Kontakt auf vielen Ebenen

20.04.2000
Glaubt man den Aussagen von Microsoft, so wurde das neue Windows 2000 extra dafür entwickelt, in allen Netzwerken "eine gute Figur zu machen". Doch die Anwender von weitverbreiteten Unix-Protokollen wie NFS (Network File System) konnten von dieser Verbindungsfreudigkeit bisher nichts spüren. Die "Windows Services for Unix" in der Version 2.0 sollen das nun ändern.

Von: Frank-Michael Schlede

Die Entwickler bei Microsoft sind in den letzten Jahren sicher immer davon ausgegangen, dass ein Netzwerk grundsätzlich nur aus Windows-Servern und den entsprechenden Clients zu bestehen hat. Deshalb sah man wohl bisher auch keinen Grund dafür, gängige Standardprotokolle wie NFS (Network File System) zu unterstützen.

Da aber gerade dieses Protokoll eine nahtlose Integration von Unix-Servern ermöglicht, versuchten viele so genannte Drittanbieter diese Lücke zu füllen. Schließlich werden solche Lösungen, die eine Interoperabilität sowohl mit Unix- als auch mit AS/400-Servern und sogar Mainframe-Rechnern unter OS/390 ermöglichen, in den meisten Netzwerken dringend benötigt. Kaum eine Firma baut ihre Lösungen auf der "grünen Wiese" auf und deshalb ist die Integration bestehender Systeme gleich welchen Typs sehr wichtig. So waren es dann Firmen wie FTP-Software, Netmanage, Hummingbird und Attachmate, die ihre Produkte jahrelang recht erfolgreich in diesem Nischenmarkt anboten.

Zu den am häufigsten eingesetzten Lösungen für die Integration von Unix- und Windows-Systemen gehört im Augenblick sicher der Einsatz der Samba-Software. Mit dieser Software bekommt ein Unix-Server die Möglichkeit, das von Microsoft entwickelte und unter Windows eingesetzte Protokoll SMB (Server Message Block) zu verwenden. Mit der Weiterentwicklung dieses Protokolls, das als CIFS (Common Internet File System) bezeichnet wird, stellt Microsoft nun auch ein Protokoll zur Verfügung, dass auf den unterschiedlichsten Plattformen arbeiten soll. Trotzdem ist diese Lösung nicht ideal, wenn es darum geht, beispielsweise Windows-2000-Server in eine bestehende Unix-Infrastruktur zu integrieren. Irgendwann ist diese Erkenntnis dann auch zu Microsoft durchgedrungen und so stand bereits im letzten Jahr für Windows NT in der Version 4 ein Softwarepaket zur Verfügung, das unter der Bezeichnung "Windows Services for Unix" vertrieben wurde.

Unix-Services als zusätzliches Paket

Im Vorfeld der Einführung von Windows 2000 gab es Gerüchte, die besagten, dass dieses Paket ein fes-ter Bestandteil des Server-Betriebssystems von Microsoft werden würde. Nun ist jedoch klar geworden, dass es weiterhin bei einem zusätzlichen Softwarepaket bleiben wird. Seit einigen Wochen im Internet als Beta-Version verfügbar, werden die "Windows Services for Unix Version 2.0" auf der "Network+Interop", die vom 7. bis zum 12 Mai in Las Vegas stattfindet, erstmals als Produkt zur Verfügung stehen. Die Unix-Services beinhalten die folgenden Komponenten:

- Client- und Server-Software für NFS,

- NFS-Gateway-Funktionalität, PCNFSD-Server,

- Telnet-Client und -Server,

- NIS-Server und Migration Wizard,

- Passwort-Synchronisation,

- Name-Mapping-Server und

- diverse Unix-Kommandos und -Werkzeuge

Das ungefähr 85 MByte große Softwarepaket der Beta-Version konnte ohne Probleme sowohl auf einer Windows-2000-Workstation (Professional) als auch auf einem Server-Release der aktuellen Windows-Version installiert werden. Dabei verwendet das Paket den neuen Wizard, der unter Windows 2000 zur Installation von Softwarepaketen dient. Mit seiner Hilfe ist es dann auch relativ leicht, einen Überblick über die einzelnen Komponenten zu bekommen, die das Paket beinhaltet (siehe folgende Abbildung).

