Strategisches Kundenmanagement

Kundenverhalten mit Analytical CRM voraussagen

07.11.2015 von Ilias Ortega
Die Anzahl der Unternehmen, für die Analytical Customer Relationship Management (Analytical CRM) eine entscheidende Rolle spielt, wächst stetig. Der Grund ist klar: Mit diesem Verfahren können Ziele des herkömmlichen CRM mit den Methoden des Data Mining erreicht werden – unter anderem eine Optimierung des kumulierten Kundenwerts.

Typische Anwendungen für Analytical CRM sind in allen Phasen des Kundenlebenszyklus zu finden. Angefangen von der Akquise über den gezielten Aufbau bis zum Ende der Geschäftsbeziehung. Nachfolgend werden typische Anwendungen entlang des Kundenlebenszyklus beschrieben.

Um ein Unternehmen langfristig für seine Kunden anziehend zu machen, muss an vielen Stellschrauben gedreht werden. Und diese lassen sich mittels Analysen identifizieren.
Foto: Oleksandr Moroz - Fotolia.com

Segmentieren und fokussiert akquirieren

Zu den bedeutendsten Anwendungen des Analytical CRM gehört die Kundensegmentierung. Sie dient dazu, aktuelle oder potenzielle Kunden mit ähnlichen Eigenschaften in Gruppen zu unterteilen. Obwohl die meisten Unternehmen ihre Kunden bereits in Gruppen aufteilen, geschieht dies oft manuell - und nach subjektiven Kriterien. Von einem Data-Mining-Algorithmus erstellte Gruppierungen sind zuverlässiger, da sie auf objektiven Daten basieren, die in der Regel aus einem Data Warehouse stammen.

Besonders nützlich, wenngleich weniger verbreitet ist die Gruppierung nach dem Kundenwert. Diese ergibt sich aus der Differenz zwischen Akquisitionskosten und Einnahmen über die gesamte Lebensdauer. Mit einer wertorientierten Segmentierung lassen sich die Kosten für die Akquisition neuer Kunden reduzieren oder mehr neue Kunden mit gleichem Budget akquirieren. Dies kann zum Beispiel mit zielgerichteten Marketingkampagnen geschehen, die ausschließlich auf hochwertige Kunden ausgerichtet sind.

In der Praxis hat sich die Aufteilung von Kunden in drei Kategorien etabliert: Gold, Silber und Bronze. Goldene Kunden machen den Hauptteil des Unternehmensgewinns aus. Sie sollten erhalten bleiben oder weiterentwickelt werden. Silberne Kunden sind nach Möglichkeit in goldene zu überführen - beispielsweise durch Cross-Selling oder Upgrades. Bronzene Kunden sollten zu profitablen Kunden entwickelt oder aufgegeben werden.

Analytical CRM an der Schnittstelle zwischen CRM und Data Mining Analytical CRM
Foto: Trivadis AG

Cross-Selling für steigenden Kundenumsatz

Cross-Selling verfolgt das Ziel, die Kundenprofitabilität zu erhöhen. Dies geschieht oft mit Empfehlungssystemen, die Kunden auf interessante Produkte aufmerksam machen. Ihre Funktionsweise ist einfach: Die Empfehlungen werden rechnerisch aus den Gruppen von Produkten hergeleitet, die am meisten gemeinsam gekauft werden.
Online-Shops, wie Amazon, setzen Empfehlungssysteme besonders konsequent um. Deren Erfolg basiert darauf, dass es um ein Vielfaches teurer ist, einen neuen Kunden zu finden, als einem bestehenden Kunden zusätzliche Produkte zu verkaufen.

