Kontrolle statt Feedback

Kündigungsgrund Chef

12.03.2014 von Christiane Pütter
Rund jeder zweite Angestellte hat schon einmal wegen seines Chefs gekündigt. Das geht aus der Studie "Deutschland führt" von der Information Factory hervor. Die Studienautoren plädieren für mehr Feedback. eine Forderung, der sich Christian Grodau, Bereichsleiter IT bei M-net, anschließt.

Die Wahrnehmung von Führungskräften und Mitarbeitern klafft oft weit auseinander. Das demonstrierten die Nürnberger Berater von Information Factory, in dem sie mit den Portalen Personalwirtschaft.de und Stellenanzeigen.de 835 Menschen zur Führungskultur befragten - die eine Hälfte davon Führungskräfte und Personaler, die andere Mitarbeiter. So erklärten zwei Drittel der Chefs, sie würden ihre Mitarbeiter „fördern, motivieren und inspirieren". Ganz anders die Mitarbeiter: Hier bestätigte nur jeder Dritte diese Einschätzung. Dafür beklagten 68 Prozent der Angestellten, dass sie sich von ihrem Chef unter Druck gesetzt, verunsichert oder kontrolliert fühlten. Aber nur etwa 15 Prozent der Führungskräfte geben an, sich so zu verhalten.

Unstrittig ist dagegen der Zusammenhang zwischen Führungskultur und Mitarbeiterleistung: Mitarbeiter wie Führungskräfte sind der Meinung, dass gute Führung die Leistung der Kollegen steigen lässt. Weitere 29 Prozent der Mitarbeiter und 18 Prozent der Chefs denken sogar, dieser Effekt zeichne sich „deutlich" ab. Den umgekehrten Schluss, dass schlechte Führung Mitarbeiter vergraulen kann, zieht indes nur eine Minderheit der befragten Führungskräfte. 47 Prozent der befragten Mitarbeiter gaben dagegen an, dass sie schon einmal wegen des Chefs gekündigt haben, weitere 19 Prozent standen schon kurz davor.

Keine Zeit für Mitarbeitergespräche

Als bevorzugtes Führungsinstrument nennen Chefs das Mitarbeitergespräch (82 Prozent). Mit weitem Abstand folgen 90-Grad bis 360-Grad-Feedback und Zielvereinbarungssysteme. Demgegenüber bemängelt mehr als jeder zweite Mitarbeiter, dass er zu wenig Rückmeldung vom direkten Vorgesetzten bekommt. 40 Prozent der Befragten werden nur unregelmäßig oder nie zum Gespräch eingeladen. Lediglich zwei von zehn Befragten sprechen mindestens einmal pro Halbjahr mit ihrem Chef.

Information Factory erklärt das mit Zeitmangel. Feedback-Gespräche seien nicht fest in den Unternehmensabläufen verankert und gingen im Tagesgeschäft unter. Solche Treffen seien aber „essenziell für die Weiterentwicklung der Mitarbeiter", schreiben die Berater. Sie empfehlen zwei ausführliche Gespräche im Jahr.

Christian Grodau, IT-Leiter von m-net, spricht drei Mal im Jahr ausführlich mit jedem seiner Mitarbeiter.
Foto: M-Net

Christian Grodau, IT-Bereichsleiter bei der M-net Telekommunikations GmbH in München, übertrifft diesen Rat. Er lädt in der Regel am Jahresanfang zu einem ausführlichen Gespräch. „Das beinhaltet nicht nur mein Feedback an den Mitarbeiter, sondern auch sein Feedback an mich", sagt der Bereichsleiter. Zur Jahresmitte setzt er sich mit dem Mitarbeiter für ein Zwischenfazit zusammen. Zum Jahresende wird dann abschließend die Zielerreichung festgelegt. „Weitere formale Gespräche finden bei Bedarf statt", erklärt Grodau.

