Interview mit Linus Torvalds

09.10.2000 von Jörg Luther
tecChannel sprach auf der LinuxWorld mit Linus Torvalds über seine Arbeit an Linux, seinen Job bei Transmeta und sein Leben im Silicon Valley.

Wir treffen Linus Torvalds am zweiten Tag der LinuxWorld Conference & Expo 2000 in Frankfurt. Zu diesem Augenblick hat der Vater des freien Unix eineinhalb Messetage mit etlichen Stunden Interviews sowie mehrere Ansprachen und Podiumsdiskussionen hinter sich gebracht. Live-Streams dieser Events finden Sie in unserem LinuxWorld-Special.

Dem 30-jährigen Finnen ist jedoch keinerlei Stress anzumerken. Er wirkt wie eine nette Zufallsbekanntschaft aus der Kneipe um die Ecke und stürzt sich unbekümmert ins Gespräch. Im Umgang mit der Presse hätte er keinerlei Berührungsängste, lässt er uns wissen: Schließlich stamme aus einer Journalistenfamilie, schlage allerdings mehr nach der Verwandtschaft mütterlicherseits. Dabei handle es sich hauptsächlich um Ärzte und Wissenschaftler, und auch er habe einen Hang zum technisch-abstrakten.

Das habe ihn auch letztendlich zum Studium der Informatik - als "Computer Sciences" will er sie verstanden wissen - bewegt. Er sieht sich selbst hauptsächlich als Software-Ingenieur, wobei ihm der kreative Anteil am Programmieren am meisten am Herzen liegt. Anders als viele andere Programmierer habe er allerdings keinerlei Problem, mit seinen Mitmenschen zu kommunizieren, erklärt uns Torvalds.

Das können wir nur bestätigen: Im folgenden 45-minütigen Gespräch erweist sich Torvalds als witziger und kurzweiliger, dabei immer wieder hintergründiger Gesprächspartner.

Der Rechner als Feind

tecChannel: Gut 90 Prozent aller Anwender haben Windows auf dem Rechner. Würden Sie allen empfehlen, zu wechseln?

Torvalds: Ehrlich gesagt, kümmere ich mich da gar nicht besonders drum - schließlich verkaufe ich ja Linux nicht. Klar freut es mich, dass es schon viele Linux-User gibt, und natürlich flüstert mein Ego ständig: "Jaaa, jeder sollte Linux benutzen!" (lacht). In dieser Hinsicht sähe ich gern mehr Leute unter Linux arbeiten, andererseits hängt es natürlich davon ab, was man mit dem Rechner anfangen will.

Tatsächlich interessieren sich ja viele Leute gar nicht wirklich für Computer und halten sie ganz einfach für schrecklich. Viele mussten sich aus beruflichen Gründen mit Windows auseinander setzen und wollen jetzt möglichst nicht noch was Neues lernen. Klar erleben sie, dass Windows abstürzt - aber das kümmert sie nicht besonders, sie halten einfach die Maschine an sich für etwas Übles. