CRM-Grundlagen Teil 4

Klassische CRM-Lösungen im Überblick

04.02.2009 von Klaus Manhart
Bei CRM-Systemen konkurrieren Standard-CRM-Suiten mit branchenspezifischen oder Individual-Lösungen. Das Lizenzmodell reicht von Open-Source über Miete bis zum Kauf. TecChannel stellt die Vor- und Nachteile jeder Gattung zusammen mit typischen Vertretern vor.

Der Softwaremarkt für CRM-Systeme ist ständig in Bewegung. Hunderte von Anbietern kämpfen derzeit mit CRM-Software verschiedener Größen, Ausrichtungen und Lizenzformen um die Gunst von Unternehmenskunden. Für viele IT-Verantwortliche in Unternehmen ist die Softwareauswahl eine große Herausforderung, weil sie sich zwischen vielen unterschiedlich ausgerichteten Lösungen entscheiden müssen.

Bevor es an die Auswahl und Implementierung eines CRM-Systems geht sollte man deshalb die Marktlage und die gegenwärtigen CRM-Trends gut kennen. Dieser Artikel gibt hierzu grundlegende Informationen. Der Beitrag strukturiert den Markt für CRM-Systeme und stellt die wichtigsten Ansätze und Konzepte vor. Kennt man die wichtigsten Marktströmungen und ist man sich über die Ziele und Anforderungen eines CRM-Systems klar, ist die Basis für die erfolgreiche Auswahl einer CRM-Lösung gelegt.

Laut einer aktuellen TecChannel-Umfrage werden CRM-Aufgaben derzeit am häufigsten mit anpassbarer Standard-Software erledigt, die branchenübergreifend die wichtigsten CRM-Funktionalitäten bereit stellt. Dem gegenüber steht ganz individuelle, auf spezifische Unternehmensbedürfnisse hin optimierte Individual-Software, die oft eigens entwickelt wurde. Typische CRM-Aufgaben können aber auch von Programmen übernommen werden, die für andere Zwecke vorgesehen sind, etwa mit ERP-Modulen oder einfacher Kontaktverwaltungssoftware.

Artikelserie

Teil 1: CRM - Ziele, Aufgaben und Komponenten

Teil 2: Analytisches CRM - Methoden und Fallbeispiele

Teil 3: Die wichtigsten Komponenten von CRM-Systemen

Teil 4: Klassische CRM-Suiten

TecChannel-Studie: Welche CRM-Lösungen sind die Besten?

Ein Rahmen für CRM-Software

Auch innerhalb der dedizierten CRM-Software gibt es unterschiedliche Ausrichtungen. So sind auf dem CRM-Markt neben branchenübergreifender Standard-Software „von der Stange“ auch branchenspezifische Speziallösungen verfügbar. Sie sind auf die Bedürfnisse spezieller Industriezweige wie der Textilindustrie oder dem Maschinenbau zugeschnitten.

Weitere Differenzierungskriterien sind die Lizenzform und die Betriebsart. So können CRM-Systeme auf kommerzieller oder Open-Source-Basis lizenziert werden, wobei ersteres derzeit noch die Regel ist. Neben dem Kauf oder dem Betrieb auf einem unternehmenseigenen Server auf Basis einer Open-Source-Lizenz lassen sich CRM-Lösungen auch mieten und auf einem fremden Server („CRM on Demand“) betreiben.

Aktuelle TecChannel-Umfrage: Die Verteilung der unterschiedlichen Typen von CRM-Software – die Hälfte der Befragten setzt auf branchenunabhängige Standard-Software.

Die folgenden Pole stellen einen Rahmen für die Einordnung von CRM-Software dar. Der zuerst genannte Software-Typ ist dabei immer der marktdominierende, dem als Gegenpol der – weniger häufige – zweitgenannte gegenübersteht.

B-to-C und B-to-B Ausrichtung

Grundsätzlich sollte bei der Auswahl eines CRM-Systems die Unternehmensausrichtung betrachtet werden. Im Business-to-Business (B-to-B) Bereich hat der Anwender gewöhnlich andere Anforderungen an eine CRM-Lösung als im Business-to-Consumer (B-to-C) Segment.

Im Geschäft mit Endkunden werden oft große Kundendatenbanken und ausgefeilte Call-Center für die Kundenbetreuung eingesetzt. Diese erfordern auf Grund der umfangreichen Datenmengen CRM-Systeme mit guten Fähigkeiten zur Datenanalyse – müssen also analytisches CRM unterstützen. Eine große Rolle spielt hier auch das Collaborative CRM, so dass CRM-Systeme auch die Kommunikation über verschiedene Kanäle integrieren sollte.

