Kupfer in der Halbleiterfertigung

22.02.2001 von Christian Ehmer
Die Kupfertechnologie hat innerhalb eines Jahres breiten Einzug in die Fertigung von CPUs. Gigahertz-Prozessoren findet man seitdem auch in preiswerten Einsteiger-PCs.

Taktfrequenzen bei Prozessoren von einem Gigahertz waren Ende 1999 nur mit handselektierten und tiefgekühlten Labormustern möglich, inzwischen sind sie in allen Marktsegmenten zu finden. Immer höhere Taktfrequenzen und bessere Ausbeuten sind die Hauptthemen in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen aller Halbleiterhersteller. Denn einen Chip schneller zu machen und die Leistung innerhalb von 18 Monaten zu verdoppeln, ist das erklärte Ziel der gesamten Halbleiterbranche. Für den Consumer-Markt mit hohen Stückzahlen erschwinglich werden diese technische Meisterleistungen jedoch erst durch die konsequente Anwendung neuester Halbleitertechnologien.

Der Einsatz von Kupfer zur Verdrahtung der vielen Millionen Transistoren sorgt für den nächsten Leistungssprung. Einfach ist der Wechsel von Aluminium auf Kupfer jedoch nicht. Kupfer ist ebenso wie Gold ein Metall, das die Technologen der Halbleiterfabriken fürchten "wie der Teufel das Weihwasser". Der direkte Kontakt dieser Materialien mit dem Halbleiter, auch nur einzelner Atome, verunreinigt das Halbleitermaterial und macht dessen elektrische Eigenschaften zunichte.

Deshalb trennen neue Verfahren das Kupfer mit einer Isolationsschicht vom Halbleitermaterial. Neue Fertigungsabläufe verhindern eine Verunreinigung der Siliziumscheiben (Wafer) während des gesamten Herstellungsprozesses.

Grenzen von Aluminium

Weltweit wurde in den Forschungslaboratorien der Halbleiter- und Equipment-Hersteller nach Möglichkeiten gesucht, Aluminium zu ersetzen. Bei den kleinen Strukturen der Microchips wird auf Grund des hohen spezifischen Widerstandes von Aluminium über die Hälfte der aufgenommenen Leistung in den Leitungen verheizt. Der Übergang zu immer kleineren Strukturen wirkt sich auch negativ auf die Geschwindigkeit aus. Durch den kleineren Querschnitt erhöht sich der Widerstand der Leitungen, die Signale laufen langsamer. Die Verzögerungen auf der Leitung übersteigen mittlerweile die Schaltzeiten der Transistoren.

Aluminium, seit über 30 Jahren für die Verdrahtung von Halbleiterbauelementen verwendet, erwies sich daher für die neuen Generationen von Hochleistungsprozessoren nicht mehr geeignet. Das deutlich leitfähigere Kupfer musste schon seit Jahren beigemengt werden (Al/Cu). Bei Strukturen kleiner 0,25 Mikrometer ist allerdings die Beimischung von Kupfer am Ende ihrer Möglichkeiten angelangt. Deshalb wir reines Kupfer schon bald Aluminium ersetzen.

Warum Kupfer?

Kupfer, mit dem chemischen Symbol Cu, steht im periodischen System der Elemente in der ersten Nebengruppe über Silber und Gold. Kupfer und Silber sind die beiden besten Leiter für Wärme und Elektrizität.

Eigenschaften von Leitern in der Halbleiterfertigung

Material

Leitfähigkeit (Mikro-Ohm/cm)

Vorteile

Nachteile

Tabelle1: Leitfähigkeit unterschiedlicher Materialien

Aluminium

2.8

Industrie-Standard für On-Chip-Verbindungen

Hoher Widerstand

Gold

2.4

Hohe Korrosionsfestigkeit

Kontamination des Halbleiters

Kupfer

1.7

Niedriger Widerstand, geringe Elektromigration

Kontamination des Halbleiters, geringe Halbleitererfahrung, Korrosion

Silber

1.6

Niedrigster Widerstand

Erhebliche Korrosionsprobleme

Kupfer hat, wie in Tabelle 1 ersichtlich, einen deutlich geringeren spezifischen Widerstand als Aluminium. Dies bedeutet letztendlich einen geringeren Spannungsabfall bei gleicher Stromstärke. Mehr Energie steht am Verbraucher zur Verfügung und wird nicht in Verlustwärme umgewandelt. Dies ist auch einer der Hauptgründe warum Stromleitungen aus Kupfer sind. Mit Kupfer kann daher der Querschnitt der Leitungen bei gleicher Stromstärke dünner als bei Aluminium ausfallen. Dies ist ein großer Vorteil bei der Chipfertigung, wo viele Leitungen auf engstem Raum untergebracht sind.

