Benutzerkomfort

Linux-Desktop mit Durchblick: 7 praktische Tricks

11.05.2015 von David Wolski
Nicht nur Oberflächlichkeiten: Wie die Arbeit auf den verschiedenen Desktop-Umgebungen komfortabler und schneller vonstattengeht, zeigen die folgenden Tipps, Ergänzungen und nützlichen Abkürzungen.

1. Dateimanager: Versteckte Ordner und Dateien ein- und ausblenden

Anführende Punkte im Namen zeichnen in Linux-Systemen versteckte Dateisystem-Objekte aus. Weil versteckte Dateien und Verzeichnisse hauptsächlich die Domäne von Konfigurationsdateien sind, mit welchen Desktop-Anwender eher selten direkt in Kontakt kommen, blenden die Dateimanager und Dateidialoge der Desktop-Umgebungen alles Versteckte zunächst aus.

Es dient zweifelsohne der besseren Übersicht, wenn versteckte Dateien und Ordner in Dateimanagern nicht sichtbar sind.

Ist es aber doch einmal nötig, eine versteckte Datei zu bearbeiten oder einen versteckten Ordner zu öffnen, dann gibt es sowohl unter Gnome, Unity, XFCE als auch unter KDE Tastenkombinationen, um im jeweiligen Dateimanager oder in Dateidialogen alles Versteckte zu zeigen: In Gnome, Unity und XFCE drücken Sie dazu die Tastenkombination Strg-H, in KDE dient dazu stattdessen die Tastenkombination Alt und Punkt.

2. Mailbenachrichtigung: Mailnag behält Postfächer im Auge


Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, sich über eingehende Mails benachrichtigen zu lassen, etwa über Browser-Erweiterungen. Das Tool Mailnag präsentiert dagegen Benachrichtigungen auf dem Desktop und unterstützt dabei in der neuen Version zahlreiche Desktop-Umgebungen.

Mailnag einrichten: Das Programm bringt einen überarbeiteten Konfigurationsdialog mit. Die Passwörter der Mailkonten speichert Mailnag sicher im Gnome-Keyring.

Das in Python geschriebene Mailnag entstand vor drei Jahren zunächst als Erweiterung für Gnome 3. Der Entwickler ließ es aber nicht dabei: Inzwischen funktioniert Mailnag auch unter anderen Desktop-Umgebungen, denn das Tool nutzt jetzt libnotify für Benachrichtigungen über neue Mails im überwachten Postfach und ist damit unabhängig vom verwendeten Desktop. In Gnome 3 und Unity integriert sich Mailnag auch noch mit einem Applet im Panel der jeweiligen Arbeitsfläche. Das Tool kann Postfächer über POP und IMAP überwachen sowie die Webmail-Dienste von Google, GMX und auch Web.de.

Nachrichtenschwemme: Mailnag arbeitet jetzt nicht mehr nur unter Gnome 3, sondern auch unter Unity, XFCE und LXDE. Ein Plug-in für Unity richtet zusätzlich diesen Indikator im oberen Hauptpanel ein.

In Ubuntu 14.04 ist Mailnag in den offiziellen Paketquellen nur in der älteren Version vorhanden, die lediglich unter Gnome 3 funktioniert. Die neue Version steht als fertiges Paket in einem PPA des Entwicklers bereit, das sich mit dem Terminal-Befehl

sudo add-apt-repository ppa:pulb/mailnag

hinzufügen lässt. Mit den beiden Kommandos

sudo apt-get update
sudo apt-get install mailnag

installieren Sie dann Mailnag. In dieser Grundausstattung arbeitet Mailnag unabhängig vom Desktop. Wenn Sie Unity verwenden, können Sie zusätzlich mit

sudo apt-get install mailnagunity-plugin

einen Indikator installieren. Und auch für Gnome 3 gibt es ein passendes Plug-in, dass mittels

