Abgang mit Stil bei Kündigung

Knigge für Jobwechsler

13.01.2016 von Sabine Hildebrandt-Woeckel
Ob beim Vorstellungsgespräch oder am ersten Arbeitstag, man zeigt sich von der besten Seite. Dass auch die letzten Tage im Job die weitere Karriere beeinflussen können, ist vielen nicht bewusst. In unserem Knigge geben wir Ihnen Tipps für den Jobwechsel mit Stil.

Schlechte Abgänge in deutschen Unternehmen sind eher die Regel, die scheidenden Mitarbeiter sind überfordert, die Personalabteilungen fühlen sich nicht zuständig. Dabei ist die Abschiedskultur in einem Unternehmen ein guter Barometer für die Unternehmenskultur als Ganzes. Auch Jobwechsler selbst sind gut beraten, auf einen stilvollen Abgang zu achten.

Bitte nicht krankfeiern

Wenn die letzte Zeit vor einer Kündigung turbulent war, liegt die Versuchung nahe, alle Neune gerade sein zu lassen. Selbst wenn Sie wütend, enttäuscht oder traurig sind: Widerstehen Sie der Versuchung, krankzufeiern und vielleicht parallel die Arbeit beim neuen Arbeitgeber aufzunehmen. Derlei Praxis wird immer öfter aufgedeckt, wobei in Extremfällen neben Schadensersatzforderungen sogar strafrechtliche Sanktionen drohen können. Ausnahme: Sie befinden sich in einer akuten Mobbing-Situation - dann hilft der Arzt mit einer Krankschreibung.

Lassen Sie auch nicht die Arbeit absichtlich schleifen. Viele Betroffene unterschätzen hier die Machtverhältnisse. Nach wie vor sitzt der Arbeitgeber am längeren Hebel, und schnell wird aus einer fristgerechten eine fristlose Kündigung. Kommunizieren Sie daher auch auf keinen Fall Negatives nach außen. Es ist zwar immer besser, das Ausscheiden gegenüber Kunden oder Auftraggebern selbst bekannt zu geben, aber dies muss positiv erfolgen - und in Abstimmung mit dem Arbeitgeber.

Knigge für Jobwechsler
Der Flurfunk
Reagieren Sie möglichst frühzeitig auf die Zeichen des Marktes. Nehmen Sie die Gerüchteküche ernst. Agieren Sie selbst.
Absichern?
Verlassen Sie sich nicht auf vermeintliche Sicherheiten. Manch einer steht schneller auf der Straße, als er meint.
Haltung bewahren
Hängen Sie Ihren Frust nicht an die große Glocke – weder vor noch nach einer Kündigung.
Außen vor
Informieren Sie Kollegen oder gar den Vorgesetzten auf keinen Fall zu früh, denn von da an sind Sie von allen wichtigen Informationen abgeschnitten.
Präsenz zeigen
Stellen Sie Ihr Profil in die relevanten Online-Portale ein. Tun Sie dies frühzeitig. Erste Erfolge zeigen sich frühestens nach vier bis sechs Monaten.
Externe Unterstützung
Nehmen Sie Kontakt mit ausgewählten Personalberatern Ihrer Branche auf. Signalisieren Sie Ihr Interesse an neuen Herausforderungen in allen relevanten Netzwerken, aber werden Sie nicht zu deutlich, ehe die Kündigung tatsächlich ausgesprochen ist.
Profilieren Sie sich
Wenn noch nicht absehbar ist, ob und wann Sie wechseln werden, nutzen Sie bereits die Zeit, um sich zunächst im eigenen Haus zu profilieren. Beteiligen Sie sich an Projekten, die für die Zukunft relevant sind, schlagen Sie sinnvolle Sparmöglichkeiten vor. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Engagement auch extern publik wird. Netzwerke und Arbeitskreise bieten dafür gute Möglichkeiten.
Eine gute Bewerbung ...
... ist immer noch sehr wichtig. Überarbeiten und vervollständigen Sie Ihre Bewerbungsunterlagen.
Eigenwerbung stinkt?
Das war einmal. Kümmern Sie sich um Ihr Selbstmarketing. Erarbeiten Sie Ihr eigenes Stärkenprofil. Besonders in der Krise geht es um Effizienz. Im Bewerbungsgespräch müssen Sie kurz und knapp darlegen können, worin Ihre Stärken liegen. Unterstützung bieten Karriereberater.
Bereit sein
Besorgen Sie sich ein Zwischenzeugnis.
Mehr Mobilität?
Überdenken Sie Ihre Flexibilität. Längere Anfahrtswege oder geringeres Gehalt können trotzdem zielführend sein.
Keine Katastrophe
Ist die Kündigung bereits ausgesprochen, bewahren Sie die Ruhe.
Ups, zu spät ...
Wenn Sie selbst gehen, bereiten Sie die Trennung sorgfältig vor. Beachten Sie die Fristen.
Viele Wege führen zum neuen Job
Nutzen Sie alle Bewerbungswege: Print, online und auch persönlich.
Hilfreich: ein langer Atem
Befassen Sie sich mit der Psychologie des Vorstellungsgespräches, und zwar nicht nur in der ersten Runde.
Falsche Kompromisse?
Bei potenziellen Stellenangeboten: Bleiben Sie kritisch, sich selbst und Ihrem Können gegenüber – aber auch dem suchenden Unternehmen.
Im Guten trennen
Ist die Entscheidung zum Wechsel gefallen, nutzen Sie auch Ihren Abgang zur Profilierung.
Es ist soweit
Wenn Sie dann tatsächlich gehen: Hinterlassen Sie einen bestellten Acker.
Neu ankommen
Agieren Sie im neuen Unternehmen besonnen. Lernen Sie, hören Sie gut zu.
Los geht's!
Nehmen Sie die eigenen Gefühle ernst – auch wenn sie negativ sind. Bei Zweifeln: Starten Sie neu!

