Günstiger Büro-PC

Linux: Alternativen zu Office, Photoshop und Co.

19.02.2009 von Juergen Donauer
Linux ist als Server-System schon lange etabliert. Es ist jedoch auch eine preiswerte Alternative für Office-Arbeitsplätze - die richtigen Programme vorausgesetzt. TecChannel stellt Ihnen passende Alternativen für gängige Windows-Software vor.

Linux bemüht sich zwar im Desktop-Bereich Marktanteile zu gewinnen, allerdings sind diese Versuche noch nicht von Erfolg gekrönt. Viele Nutzer und Firmen scheuen den Umstieg. Einer der Gründe: In der Geschäftswelt will und muss man kompatibel zur Microsoft-Welt sein. Endnutzer fragen sich dabei, ob sie im Open-Source-Bereich passende Alternativen zu ihren gewohnten Windows-Programmen finden. Diese Frage kann man mit einem klaren „Jein“ beantworten. Für einige Programme existieren Alternativen. Andere Software gibt es für beide Betriebssysteme. Manche Programme sind lediglich für Windows und/oder Mac OS X zu haben.

Dieser TecChannel-Artikel will Ihnen Software und Möglichkeiten vorstellen, die bei einem Umstieg helfen können. Dabei konzentriert sich dieser Artikel auf Büroprogramme und Grafik-Software. Selbst wenn Sie auf Grund spezieller Windows-Software nicht alle PCs umstellen könnten, sind Sie eventuell in der Lage, für einige Arbeitsplätze Geld wegen anfallenden Lizenzgebühren zu sparen.

Native Office-Alternativen

Dieser Beitrag befasst sich zunächst mit den Software-Alternativen, die es nativ für Linux gibt. Im Office-Bereich gibt es hier gleich mehrere. Vor allen Dingen für Anwender, die ausschließlich mit Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Präsentations-Software arbeiten.

Office-Suite von SoftMaker

Seit Oktober 2008 gibt es SoftMaker Office 2008 auch für Linux. Das Büro-Paket bietet mit TextMaker, PlanMaker und Presentations eine Textverarbeitung, eine Tabellenkalkulation und eine Präsentations-Software. Die Firma wirbt mit kompletter Kompatibilität zu Microsoft-Dateiformaten. Dies gilt derzeit allerdings noch nicht für die OOXML-Dateien von Office 2007. SoftMaker Dafür sind die derzeit implementierten Import-Filter für ältere Office-Produkte hervorragend. Softmaker 2008 kann außerdem mit Open Document Format (ODF) umgehen.

Starkes Trio: SoftMaker-Office ist die schnellste Alternative.

Die größten Stärken von SoftMaker 2008 für Linux sind allerdings der geringe Hardware-Hunger und die Geschwindigkeit. Setzt man Funktionsumfang zu Performance in Relation ist SoftMaker konkurrenzlos. Darüber hinaus lassen sich Dokumente als PDF-Dateien exportieren. Des Weiteren bringt SoftMaker 2008 zwei Duden-Bücher als elektronische Nachschlagewerke mit sich: Das große Fremdwörterbuch und das Deutsches Universalwörterbuch.

Per Mausklick aufrufbar: Die Wörterbücher lassen sich mit nur einem Mausklick aktivieren.

Mit 69,95 Euro ist SoftMaker Office 2008 für Linux eine erschwingliche Alternative zu Microsoft-Office. Für 99,95 Euro bekommen Sie das Produkt sogar für Windows und Linux gebündelt. Interessierte können auch eine Testversion herunterladen, die 30 Tage lang verwendbar ist. Das Programm braucht zirka 200 MByte auf der Festplatte. Allerdings sollten Sie beachten: In der Home and Student-Version ist Office 2007 bereits zu einem ähnlichen Preis zu haben. In dieser erhalten Sie Word, Excel, PowerPoint und One Note.

IBM Lotus Symphony

Lotus Symphony basiert auf Eclipse Rich Client Platform als Hülle und hat den Kern-Code von OpenOffice.org implementiert. Auch IBMs Office-Paket bringt eine Textverarbeitung, eine Tabellenkalkulation und eine Präsentationssoftware mit sich. Darüber hinaus hat die Office-Suite einen Webbrowser integriert. Neben dem Format ODF- und Microsoft-Office-Dokumenten kann die Software-Sammlung Dateien der Lotus SmartSuite einlesen. Letztere kann der Anwender aber nicht mehr als solche abspeichern. Einen Import-Filter für OOXML bringt Symphony leider nicht mit. Auch IBMs Office-Produkt kann Dateien als PDF exportieren.

