Komplettsystem für 7000 Mark

13.10.1999
Eine Ultra-10-Workstation von Sun zusammenzuschrauben ist ein Kinderspiel für all jene, die schon einen PC aus Einzelteilen gebaut haben. Der Beitrag faßt die wichtigsten Schritte zusammen.

Von: Thomas Weihrich

Das Eigenbau-System entspricht einer Ultra-10-Workstation, denn das OEM-Board unterstützt eine Ultra-Sparc-IIi-CPU mit bis zu 440 MHz und 2 MByte Cache. Neben acht Sockeln für ECC-EDO-DIMMs, die einen Speicherausbau bis zu einem GByte erlauben, bietet das Board Platz für sechs PCI-Steckkarten. Ein UPA-Steckplatz (UPA = Ultra Port Architecture) nimmt Sun-spezifische Grafikkarten wie "Creator" oder "Elite 3D" auf. Zwei Ultra-Wide-SCSI-Schnittstellen sind ebenso auf dem Board untergebracht wie eine Fast-Ethernet-Schnittstelle. Und auch zwei serielle Schnittstellen, ein Parallel-Port und ein Controller für den Anschluß von Diskettenlaufwerken fehlen nicht. Das Motherboard entspricht der ATX-Norm und kann von den üblichen ATX-Netzteilen gespeist werden. Diese sollten jedoch mindestens 250 W liefern. Als Alternative zum Stand-Alone-System kommen 19-Zoll-Gehäuse für den Rack-Einbau in Frage. Solche Hüllen werden häufig mit stärkeren und redundanten Netzteilen ausgeliefert, ein Vorteil der mit einem Mehrpreis von bis zu 1500 Mark bezahlt werden muß.

Ein typisches Sun-System besteht aus einem CPU-Board mit Prozessor und Hauptspeicher, einer Netzwerkkarte, einer Grafikkarte, Tastatur, Maus, einem CD-ROM-Laufwerk und einer Festplatte. Optional kommen noch ein Streamer, zusätzliche Schnittstellen und weitere Festplatten hinzu. Untergebracht sind die Komponenten zumeist in einem geräumigen und gut belüfteten Gehäuse. Sun-Rechner legen dabei Wert auf eine ausgewählte Peripherie: So benötigt Solaris zum Booten von CD-ROM eine Block-größe von 512 Bytes. Normale CD-ROM-Laufwerke unterstützen 512 Bytes nur per Mode Select. Leider schickt das Boot-Prom vor dem Hochfahren keinen Mode-Select-Befehl, weshalb das Laufwerk den 512-Bytes-Modus direkt unterstützen sollte. Das hat zur Folge, daß sich die Auswahl der CD-ROM-Laufwerke auf SCSI-Geräte von Plextor und Pioneer beschränkt. Auch einige ältere Ausführungen von Toshiba, zum Beispiel "3301B", "3401B", "3501B" und "4401B" funktionieren. Sun empfiehlt in den OEM-Manuals den Einsatz von "Plextor 32 TXI"; allerdings erscheint das Gerät für den Einsatz in 19-Zoll-Gehäusen weniger geeignet 19-Zoll-Gehäusen weniger geeignet als das Caddy-Pendant "32 CXI", weil beim Auswurf der CD-ROM die Schublade gegen die abschließbare Frontplatte stößt. Weitere Alternativen sind Sun- und SGI-Laufwerke.

Grafikkarten kommen nur wenige in Frage. Abgesehen davon, daß der Anwender seinen Selbstbau-Server auch mit einem seriellen Terminal ansprechen kann, unterstützt das Board mit der aktuellen Open-Prom-Firmware "3.0.8" die von Sun hergestellten Karten aus der Creator-Serie und ATI-Karten auf der Basis von Rage II und Rage Pro.

Das Board unterstützt sowohl Sun-Typ-5-Tastaturen und -Mäuse, für deren Anschluß ein dedizierter Port vorgesehen ist, als auch generische PS/2-Geräte, sofern der entsprechende Adapter gleich mitgekauft wird. Sun-spezifische Geräte haben den Vorteil, daß sie die Power-Management-Funktionen des Boards unterstützen. Sun-Grafikkarten verfügen über den Spezialanschluß "13W3", zu dem kein im Einzelhandel erhältlicher Bildschirm paßt. Es gibt jedoch Adapter für das VGA-Format und für BNC. ATI-Grafikkarten brauchen solche Anschlußstücke nicht. Als Massenspeicher dienen ein 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk und Ultra-Wide-SCSI-Festplatten. Die Wärme, welche die Festplatte produziert, sollte hinreichend abgeführt werden, notfalls durch zusätzliche Lüfter oder mit Lüftern bestückte Steckkarten. Andernfalls empfehlen wir SCSI-Festplatten, die wenig Wärme produzieren, wie die Geräte aus der DDRS-Serie von IBM.

PC-ähnlicher Aufbau

Wir empfehlen mindestens 128 MByte Hauptspeicher. Damit der Speicherzugriff mit 128 Bit erfolgt, muß der Anwender die Speichersockel paarweise mit 3,3V-gepufferten EDO-ECC-DIMMs bestücken. Sun unterstützt in den OEM-Boards entweder eine 10-Bit- oder 11-Bit-Spaltenadressierung, wobei die 10-Bit-Variante für 32-MByte-, 64-MByte- und 128-MByte-Module gilt. 256-MByte-DIMMs arbeiten mit 11-Bit-Adressen, müssen jedoch für einen zuverlässigen Betrieb als Speicherbänke 0 und 2 installiert sein.