Kupfer im Chip

Zwei Verfahren zur Herstellung von Kupferleitungen in Microchips existieren derzeit: Zum einen das galvanische Aufbringen einer Kupferschicht und das nachfolgende Ätzen der Strukturen in das abgeschiedene Metall. Zum anderen die von IBM Microelectronics entwickelte Methode, Gräben in das Silizium zu ätzen, diese galvanisch mit Kupfer aufzufüllen und das überschüssige Material in einem nachfolgenden Polierverfahren wieder zu entfernen.

Nach über 15 Jahren Entwicklungsarbeit wurde die Dual-Damascene genannte Kupfertechnologie im September 1997 von IBM Microelectronics vorgestellt. Die Kosten für die Herstellung reduzieren sich damit um 20-30 Prozent, die Performance der Bauelemente steigt gleichzeitig um bis zu 35 Prozent.

Fast alle Hersteller von Highend-Produkten steigen auf diese Technologie um. Kupfer hat das damit Potenzial, die Halbleiterproduktion zu revolutionieren. Wer jedoch eine sofortige Preissenkung aller neuen Prozessoren erwartet, liegt falsch. Erstens müssen die neuen Verfahren und Maschinen finanziert werden, und zweitens müssen die Hersteller die "verseuchten" Fertigungsbereiche, die direkten Kontakt mit Kupfer haben, mit hohem Aufwand von den übrigen Fertigungsbereichen abtrennen.

Methode

Vorteile

Nachteile

Tabelle 2: Metallisierungstechnologien

Electroplating (galvanisch)

Niedrige Herstellungskosten, exzellente Füllung der Zwischenräume, Zuverlässigkeit, gute elektrische Eigenschaften

Neue Maschinen in der Produktion notwendig, Verunreinigung möglich

Electroless plating

Niedrige Herstellungskosten

Neue Maschinen und Verfahren noch nicht ausreichend getestet, Verunreinigung möglich, Ergebnisse stark musterabhängig

CVD

Gute Füllung der Zwischenräume

Neue Maschinen und Verfahren noch nicht ausreichend getestet, hohe Herstellungskosten

PVD & Reflow

Keine neuen Maschinen und Verfahren notwendig

Hohe Herstellungskosten, weniger gute Füllung der Zwischenräume

Tabelle 2 zeigt eine Übersicht verschiedener Metallisierungstechnologien. CVD steht für Chemical Vapour Deposition, eine chemische Abscheidung des Materials. PVD steht für Physical Vapour Deposition, eine als Sputtern bekannte Technik. Dabei werden aus einer über dem Wafer angebrachten Metallplatte durch eingebrachte Gase Atome herausgeschlagen. Diese "regnen" dann auf den Wafer herab und bilden dort eine dünne Metallschicht.

Halbleiterherstellung

Die Schwierigkeit und die Vorteile beim Einsatz von Kupfer lassen sich erst im Detail erkennen, wenn man den aufwendigen Herstellungsprozess moderner Halbleiterelemente betrachtet. Die Fertigung komplexer Bausteine wie Prozessoren benötigt bis zu 1500 Bearbeitungsschritte und erstreckt sich über eine Zeitdauer von bis zu drei Monaten. Das gebräuchlichste Halbleitermaterial für die Fertigung elektronischer Bauelemente ist Silizium. Quarzsand wird bei Temperaturen von über 1400 Grad Celsius mehrmals geschmolzen und von Verunreinigungen befreit. Aus der Schmelze des so entstandenen reinen Siliziums (unter 10 Milliarden Atomen befindet sich ein einziges Fremdatom) wird ein runder Kristallstab mit einem Durchmesser von 150, 200 oder für die neueste Technologiegeneration sogar 300 Millimeter und einer Länge von bis zu zwei Metern gezogen. Dieser, aus einem einzigen Kristall bestehende Stab wird in dünne Scheiben zersägt. Die Oberflächen werden sehr aufwendig poliert. Die so entstandenen Wafer dienen als Basismaterial für fast alle elektronischen Bauelemente.

Moderne Hochleistungsprozessoren in CMOS-Technologie bestehen aus einer Lage Transistoren und bis zu sechs metallischen Verbindungslagen (Layer). Zur Herstellung wird zu Beginn jedes einzelnen Fertigungsschrittes ein Fotolack (Resist) auf die Oberfläche des Wafers aufgebracht und Schritt für Schritt mit einem Stepper belichtet. Jedes Dia entspricht hierbei der Struktur der jeweiligen Lage. Nach der Entwicklung des Fotolacks entstehen freie Stellen, an denen die Materialeigenschaften mit chemischen und physikalischen Prozessen gezielt manipuliert werden.