Churn-Management gegen Kundenverlust

Der Fachbegriff Churn bezeichnet den prozentualen Kundenanteil, den ein Unternehmen pro Periode verliert. Bei Banken und Versicherungen liegt der jährliche Churn zwischen 10 und 30 Prozent. Dagegen helfen Maßnahmen wie das Churn-Management. Dessen Umsetzung erweist sich jedoch in der Praxis oft als schwierig, kündigen Kunden die Zusammenarbeit doch aus verschiedensten Gründen. Dazu zählen Unzufriedenheit mit dem Produktangebot, Ende der Dauer eines Sonderangebots, ungünstige wirtschaftliche Entwicklung, Umzug ins Ausland sowie zahlreiche weitere Gründe.
Die Abwanderung von Kunden lässt sich nie vollständig vermeiden. Zur frühzeitigen Erkennung ist jedoch die Verfolgung von Frühwarnindikatoren sinnvoll. Bei Banken haben sich Churn-Indikatoren wie Wechselandrohungen und Beschwerden, die Einstellung von regelmäßigen Kapitalflüssen wie Lohnzahlungen und Daueraufträgen bewährt.

Die Indikatoren lassen sich jedoch nicht rechnerisch durch einen Data-Mining-Algorithmus ermitteln, sondern werden empirisch identifiziert - beispielsweise anhand von Interviews mit ehemaligen Kunden oder durch Auswertung von Reklamationsdatenbanken. Doch auch ausgefeilte Verfahrensweisen haben in der Praxis ihre Tücken, denn Churn findet zumeist schrittweise statt und ist nicht auf den ersten Blick erkennbar.

Der Trend dazu lässt sich jedoch in vielen Fällen mithilfe spezieller Data-Mining-Algorithmen frühzeitig erkennen. Pro Kunde werden so typische Muster von Churn-Sequenzen sowie deren Wahrscheinlichkeit ermittelt. Stehen die Zeichen auf Kündigung, kann mit gezielten Maßnahmen gegengesteuert werden. Da nur Kunden angesprochen werden, die einen gesetzten Risikowert erreichen, bleibt der Aufwand für die Churn-Prävention relativ gering und ist auch für kleinere Unternehmen wirtschaftlich sinnvoll attraktiv. In seiner einfachsten Form ergibt sich der Risikowert pro Kunde aus dem Produkt von Churn-Wahrscheinlichkeit (Churn-Risiko) und dem durchschnittlichen Gewinn pro Periode.

Systematisches Nutzenmanagement als Team umsetzen

Der erfolgreiche Einsatz von Analytical CRM setzt voraus, gewinnbringende Vorhaben gezielt zu identifizieren. Dazu ist CRM-, Analytics- und IT-Wissen notwendig, das in vielen Unternehmen ungleichmäßig verteilt ist. CRM-Verantwortliche besitzen zwar Sachkenntnis, doch fehlt ihnen analytisches und IT-Wissen. Für die Analytics- und IT-Fachleute gilt dies umgekehrt. Vertreter der drei Bereiche sollten deshalb nutzbringende Vorhaben möglichst gemeinsam als Team identifizieren. Das gelingt am besten, indem sie explorativ und schrittweise geeignete Vorhaben suchen - ein geeignetes Suchraster bietet der Kundenlebenszyklus.

Das entscheidende Kriterium für den Einsatz von Analytical CRM ist der realisierte Nutzen. Umfragen zeigen jedoch, dass etwa 50 bis 70 Prozent der initiierten Projekte den erwarteten Nutzen verfehlen. Deshalb sollten Entscheider sicherstellen, dass entsprechende Analytical-CRM-Projekte tatsächlich Wettbewerbsvorteile sichern und die Unternehmensstrategie wirkungsvoll unterstützen. Erst wenn diese Anforderungen erfüllt sind, sollten die Projekte weiter konkretisiert und in Angriff genommen werden.

Mit welchen Spielen Unternehmen ihre Mitarbeiter und Kunden stimulieren
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Spielen im Dienste der Wissenschaft: Freiwillige entwickeln Molekül-Varianten, die bei der Bekämpfung von Krankheiten helfen. Die besten Lösungen werden im Labor erzeugt und mit Punkten belohnt.
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Maulwürfe retten, um das nationale Kulturerbe zu wahren: Spieler bauen den Tieren Brücken aus Wörtern – und korrigieren damit wie nebenbei unentgeltlich Fehler im digitalen Archiv der Finnischen Nationalbibliothek.

