Leistungsbremse für Funknetze

25.02.2003
Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post hat Ende 2002 den Einsatz von Wireless LANs erlaubt, die das 5-GHz-Band nutzen - allerdings mit Auflagen, die zu Lasten der Leistung gehen. Mit 802.11h will das Institute of Electrical and Electronics Engineers nun eine Spezifikation nachschieben, die dieses Manko nicht aufweist.

Von: Maximilian Meindl, Bernd Reder

Was lokale Funknetze betrifft, sind sich die Experten weitgehend einig. IDC, Gartner, In-Stat MDR und Co. sehen in Wireless LANs einen Markt mit großer Zukunft. Nicht nur in Unternehmen und Haushalten werden Funknetze installiert, sondern auch in "Hotspots". Eine wachsende Zahl von Hotels oder Flughäfen bietet ihren Gästen den drahtlosen Zugang zum Internet an (siehe Ticker "Mehr als 1100 Hotspots in Europa"). Neuerdings sind selbst die Besucher von Biergärten oder Cafes nicht mehr vor der drahtlosen Verbindung zum Datennetz sicher.

Doch nicht nur, was die Akzeptanz und die Anwendungsfelder betrifft, hat sich einiges getan. Auch in technischer Hinsicht steht bei WLANs ein Quantensprung an. Der Standard IEEE 802.11b, der das lizenzfreie 2,4-GHz-Frequenzband nutzt, ist in die Jahre gekommen. Die Datenrate von 11 MBit/s reicht nicht mehr aus, lautet einer der Kritikpunkte. Deshalb forcieren die Hersteller mit IEEE 802.11a eine Technik, die Datentransfers mit einer Geschwindigkeit von bis zu 54 MBit/s erlaubt. Zieht man den Protokoll-Overhead ab, sind in der Praxis Nettodatenraten von etwa 22 bis 26 MBit/s zu erwarten.

Doch der neue Standard weist eine Eigenschaft auf, die Kritiker als Schwachpunkt, seine Protagonisten als Vorteil betrachten: 802.11a-Systeme arbeiten im Frequenzband 5 Gigahertz. Es wird im Gegensatz zum 2,4-GHz-Spektrum nur von wenigen Anwendungen genutzt, etwa Radaranlagen oder Flugnavigationsdiensten. Den Bereich 2,4 GHz teilen sich dagegen Wireless LANs mit Fernbedienungen, Garagentoröffnern oder Mikrowellenherden.

Einschränkungen für IEEE 802.11a

Im November vergangenen Jahres gab die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) in Deutschland den Bereich zwischen 5,150 bis 5,725 GHz für Funk-LANs frei. Einige Fachleute äußerten die Auffassung, die Behörde habe damit vor allem dem Drängen amerikanischer Hersteller nachgegeben, die auch in Europa WLAN-Systeme auf Basis des Standards IEEE 802.11a auf den Markt bringen wollten. Dass dem nicht so ist, zeigt die Entscheidung der RegTP, den Betrieb von 5-GHz-Funknetzen an strenge Auflagen zu knüpfen. So schränkte die Behörde die Sendeleistung ein. Sie liegt im unteren Frequenzband zwischen 5,150 und 5,250 GHz bei 30 Milliwatt. Systeme, die über eine dynamische Frequenzwahl verfügen (Dynamic Frequency Selection, DFS), dürfen mit 60 mW senden.

Möchte ein Unternehmen ein 802.11a-Netz im Freien einsetzen, etwa um zwei Gebäude zu verbinden, müssen die Geräte zusätzlich in der Lage sein, die Übertragungsleistung automatisch anzupassen, Stichwort "Transmission Power Control" (TPC). Der Hintergrund dieser Einschränkungen ist, dass in IEEE 802.11a keine Funktionen vorgesehen sind, die Konflikte mit anderen Anwendungen im 5-GHz-Band ausschließen.

Nur wenn Systeme sowohl DFS als auch TPC beherrschen, ist innerhalb von Gebäuden im Bereich 5,150 bis 5,350 GHz eine Sendeleistung von 200 mW zulässig. Im Outdoor-Bereich steht dann im Bereich 5,470 GHz bis 5,725 GHz sogar die volle Leistung von 1000 mW zur Verfügung. DFS und TPC sind Funktionen, die auch für den europäischen Funk-LAN-Standard Hiperlan 2 vorgesehen waren. Allerdings ist diese Norm de facto "tot", nachdem Firmen wie Ericsson und Philips die Arbeiten an dieser Technik einstellten.

Das Institute of Electrical and Electronics Engineers arbeitet gegenwärtig an einem neuen Standard mit der Bezeichnung IEEE 802.11h, der DFS und TCP in die Spezifikation 802.11a integriert.