Bei den heutigen Strukturgrößen von Bruchteilen eines Mikrometers stößt man jedoch immer mehr an die Grenzen der Fertigungstechnologien. Da bei diesen kleinen Strukturen Effekte wie die Lichtbeugung bereits eine große Rolle spielen, muss die Wellenlänge der Lichtquelle, die Fotomasken, der Aufbau und die Empfindlichkeit der Fotolacke und Entwickler optimal aufeinander abgestimmt sein. Beim Übergang auf kleinere Strukturen sind jedes mal neue, teure Maschinen, Fotolacke und Fertigungsverfahren erforderlich.

Schaltgeschwindigkeiten des CMOS-Transistors

Der Übergang auf eine neue Chip-Generation ist in der Regel mit einer Verkleinerung der Strukturen verbunden. Gleichzeitig wird die Dicke des Gate-Oxids verringert, wodurch die Spannungsfestigkeit der Transistoren abnimmt. Damit muss auch die Versorgungsspannung reduziert werden. Damit sinkt als positiver Nebeneffekt die Verlustleistung wodurch wiederum höhere Taktfrequenzen möglich sind.

Zum Aufbau der Transistorstrukturen schießt (dotiert) man Fremdatome mit hoher elektrischer Energie in die Oberfläche des Halbleitermaterials und bildet wannenförmige Bereiche mit spezifischen elektrischen Eigenschaften aus.

Zwischen den beiden Wannen eines CMOS-Transistors (Drain und Source) bleibt eine dünne, nicht dotierte Substratschicht. Deren Breite bezeichnet man als Kanallänge. Sie gibt letztendlich die Fertigungstechnologie an (zum Beispiel 0,25 Mikrometer). Über diesen Bereich werden eine isolierende Oxidschicht mit einer Dicke von wenigen Atomlagen und die Steuerelektrode (Gate) aus polykristallinem Silizium aufgebracht. Sobald sie unter Spannung steht, ist ein Stromfluss zwischen Drain und Source möglich - der Transistor ist durchgeschaltet. Zwei Transistoren werden zu einem Paar zusammengefasst und schalten das Ausgangssignal wahlweise nach Masse (GND) oder Betriebsspannung (VCC). Die Metallisierungslagen dienen zur Verbindung der Transistoren untereinander und der Kontaktierung der externen Signale über Bond-Pads zum Gehäuse.

35 Prozent schneller durch Kupfer

Kupfer hat die unerwünschte Eigenschaft, das Halbleitermaterial zu verunreinigen. Dadurch ändern sich die elektrischen Eigenschaften des Halbleiters, die Transistoren werden unbrauchbar. Alle Personen und Maschinen die mit dem Kupfer in Kontakt kommen, sei es auch nur der Abrieb einiger Atome am Greifarm eines Roboters, stellen eine Gefahrenquelle für die Fertigung dar.

Kupfer korrodiert zudem relativ schnell. Kupferbeschlagene Dächer mit grüner Patina zeigen diesen Vorgang sehr deutlich. Zur Verhinderung der Korrosion wird das Kupfer daher mit einer Oberflächenbehandlung passiviert.

Die von IBM Microelectronics entwickelte Kupfertechnologie erlaubt bis zu 24 Millionen Gatter auf einem einzigen Chip. Dies entspricht mehr als 75 Millionen Transistoren und somit der Transistorzahl von zehn Pentium-II-Prozessor-Kernen.

In Kupfertechnologie gefertigten Prozessoren zeigen eindrucksvoll das Potenzial von Kupfer: der Widerstand der Leiterbahn sinkt um rund 40 Prozent, die Signale werden schneller und mit geringeren Verlusten durch den Chip geführt und es ist eine um 35 Prozent höhere Taktrate bei gleich bleibender Verlustleistung möglich.

Dual-Damascene-Technologie

Technologisch werden bei der Dual-Damascene genannten Kupfertechnologie zunächst die Vertiefungen für die Durchkontaktierungen und die Leiterbahnen geätzt. In einem zweiten Arbeitsschritt wird ein Isolationsfilm (Barrier-Schicht) von etwas mehr als hundert Atomlagen abgeschieden, um das Eindringen des Kupfers in das Halbleitermaterial zu verhindern. In einem dritten Arbeitsschritt wird eine dünne Metallschicht aufgedampft, auf der letztendlich galvanisch in einem einzigen Arbeitsgang sowohl die Durchkontaktierung als auch die Leiterbahn aufwächst (Dual Damascene Process).

Sind die Gräben aufgefüllt, muss das überschüssige Kupfer, das sich auf der Oberseite des Wafers abgelagert hat, durch CMP-Polieren (Chemical Mechanical Polishing) wieder entfernt werden. Da dies an die Einlegearbeiten bei Damaszener-Schwertern erinnert, trägt der Prozess den Namen "Dual Damascene Process".