Im Business-to-Business-Bereich sind solche Fähigkeiten weniger gefragt. Unternehmen, die im B-to-B-Geschäft tätig sind, haben weniger Kunden und verarbeiten deshalb ein deutlich geringeres Datenvolumen als ein B-to-C-Unternehmen. Solche Unternehmen betreuen ihre Kunden typischerweise über eine Außendienstorganisation, die andere Geschäftsprozesse erfordert und weniger komplexe technologische Anforderungen stellt.

Neben dieser grundsätzlichen Ausrichtung müssen bei der Entscheidung für ein CRM-System auch andere typische Faktoren berücksichtigt werden. So sind CRM-Systeme in der Regel auf bestimmte Unternehmensgrößen ausgerichtet, haben einen unterschiedlichen Funktionsumfang, sind verschieden stark anpassbar, unterschiedlich teuer und beinhalten verschiedenste Services und Zusatzdienste.

Integrierte CRM-Standard-Software

Die meisten Systeme zur Unterstützung von Prozessen des Kundenbeziehungsmanagements stammen aus dem Bereich Standard-Software. Diese branchenübergreifenden „Packaged CRM-Systeme“ stellen voll integriert alle wesentlichen CRM-Funktionalitäten bereit – ein vordefiniertes Bündel an Features, das sich innerhalb eines bestimmten Rahmens auch anpassen und parametrisieren lässt.

Solche branchenübergreifenden CRM-Systeme sind für typische Anforderungen in allen Preisklassen erhältlich. Im Wesentlichen lassen sie sich danach unterscheiden, wie gut sie mit anderen betrieblichen Unternehmensanwendungen, insbesondere ERP-Systemen, zusammenarbeiten.

Globale bzw. integrierte CRM-Lösungen punkten vor allem damit, dass sich die CRM-Software in das ERP-Programm von Unternehmen leicht einbinden lässt. Dies ist ideal, um etwa Redundanzen in der Datenhaltung zu vermeiden. Durch eine solche Integration wird die Datenqualität ganz allgemein besser, da das CRM-System auf Echtdaten wie Kundenstammdaten oder Daten aus der Auftragsabwicklung zurückgreifen kann.

Diese Integration decken die CRM-Systeme der ERP-Hersteller am besten ab – wobei das eigene ERP-System natürlich im Fokus steht. Schlechtere Karten haben hier die unabhängigen Anbieter von CRM-Suiten, die für die Integration und den Datenaustausch mit ERP-Systémen flexibel anpassbare Schnittstellen brauchen.

Merkmale kommerzieller CRM-Komplettlösungen

Obwohl die CRM-Komplettlösungen vorgegebene Funktionalitäten enthalten, sind die Pakete individualisierbar und können in Grenzen an die Unternehmensbelange angepasst werden. Viele Softwareanbieter stellen hierfür diverse Tools zur Verfügung, mit denen der Systemadministrator des Anwenderunternehmens das CRM-Programm entsprechend einstellen kann. Die im Rahmen dieser Índividualisierung durchgeführten Programmänderungen sind in der Releasefähigkeit und Wartbarkeit enthalten.

Die meisten kommerziellen CRM-Lösungen laufen unter Windows, auch Linux und andere Betriebssysteme werden oft bedient. Viele CRM-Systeme sind heute webfähig, das heißt, es genügt ein Browser zur Bedienung.

Wer sich für ein kommerzielles CRM-System entscheidet, muss in der Regel einen Vertrag mit dem zukünftigen CRM-Lieferanten abschließen. Der Vertrag legt die Überlassung der Nutzungsrechte an der Software fest – den Lizenzvertrag -, die Einführung – den Beratungsvertrag - und die Wartungsleistungen – den Wartungsvertrag. Außerdem schreibt er die entsprechenden Konditionen vor.

Für den Beratungsvertrag ist außerdem die Projektierung der Einführung notwendig. Hierbei wird vor allem der Umfang definiert, in dem CRM-Software anzupassen ist und es werden die Projektmeilensteine sowie die Projektbeteiligten bestimmt.

Der CRM-Marktführer - SAP

Populäre Anbieter von CRM-Standard-Softwaresystemen sind SAP, Oracle/Siebel, Microsoft, Sage Software GmbH und CAS Software AG. In Deutschland ist SAP der CRM-Platzhirsch. Das aktuelle CRM-System SAP CRM 2007 enthält alle CRM-Funktionalitäten und bietet eine Rundumsicht auf Kundeninformationen auf Basis einer webasierten Plattform. Kundenprozesse sollen damit ganzheitlich – von jedem Ort der Welt - abgewickelt werden können. Workflowgestützte Regelwerke schaffen Arbeitserleichterungen in Vertrieb, Marketing und Service, die Datenanalysefähigkeiten gehen weit über typische CRM-Fähigkeiten hinaus.