Der Zusammenbau der Komponenten verläuft ähnlich wie bei ATX-PCs. Beim Einbau der PS/2-Adapter für Tastatur und Maus tragen die vorgesehenen Steckleisten die Bezeichnungen "J2500" für Maus und "J2501" für Tastatur. Pin 1 ist auf den Steckverbindern mit einem kleinen Pfeil oder Punkt gekennzeichnet und muß mit einer entsprechenden Markierung auf dem Sockel zusammenpassen. Sind die Adapter korrekt gesteckt, steht dem Einbau der Platine in das Gehäuse nichts mehr im Weg. Abschließend landet das Prozessor-Modul auf dem CPU-Steckplatz, gesichert durch eine Strebe, die der Hersteller mitliefert.

Die insgesamt acht DIMM-Sockell auf dem Board sind paarweise zu bestücken. Die Sockelpaare liegen nicht unmittelbar nebeneinander; die Tabelle der DIMM-Sockel sollte beim Einbau helfen.

Das Board erlaubt es dem Anwender, die Speicherbänke mit Modulen unterschiedlicher Größe zu bestücken und Module mit 10-Bit-Spaltenadressen zu mischen. So kann er ohne weiteres in Bank 0 zwei 128-MByte-Module, in Bank 1 zwei 32-MByte- und in Bank 3 zwei 8-MByte-Bausteine einsetzen. Allerdings darf er diese nicht mit den 256-MByte-DIMMs kombinieren, weil der Speicher von diesen Modulen anders adressiert wird.

Im Beispielrechner verleihen acht 32-MByte-Module dem System eine Hauptspeicherkapazität von 256 MByte. Für Desktop-Anwendungen dürfte dieser Ausbau ausreichen. Soll das System eine Datenbank betreiben, sind 256 MByte eher als untere Grenze anzusehen.

Erster Funktionscheck

Nach dem Einbau des RAMs muß der Anwender einige Jumper setzen und Gehäuseanschlüsse installieren. Diese sind entweder auf dem Board gemäß ihrer Funktion beschriftet oder mit Kürzeln bezeichnet:

J1501: Reset-Taster

J3602, J3603: Stromanschlußfür Ventilator (optional)

J3301: Ein/Ausschalter

J1990: Power On-LED

J3201: Lautsprecheranschluß

Nach der Installation der Grafikkarte und dem Anschluß von Maus und Monitor folgt der erste Test. Bei korrektem Aufbau meldet sich das System nach rund 90 Sekunden mit einer Versionsnummer des Boot-Proms und einigen Diagnoseinformationen; der Anwender kann zur Installation der Massenspeicher übergehen. Andernfalls gibt es eine recht einfache Methode zur Fehlersuche: Anstelle von Tastatur und Maus ist ein serielles Terminal an die serielle Schnittstelle 1 anzuschließen und das System erneut einzuschalten. Auf diesem Terminal erscheinen dann die Meldungen, welche die Firmware beim Selbsttest ausgibt. Häufig verhindern schlechte Kontakte oder überhitzte Bausteine den Systemstart. Auch unzulässige Speicherkonfigurationen kommen oft vor. Läßt sich der Fehler durch das Prüfen der Steckverbindungen nicht beheben, sollte man beim Händler Rat einholen. In der Regel sind die Kaufleute kulant und tauschen Problemboards aus. Als letztes Bauteil installiert der Benutzer die Massenspeicher. Solaris 2.6 ab Release vom März 1998 und Solaris 7 erwarten die Peripheriegeräte am ersten SCSI-Bus auf fest vorgegebenen Adressen, die sich im ROM und später im Betriebssystem auch ändern lassen. Hält man sich an die Werksvorgaben, entfallen zunächst mehrere Konfigurationsschritte. Die Vorgaben lauten:

- erste Festplatte: Controller 0, SCSI-ID 0

- erstes CD-ROM-Laufwerk: Controller 0, SCSI-ID 6

- erstes Bandlaufwerk: Controller 0, SCSI-ID 4

- zweites Bandlaufwerk: Controller 0, SCSI-ID 5

- Controller: Controller 0, SCSI-ID 7

- weitere Festplatten: übrige Adres- sen

Kostenloser Burn-in-Test

Das CD-ROM-Laufwerk muß zur korrekten Funktion auf 512 Bytes pro Block geschaltet werden. Es gibt auf dem Markt nur sehr wenige CD-ROM-Laufwerke, die diese Umschaltung per Hardware unterstützen. Plextor-Laufwerke regeln das mit einem Jumper. Gleiches gilt für einige Pioneer-CD-ROM-Laufwerke.

Die Funktion der Geräte läßt sich aus Open-Prom heraus erkennen: Der erste Check überprüft, ob das System den eingebauten Hauptspeicher vollständig anspricht und eine sinnvolle, sprich zulässige Ethernet-Adresse ausgibt. Der Befehl probe-scsi-all testet, ob das System die Massenspeicher erkennt. Nach der anschließenden Installation des Betriebssystems erfolgt die Feineinstellung der ATI-Grafikkarten. Dazu liefert Sun das Programm m64config, mit dem der Anwender die Auflösung, die Bildwiederholfrequenz und die Farbtiefe konfiguriert. Kostenlos bietet Sun eine Burn-in-Test-Software, die den Rechner durch simulierte Operationen und Gerätezugriffe auf Fehler hin überprüft. (kpl)