Arbeiten Sie für Ihren Ruf

Ab sofort arbeiten Sie für Ihren Ruf. Und der wirkt noch nach, wenn Sie bereits gegangen sind. Sorgen Sie dafür, dass nicht Unmut und Streit der letzten Tage oder Wochen Ihre gesamte Leistung "überstrahlt". Abgesehen davon: Es ist auch für Sie selbst wichtig, den alten Job mit Anstand zu Ende zu bringen. Denn nur wer einen Lebensabschnitt wirklich abschließt, kann auch einen anderen neu beginnen. Das gilt ganz besonders, wenn der Abschied unfreiwillig erfolgte, spielt aber letztlich bei jedem Ausscheiden eine Rolle. Die Wissenschaft spricht in diesem Zusammenhang vom sogenannten Zeigarnik-Effekt: Der Mensch fühlt sich demnach unwohl, wenn er etwas noch nicht abgeschlossen hat.

Denken Sie an Ihr Zeugnis

Und noch ein Aspekt sollte Sie davon abhalten, in Disharmonie zu gehen: das Zeugnis. Einen Anspruch haben Sie zwar in jedem Fall, verlaufen die letzten Tage und Woche im Unternehmen aber harmonisch, ist die Wahrscheinlichkeit am größten, dass Sie selbst noch Einfluss darauf nehmen können. Wenn Sie selbst eine Tätigkeitsbeschreibung liefern, haben Sie immerhin die Möglichkeit, die Prioritäten in Ihrem Sinne zu setzen. Vielleicht bittet man Sie sogar, gleich das gesamte Zeugnis selbst zu formulieren. Nutzen Sie dann diese Chance - kaum jemand wird Ihnen wohlwollender gegenüberstehen als Sie selbst.

Enthält das Zeugnis aus Ihrer Sicht Negativbeurteilungen, versuchen Sie es zunächst mit Diplomatie und einem konkreten Gegenvorschlag. Mitunter ist auch Zeugnisschreibern nicht bewusst, welche Aussagen zwischen den Zeilen stehen. Im Zweifel können Sie klagen, wobei jedoch einige Formulierungen grundsätzlich nicht einklagbar sind; beispielsweise kann der Arbeitgeber nicht verpflichtet werden, gute Wünsche für die Zukunft auszusprechen.

Zeigen Sie ihre Wut nicht im Büro oder gegenüber dem Nachfolger

Und wenn die Trauer Sie doch überwältigt? Lassen Sie es zu - aber außerhalb der Arbeitszeiten. Zeigen Sie Ihre Wut und den Frust nicht im Büro. Und vor allem: Sagen Sie nichts Schlechtes über Ihren Nachfolger. Das lässt Sie nur wie einen schlechten Verlierer aussehen. Wenn es Ihnen gelingt, ihm Glück zu wünschen und vielleicht sogar ein paar hilfreiche Insider-Tipps auf den Weg zu geben, ist Ihr Netzwerk ab sofort größer. Im Zweifel holen Sie sich Hilfe von einem Experten. Outplacement-Berater können die richtigen Ansprechpartner sein, wenn der Wiedereinstieg noch nicht geglückt ist. Ansonsten hilft vielleicht auch ein ganz normaler Psychologe.

Der geregelte Abgang

Bedenken Sie: Warum auch immer Sie gehen, ihr Nachfolger - wenn es denn einen gibt - kann nichts dafür. Hinterlassen Sie keinen Scherbenhaufen. Erstellen Sie schnellstmöglich einen Projektplan: Wann ist welches Projekt abgeschlossen, welches müssen Sie noch abschließen, an wen werden die anderen übergeben? Unterstützen Sie die Einarbeitung eines Nachfolgers oder die Umverteilung der Aufgaben. Machen Sie eine Liste, wann welche Kollegen sofort informiert werden sollten. Agieren Sie offen und offensiv.

Das gilt auch für den Umgang mit Passwörtern und Ähnlichem. Behalten Sie nichts für sich, was Ihr Nachfolger braucht. Stellen Sie aber gleichzeitig Ihrem Arbeitgeber gegenüber klar, dass alle Betriebsgeheimnisse bei Ihnen bleiben werden. Je besser Sie verdeutlichen, dass Sie einen bestellten Acker hinterlassen werden, umso wohlgesonnener bleibt man Ihnen - und umso schneller haben Sie den Kopf frei für Ihre private Karriereplanung. Vergessen Sie nicht, neben dem Zeugnis Empfehlungen einzuholen.