Stylish: Der Startbildschirm von Lotus Symphony ist für das Auge ansprechend.

Die Software startet in annehmbarer Geschwindigkeit und ist in einem schicken IBM-blau gehalten. Allerdings ist der Hardware-Hunger zu bemängeln. Dieser scheint größer zu sein als das Basissystem von OpenOffice.org. Auf Rechnern mit weniger als 512 MByte RAM macht das Arbeiten mit diesem Programm keinen Spaß. Die Installationsgröße der aktuellen Version 1.2 ist mit fast 450 MByte über doppelt so groß als das SoftMaker-Paket. Interessant könnte für den einen oder anderen Anwender noch das Plug-In-Verzeichnis sein, auch ein Blick in die Template-Galerie ist nützlich.

Tabellenkalkulation: Diese Rechnung ist aus Lotus Symphonys Template-Galerie.

Alles in allem wirkt Lotus Symphony 1.2 solide und es lässt sich auf entsprechender Hardware gut damit arbeiten. Das Produkt ist nativ für Windows, Linux und Mac OS X erhältlich. Anwender können es hier kostenlos herunterladen. Einen triftigen Grund, warum Linux-Anwender Lotus Symphony statt OpenOffice nutzen sollten, konnten wir allerdings nicht finden.

OpenOffice.org und Suns StarOffice

OpenOffice dürfte mittlerweile nach Microsoft Office den zweiten Rang in der Bekanntheitsskala in Sachen Büro-Software innehalten. Die Office-Sammlung gilt schon länger als kostenlose, plattformübergreifende Alternative. Diesen Ruf hat OpenOffice nicht ganz zu Unrecht. Die Büro-Software hat breite Akzeptanz gefunden und wird mit der Zeit immer besser. Am 13. Oktober 2008 erblickte OpenOffice 3.0 das Licht der Welt. Die zwei interessantesten Neuerungen sind wahrscheinlich die Erweiterung, PDF-Dateien importieren und die Möglichkeit, Office-2007-Dateien einlesen zu können.

Ein Kritikpunkt ist, dass OpenOffice teilweise immer noch etwas behäbig wirkt. Vor allen Dingen beim Start der Software ist das spürbar. Dies ist allerdings zu verschmerzen. Die Software ist gut und bietet sehr viele Funktionen. http://www.openoffice.org ist auf jeden Fall im Business einsetzbar. Seit dieser Ausgabe gibt es auch eine native Version für Mac OS X. OpenOffice unterstützt ODF 1.2.

Übersichtlich: Der Startbildschirm von OpenOffice.org führt den Anwender zum gewünschten Dokument.

Die kommerzielle Variante von OpenOffice.org ist Suns StarOffice. Mittlerweile in Version 9 erschienen basiert die Software auf OpenOffice.org 3.0. Die Download-Version können Anwender ab zirka 35 US-Dollar herunterladen. Im Gegensatz zu OpenOffice.org 3.0 bringt diese Software viele Bilder, Animationen und Templates mit sich. Des Weiteren bietet Sun professionellen Support für die Bürosoftware an. Letzteres ist oftmals entscheiden für Geschäftskunden.

AbiWord und Gnumeric

Die Rekordhalter in Sachen Startgeschwindigkeit sind die Textverarbeitung AbiWord und die Tabellenkalkulation Gnumeric. Beide Programme sind solide und sollten für viele Privatanwender ausreichen. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Duo den geringsten Hardware-Hunger aufweist. AbiWord und Gnumeric laufen immer noch schnell auf wirklich angestaubten Rechnern. Für den Business-Einsatz sind die beiden eher weniger geeignet. Die Import-Export-Filter funktionieren zwar ganz brauchbar, allerdings nicht 100 Prozent. Ebenso ist das derzeitige Fehlen oder einer rudimentären Unterstützung von ODF ein K.O.-Kriterium. Dokumente können Anwender als PDF-Dateien exportieren.