Angebote und Aufträge lassen sich wahlweise im ERP- oder CRM-System erfassen. Außerdem können sie den Außendienst steuern, komplexe Vertriebsprojekte verwalten und anderes mehr. Besonders bei den Funktionen für internationale Geschäfte nutzt die SAP ihre Erfahrung. Mehrsprachigkeit und Mehrwährungsfähigkeit sind im gesamten System durchgängig und konsequent umgesetzt.

Einfach bedienbar: SAP CRM 2007 hat neuerdings eine intuitive, webbasierte Benutzeroberfläche.

SAP CRM basiert, wie auch andere neuere SAP-Anwendungen, auf Netweaver - einem Framework von SAP, um auf einer einheitlichen Plattform Business-Logik für Unternehmen bereit zu stellen. Technisch besteht dieses aus einem ABAP-Applikationsserver mit einem gewissen Bestand an Grundfunktionalität, sowie einem Java EE-Applikationsserver. Die Plattform ist webbasiert und offen, um über eine serviceorientierte Architektur auch Nicht-SAP-Systemen anzuschließen. So können auch Anwendungen von Drittanbietern an SAP-Applikationen angebunden werden.

Microsoft Dynamics CRM und Oracle/Siebel CRM

Als besonders einfach bedienbar gilt Microsofts Dynamics CRM, das jüngste der hier genannten Systeme. Die verschiedenen Bereiche wie Vertrieb, Marketing und Service sind klar und übersichtlich strukturiert, Anwender finden schnell ihre speziellen Funktionen, auf Kundendaten lässt sich flott zugreifen. Der große Vorteil dieser CRM-Lösung ist aber vor allem die Integration in das Microsoft ERP-System Dynamics NAV und die enge Koppelung mit Produkten aus der Office-Familie. Beispielsweise können Anwender von Dynamics CRM per Mausklick Daten nach Excel verschieben und dort weiterverarbeiten.

Eine enge Verknüpfung zwischen dem CRM-System und der eigenen ERP-Software bieten auch Sage und Oracle/Siebel. Siebel CRM zeigt große Stärken im analytischen CRM und offeriert den Anwendern viele integrierte BI-Werkzeuge, die Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenführen und analysieren. Die Oracle CRM-Lösung bietet zudem umfangreiche Funktionen, etwa im Bereich Kampagnen- oder Opportunity-Management. So lassen sich etwa Multi-Site-Kampagnen mit grafischen Tools planen und steuern.

Arbeitsabläufe festlegen: Mit Oracle/Siebel CRM lassen sich über das Workflow Administration Window betriebliche Prozesse festlegen.

Einen aktuellen Vergleich von MS Dynamics CRM und SAP CRM finden Sie im Knowledge-Center der Computerwoche. Neben diesen Marktführern sind zahllose weitere CRM-Systeme kleinerer Anbieter im Einsatz. Einen Test von zehn bekannteren CRM-Systemen, darunter SAP, MS, Oracle, Sage CRM und CAS Genesis World, gibt es hier.

Branchenspezifische CRM-Software

Ein Nachteil branchenneutraler CRM-Lösungen ist, dass diese sich – wenn überhaupt - nur unter hohem Zeit- und Kostenaufwand an unternehmens- und branchenspezifische Bedürfnisse anpassen lassen. Zwar können solche Adaptionen, wie erwähnt, sehr wohl auch mit Standard-Systemen durchgeführt werden. Doch diesen sind klare Grenzen gesetzt.

Dieses Manko wollen Anbieter branchenspezifischer CRM-Systeme beheben. Solche branchenspezifischen Lösungen sind besonders für den Mittelstand interessant, da der Einführungsaufwand sinkt und die CRM-Installation deutlich kostensparender verläuft. Weil die Branchenlösungen mit weniger Anpassungen besser wartbar und releasefähig sind, reduzieren sich zudem die Folgekosten.

Zu den Anbietern branchenspezifischer CRM-Software gehören in Deutschland eine Reihe mittelgroßer Software-Hersteller, die sich auf bestimmte´Zielbranchen wie Energieversorgung oder den Lebensmittelbereich spezialisiert haben - darunter die CAS Software AG, Compas, SMF und Uniquare.

Zu den erfolgreichsten Branchenspezialisten zählt der CRM-Marktspiegel den französischen CRM-Anbieter Cegedim als Spezialist für die Pharmabranche. Die Cursor Software AG gilt mit mehr als einhundert Installationen als Marktführer bei mittelständischen Energieversorgungsunternehmen. Weitere Beispiele für hochgradige Spezialisierung sind Merkarion mit der Branchenlösung für die Getränkewirtschaft und Pisa Sales für den Maschinenbau.