Der IT-Leiter kann den Tenor der Information-Factory-Studie durchaus nachvollziehen: „Insgesamt ist mein persönlicher Eindruck, dass in deutschen Firmen eher zu wenig als zu viel Feedbackgespräche geführt werden. Manche Kollegen sehen das sicher anders, weil es Zeit kostet." Zwar werde in diversen Meetings miteinander gesprochen, das bleibe oft jedoch auf Ebene des Tagesgeschäftes stehen. „Zumindest das persönliche Feedback kommt das ein oder andere Mal sicher zu kurz", beobachtet Grodau.

Geht es nach den Consultants der Information Factory, sollten Unternehmen regelmäßige Standortbestimmungen für ihre Mitarbeiter fest in ihre Standards aufnehmen. Der Anspruch des Arbeitnehmers verändere sich: Dimensionen wie Selbstverwirklichung und Identifikation rücken in den Mittelpunkt.

"Deutschland führt"-Studie der Information Factory
Wie steht es um das Führungsverhalten deutscher Chefs? Damit beschäftigt sich eine Studie von Information Factory, Personalwirtschaft und Stellenanzeigen.de. An der Befragung haben 835 Menschen teilgenommen, davon 392 Mitarbeiter, 274 Führungskräfte und 169 Personaler.
Widersprüchliche Sicht auf Führungskräfte
Die Studie zeigt erhebliche Unterschiede in der Wahrnehmung von Chefs und Mitarbeitern auf. So nehmen 62 Prozent der Führungskräfte für sich in Anspruch, ihre Mitarbeiter zu fördern, zu motivieren und zu inspirieren. Das bestätigen allerdings nur 36 Prozent der Mitarbeiter.
Kündigung wegen des Chefs
Fast jeder zweite Mitarbeiter (47 Prozent) hat schon einmal wegen seines Chefs gekündigt. Weitere 19 Prozent standen kurz davor. Den Führungskräften ist das nicht bewusst.
Führung und Mitarbeiterleistung
Wenigstens in einem Punkt sind sich die Befragten weitgehend einig: Gute Führung steigert die Leistung der Mitarbeiter. "Es liegt zu einem wesentlichen Teil in der Hand der Führungskraft, ob ein Mitarbeiter seine volle Leistung entfaltet, bedingt leistet oder sogar kündigt", schreiben die Studienautoren.
Instrumente der Führung
Die Studie listet insgesamt sieben verschiedene Instrumente der Mitarbeiterführung auf. Aus Sicht der Befragten ist das Mitarbeitergespräch das wichtigste davon.
Führung trainieren
Dass man Führen lernen muss, glauben deutlich mehr Mitarbeiter als Chefs. Claudia Conrads aus der Geschäftsleitung der Information Factory sagt: "Führung ist nicht nur ein Mittel zur Zielerreichung, sondern drückt auch Werte des sozialen Miteinanders und Werteverhältnisses zwischen Führenden und Geführten aus."

Seit die IT nicht mehr nur als Hilfsmittel, sondern als „Business-Enabler" wahrgenommen wird, erleben vieler IT-Profis neue Anforderungen. In Grodaus Team ist „eine breite Mischung an unterschiedlichen Charakteren" versammelt, sagt der Münchner, und das sei auch gut so. Er müsse bei seinen Mitarbeitern ein gesundes Maß an Sozialkompetenz und Kommunikationsfähigkeit voraussetzen. „Schließlich sind viele Themen, etwa die agilen Entwicklungsmethodiken, mit sehr viel Kommunikation verbunden", erklärt Grodau. Aus seiner Sicht unterscheiden sich Informatiker in puncto Feedback nicht von Mitarbeitern aus anderen Abteilungen: „Den verschlossenen IT-ler, der still in der Ecke sitzt und den ganzen Tag mit keinem spricht, gibt es zumindest in meiner IT nicht mehr."