sudo apt-get install gnome-shellmailnag

nachgerüstet wird. Die Konfiguration von Mailnag rufen Sie über das Anwendungsmenü des Desktops über „Internet -> Mailnag-Konfiguration“ auf oder auch mit dem Aufruf mailnagconfig. Hier richten Sie unter „Konten“ den Zugriff auf die zu überwachenden Postfächer ein. Das hinterlegte Password speichert Mailnag dabei übrigens nicht unverschlüsselt auf der Festplatte, sondern im sicheren Passwortspeicher von Gnome, dem Gnome-Keyring. Unter „Plugins“ legen Sie fest, wie Sie Mailnag über neue Mails informieren soll, und aktivieren – falls installiert – die Panel-Symbole für Unity oder Gnome 3.

3. Fensterverwaltung: X-tile: Fenster per Klick anordnen


Die meisten modernen Desktop-Umgebungen wie Gnome 3, Unity und Cinnamon unterstützen eine automatische Anordnung von Programmfenstern. Kommt eine Desktop- Umgebung ohne Platzierungshilfen zum Einsatz, dann bietet das kleine Tool „X-tile“ einige Hilfestellungen, um Fenster nach einem festen Schema oder einer individuellen Aufteilung per Klick auf dem Bildschirm anzuordnen.

Quadratisch und praktisch: X-tile ordnet die geöffneten Fenster per Mausklick über das Kontextmenü im System-Tray nach festen oder individuell festgelegten Schemata an.

X-tile ist bei jenen Arbeiten eine gute Hilfe, die den Desktop mit einer enormen Zahl an Fenstern tapezieren, so etwa bei der Software- und Webentwicklung. Die Installation von X-tile ist harmlos, da es sich um ein Python-Programm handelt, das keine besonderen Ansprüche hat. Auf der Projekt-Webseite www.giuspen.com/x-tile bietet der Entwickler ein fertiges DEB-Paket an, das in Debian und Ubuntu nach dem Download mit dem Befehl

sudo dpkg -i x-tile_2.5-1_all.deb

unkompliziert installiert ist. Für andere Distributionen gibt es stattdessen ein Archiv mit dem Quellcode. Aber keine Sorge: Das Python-Programm muss nicht erst kompiliert werden, und die Installation übernimmt ein Installations-Script. Entpacken Sie das tar.xz-Archiv in einen beliebigen Ordner, und starten Sie die Installation dort mit diesem Kommando:

sudo python setup.py install --prefix=/usr --exec-prefix=/usr -f

Gestartet wird das Programm über seinen Eintrag „X Tile“ im Anwendungsmenü oder direkt über den Aufruf xtileim Ausführen-Dialog. X-tile meldet sich mit dem Einstellungsdialog, der eine Liste der geöffneten Fenster anzeigt, sowie eine Menüleiste mit den möglichen Aktionen. Um ausgewählte Fenster nach einem festen Schema anzuordnen, wählen Sie die Programmnamen in der Liste aus und gehen dann auf eine Anordnung unter „Tile“. Ein eigenes Schema erstellen Sie, indem Sie die Fenster auf dem Bildschirm manuell anordnen, dann in der Liste markieren und im Menü „Tile -> Eigenes Schema (1) setzen“ auswählen. Wenn Sie X-tile unentbehrlich finden, dann erstellen Sie in der Session-Verwaltung der verwendeten Desktop-Umgebungen einen Eintrag zum automatischen Start des Tools.

Damit X-tile auch immer minimiert startet, aktivieren Sie dort in X-tile unter „Bearbeiten -> Voreinstellungen“ die Option „Starte minimiert im System-Tray“.

4. Ubuntu, Mint & Co.: Status von Num-Lock und Caps-Lock anzeigen


Während gewöhnliche Tastaturen für den Desktop-PC mit LEDs eindeutig anzeigen, ob gerade Num-Lock und Caps-Lock eingeschaltet sind, sparen sich einige neuere Notebooks wie etwa der Lenovo Yoga diese gut sichtbare Anzeige. Und auch wenn es LEDs zur Statusanzeige gibt, so sind diese nicht immer im Blickfeld.