Schnell: Sieger in Sachen Geschwindigkeit – Schlusslicht in Sachen Funktionalität und Kompatibilität.

Komplettsammlung KOffice

Das vom KDE-Team entwickelte KOffice wird oftmals als kleiner, unausgereifter Bruder von OpenOffice.org belächelt. Doch das ist eigentlich nicht ganz richtig. Es bringt zwar weniger Funktionen, dafür aber mehr Programmvielfalt mit sich. Neben Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentations-Software und Datenbank-Applikation hat KOffice mehr zu bieten. Kivio ist eine so genannte Flowchart-Anwendung. Mit Karbon 14 können Sie Vektor-Grafiken entwickeln.

KOffice 1.6: Die Software-Sammlung ist schnell und bringt einige nützliche Templates mit sich.

Um im Projekt-Management den Durchblick zu behalten soll KPlato helfen. KOffice hat weniger Hardware-Anforderungen als OpenOffice.org. Dafür hat es weniger Funktionen und unterstützt weniger Dateiformate. In einer Übersicht finden Sie, was in der aktuellen Version 1.6 funktioniert. Am 19. November 2008 erschien KOffice 2.0 Beta 3. Somit sollte eine finale Version dieser Bürosoftware bald zur Verfügung stehen. Damit soll eine native Unterstützung für ODF Einzug halten.

Bildbearbeitung unter Linux

Während es im Office-Bereich genügend Alternativen zur Microsoft-Welt gibt, sieht es im Bereich Grafik deutlich schlechter aus. Der Quasi-Standard Photoshop, der von vielen Grafik-Profis verwendet wird, läuft nur unter Windows und Mac OS X. Zwar geistern immer wieder Gerüchte von einer Umsetzung durch die Linux-Welt, wirklich getan hat sich aber noch nichts.

The GIMP als Photoshop-Ersatz

Die kostenlose Grafik-Bearbeitungssoftware The GIMP hat sich einen guten Namen gemacht. Sie wird gerne als der Photoshop unter Linux bezeichnet. Schön wäre es, da GIMP auch noch kostenfrei ist. Unterhält man sich allerdings mit Grafik-Designern kommt man schnell zu dem Schluss, dass Adobe Photoshop derzeit konkurrenzlos ist. Dennoch räumen selbst die Grafik-Profis ein, dass GIMP ein solides Produkt ist, das für den Normalanwender allemal reicht. Selbst bis in den semiprofessionellen und professionellen Bereich könnte man die Software für bestimmte Aufgaben zu Rate ziehen. Für die Nachbearbeitung der Bilder aus dem letzten Urlaub und kleinere Fotomontagen ist The GIMP allemal die richtige Wahl.

Kann viel: The GIMP ist erwachsen geworden und reich an Funktionen.

Pavel Kanzelsbergers Pixel

Als weiteren Kandidaten für einen Photoshop-Ersatz könnte man Pixel von Pavel Kanzelsberger nennen. Die Software ist ebenfalls gut, kommt aber auch nicht an die neuesten Photoshop-Versionen heran. Im September 2008 stellten die Entwickler Version 1.0 zur Verfügung. Das Aussehen von Pixel dürfte Windows-Umsteigern zunächst eine vertrautere Umgebung als The GIMP bieten. Zum Redaktionsschluss gab es noch einen Nachlass auf die aktuelle Version, wer zugreift erhält die Software zu einem Preis von 33 Euro. Später soll die Bildbearbeitungs-Software mit 89 Euro zu Buche schlagen. Pixel gibt es unter anderem für Windows, Mac OS X, Linux und FreeBSD. Außerdem erwähnenswert ist die Unterstützung von HDR (High Dynamic Range).

Vertraute Umgebung: Windows-Umsteiger dürften sich in der Pixel-Oberfläche heimisch fühlen. (Quelle: Kanzelsberger)

Skalierbare Vektor Grafiken mit Inkscape

Windows- oder Mac-Anwender dürften bei der Erstellung von SVGs auch sofort an Adobe Illustrator denken. Diese Software ist unter Linux ebenfalls nicht nativ einsetzbar. Die Alternative hierzu heißt Inkscape. Die kostenlose Software hat einen ausgezeichneten Ruf. Gibt man in den einschlägigen Suchmaschinen zum Beispiel „Inkscape vs Illustrator“ ein, kann man diverse Diskussionen über die Qualitäten beider Produkte finden. Das Credo lautet häufig: Adobes Illustrator ist mächtiger, allerdings sei Inkscape einfacher zu bedienen.