Größere Projekte unterteilen

CRM-, Analytics- und IT-Fachleute ermitteln dabei den Projektnutzen mithilfe ausführlicher Business Cases. Dabei ist zu beachten, dass der Projektaufwand größtenteils der IT-Abteilung und der entsprechende Ertrag den CRM-Fachabteilungen zugeschrieben werden. Der Projektnutzen stellt die Basis für die Auswahl und Priorisierung der Projekte dar, die danach innerhalb eines Projektportfolios - im sogenannten Masterplan - koordiniert werden.

Für die ersten Vorhaben ist es ratsam, zunächst kleine und klar umrissene Probleme für einen Quick Win auszuwählen. Kundensegmentierung und Cross-Selling lassen sich vergleichsweise rasch realisieren. Churn-Management ist komplexer und daher für den Einstieg ins Analytical CRM weniger geeignet. Prototypen sollen dabei helfen, das gewählte Vorgehen rasch zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Es ist zudem ratsam, größere Projekte in mehrere kleine zu unterteilen.
Um das Risiko eines Scheiterns zu beschränken, sollen Analytical-CRM-Vorhaben schrittweise und iterativ im betreffenden Unternehmen eingeführt werden. Kommt es bei einem Teilprojekt zu Problemen, kann nach einer Lösung gesucht werden - ohne bereits Erreichtes zu verwerfen.

Kompetenzzentrum Analytical CRM

Analytical-CRM-Systeme basieren in der Regel auf Data-Mining-Modellen, deren Gültigkeit regelmäßig zu überprüfen ist. Ein systematisches Modellmanagement, das unter anderem eine Modellbibliothek und ein Modell-Versionierungssystem enthält, sollte deshalb einen effizienten Einsatz der Modelle sicherstellen. Darüber hinaus ist es ratsam, die Verbreitung von Analytical CRM durch gezielte Schulungen zu fördern. Ein Performance-Management-System mit Key Performance Indicators (KPIs) steuert die Zielerreichung des Analytical-CRM-Systems. Die Koordination aller notwendigen Aktivitäten kann einem internen Kompetenzzentrum übertragen werden.

Damit Kunden nicht aus dem Online-Shop flüchten - 3 Tipps
3. Individuell statt Standard
Nicht jeder Shop-Besucher gleicht dem anderen. Halten Sie verschiedene Exit-Intent-Popups vor und spielen Sie diese userabhängig aus.
2. Der Kunde ist König
Überlassen Sie dem Nutzer die Kontrolle. Das heißt: Zeigen Sie offensichtlich, wo der User das Fenster wieder schließen kann oder bieten Sie einen amüsant gestalteten "Nein, danke"-Button an.
1. Weniger ist mehr
Senden Sie EINE klare Botschaft und machen Sie auf den ersten Blick deutlich, was der Nutzer davon hat, wenn er klickt oder seine E-Mail-Adresse eingibt.

Fazit: gewinnbringende Zusammenarbeit

Die nachhaltige Anwendung von Analytical CRM setzt voraus, dass CRM-, Analytics- und IT-Fachleute eng kooperieren. Dies ist in der Praxis oft keine leichte Aufgabe - denn insbesondere die Kluft zwischen Business und IT ist in vielen Unternehmen nach wie vor groß. In der Praxis zahlt es sich jedoch aus, wenn alle Beteiligten als Team zusammenarbeiten, die Vorhaben gemeinsam identifizieren und deren konkreten Nutzen möglichst genau beziffern.
Bei der späteren Einführung von Analytical CRM helfen Entwicklungsprototypen sowie ein konsequentes Management von Nutzen, Modellen und Performance. Richtig eingesetzt, hilft Analytical CRM, den über alle Phasen des Kundenlebenszyklus kumulierten Kundenwert zu optimieren, und trägt damit entscheidend zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens bei. (bw)