Techconsult-Studie für den Mittelstand

IT-Unterstützung im Handel ist oft mangelhaft

13.06.2013 von Christoph Witte
Mittelständische Handelsunternehmen haben in Sachen IT-Unterstützung und Prozessqualität Nachholbedarf. Ausgerechnet der Kernprozess Einkauf offenbart Schwächen, wie der Business Performance Index (BPI) des Kasseler Analystenhauses Techconsult belegt.

Die Langzeitstudie Business Performance Index (BPI) untersucht die IT-Unterstützung, den Reifegrad innovativer IT-Lösungen sowie den Unternehmenserfolg in mittelständischen Unternehmen. Im aktuellen BPI schneidet der Handel schlecht ab. Spitzenreiter ist die Fertigungsindustrie. Auch die Dienstleistungsbranche hebt sich als zweitbeste Branche deutlich vom Klassenletzten ab (siehe Tabelle). Der Handel weist im Vergleich zu anderen Branchen auch die niedrigste Prozessqualität aus. Der Studie zufolge schneiden hier die Fertigungsindustrie oder die Dienstleistungsbranche teilweise erheblich besser ab.

Handel

Handel

Fertigung

Dienstleistung

Gesamt

BPI

64

71,5

68,5

68,9

IT-Unterstützungsgrad

62,4

67,3

65,9

65,5

Reifegrad innovativer IT-Lösungen

60,8

67,8

64,3

65,2

Unternehmenserfolg aktuell

66,9

72,3

68,9

70,1

Der aktuelle BPI offenbart, dass ausgerechnet die IT-Unterstützung der Kernprozesse im Handel schlechter ist als in den Vergleichsbranchen. Das erlaubt auch Rückschlüsse auf die eingesetzte Software. Ähnliches gilt für den Reifegrad innovativer IT-Lösungen. Demnach liegt der Handel rund 7,6 Prozent unter dem BPI-Durchschnittswert von 68,9 Indexpunkten (bestenfalls können 100 Punkte erreicht werden), in dem die Branchen Fertigung, Dienstleistung und Handel zusammengefasst sind. Gemessen am BPI-Spitzenreiter, der Fertigungsindustrie, die einen Spitzenwert von 71,5 Indexpunkten erreicht, liegt der Handel um 11,7 Prozent darunter. In Sachen IT-Unterstützung bietet sich ein ähnliches Bild. Hier hinkt der Handel dem Gesamtdurchschnitt um 5,4 Prozent hinterher und gegenüber dem Spitzenreiter Fertigung schneidet er mit 62,4 Punkten um knapp acht Prozent schlechter ab.

Top-Performer im Mittelstand sind im Schnitt 40 Prozent besser

Obwohl sämtliche Messwerte über 50 Punkte liegen, wird die relativ geringe Prozessqualität im mittelständischen Handel durch einen Blick auf die Top-Performer deutlich. Die Top Ten des Handels erreichen bei BPI, IT-Unterstützungsgrad, Reife innovativer IT-Lösungen und beim Unternehmenserfolg Werte, die im Schnitt 40 Prozent über den Durchschnittspunktzahlen liegen. „Wenn man bedenkt, dass die Unternehmen erst über einem BPI von 60 Punkten eine positive Gewinnentwicklung aufweisen, werden zwei Dinge deutlich“, kommentiert Peter Burghardt, Managing Director von Techconsult: „Einerseits machen Unternehmen mit einem hohen BPI auch höhere Gewinne, anderseits benötigen mittelständische Händler bessere Prozesse für eine nachhaltig positive Entwicklung.“ 75 Punkte hält Burghardt für einen guten BPI-Durchschnittswert in den Kernprozessen. „Unternehmen, die in Richtung 75 BPI Punkte tendieren, können sich zumindest darauf verlassen, die bedeutenden Prozesse in den Unternehmensbereichen erkannt und adäquat umgesetzt zu haben – das gibt in Zeiten normaler Konjunkturentwicklung ein gewisses Maß an Sicherheit.“

Der Einkaufsprozess hat die schlechteste Qualität

Foto: techconsult

Doch davon ist der Handel weit entfernt. Genauso wie im vergangenen Jahr werden die Unterstützungsprozesse Finanzen/Controlling sowie das Personalwesen im BPI-Ranking des Handels teilweise deutlich besser bewertet als die Kernprozesse Einkauf, Verkauf, Marketing und Mehrwert-Dienstleistungen. Der Einkaufsprozess wurde mit 63,2 von den Befragten am niedrigsten eingestuft. Burghardt erklärt das mit der unterschiedlichen Relevanz. „Der Einkauf ist im Handel das A und O. Hier entscheidet sich, wie hoch die Marge und damit der Verdienst ist. Ich denke, dass deshalb die Befragten enorm viel von diesem Prozess verlangen, mehr als er zurzeit offenbar zu leisten imstande ist.“

So funktioniert der Business Performance Index

Das Analystenhaus Techconsult befragt pro Jahr Geschäftsführer und leitende Angestellte in über 1000 Unternehmen zu den vier Themen: Prozessrelevanz, IT-Unterstützung, innovative IT-Lösungen sowie Unternehmens-/Prozesserfolg. Außerdem werden aktuelle Trends wie Software as a Service, Mobility und Outsourcing sowie die größten Herausforderungen abgefragt, vor denen Mittelständler stehen.

Mit den Fragen dringen die Analysten bis auf die Ebene von Teilprozessen, Key Performance Indicators (KPIs) und einzelnen Lösungsbereichen vor; allerdings ohne, dass Befragte zusätzliches Material oder sogar Kollegen und Mitarbeiter involvieren müssten. Die Antworten werden in vier unabhängigen Indizes zusammengefasst:

Gemeinsam ergeben die vier Indizes ein umfassendes Bild der Leistungsfähigkeit der Unternehmen. Auf einer Punkteskala von 1 bis 100 drücken sie aus, wie einzelne Branchen und Branchensubsegmente in sieben wichtigen Prozessen abschneiden. Damit geben sie mittelständischen Unternehmen Orientierung über den in ihrer Industrie herrschenden „State of the Art“ in Sachen Prozessen und IT-Technologie. Über eine zusätzliche Segmentierung in Top-Performer, Mittelfeld und Low-Performer wissen also Unternehmen durch den BPI nun jederzeit, auf welcher Höhe die Messlatte liegt. Der BPI weist deutlich aus, wie hoch die durchschnittlichen Indexwerte sein müssen, um Wachstum zu ermöglichen. Mehr zum BPI erfahren Sie hier: www.business-performance-index.de