Ersatz für die fehlende LED-Anzeige für Caps-Lock und Num-Lock: Dieser Indikator für Unity zeigt den Status der Feststelltasten per Symbol und Meldungsfenster an.

Für Ubuntu 14.04 und dessen Abkömmlinge gibt es zur Anzeige von Caps-Lock und Num-Lock einen Indikator für das Panel verschiedener Desktop-Umgebungen. Mit einem Symbol und einem kurz eingeblendeten Infodialog zeigt dieser Indikator, wann diese Feststelltasten eingeschaltet sind. Dieser Indikator ist in den offiziellen Paketquellen Ubuntus nicht enthalten, dessen Entwickler stellt aber fertige Pakete in einem eigenen PPA auf Launchpad bereit. Mit dem Terminal-Befehl

sudo add-apt-repository ppa:tsbarnes/indicator-keylock

nehmen Sie das Repository auf und installieren dann das Paket mit diesen beiden Kommandos:

sudo apt-get update
sudo apt-get install indicator-keylock

Den Status von Caps-Lock und Num-Lock in Gnome 3 anzeigen: Eine Shell-Erweiterung zeigt auf dem Gnome-Desktop an, wenn eine dieser Tasten aktiviert ist.

Der Indikator startet ab jetzt zusammen mit dem Desktop automatisch, da er sich bei der Installation selbständig in die Session-Verwaltung einträgt. Zur Kontrolle können Sie in Gnome, Unity und Cinnamon die Session-Verwaltung aufrufen, was mit dem Befehl gnome-session-propertiesgelingt, den Sie im Ausführen Dialog (Alt und F2) oder im Terminal eingeben. In XFCE steht die Session-Verwaltung über xfce4-session-settingszur Verfügung und in KDE über die Systemeinstellungen unter „Systemverwaltung -> Starten und Beenden“.

Übrigens: Anwender von Gnome 3 finden eine Shell-Erweiterung mit einer ähnlichen Funktion unter https://extensions.gnome.org/extension/36/lock-keys .

5. Dateisymbole in KDE: Dateien und Ordner ohne Plus- und Minus-Symbole


Beim Überfahren einer Datei oder eines Ordners im Dateimanager und auf dem Desktop mit dem Mauszeiger zeigt sich ein Pluszeichen zur Auswahl und bei bereits ausgewählten Objekten ein Minuszeichen.

Weniger Kleinkram: Wenn die eingeblendeten Plus- und Minuszeichen auf Dateien und Ordnern mehr irritieren als nützen, dann schalten Sie diese Option in den Einstellungen von Dolphin ab.

Dieser Service des Dateimanagers soll zur einfachen Auswahl per Mausklick dienen. Es stört aber, wenn man den Ordner oder die Datei eigentlich öffnen will und dabei versehentlich das Pluszeichen klickt. Für diese Plus- und Minuszeichen gibt es aber eine Einstellung im Dateimanager Dolphin, mit der Sie die Funktion abschalten. Sie ist dort über das Menü „Einstellungen -> Dolphin einrichten -> Allgemein -> Auswahl-Umschalter anzeigen“ zu finden. Ist diese Option deaktiviert, so tauchen die Icons zum Aus- und Abwählen von Dateien im Dateimanager nicht mehr auf. Weiterhin lassen sich dort Objekte wie bei anderen Desktop-Umgebungen auch mit gedrückter Strg-Taste und einem einfachen Mausklick auswählen.

6. Programmstarter: Kupfer: Intelligenter Ausführen-Dialog


Einige Desktop-Umgebungen haben nicht nur einen simplen Ausführen-Dialog, sondern einen ausgefeilten Programmstarter mit Suchfunktion: In KDE kümmert sich das Programm Krunner, das auf die Tastenkombination Alt-F2 reagiert, mit vielen Zusatzfunktionen um die Bedürfnisse des Anwenders. In Unity stellt die Dash-Übersichtsseite zahlreiche Suchfilter bereit. Gnome 3, Cinnamon und die schlankeren Desktops XFCE und LXDE haben dagegen Ausführen-Dialoge mit eher bescheidenem Funktionsumfang.