Nach der Installation können die einzelnen Komponenten direkt über eine MMC (Microsoft Management Console) verwaltet werden. Schade ist es dabei allerdings, dass die Verwaltung dieser Komponenten nicht direkt und automatisch mit in die allgemeine Systemverwaltung integriert wird. Alle Kommandos und Merkmale der Unix-Services lassen sich sowohl unter einer Windows-Oberfläche innerhalb der MMC oder - ganz in Unix-Manier - durch einen Befehl direkt auf der Kommandozeile ausführen. Diese zweite Möglichkeit ist für Systemadministratoren besonders deshalb so interessant, weil zu der Software auch die Implementierung einer Unix-Korn-Shell für Windows-Systeme gehört. So ist es dann möglich, vorhandene Shell-Skripte direkt von einem Unix- auf ein Windows-System zu bringen und dort zum Beispiel für Verwaltungsaufgaben einzusetzen. Bei dieser Unix-Shell handelt es sich allerdings nicht um eine Eigenentwicklung von Microsoft, sondern um das Produkt "MKS-Toolkit" des kanadischen Anbieter Mortice Kern Systems. Damit stehen auf der Windows-Plattform mehr als 60 Unix-Kommandos vom mount-Befehl bis hin zum vi-Editor zur Verfügung.

Der interessanteste Teil der Unix-Services liegt aber zweifelsohne in der Unterstützung weiterer Netzwerkprotokolle. Nach der Installation findet man in der Netzwerkumgebung beziehungsweise im Datei-Explorer jetzt auch einen Eintrag für NFS-Netzwerke. Über diesen Eintrag ist es dann kein Problem, wie auch bei anderen Netzwerklaufwerken auf die exportierten Verzeichnisse und Dateien eines NFS-Servers im Netz zuzugreifen. Mit den Linux-Servern in unserem Redaktionsnetz klappte diese Zusammenarbeit auf Anhieb.

Auch der umgekehrte Weg bereitete in einem kurzen Test keine Probleme: Mittels der MMC lässt sich der NFS-Server konfigurieren und die entsprechenden Verzeichnisse werden genau wie andere Windows-Verzeichnisse auch freigegeben, nur dass bei den Eigenschaften des Kontextmenüs jetzt ein neues Untermenü mit der Bezeichnung "NFS Sharing" auftaucht. Hier können auch die Zugriffsrechte für die exportierten Dateien und Verzeichnisse konfiguriert werden. Ist der Einsatz eines Telnet-Clients bei den Anwendern einer Windows-Plattform noch durchaus bekannt, so bietet die nächste Komponente, die hier mitgeliefert wird, doch einen ganz neuen Aspekt: einen Telnet-Server. Durch den Einsatz dieser Software wird es endlich auch für den Administrator eines Windows-Systems möglich, wirklich "remote" an seinem Server-System zu arbeiten. Auch diese Server-Komponente arbeitete bei unserem Praxistest zufriedenstellend mit den Linux-Systemen zusammen. Mag es ungewöhnlich sein, ein Windows-System auf der Kommandozeile zu bedienen, so bietet doch gerade diese Option in Zusammenhang mit der ebenfalls bereitgestellten Unix-Shell viele Möglichkeiten, die Verwaltung und Wartung eines Windows-Systems im Netz deutlich zu vereinfachen.

Durch einen NIS-Server (Network Information System), der allerdings bei der Beta-Version noch nicht zur Verfügung stand, soll ebenfalls eine leichtere Integration der Unix-Plattformen ermöglicht werden. Hier können dann mit Hilfe eines speziellen "Migration Wizards" die bestehenden Maps der NIS- und NIS+-Server direkt in ein Active-Directory-Verzeichnis überführt werden. Weitere Merkmale, wie die Möglichkeit, die Anwenderkonten auf den unterschiedlichen Systemen miteinander zu synchronisieren, helfen ebenfalls dabei, die unterschiedlichen Betriebssysteme zu integrieren.