Kompatibilität ist Trumpf

25.05.2001
Seit der Verabschiedung des WLAN-Standards 802.11b entwickeln sich Wireless LANs zu einem echten Renner. Immer mehr Unternehmen denken darüber nach, die drahtlose Ethernet-Variante für die Anbindung von PCs und Notebooks einzusetzen. Probleme macht vor allem Bluetooth - als Konkurrent und als Störfaktor.

Von: Ariane Rüdiger

Wireless Fidelity oder kurz Wifi heißt das Zauberwort, das viele Anwender endlich davon überzeugen könnte, neben der verkabelten auch eine drahtlose Netzwerkinfrastruktur in Erwägung zu ziehen. Wifi ist das Kompatibilitäts-Logo der Wireless Ethernet Compatibility Alliance (Weca), einer im letzten Jahr gegründeten Industrieorganisation, die den Markt für Wireless LANs nach dem Ethernet-Standard 802.11b voranbringen will. Sie bemüht sich unter anderem darum, Ordnung in den Gerätedschungel zu bringen. Bisher gab es eine Reihe von Problemen, die den Anwendern die Nutzung der mittlerweile 11 MBit/s schnellen WLAN-Karten und Access Points vergällten.

Am ärgerlichsten war, dass der im lizenzfreien 2,4-GHz-Band arbeitende 802.11b-Standard die Kommunikation zwischen den Access Points nur unzureichend regelt. Die Folge: Zwar konnte man beliebige Karten an beliebigen Access Points anmelden, nicht aber zwischen ihnen roamen, es sei denn, sämtliche Access Points stammten vom selben Hersteller. Dieses Problem hat Wifi ausgeräumt: Geräte, die das Logo tragen, verstehen sich untereinander. Auch die 40-Bit-WEP-Security (Wired Equivalent Privacy) entsprach nicht den Bedürfnissen des Geschäftsverkehrs, und so schraubte Weca die Anforderungen an die Logo-Inhaber gleich auf 128-Bit-Verschlüsselung nach oben. Mittlerweile lässt nahezu jeder Hersteller seine Komponenten durch die Weca zertifizieren.

Wie attraktiv das Marktsegment WLAN ist, wird auch dadurch deutlich, dass mittlerweile nahezu jeder Hersteller eigene Produkte anbietet. Cisco brachte sich durch den Aufkauf von Aironet ins Spiel. Lucent ist mit den Orinoco-Produkten und eigenen Chipsets, die in vielen Lösungen implementiert sind, schon lange dabei. Ähnliches gilt für Symbol ("Spectrum"), Breezecom ("Breezenet") oder Enterasys ("Roamabout"). Dazu kommen neuerdings Hersteller wie Intel, D-Link, Digi International oder SMC. In Deutschland sind unter anderem Compulan, Elsa, Siemens, Dr. Neuhaus oder die Ulmer Artem aktiv, die Bintec beliefert. Zudem gibt es für immer mehr Highend-Notebooks und Pocket-PCs WLAN-Zubehör, zum Beispiel für die "I-Paqs" von Compaq.

Heißer Tanz

Um den WLAN-Markt wird mit harten Bandagen gekämpft. So überzieht Proxim (WLAN-Produktserie "Harmony") derzeit die Konkurrenten mit einem Lizenzprogramm beziehungsweise droht Patentklagen an. Dies erscheint auf den ersten Blick merkwürdig, weil Proxim erst seit dem Jahr 2000 Komponenten nach dem 802.11-Standard im Programm hat.

Vorher setzte der Hersteller auf die proprietäre Onair-Spezifikation und Home RF, eine Technologie, die sich eher für den Einsatz im häuslichen Umfeld eignet. Proxim behauptet, drei seiner Patente bezüglich des Direct-Sequence-Übertragungsverfahrens würden verletzt.

Der Hersteller verlangt deshalb, dass Geräte von Acer, Addtron, Ambicom, Compex, D-Link, Enterasys, Linksys und Melco nicht mehr in die USA importiert werden dürfen. Beschwerden wurden auch gegen 3Com, Cisco, Intersil, SMC, Symbol und Wayport eingereicht. Die Patente betreffen Reichweite, Datenrate und Bandbreite der Systeme.