Mächtiger Programmstarter: Kupfer findet Programme, Ordner und Dateien per Tasteneingabe und Auto-Vervollständigung. Zu den gefunden Objekten werden im linken Feld passende Aktionen angezeigt.

Der intelligente Starter Kupfer rüstet eine Suche nach Programmen, Dateien und Ordnern mit kontextabhängiger Aktionsauswahl nach, die zum Suchergebnis passt. Das Programm ist von einem Tool namens Quicksilver von Mac-OS X inspiriert und hilft genauso wie das Vorbild beim Finden und Navigieren durch Ordner, Dateien und Programme.

Kupfer ist für die Bedienung per Tastatur optimal und damit generell für Anwender interessant, die auch auf dem Desktop möglichst wenig mit der Maus erledigen möchten. In Ubuntu 14.04 und dessen Varianten ist Kupfer in den Standard-Paketquellen enthalten und über das Ubuntu Software-Center oder in einem Terminal mit dem Befehl

sudo apt-get install kupfer

flott installiert. Auch Fedora 20 kennt das Tool, und dort ist es über das Kommando

sudo yum install kupfer

einzurichten. Für Open Suse 13.1 gibt es ein fertiges, wenn auch inoffizielles Paket über den Build-Service Service unter https://build.opensuse.org/package/show/home:wnereiz/kupfer.

Nach der Installation läuft Kupfer noch nicht, sondern muss erst einmal manuell mit dem Befehl kupferaufgerufen werden. Über das Zahnradsymbol rechts oben geht es zu den Einstellungen, wo sich Kupfer mit „Beim Anmeldungen automatisch starten“ permanent als Autostart-Programm festlegen lässt. Standardmäßig ruft die Tastenkombination Strg-Leertaste Kupfer auf. Der Programmdialog besteht aus zwei Feldern: Die Suche beginnt einfach mit der Eingabe des Namens des gewünschten Programms, Ordners oder der Datei im linken Feld. Im rechten Feld, zu dem Sie mit der Tabulator-Taste wechseln, wird die Standardaktion angezeigt, und weitere Aktionen zeigt die Pfeil-Unten-Taste an. Mit den Pfeil-Tasten können Sie übrigens im linken Feld zwischen verschiedenen zutreffenden Suchergebnissen auswählen.

7. Gnome 3: Elegantes Dock als Gnome-Shell-Erweiterung

Von Docks und Panels als Programmstarter am Bildschirmrand hat sich Gnome 3 verabschiedet. Für alle Anwender, die ein frei konfigurierbares Dock für Programmsymbole in Gnome 3 suchen, springt eine erfreulich unkomplizierte Shell-Erweiterung ein.

Angedockt: Ein schlichtes und elegantes Dock mit Programmfavoriten, das gleichzeitig als Taskleiste dient, bringt die Shell-Erweiterung „Simple Dock“ auf den Desktop von Gnome 3.4.

Die Erweiterung Simple Dock braucht keine Installation von zusätzlichen Paketen unter der eingesetzten Linux-Distribution, sondern wird direkt in Gnome 3 eingerichtet. Gehen Sie dazu im Browser auf das Webverzeichnis der geprüften Gnome-Erweiterungen, und installieren Sie Simple Dock dort mit dem Schalter links oben. Das Dock zeigt sich am unteren Bildschirmrand, dient auch als Taskleiste, unterstützt Ziehen und Ablegen von Favoriten und blendet sich auf Wunsch selbständig aus. Die wenigen Einstellungen des Docks lassen sich über das gnometweak-tool festlegen.

(PC-Welt/ad)