Longhorn/Vista: Netzwerkfunktionen

15.12.2006 von Martin Kuppinger
Beim Windows Server Longhorn (und auch bei Windows Vista) sind etliche Detailänderungen im Bereich der Netzwerkfunktionen zu verzeichnen, aber auch weitreichendere Neuerungen wie den vollständig überarbeiteten TCP/IPProtokollstack. Der Artikel zeigt, was es Neues gibt zum Thema Netzwerkfunktionen.

Die Netzwerkfunktionen sind in den vergangenen Jahren etwas aus dem Blickpunkt gerückt. Da sich TCP/IP als Standardprotokoll durchgesetzt hat und viele Funktionen inzwischen zuverlässig automatisch oder doch auf recht einfache Weise konfiguriert werden können, wird darüber nicht mehr so intensiv diskutiert, wie es noch vor wenigen Jahren der Fall war.

Dennoch gibt es in wenigen Bereichen des Windows Server Longhorn so viele und so wichtige Veränderungen. Sie betreffen in weiten Teilen auch Windows Vista, weil Microsoft ja beide Betriebssysteme auf der gleichen Code-Basis aufgebaut hat.

TCP/IP

Die wichtigste Neuerung ist zweifelsohne der TCP/IP-Stack, den Microsoft komplett neu entwickelt hat – das erste Mal seit dem Schritt zu Windows NT 3.51 vor gut zehn Jahren. Dort werden nun beide Protokolle in einer Dual Layer-Architektur unterstützt. Es gibt also nur noch einen Protokollstack, in dem die wichtigen Funktionen gemeinsam genutzt werden, und eine vollständige Unterstützung für IPv6, sodass der Umstieg auf dieses Protokoll nun langsam Realität werden kann.

Bild 1: TCP/IP v6 ist nun standardmäßig installiert.

Wenn man auf die Einstellungen zu einem Netzwerkadapter zugreift, sieht das zwar nicht so aus, weil die beiden Protokolle nebeneinander angezeigt werden (Bild 1). Das ist aber nur wegen der einfacheren und übersichtlicheren Konfiguration so – faktisch handelt es sich um einen Stack, der auch nicht getrennt installiert oder deinstalliert werden kann. Die Schaltfläche Uninstall ist ohnehin für beide TCP/IP-Varianten deaktiviert.

Weitere TCP/IP-Verbesserungen

Für TCP/IP wurden aber eine ganze Reihe weiterer Verbesserungen realisiert, die an dieser Stelle gar nicht im Detail behandelt werden können.

Zu nennen sind hier unter anderem:

Darüber hinaus wurden Umgebungen optimiert, in denen es zu relativ vielen Datenverlusten im Netzwerk kommt. Unterstützt werden nun unter anderem die RFCs 2582, 2883, 3517 und 4138.

Grundsätzlich geändert wurde auch die Art und Weise, wie Pakete gefiltert werden. Microsoft hat eine Windows Filtering Platform (WFP) als Teil des Stacks definiert. Über diese können auch Dritthersteller in die Filterung eingreifen. Damit lassen sich beispielsweise lokale Firewalls und andere Schutzmechanismen besser als bisher implementieren.

SMB 2.0

Die zweite wichtige Neuerung sind die SMB 2.0, die Server Message Blocks, auch als CIFS (Common Internet File System) bezeichnet. Sie sind das File-Sharing-Protokoll, das im Windows-Umfeld verwendet wird. Das Protokoll war in den vergangenen 15 Jahren weitgehend unverändert geblieben. Bei der Kommunikation zwischen Windows Vista und dem Windwos Server Longhorn wird automatisch mit SMB 2.0 gearbeitet. Beim Austausch von Informationen mit älteren Windows-Versionen und mit SMB/CIFS-Implementierungen anderer Anbieter wie beispielsweise Samba wird dagegen weiterhin SMB 1.0 genutzt. Die zu verwendende Version von SMB wird beim Verbindungsaufbau ausgehandelt. Die wichtigsten Neuerungen bei SMB 2.0 sind:

SMB 2.0 zählt aber zu den Änderungen, die man nicht konkret bemerken wird. Die neue Protokollversion wird sich nur in Form einer besseren Performance bei Fileserver-Zugriffen in einem Longhorn/Vista-Umfeld bemerkbar machen.

NDIS 6.0

Auch von NDIS, der Network Driver Interface Specification, gibt es eine neue Version. NDIS ist die Schicht zwischen den Netzwerktreibern und dem Betriebssystem. Von NDIS 6.0 wird man ebenfalls nichts sehen.

Dennoch sind die Änderungen wichtig. Zu den wesentlichen Neuerungen gehört, dass auch Funktionen für die Verarbeitung von IPv6- Daten auf spezielle Prozessoren des Netzwerkadapters geladen werden können (Offloading). Dazu gehört beispielsweise die Berechnung von Prüfsummen. Die CPU wird damit deutlich entlastet.

Daneben wurde ein neuer Typ von Treibern eingeführt, der die Implementierung von Netzwerkadaptern vereinfacht.

Weitere Neuerungen

Die Liste der neuen Features bei den Netzwerkfunktionen ist aber noch wesentlich länger. Zu nennen sind beispielsweise die Network Awareness-Funktionen mit der Unterscheidung zwischen privaten und öffentlichen Netzwerke, die Erweiterungen für das Peer-to-Peer-Networking, das beispielsweise von Windows Vista für die Teamarbeitsfunktionen genutzt wird, viele Verbesserungen bei IPsec und eine Reihe von Neuerungen bei der Unterstützung von drahtlosen Netzwerken, ebenso wie eine neue Architektur, die drahtlose Netzwerke nicht mehr als Emulation von Ethernet-Verbindungen behandelt. Damit lassen sich Erweiterungen für die Unterstützung von drahtlosen Netzwerken einfacher implementieren.

Das ist schon deshalb wichtig, weil es gerade in diesem Bereich noch permanent Optimierungen gibt, um die Netzwerke stabiler und sicherer zu machen.

Etliche Funktionen werden dagegen nicht mehr unterstützt, weil sie entweder durch neue Dienste ersetzt oder schlicht in der Praxis nicht mehr relevant sind. Dazu gehören:

Auch in einem so technischen und doch etwas verborgenen Bereich wie den Netzwerkfunktionen ist noch viel Bewegung möglich – was auch die These bestätigt, dass die Systeme nach außen immer einfacher, innen aber immer komplexer werden.