Setup-Komfort

Linux-Installer - Ubuntu, Fedora und Co. im Überblick

01.06.2015 von David Wolski
Wie bequem lässt sich eine Distribution installieren, und welche Optionen bietet der Installer? Der Installationsprozess ist der der erste Eindruck, den eine Linux-Distributionen macht. Der Beitrag bietet einen Überblick über die wichtigsten Installer.

Wenn ein frisch eingerichtetes Linux-System zum ersten Mal bootet, ist bereits eine Menge Arbeit getan: Der Umfang reicht von der Partitionierung mit Einrichtung der Dateisysteme und der Swap-Partition über die Auswahl der Sprache und Tastaturbelegung zum Anlegen des ersten Benutzers oder root-Kontos. Nicht genug: Die Dateien wurden vom Installationsmedium kopiert, die Konfigurationsdateien angepasst, die initiale Ramdisk für den ersten Start erstellt und natürlich ein Bootloader eingerichtet. Diese keineswegs trivialen Arbeiten übernehmen heute meist grafische Installer, die den Installationsprozess möglichst komfortabel gestalten sollen und den zukünftigen Linux-Anwender über die nötigen Installationsschritte begleiten. Distributionen müssen hier eine Balance zwischen Automatismen und manuellen Einstellungsmöglichkeiten für Fortgeschrittene finden. Wie komfortabel die Entwickler eines Linux-System diese Aufgabe lösen, ist oft wegweisend für Wahrnehmung und Erfolg einer Distribution: Die Installer sind das Aushängeschild eines Systems. Die folgende Parade stellt die wichtigsten Linux-Installer mit ihren Eigenheiten vor. Die Auswahl orientiert an den tonangebenden Distributionen.

Ubuntus Ubiquity: Für jeden etwas

Rundum gelungen: Der Ubuntu-Installer Ubiquity hat seit Ubuntu 12.10 fortgeschrittene Funktionen wie Cryptsetup und LVM bekommen und bleibt trotzdem der einsteigerfreundlichste Weg zu einem Linux-System.

Als Ubuntu 2004 in Erscheinung trat, war ihm die Abstammung von Debian noch deutlich anzusehen. Es nutzte zunächst den textbasierten Debian-Installer. Das änderte sich mit Ubuntu 6.04, das die Setup-CD mit dem zuvor separaten Live-System verschmolz und erstmals das grafische Installationsprogramm Ubiquity präsentierte, das direkt von der Live-CD lief. Ubiquity ist mit den Ubuntu-Versionen gewachsen und hat schrittweise mehr Funktionen aufgenommen, hat aber bis eher Linux-Einsteiger im Sinn. Es ist größtenteils in Python geschrieben, nutzt im Hintergrund einige Funktionen des Debian-Installers und kommt mit optischen Anpassungen in allen Ubuntu-Varianten zum Einsatz. Eine größere Neugestaltung ab Ubuntu 10.10 beschleunigte den Installationsprozess: Während die Oberfläche nach der Partitionierung noch schrittweise weitere Eingaben abfragt, beginnt im Hintergrund bereits die Formatierung und die Übertragung der Dateien. Mit dieser Parallelisierung ist Ubiquity einer der schnellsten Installer, der ein komplettes System in wenigen Minuten einrichtet.

Partitionierung: Der eingebaute Partitionierer zeigt eine visuelle Aufteilung der Festplatten und liegt mit seinen automatischen Partitionierungsvorschlägen oft richtig.

Verschlüsselung: Seit Ubuntu 12.10 kann der grafische Installer die Partitionen mit Cryptsetup verschlüsseln und wählt dafür automatisch eine Organisation der Partitionen mit dem Logical Volume Manager (LVM). Diese Funktion war vorher nur über den textbasierten Installer der alternativen Installations-CDs enthalten.

Parallelinstallationen: Ubiquity erkennt bereits installierte Systeme, meist sogar korrekt mit Namen. Ist keine zweite leere Festplatte oder freier Speicherplatz vorhanden, dann haben Anwender die Option, eine Verkleinerung der bestehenden Partitionen vorzunehmen.

Ubiquity setzt mit seinem klaren Schritt-für-Schritt-Aufbau und dem ansehnlichen Funktionsumfang hohe Maßstäbe, an welchen sich die Installer anderer Distributionen heute messen lassen müssen. Die komfortable Installation hat wesentlich zum Erfolg Ubuntus beigetragen. Es ist aber inzwischen nötig, die Veröffentlichungshinweise neuer Ubuntu-Versionen zu lesen, denn es gibt immer wieder Bugs. Zuletzt hatte beispielsweise Ubuntu 14.04 LTS Probleme bei der Erkennung eines vorhandenen Windows 8 und von Datenpartitionen, und es besteht das Risiko eines Datenverlusts bei der automatischen Partitionierung.

Yast: Mit langer Tradition

Open-Suse-Installation auch im Textmodus: Mit Rücksicht auf den Server-Betrieb legt Open Suse wie Debian auch heute noch Wert auf eine Installation im Textmodus. Denn auf Servern ist eine grafische Oberfläche nicht immer erwünscht.