Vermeiden Sie ein Abschlussgespräch

In Ratgebern für Führungskräfte liest man immer wieder, dass sie mit scheidenden Mitarbeitern ein Abschlussgespräch führen sollten. Dieses böte eine gute Chance, nach negativen Aspekten zu fragen, weil in den letzten Tagen eines Arbeitsverhältnisses mit mehr Offenheit zu rechnen sei. Dennoch raten Psychologen den scheidenden Mitarbeitern davon ab, sich auf solche Abrechnungen einzulassen. Denn den Betroffenen hilft es wenig bis gar nicht. Viele Vorgesetzte lassen sich nur halbherzig darauf ein und sind gar nicht wirklich an Ihrer Meinung interessiert, sondern wollen nur eruieren, was Sie eventuell weitererzählen könnten.

Lässt sich ein solches Gespräch nicht verhindern, hilft nur eines: mauern. Sie gehen nicht, weil irgendetwas nicht in Ordnung war, sondern vor allem, weil der neue Job Herausforderungen bereithält, die Sie reizen. Wenn Sie geschickt sind, können Sie den Spieß sogar umdrehen: Fragen Sie Ihren alten Chef, wie er Sie erlebt hat, und lassen Sie sich Tipps geben, was Sie im neuen Job eventuell besser machen können.

Auch wenn es im ersten Moment positiv auf Sie wirkt: Seien Sie auf der Hut, wenn man Ihnen nach einer von Ihnen ausgehenden Kündigung ein Gegenangebot macht. Jetzt mag Not am Mann oder an der Frau sein. Dennoch wird man sich merken, dass Sie sich illoyal verhalten haben. Ergibt sich die Gelegenheit, wird man sich schneller von Ihnen trennen, als Ihnen lieb ist.

Gestalten Sie aktiv Ihren letzten Tag

Gerade weil Abschiede so schwer zu ertragen sind, wäre es wichtig, für den letzten Tag in einem Unternehmen einen angenehmen Rahmen zu finden, darin sind sich Arbeitspsychologen und Karriereberater einig. Das muss kein großes Fest sein, betont Claus Peter Müller-Thurau, Buchautor und Trainer, der Arbeitnehmer bei Um- und Aufstieg begleitet. Entscheidend ist, "dass man sich am Schluss noch etwas zu sagen hat". Selbst wenn die Zusammenarbeit nicht immer zu aller Zufriedenheit verlaufen sei, gelte es, "das Gute im Schlechten zu finden". Kritik dagegen sollten sich alle Seiten tunlichst verkneifen. Auch wenn er weiß, dass die Umsetzung manchmal schwierig ist, rät er scheidenden Kollegen, auch dann aktiv den letzten Tag zu gestalten, wenn Vorgesetzter oder Unternehmen nicht mitspielen. Geht es gar nicht im Büro, weichen Sie einfach auf das nette Lokal um die Ecke aus.

Neben einem kleinen Umtrunk gehört dazu auch, sich bei allen wichtigen Personen persönlich zu verabschieden. Bei engen Kollegen ist zumindest ein Telefongespräch angeraten. Bei allen anderen reicht in der heutigen globalen Zeit auch eine E-Mail. Entscheiden Sie vorher in Ruhe, wer zu welcher Gruppe gehört.

Dank statt Häme in der Abschieds-Mail

Achten Sie bei Mailings gut darauf, wen Sie wie ansprechen. Wie im Arbeitsalltag ist auch der Verteiler einer Abschieds-Mail politisch zu sehen. Setzen Sie nicht einfach alle auf CC, sondern überlegen Sie genau, wer sich in welcher Gesellschaft sehen möchte - und wen Sie im Zweifel zuerst nennen. Grundsätzlich gilt:

Auch der Inhalt einer Abschieds-Mail will überlegt sein. Häme und Zynismus haben hier - ebenso wie beim persönlichen Abschied - nichts zu suchen. Auch keine Anschuldigungen oder Abrechnungen. Steht etwas Falsches oder strafrechtlich Relevantes in der Mail, kann dies später gegen Sie verwendet werden.

Verkneifen Sie sich Sprüche wie: "Endlich geschafft" oder "Wer wagt, gewinnt". Ringen Sie sich stattdessen einen Dank für die Zusammenarbeit und eine positive Bemerkung zum ehemals gemeinsamen Arbeitgeber ab - auch wenn Ihnen noch so wenig danach ist. Machen Sie auch kein Geheimnis aus Ihrem weiteren Lebensweg. Ein kurzer Satz, wohin Sie der weitere Weg führt und welche Herausforderungen auf Sie warten, ist in jedem Fall angebracht.

Einen netten Eindruck macht es, wenn die Abschieds-Mail Ihre neuen Kontaktdaten enthält. Aber klären Sie dies mit der Unternehmensleitung ab, oder geben Sie nur private Daten an.