Nokia mischt den Bereich der Handy-Navigation kräftig auf. Der finnische Konzern stellt ab sofort sämtliche Funktionen seiner Navigationslösung Nokia Ovi Maps kostenlos zur Verfügung. Bislang konnten sich Nutzer lediglich das Kartenmaterial herunterladen - im aktuellen Angebot ist sowohl Online- als auch Offline-Navigation für Fußgänger und Autofahrer enthalten. Zudem auch die Tipps der Reiseführer Michelin und Lonely Planet. Betreibt man die Lösung im Online-Modus, erhält man zusätzliche Informationen wie etwa zur Wetterlage oder zu Radarfallen - ebenfalls kostenlos.
Ovi Maps ist dabei kein neuer Dienst, Nokia bietet die Navigation bereits seit mehreren Jahren an. Durch die Übernahme von Navteq kann der finnische Hersteller zudem auf ein ansehnliches Kartenmaterial zurückgreifen. Insgesamt sollen mehr als 180 Länder kartographiert sein, davon kann die Software in 74 Ländern eine Fußgänger- und Fahrzeug-Navigation anbieten.
Warum sich Nokia zu diesem überraschenden Schritt entschlossen hat, ist nicht bekannt. Als Grund könnte man allerdings die kostenlose Google Navigationslösung annehmen, mit der der Suchmaschinengigant den Absatz von Android-basierten Smartphones in die Höhe treiben will.
Die Komponenten von Ovi Maps
Ovi Maps unterteilt sich insgesamt in drei Komponenten. Der Client auf dem Smartphone regelt die komplette Navigation und lädt auf Wunsch Daten aus dem Internet nach. Zusätzlich haben Sie Zugriff auf die Reiseführer von Lonely Planet und Michelin. Beide Reiseführer nutzen Ihre aktuelle Position, um die passenden Informationen anzuzeigen. Der Zugriff erfolgt über eine aktive Internetverbindung. Das hat zwar den Vorteil, dass die Inhalte aktuell sind, schränkt den Einsatz im Ausland allerdings aufgrund von Roaming-Kosten deutlich ein.
Neben dem Smartphone-Client gibt es Ovi Maps auch auf dem Online-Portal. Dort eignet es sich vor allem zur Routenplanung. Sehenswürdigkeiten, interessante Plätze oder ganze Routen können Sie dort erstellen und in Sammlungen speichern. Diese Informationen synchronisieren sich anschließend mit dem Smartphone, stehen damit also mobil zur Verfügung. Reisen lassen sich dadurch bequem am Rechner planen.
Die dritte Komponente ist der Map Loader. Damit lässt sich Kartenmaterial gezielt vorab sammeln und auf das Smartphone übertragen. Das hat den Vorteil, dass Sie sich so unabhängig von der Internetverbindung im jeweiligen Land sind - und somit keine teuren Roaming-Kosten haben. Der Map Loader lässt ihnen die Wahl, ob Sie Karten für einen kompletten Kontinent, einzelne Länder oder nur bestimmte Bundesländer herunterladen möchten. Konkret macht sich das im benötigten Speicherplatz bemerkbar - die Karten von Bayern belegen deutlich weniger Platz als das komplette Gebiet der Bundesrepublik. Außer der Karten können Sie auch neue Sprachpakete für die Ansage herunterladen - auch hier bietet Nokia einen beeindruckenden Fundus an Sprechern.
Kompatible Geräte und Installation
Derzeit ist die Lösung nur für eine beschränkte Anzahl von Geräten verfügbar. Ovi Maps lässt sich unter anderem für das Nokia X6, Nokia N97 mini, E72, E55, E52, Nokia 6730 classic, Nokia 6710 Navigator, Nokia 5800 Xpressmusic, Nokia 5800 Navigation Edition und Nokia 5230 in der neuen Version herunterladen und installieren. Die aktuell unterstützen Nokia-Modelle finden Sie auf der genannten Webseite, die Liste soll laut Stück für Stück erweitert werden.
Die Installation ist simpel: Entweder lassen Sie sich einen Link zum Download der Software per SMS zuschicken. Oder Sie laden die aktuelle Maps-Version auf den PC herunter und installieren sie mittels Nokia PC Suite. Da die mobile Website im Test nur sehr langsam aufgebaut wurde, raten wir jedoch zu letzterer Variante.
Nach der Installation empfiehlt es sich außerdem, über den Map Loader das Kartenmaterial der aktuellen Position zu installieren - der Map Loader ist Teil der Nokia PC Suite. Zu Beginn sollten Sie zudem über WLAN online gehen, so dass Ovi Maps Sehenswürdigkeiten oder die Informationen der Reiseführer kostengünstig nachladen kann.