Mit dem grafischen Installationsassistenten Yast galt Suse Linux einst als die einsteigerfreundlichste Linux-Distribution. Yast ist schlicht die Abkürzung für den ganz uneitlen Namen „Yet another setup tool“ und begann als textbasierte deutschsprachige Variante des Slackware-Installers. Seit 1996 übernahm Yast weitere Aufgaben wie eine damals revolutionäre Hardware-Erkennung, Netzwerkeinrichtung und Dienstekonfiguration. Später kam eine grafische Benutzeroberfläche hinzu. Damit konnten erstmals auch weniger versierte Anwender ein funktionsfähiges Linux-System einrichten. Neben allen Lorbeeren gab es aber auch harsche Kritik an Yast, denn es stand bis zur Übernahme von Suse durch Novell unter einer proprietären Lizenz, die eine Weitergabe des Codes nur in Verbindung mit Suse gestattete. Andere Distributionen haben es deshalb nie aufgegriffen, zumal die zentrale Systemkonfiguration von Standards abweicht und deshalb vielen Admins nicht behagt. Yast steht heute aber unter GPL und ist modular aufgebaut. Es dient auch dem aktuellen Open Suse noch als Installer, aber mit seinen Modulen auch als Konfigurationswerkzug im laufenden System. Der Installationsprozess ist klassisch in Schritte unterteilt. Das Programm durchlief mehrere Wandlungen, und mit Open Suse 13.1 wurde Yast von seiner eigenen Script-Sprache auf das verbreitete Ruby portiert. Die Macher von Open Suse hoffen, dass so in Zukunft auch andere Entwickler Konfigurationsmodule beisteuern. Die DVD-Ausgabe von Open Suse liefert eine separate Textmode-Variante von Yast mit.

Partitionierung: Der eingebaute Partitionierer im „Expertenmodus“ von Yast hat einen enormen Funktionsumfang, kann Partitionen verkleinern und verschieben, einen Raid-Verbund erstellen, mit LVM und BTRFS-Volumengruppen arbeiten und sogar verschlüsselte Luks-Partitionen einrichten.

Verschlüsselung: Yast kann bei der manuellen Partitionierung ganze Partitionen per Klick mit Luks verschlüsseln und im Expertenmodus auch verschlüsselte Container-Dateien erstellen.

Parallelinstallationen: Mit anderen Systemen auf den Festplatten hat Yast Probleme. Linux-Systeme ignoriert Yast und schlägt vor, deren Partition zu löschen. Windows wird hingegen erkannt, und die automatische Partitionierung kann bei Bedarf die bestehenden Partitionen verkleinern.

Obwohl die Entwicklung von Yast beständig weitergeht, hat Open Suse seinen Status als das Linux-System mit dem einsteigerfreundlichsten Installer an Ubuntu abgegeben. Yast ist solide und knüpft auch nach seiner Portierung auf Ruby nahtlos an die Vorgängerversion an, so dass es keine Überraschungen für Anwender gibt, die Open Suse bereits kennen. Yast bietet zwar die meisten Detaileinstellungen für Dateisysteme an, aber Einsteiger werden bei einer Parallelinstallation in der Online-Dokumentation blättern müssen. Der Installationsprozess ist deutlich langsamer als bei anderen Distributionen.

Anaconda: Die Dauerbaustelle

Bis hierher sieht das ganz ordentlich aus: Mit der Ordnung ist es vorbei, sobald es in Anaconda zur Partitionierung unter „Installations-Ziel“ geht. Der Installer Anaconda arbeitet in Fedora, Cent-OS und Red Hat.

Neu ist nicht immer besser: Anaconda, das Installationsprogramm von Fedora, Cent-OS und Red Hat Enterprise Linux zeigt exemplarisch, dass sich auch professionelle Linux-Entwickler bei der Gestaltung grafischer Oberflächen gehörig verzetteln können. Das in Python geschriebene Installationsprogramm wurde in seiner frühen Version schon vor 16 Jahren mit Red Hat Linux und später mit Fedora ausgeliefert. Die Oberfläche war schlicht, aber klar aufgebaut. Ab Fedora 18 hat Anaconda dann 2013 einen kompletten Umbau erfahren, der die zugrunde liegenden Scripts für moderne Anforderungen wie Uefi-Installationen und Secure Boot fit machte. Die neue, zentral organisierte Oberfläche hat mit der alten nichts mehr gemeinsam und liefert bis heute Anlass zu Kritik. Denn die Funktion einiger inkonsistenter Bedienelemente erschließt sich nicht sofort.

Partitionierung: Anaconda verfügt über einen Partitionierer, der Raids und Volumengruppen mit LVM oder BTRFS erzeugen kann. Die automatischen Partitionierungsvorschläge sind selten befriedigend, so dass an einer umständlichen manuellen Aufteilung der Festplatte oft kein Weg vorbeiführt.

Verschlüsselung: Auf Wunsch verschlüsselt Anaconda die Partitionen mittels Luks.