Access Points für alte und neue Techniken

Ob beziehungsweise wie schnell sich Systeme auf Basis von IEEE 802.11a/h durchsetzen, wird davon abhängen, wie sie mit vorhandenen 802.11b-Netzen zusammenarbeiten. Die Hersteller sind sich dieser Tatsache sehr wohl bewusst. Sie bieten beispielsweise Access Points an, deren Funkkomponenten sich austauschen lassen oder die sowohl 2,4 GHz als auch 5 GHz unterstützen.

Ein Problem konnten die Anbieter jedoch nicht lösen: Projekte, bei denen 5-GHz-Systeme mit im Spiel sind, erfordern ein Know-how, über das die meisten Netzwerkexperten (noch) nicht verfügen. Funkwellen im Bereich 2,4 und 5 GHz breiten sich auf unterschiedliche Weise aus, sodass bisherige Erfahrungswerte nicht mehr gültig sind. Hinzu kommt, dass auch die kabelgestützten Elemente eines Wireless LAN 5 GHz unterstützen müssen. Einfach geschirmte Koaxialkabel, die für 2,4-GHz-Systeme ausreichen, sind für 5 GHz untauglich. IEEE 802.11a/h erfordert doppelt geschirmte Kabel, die bis 5 GHz spezifiziert sind. Positiv ist dagegen, dass sich bei einer Neuinstallation die Mehrkosten für eine 5-GHz-taugliche Peripherie in Grenzen halten.

Neben der höheren Datenrate haben 802.11a/h-Systeme den Vorteil, dass sie 18 Übertragungskanäle zur Verfügung stellen, die sich nicht überlappen. Bei 802.11b stehen dagegen nur drei Kanäle zur Verfügung. Dafür muss der Nutzer beim neuen Standard in Kauf nehmen, dass die Reichweite nur etwa halb so groß ist wie bei IEEE 802.11b. Hier zu Lande beträgt sie sogar nur 10 bis 30 Prozent der von 802.11b-Netzen, weil die Sendeleistung auf 30 beziehungsweise 60 mW eingeschränkt ist. IEEE 802.11h soll dagegen ähnliche Distanzen wie 802.11b-Netze überbrücken, und das bei einer fünfmal so hohen Datenrate.

Nach Angaben des deutschen WLAN-Anbieters Artem beträgt in einem Büro die Reichweite eines 802.11b-WLANs bei einer Nettodatenrate von 5,5 MBit/s etwa 57 Meter. Mit 802.11a lassen sich 28 MBit/s über Distanzen von bis zu 12 Meter übertragen. Zum Vergleich noch die Werte für IEEE 802.11g: Bei 18 bis 28 MBit/s netto beträgt die Reichweite 19 Meter. Die letztgenannte Spezifikation wird in den kommenden Monaten als Standard verabschiedet. Sie nutzt das 2,4-GHz-Band und sieht Bruttodatenraten von bis zu 54 MBit/s vor.

Anwender in Deutschland, die ein schnelles Wireless LAN aufbauen möchten, haben somit mehrere Alternativen: Zum einen können sie abwarten, bis Produkte für IEEE 802.11h auf den Markt kommen. Das dürfte aber noch mindestens bis Ende des Jahres dauern. Zum anderen besteht die Möglichkeit, Systeme auf Basis von IEEE 802.11a einzusetzen, die für den deutschen Markt modifiziert wurden. Die Reichweite solcher WLANs lässt sich in diesem Fall mithilfe von passiven Antennensystemen erhöhen. Wer ein bestehendes IEEE-802.11b-Netz mit einbinden möchte, kann zudem auf Adapterkarten und Access Points zurückgreifen, die sowohl 802.11 a als auch b unterstützen.

Eine dritte Alternative besteht darin, auf IEEE 802.11g zu setzen. So genannte "Pre-Standard"-Komponenten sind bereits zu haben. Der Zeitplan der Working Group g des IEEE sieht vor, dass der Standard im zweiten Quartal offiziell verabschiedet wird. IEEE-802.11g-Systeme werden in etwa dieselbe Reichweite wie 802.11b-Netze haben, stellen jedoch, ebenso wie diese, nur drei Kanäle zur Verfügung.

Einen "Königsweg" gibt es also nicht. Im Einzelfall helfen nur Vereinbarungen mit dem Systemlieferanten, in denen festgeschrieben ist, dass dieser Komponenten umrüstet oder austauscht, sobald neue technische Spezifikationen herauskommen.

Zur Person

Maximilian Meindl

ist Marktmanager WLAN im Geschäftsbereich Funk bei der Huber + Suhner GmbH in Taufkirchen. Zu seinen Hauptaufgaben zählt der Aufbau des indirekten Vertriebes im Bereich Wireless LANs.