Den Mix aus Hard und Soft Skills, den Führungskräfte für ihre Arbeit brauchen, umschreibt die Information Factory mit einem bildhaften Vergleich: „Fachkompetenzen sind das Chassis für Führung, Verhalten und Beziehung der Kabelbaum zu den Mitarbeitern. Wirksame Führung benötigt beides." Als Kronzeuge dient Autobauer Henry Ford mit den Worten: „Das Geheimnis des Erfolges ist, den Standpunkt des anderen zu verstehen."

Der Flurfunk
Reagieren Sie möglichst frühzeitig auf die Zeichen des Marktes. Nehmen Sie die Gerüchteküche ernst. Agieren Sie selbst.
Absichern?
Verlassen Sie sich nicht auf vermeintliche Sicherheiten. Manch einer steht schneller auf der Straße, als er meint.
Haltung bewahren
Hängen Sie Ihren Frust nicht an die große Glocke – weder vor noch nach einer Kündigung.
Außen vor
Informieren Sie Kollegen oder gar den Vorgesetzten auf keinen Fall zu früh, denn von da an sind Sie von allen wichtigen Informationen abgeschnitten.
Präsenz zeigen
Stellen Sie Ihr Profil in die relevanten Online-Portale ein. Tun Sie dies frühzeitig. Erste Erfolge zeigen sich frühestens nach vier bis sechs Monaten.
Externe Unterstützung
Nehmen Sie Kontakt mit ausgewählten Personalberatern Ihrer Branche auf. Signalisieren Sie Ihr Interesse an neuen Herausforderungen in allen relevanten Netzwerken, aber werden Sie nicht zu deutlich, ehe die Kündigung tatsächlich ausgesprochen ist.
Profilieren Sie sich
Wenn noch nicht absehbar ist, ob und wann Sie wechseln werden, nutzen Sie bereits die Zeit, um sich zunächst im eigenen Haus zu profilieren. Beteiligen Sie sich an Projekten, die für die Zukunft relevant sind, schlagen Sie sinnvolle Sparmöglichkeiten vor. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Engagement auch extern publik wird. Netzwerke und Arbeitskreise bieten dafür gute Möglichkeiten.
Eine gute Bewerbung ...
... ist immer noch sehr wichtig. Überarbeiten und vervollständigen Sie Ihre Bewerbungsunterlagen.
Eigenwerbung stinkt?
Das war einmal. Kümmern Sie sich um Ihr Selbstmarketing. Erarbeiten Sie Ihr eigenes Stärkenprofil. Besonders in der Krise geht es um Effizienz. Im Bewerbungsgespräch müssen Sie kurz und knapp darlegen können, worin Ihre Stärken liegen. Unterstützung bieten Karriereberater.
Bereit sein
Besorgen Sie sich ein Zwischenzeugnis.
Mehr Mobilität?
Überdenken Sie Ihre Flexibilität. Längere Anfahrtswege oder geringeres Gehalt können trotzdem zielführend sein.
Keine Katastrophe
Ist die Kündigung bereits ausgesprochen, bewahren Sie die Ruhe.
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Wenn Sie selbst gehen, bereiten Sie die Trennung sorgfältig vor. Beachten Sie die Fristen.
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Nutzen Sie alle Bewerbungswege: Print, online und auch persönlich.
Hilfreich: ein langer Atem
Befassen Sie sich mit der Psychologie des Vorstellungsgespräches, und zwar nicht nur in der ersten Runde.
Falsche Kompromisse?
Bei potenziellen Stellenangeboten: Bleiben Sie kritisch, sich selbst und Ihrem Können gegenüber – aber auch dem suchenden Unternehmen.
Im Guten trennen
Ist die Entscheidung zum Wechsel gefallen, nutzen Sie auch Ihren Abgang zur Profilierung.
Es ist soweit
Wenn Sie dann tatsächlich gehen: Hinterlassen Sie einen bestellten Acker.
Neu ankommen
Agieren Sie im neuen Unternehmen besonnen. Lernen Sie, hören Sie gut zu.
Los geht's!
Nehmen Sie die eigenen Gefühle ernst – auch wenn sie negativ sind. Bei Zweifeln: Starten Sie neu!