Auf die so entstandene planare Fläche wird eine Oxid-Schicht zur Isolation aufgebracht und das Spiel kann von Neuem beginnen. Bis zu sechs Metall-Lagen zur Verdrahtung können so übereinander angeordnet werden.

Verdrahtung Kupfer vs. Alu

Bild 5 zeigt einen Ausschnitt aus einer in Kupfertechnologie gefertigten PowerPC-CPU. Deutlich zu sehen sind sowohl die dicken Leitungen für die Spannungsversorgung des Chips als auch die dünnen Leitungen der logischen Signale. 200 Leitungen nebeneinander entsprechen gerade einmal der Dicke eines Haares. Wolfram für die Durchkontaktierungen wird nur noch in der untersten Lage verwendet, um das Kupfer vom Halbleitermaterial fern zu halten.

Da Kupferverbindungen und Durchkontaktierungen in einem einzigen Arbeitsgang aufgebracht werden, reduziert sich die Anzahl der Prozessschritte deutlich. Die Herstellung wird billiger. Die Leitung und die Durchkontaktierung bestehen aus einem Material, so dass keine unerwünschte thermoelektrische Effekte (Thermospannungen) an den Übergängen der unterschiedlichen Metalle auftreten. Zudem verhindert dies durch Thermospannung entstehende Korrosion, wodurch wiederum die Zuverlässigkeit der Bauelemente steigt.

Bild 6 zeigt einen Ausschnitt aus einem Chip in konventioneller Aluminiumtechnologie. Sehr gut ist hierbei die Verwendung unterschiedlicher Materialien für die Leitungen und die Durchkontaktierungen zu sehen.

Durch die geringere Breite der Leiterbahnen entsteht bei der Kupfermetallisierung ein weiterer Vorteil: Mehr Leitungen finden auf derselben Fläche Platz, die Anzahl der verdrahtbaren Transistoren steigt und die Chipgröße verringert sich erheblich. Dadurch passen mehr Chips auf einen Wafer was wiederum die Fertigungskosten senkt.

Qualitätstest und Selektion

Parameter wie Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit schwanken während der Produktion und auch die Maschinen haben gewisse Toleranzen. Selbst minimale Veränderungen wirken sich aus und sorgen für eine Streuung der internen Verzögerungszeiten (Delays). Diese bestimmen letztendlich die Geschwindigkeit des gesamten Bauelementes. In der Serienproduktion stellt sich erst nach Ablauf aller Bearbeitungsschritte heraus, ob alle Lagen perfekt zueinander angeordnet sind und die Ergebnisse der physikalischen und chemischen Prozesse innerhalb der vorgegebenen Toleranzen verliefen. Ein einziger ungenügend kontrollierter Prozess macht im ungünstigsten Fall die Produktion mehrerer Wochen unbrauchbar.

In den Zwischenräumen (Kerf) der einzelnen Chips befinden sich deshalb Teststrukturen für die Qualitätskontrolle. Die Wafer können durch einfaches Ausmessen dieser Teststrukturen in drei Kategorien - schnell, mittel und langsam - vorselektiert werden und bilden somit den Grundstock für unterschiedliche Speed-Grades. Nach dem Funktionstest der einzelnen Chips wird der Wafer zersägt und die fehlerfreien Chips in Gehäuse eingebaut. Ein abschließender Test (Endtest) stellt die einwandfreie Funktion jedes einzelnen Bausteins sicher. Die Speed-Grades werden durch Überprüfung der erreichbaren Taktfrequenz selektiert und der Baustein erhält seinen Aufdruck.

Fazit

Getrieben durch das Mooresche Gesetz werden technologische Hürden, teilweise erst nach Jahrzehnte dauernden Forschungsarbeiten, gemeistert und in die Massenproduktion umgesetzt. Ein Ende der Entwicklung ist noch nicht in Sicht. Kupfer ersetzt traditionelles Aluminium. Neue Materialien verbessern die Isolation der Leitungen auf dem Chip und reduzieren so die Signallaufzeiten. Die Transistoren werden noch kleiner und schneller.

In den Laboratorien der Halbleiterhersteller sind bereits die Entwicklungen an diesen zukünftigen Halbleitertechnologien in vollem Gange. SOI (Silicon on Insulator) steht kurz vor der Markteinführung und reduziert bei gleicher Taktrate die Leistungsaufnahme um bis zu 70 Prozent. Taktfrequenzen für Consumer-PCs weit jenseits der 1-GHz-Grenze sollen demnach kein Problem sein. Und durch Embedded-DRAM wandert der Hauptspeicher direkt auf den Prozessorchip und vollkommen neue Anwendungen werden möglich. (ala)

Über den Autor: Christian Ehmer ist Application Manager bei IBM Microelectronics und dort nach dem Ausstieg von IBM aus dem x86-Prozessorgeschäft für die Betreuung von Telecom- und Distributionskunden zuständig.