Parallelinstallationen: Der Installer erkennt andere Linux-oder Windows-Systeme, identifiziert diese aber nur als „Unbekanntes System“. Es ist auf manuellem Weg möglich, bestehende Partitionen zu verkleinern, um Platz zu schaffen.

Die ersten Schritte in Anaconda wirken noch klar strukturiert und die Menüs des grafischen Installers seit Fedora 21 durchaus ansprechend. Ein Manko ist aber der gesamte Aufbau der Menüs, die eine lineare Aufgabe durch nichtlineare Untermenüs zu einem konfusen Abenteuer macht. Der eingebaute Partitionierer ist ein Tiefpunkt grafischer Menüführung und eines Unternehmens wie Red Hat einfach nicht würdig. Technisch werden fortgeschrittene Anwender aber an Anaconda wenig auszusetzen haben.

Debian-Installer: Der Geradlinige

Der grafische Installer von Debian: Nachdem Debian als installierbares Live-System vorliegt, spendierten die Entwickler der robusten Distribution dieses schlichte Front-End über der textbasierten Installation.

Um eine grafisch ansprechende Installation ging es Debian noch nie. Obwohl die besonders auf Stabilität bedachte Distribution mit Debian 4 „Etch“ nachzog und einen grafischen Installer auslieferte, ist dieses Werkzeug kaum mehr als ein grafisches Front-End für den textbasierten Debian Installer. Dies ist kein Fehler, zumal die Zielgruppe Debians kaum Hilfestellungen in Form stilvoller Menüs benötigt und mit einem geradlinigen, logischen Ablauf völlig zufrieden ist. Tatsächlich gelingt es dem Debian-Installer, der übrigens auch die Installation der Server-Variante Ubuntus erledigt, alle Schritte im Text-und Grafikmodus identisch abzubilden.

Partitionierung: Die Aufteilung der Festplatte gelingt auch in den textbasierten Menüs erstaunlich gut. Debian kann auch die Größe vorhandener Windows-Partitionen anpassen, doch ist diese Funktion etwas tiefer in den Menüs der manuellen Partitionierung versteckt.

Verschlüsselung: Debian unterstützt Luks-Verschlüsselung und Volumengruppen mit LVM und Raid.

Parallelinstallation: Es gibt keine Erkennung anderer Systeme. Somit bleibt es dem Anwender überlassen, bei Bedarf Platz durch die Verkleinerung einer bestehenden Partition mit dem enthaltenen Partitionierer zu schaffen.

Die grafische Variante wirkt mit ihrer seitenweise Abfolge von Menüseiten nicht elegant, erfüllt aber ihren Zweck und läuft aus Live-Systemen heraus. Wer einen Server aufbaut, braucht keine grafische Oberfläche, sondern ist mit einem textbasierten Installer besser bedient.

Drakx: Aufgemöbeltes Erbstück

Mageia-Installation mit Drakx: Die Wurzeln des Perl-Scripts Drakx gehen auf das eingestellte Mandrake Linux zurück. Auch der weniger bekannte Mandrake- Nachfolger Open Mandriva nutzt diesen Installer.

Der Installer von Mageia ist ein alter Bekannter. Das grafische Installationsprogramm Drakx geht auf Mandrake Linux zurück, aus dem dann Mandriva wurde, bevor sich diese Distribution in Mageia und Open Mandriva aufspaltete. Keine der Varianten hat große Verbreitung, obwohl es sich bei Drakx um einen fähigen Installer handelt, der sich auch gut für Einsteiger eignet. Hinter Drakx stehen Perl-Scripts, die über QT-Bibliotheken eine grafische Benutzeroberfläche haben.

In Mageia, das von seiner Community mit jährlichen Veröffentlichungen am Leben erhalten wird, hat Drakx eine sorgfältige Überarbeitung und frische Grafiken bekommen. Der Installationsvorgang umfasst nur Partitionierung, Kopieren der Dateien und Bootloader-Einrichtung. Benutzerkonten werden dann beim ersten Booten abgefragt.

Partitionierung: In Drakx ist ein gelungenes Front-End zur automatischen oder manuellen Aufteilung der Festplatten enthalten.

Verschlüsselung: Drakx bietet keine Unterstützung für verschlüsselte Partitionen (Stand Mageia 5 Beta).

Parallelinstallationen: Der Installer erkennt Windows und kann dessen Partition automatisch verkleinern. Bei parallel installierten Linux-Systemen muss man sich darum manuell kümmern.

Obwohl Mageia zu einer Nischendistribution geworden ist, kann sich der Installer weiterhin sehen lassen. Viel Dokumentation gibt es dazu nicht, aber das ist auch nicht nötig, denn die Schritte erklären sich dank klar aufgebauter Menüs von selbst. Bedingt durch die zugrunde liegenden Perl-Scripts zeigt der Installationsprozess eine ungewohnt große Zahl an Bestätigungs-und Hinweisdialogen. Drakx ist einer der langsamsten Installer.

(PC-Welt/ad)