Nun ist ein ausführlicher Projekt- und Zeitplan zu erstellen, der eine Pilot- und Testphase sowie eine sequentielle Abfolge der Migrationsschritte für die einzelnen Standorte enthält. Dazu gehört die Entwicklung einer Architektur für Lync 2013 mit entsprechender Berücksichtigung der veränderten Rahmenbedingungen von Microsoft. So unterstützt Lync 2013 zum Beispiel SQL-Server erst ab Version 2008 R2 und keine SQL Cluster mehr, um Hochverfügbarkeit zu gewährleisten. Die Datenspiegelung wird durch SQL Mirroring erreicht, was je nach Ausprägung eine erhöhte Serveranzahl und Komplexität erzeugt. Der Vorteil: Durch geschickte Verteilung der Mirror-Systeme kann die Hochverfügbarkeit jetzt auch über WAN-Strecken erfolgen. Waren bislang nach einem Serverabsturz nur noch rudimentäre Funktionen nutzbar wie einfache Telefonie, kriegt der Nutzer durch die Spiegelung auf zwei redundante Rechenzentren und ein optimiertes Backup-Pool-Konzept heute einen Ausfall praktisch nicht mehr mit.

Die Rollen der Server haben sich ebenfalls verändert. Audio und Video Conferencing sowie das Monitoring wanderten von bislang eigenständigen Servern auf den Front-End-Server. Zudem ist nun ein Office-Web-Application-Server erforderlich, um PowerPoint-Präsentationen in HTML 5 zu rendern, damit sie sich auf Mobilgeräten und dem neuen Lync-Client darstellen lassen. Und es gibt einen neuen DNS-Mechanismus, damit ein Lync-Client seinen Lync-Server findet. Auch die Lizenzierungskosten sind neu zu berechnen, da diese jetzt für die Enterprise- und die Standard-Edition einheitlich sind.

Es gibt weitere Softwareanforderungen: So bedarf es etwa Windows 7 oder 8 als Client-Betriebssystem aufgrund der fehlenden Unterstützung für Windows XP. Zudem haben Unternehmen die Lauffähigkeit sowie die Support-Angebote von Drittanbieterlösungen wie Gateways, Computer-Telefonie-Integration oder Add-Ons zu prüfen - ebenso die schärferen Hardwaresystemvoraussetzungen auf den Servern, Clients und den vernetzten Geräten wie Telefonen und Videokonferenzsystemen. Die eingesetzten Server sollten mindestens Sechs-Kern-Prozessoren und 32 GByte Arbeitsspeicher aufweisen, also die doppelte Leistung zur bisherigen Lync-Version. Beim Betriebssystem genügt zwar weiterhin Windows Server 2008 R2, Microsoft empfiehlt aber Windows Server 2012 aufgrund der höheren Netzwerkleistung und Virtualisierungsfunktionen.

3. Schritt: Implementierung der Serversoftware

Nachdem die erforderlichen Voraussetzungen für die Migration geschaffen wurden, folgt die Implementierung der Serversoftware von Microsoft Lync 2013. Hier sollte zuerst der Front-End-Server aufgespielt werden, da dieser der zentrale Bestandteil ist und die meisten Funktionen enthält. Anschließend folgen die weiteren Serverrollen sowie zusätzliche Anwendungen.

4. Schritt: Die Pilotphase

Nun folgt die Pilotphase des Projekts. Dazu werden einzelne Nutzer auf die neuen Systeme migriert. Die entsprechenden Mitarbeiter sollten zuvor eine ausführliche Schulung und Einweisung in die neuen Systeme erhalten. Dies gilt insbesondere für die neue Oberfläche und zusätzliche Funktionen, die nicht gerade selbsterklärend sind. Zum Beispiel lassen sich nun zwei Monitore parallel nutzen, etwa für Videokonferenz und Dokumentenanzeige. Erstmals ermöglicht der Client auch Live-Bilder von bis zu fünf Gesprächspartnern mit bis zu 1.080p-HD-Auflösung gleichzeitig. Die Nutzeranmeldung und die Bedienung der meistgenutzten Funktionen sind dagegen mit der Vorgängerversion weitgehend identisch.

Nach dem Umschalten ihrer Accounts können Mitarbeiter die neue Version ausprobieren und im Arbeitsalltag einsetzen. Wichtig ist hier eine ausführliche Feedback-Schleife der Pilotnutzer an die IT-Abteilung. Sie sollten alle Fehler und Probleme festhalten und zeitnah weitergeben. Neben der Performance und Verfügbarkeit sowie der Verbindungsqualität mit verschiedenen Partnern zählen dazu auch die Bedienbarkeit sowie mögliche Effizienzgewinne und -verluste für den täglichen Betrieb.

Die User Experience basiert in der Regel auf der Bandbreite, vor allem bei mobilen Nutzern, externen Partnern und in Niederlassungen. Dies gilt insbesondere für HD-Videokonferenzen und weitere Spezialanwendungen. Um den Bedarf festzustellen und spätere Herausforderungen zu vermeiden, ist die Analyse durch erfahrene Systemintegratoren notwendig, insbesondere beim Einsatz von HD-Video und Multiparty-Video. Mobilgeräte sind mindestens mit 3G, besser 4G/LTE oder Wi-Fi anzubinden, damit diese IP-Audio- oder -Video-fähig sind. Zudem sollten natürlich auch die Arbeitsplatzrechner sowie Kameras und Headsets über eine gute Qualität verfügen, um eine reibungslose Übertragung von Bild und Ton zu gewährleisten.

5. Schritt: Der Rollout

Nach der Feinjustierung von Lync 2013 auf Basis des Nutzer-Feedbacks sowie diverser Performance-Messungen wird die entsprechend angepasste Software im Unternehmen ausgerollt. Dies kann schrittweise nach Abteilungen oder Niederlassungen erfolgen oder in einem Schritt für alle Nutzer. Abhängig ist dies vom jeweiligen Nutzungsszenario. Bei kleineren Unternehmen bietet sich der "Big Bang" an, bei großen Unternehmen oder Firmen mit zahlreichen Filialen eher die Step-by-Step-Methode. Jedoch kann auch hier der einmalige Rollout sinnvoll sein, um von der höheren Qualität und besseren Vernetzung für UC-Anwendungen wie Videokonferenzen zu profitieren. In jedem Fall sollte der Migrationsplan strikt eingehalten werden, also pro Abteilung oder Niederlassung erst die vollständige Installation von Lync 2013 erfolgen, bevor die entsprechenden Nutzer darauf umgeschaltet werden. Sonst können Fehler entstehen, die leicht vermeidbar wären.

6. Schritt: Deinstallation der alten Software

Nach der Migration sämtlicher Nutzer sollte unbedingt eine Übergangszeit zur Prüfung der neuen Version vorgesehen werden. Erst dann ist es ratsam, Lync 2010 vollständig zu deinstallieren. Da die bisherige Version parallel betrieben wurde, gestaltet sich dies relativ einfach. Zu beachten ist hier nur, dass die Version sauber entfernt wird, um keine lizenzrechtlichen oder technischen Probleme zu bekommen. Dann ist die Migration auf Microsoft Lync 2013 vollständig und erfolgreich abgeschlossen. (mje)