Das Echo der Industrie ist unterschiedlich. Während einige der Betroffenen angeblich dem Lizenzprogramm schon zugestimmt haben, gibt es Gerüchte, dass Intersil klagen wolle. Die erste offizielle Unterzeichnung erfolgte gerade durch Compex.

Markt im Aufbruch

Derzeit gibt es nur wenige Chip-Lieferanten für WLAN-Komponenten: Nur Lucent und Intersil liefern die begehrten Bauelemente - ein Beleg dafür, dass dieser Industriezweig noch in den Anfängen steckt. Das dürfte sich allerdings mit den schnelleren WLAN-Standards 802.11g (22 MBit/s) und vor allem 802.11a (54 MBit/s) ändern, an denen Hersteller und Standardisierungsgremien bereits fleißig basteln (siehe Kasten links). So will zum Beispiel Intel für die schnelle a-Variante selbst Bausteine produzieren. Aber auch Newcomer wie die Silicon-Valley-Chipschmiede Atheros rüsten sich, um in den Wettlauf um das WLAN-Geschäft einzusteigen. Atheros hat einen 5-GHz-Chip entwickelt, mit dem sich einseitig bestückte Chipkarten für 802.11a bauen lassen, die mit einem Sechstel der Energie heutiger 802.11b-Implementierungen auskommen. Noch dazu ist der Baustein in CMOS realisiert und daher relativ billig. Er soll in Stückzahlen 30 Dollar kosten. Enterasys hat bereits das erste Produkt für 54 MBit/s schnelle WLANs nach 802.11a angekündigt.

Bei der immer noch verhältnismäßig teuren WLAN-Technik ist mit weiter fallenden Preisen zu rechnen. Der Preis pro Port soll nach Schätzungen der Weca im Lauf des nächsten Jahres auf unter 50 Dollars sinken (siehe Grafik oben rechts). Heute muss man für einen leistungsfähigen Access Point mindestens 1700 Mark hinblättern, dazu passende WLAN-Karten gibt es ab 300 Mark aufwärts.

Als wichtiges Anwendungsgebiet zeigt sich neben der Vernetzung von Rechnern mit dem Server auch die drahtlose Verbindung von LAN-Segmenten über WLAN-Bridges. Solche Geräte haben zum Beispiel Compulan oder Artem mit "Onair Compoint BR" im Programm. Auch die IP-Telefonie soll mittelfristig Anschluss ans WLAN finden. IP-fähige drahtlose Telefone bietet heute vor allem Symbol an. Sie kommunizieren über einen H.323-Stack mit dem Access Point und gestatten es, sich direkt vom WLAN aus ins öffentliche Netz oder in die Telefonanlage einzuwählen. Auch Spectralink arbeitet an einer H.323-Variante seiner tragbaren Telefone. Die Preise der Geräte sind allerdings mit etwa 1000 Mark pro Stück noch recht hoch.

Auch im Home-Sektor ist der Wettbewerb voll entbrannt. Hier haben die Anwender die Wahl: Einerseits werden abgespeckte WLAN-Varianten angeboten, denen professionelle Sicherheits-Features oder Roaming-Möglichkeiten fehlen. Andererseits gibt es Produkte auf Basis des Home-RF-Standards und DMAP - der Multimedia-Variante von DECT.

Reifeprozess

Ein wunder Punkt des WLANs ist die Sicherheit, da sich Funkübertragungen relativ leicht abhören lassen. Über derzeit mögliche Schutzmechanismen informiert der Beitrag ab Seite 24. Von Vorteil ist eine Inline-Stromversorgung, bei der kein separates Stromkabel am Access Point mehr nötig ist. Spannend wird es, wenn WLAN-Geräte gleichzeitig mit dem Kurzstreckenstandard Bluetooth in Büros eingesetzt werden. Denn bislang treten gravierende Interferenzprobleme zwischen den beiden Techniken auf, da beide den 2,4-GHz-Bereich verwenden. Diesen Schwierigkeiten geht der Artikel auf Seite 22 auf den Grund. (cl)

Zur Person

Ariane Rüdiger

ist als freie Journalistin in München tätig. Ihre Schwerpunkte sind Netzwerke und Telekommunikation.