Nokia Maps in der Praxis
Um mit der Navigation zu beginnen, bestimmt die Software zunächst Ihre Position. Dabei greift sie auf die Informationen der Funkzellen und GPS-Daten zurück. Betreiben Sie das Gerät im Internet Modus, lädt Nokia Maps automatisch eventuell fehlendes Kartenmaterial nach. Hier fíelen im Test keine großen Übertragungen an. Vielmehr beschränkte sich die Software auf die Informationen, die sie aktuell auch wirklich benötigte.
Die Zieleingabe steht bereits vor dem First Fix zur Verfügung. Um eine neue Navigation zu beginnen, haben Sie mehrere Möglichkeiten: Wählen Sie im Hauptmenü die Punkte "Fahren" oder "Gehen", können Sie direkt ein Ziel auswählen. Haben Sie Ihre Adresse schon eingegeben, können Sie sich "Nach Hause" bringen lassen. Ein neues Ziel lässt sich aus dem Verlauf, den Favoriten, über die Suche oder per Karte bestimmen. Über das Suchfeld stehen Ihnen zusätzlich verschiedene Kategorien zur Verfügung, beispielsweise Hotels, Tankstellen, Bahnhöfe oder Flughäfen.
Ist das Ziel ausgewählt, startet die eigentliche Navigation. Die Anzeige schaltet dazu in die von TomTom-bekannte 3D-Einflugschneisen-Ansicht. Über den Bereich "Optionen" hat man Zugriff auf weiter Informationen, etwa die Lautstärkensteuerung oder für die Berechnung einer alternativen Route. Bei einem Anruf springt die Software übrigens nach dem Auflegen wieder in die Navigationsansicht zurück. Im Test fand das N97 mini relativ schnell die Position über GPS, allerdings ist das von dem verwendeten Gerät sowie der aktuellen Position abhängig.
Ein wenig störend ist, dass man bei der Suche Adressen angeben muss und nicht auf ein Branchenverzeichnis zurückgreifen kann. So hat die Software beispielsweise das Ziel "IDG Verlag" weder über die Offline- noch die Online-Suche gefunden, mit der Adresse "Lyonel-Feininger-Straße 26" gab es dagegen keine Probleme. Hier sollte Nokia noch nachbessern, zumindest im Online-Modus würde eine semantische Suche durchaus Sinn machen. Zudem könnte sich die Software dadurch von den Wettbewerbern abheben.
Die eigentliche Navigation lässt sich noch über andere Wege starten. Nutzt man etwa den Michelin Guide, um ein Restaurant zu finden, zeigt ein Knopfdruck auf das Ergebnis eine Liste mit Auswahlmöglichkeiten an. Darüber können Sie die Fußgänger oder Fahrzeug-Navigation starten, den Punkt speichern, zu einer Route hinzufügen sowie per SMS, E-Mail oder Bluetooth an Kontakte senden.
Fazit: Konkurrenz für TomTom, Navigon und Google
Alles in allem kann das Nokia-Angebot durchaus überzeugen. Das Routing klappt zügig, die Ansagen sind verständlich. Die Menüführung ist zwar gut, teilweise führten uns aber fast zu viele Wege zum Ziel, was zu Beginn verwirrt. Dafür klappt die Synchronisation mit Ovi Maps einwandfrei. Die Routenplanung macht am PC einfach mehr Spaß als auf dem relativ kleinen Display des Smartphones.
Geht es um die Online-Navigation, gibt es bereits zahllose kostenlose Angebote - beispielsweise das Ö-Navi oder Google Maps. Mit Ovi Maps liefert Nokia jedoch eine ausgereifte Offline-Navigation, die zudem sowohl Fußgängern als auch Autofahrern eine Turn-by-Turn-Navigation ermöglicht. Damit dringt Nokia weiter in das Marktsegment von Firmen wie TomTom oder Navigon vor. Diese bieten teilweise ebenfalls Lösungen für Symbian-Smartphones an, lassen sich diese aber ordentlich bezahlen.
Nokia könnte sich mit Ovi Maps in Europa gegen die kommende Google Lösung behaupten, vor allem aufgrund der Offline-Lösung. Anders als bei Google benötigt die Nokia-Lösung nicht zwingend einen Internetzugriff. Klar, in einem großen Land wie den USA ist Roaming kein Thema, auch die Tarife für mobiles Internet sind dort günstig zu haben. Bringt man aber Roaming ins Spiel, ist die reine Online-Navigation ein teurer Spaß. Kombiniert mit dem Map Loader kann man sich mit der Nokia-Lösung von Dänemark nach Portugal leiten lassen - ohne auch nur ein einziges Kilobyte nachladen zu müssen.
Ein weiterer Vorteil gegenüber anderen Lösungen ist die Integration der Reiseführer. Vor allem die Inhalte von Lonely Planet haben einen exzellenten Ruf und gelten als zuverlässige Informationsquellen - schön wäre es allerdings, wenn die Inhalte künftig auch auf Deutsch verfügbar wären.
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer Schwesterpublikation PC-Welt. (mec)