Skalierbare Vektor Grafiken: Wer SVGs kreieren will, ist mit Inkscape sehr gut bedient.

Wer hauptsächlich Vekrot-Grafiken für das Web erstellt, findet in Inkscape einen passenden Ersatz zum Quasi-Standard Adobe Illustrator. Viele der auf Open Clip Art bereitgestellten Illustrationen wurden mit Hilfe von Inkscape realisiert. Die Grafik-Software steht für Windows, Mac OS X und als Quellcode zum Download bereit. Die meisten Linux-Distributionen bieten das Programm in ihren Repositories ebenfalls an.

Windows-Software unter Linux

Wem die nativen Alternativen nicht ausreichen, der hat die Möglichkeit, bestimmte Windows-Programme unter Linux laufen zu lassen. Mit CrossOver Linux 7 können Sie unter anderem Adobe Photoshop CS / CS2 und Microsoft Office 2007 unter Linux betreiben. Weiter im Angebot befindet sich Internet Explorer 6, das für Web-Entwickler nicht uninteressant sein dürfte.

Lotus Notes 5.0 und 6.5.1 unterstützt CrossOver Linux ebenfalls offiziell. In wie weit die jeweiligen Software-Pakete allerdings zu 100 Prozent funktionieren, müssen Sie wohl oder übel selbst herausfinden. Die Aufteilung in der Kompatibilitäts-Datenbank nach Gold, Silber oder Bronze kann dabei etwas helfen.

Selbstverständlich benötigen Sie die entsprechenden Lizenzen, wenn Sie zum Beispiel Microsoft- oder Adobe-Produkte installieren möchten. Auch CrossOver Linux ist nicht kostenlos. Die Standard-Version schlägt mir 39,95 US-Dollar zu Buche. Die Pro-Version ist für 69,95 US-Dollar zu haben. Letztere enthält auch CrossOver Games für Linux und Multiuser-Unterstützung.

Die Spiele-Ausgabe der Software unterstützt offiziell zum Beispiel World of Warcraft, EVE Online, Guild Wars, Prey, Half Life 2 und Counterstrike. CrossOver ist eine kommerzielle Ausgabe der Open-Source-Software Wine. Prinzipiell gilt: Was mit CrossOver möglich ist, geht auch mit Wine. Allerdings nimmt Ihnen die Kaufversion viel Tüftelei und Konfigurationsarbeit ab.

Fazit

Produktiv-Software für Linux muss nicht teuer sein und reicht für die meisten Belange aus. Sie ist den Großen der Branche oftmals ebenbürtig. Spezialisten werden aber nicht auf Programme wie Adobe Photoshop verzichten wollen und können. Bei Office-Produkten schwebt immer das Gespenst der Kompatibilität zu Microsoft Office-Dokumenten im Raum. Doch die Verwendung von offenen Formaten findet immer mehr Zuspruch. Damit sollte das Problem mit unlesbaren Dateiformaten hoffentlich bald der Vergangenheit angehören.

Das größte Problem der Konkurrenz zu den etablierten Programmen dürfte allerdings der Bekanntheitsgrad sein. Microsoft Office, Word oder Adobe Photoshop kennt nahezu jeder, der einen PC besitzt. Bei der Verwendung von SoftMaker, AbiWord oder The GIMP dürften sich bei vielen Anwendern Fragezeichen über den Köpfen drehen. Allerdings ist gerade im Bereich der Office-Anwendungen Sparpotential vorhanden Denn die kostenlosen oder billigeren Konkurrenz-Produkte genügen für die Anforderungen der meisten Anwender.

An dieser Stelle möchten wir noch SoftMaker 2008 für Linux und Inkscape erwähnen. Der Komfort und der Funktionsumfang beider Programme setzt sie einfach deutlich von der Masse ab. Softmaker Office kann im Vergleich zu Microsoft Word, Excel und Powerpoint durchaus bestehen und kostet in etwas so viel wie die Office Version für Studenten. Inkscape ist kostenlos und wird vielerorts besser als Adobe Illustrator eingestuft. (mja)