Branchenspezifisch: Die CAS Software AG bietet ihren Kunden CRM-Lösungen für unterschiedliche Branchen an.

Spezielle Branchenmodule bieten oft aber auch die Hersteller allgemeiner Komplettlösungen an. Diese Module beinhalten von Haus aus die verlangten Funktionalitäten - ohne zusätzliche Anpassungen. So haben beispielsweise globale Hersteller wie SAP oder Oracle mit „Siebel Features“ Module für unterschiedliche Branchen im Programm, darunter solche für Hersteller von Konsumgütern.

Und schließlich ergänzen auch Partnerfirmen ursprünglich branchenneutrale Lösungen um spezielle Branchenmodule. Beispielsweise haben Microsoft-Systemintegratoren auf der Basis von MS Dynamics Branchenlösungen entwickelt und treten selbst als Anbieter auf. Für Oracle/Siebel erledigt dies Curexus. Laut dem CRM-Marktspiegel verfügen inzwischen etwa 20 Prozent der CRM-Systeme über einen Branchenfokus.

CRM-Individual-Lösungen

Sind die Anforderungen so speziell, dass weder allgemeine noch branchenspezifische CRM-Software den besonderen Unternehmensbedürfnissen genügen, werden oft Individual-Lösungen erstellt. Dabei wird das CRM-System oder zumindest Teile davon speziell für den Anwender entwickelt. Die Individual-Lösungen werden oft erstellt durch eine Kombination von konfigurierbaren Standard CRM-Systemen, Spezialprodukten zur programmierfreien Konfiguration von Datenbankanwendungen und auf dem Markt frei verfügbaren Programm-Modulen. Auch hier gibt es im kommerziellen Bereich eine Vielzahl von Angeboten für Großunternehmen und Mittelständler.

Solche Individual-Lösungen bevorzugen in der Regel vor allem Behörden und größere Unternehmen, da für deren Bedürfnisse passende marktgängige Software nicht immer verfügbar ist. Im mittelständischen Bereich, wo Aufwand und Kosten im Verhältnis zum Unternehmensumsatz deutlich höher sind als bei einer Standardlösung, kommen Individual-Lösungen seltener zum Einsatz. Eine langwierige und teure Maßschneiderung können sich Mittelständler meist nicht leisten.

Doch auch bei größeren Unternehmen ist Individual-Software eher die Ausnahme als die Regel. Auch hier ist der Trend zu Standard-Software vorherrschend. Zwar sind zumindest die Kosten in diesem Segment weniger problematisch. Doch anders als bei Standard-Systemen besteht für Individual-Software das Risiko, von der Entwicklerfirma abhängig zu sein - beispielsweise bei Wartung und Pflege sowie bei anfallenden Anpassungen oder Erweiterungen.

Zudem müssen Updates auf Folgeversionen und die standardmäßige Pflege, wie sie in den Wartungsverträgen von Standard-Softwareanbietern von Haus aus enthalten sind, individuell ausgehandelt werden. Außerdem fließen in die Weiterentwicklung von Individual-Software - im Vergleich zu Standard-Software - keine Erfahrungen und Ideen anderer Anwender mit ein.

Fazit

In diesem Überblick über den CRM-Markt sind wir den Fragen Standard-Software („Packaged CRM“) versus Individual-Software und branchenunabhängige Software versus branchenspezifische Software nachgegangen. Die dominierende Rolle spielen heute branchenunabhängige Standard CRM-Softwarepakete wie die von SAP oder Oracle, die innerhalb gewisser Grenzen anpassbar ist.

Für die besonders im Mittelstand anzutreffenden branchenspezifischen Bedürfnisse bieten die Hersteller allgemeiner CRM-Systeme spezifische Module an oder überlassen die Anpassungen Systemintegratoren. Darüber hinaus gibt es auch Spezialanbieter, die bestimmte Branchen wie Lebensmittel oder Energieversorgung bedienen.

Der nächste Teil beschäftigt sich mit neueren CRM-Ansätzen, die noch wenig verbreitet, doch zum Teil stark im Aufwind sind: CRM-Teillösungen, Open Source Systeme und Mietmodelle bzw. CRM on demand. (ala)

Artikelserie

Teil 1: CRM - Ziele, Aufgaben und Komponenten

Teil 2: Analytisches CRM - Methoden und Fallbeispiele

Teil 3: Die wichtigsten Komponenten von CRM-Systemen

Teil 4: Klassische CRM-Suiten

TecChannel-Studie: Welche CRM-Lösungen sind die Besten?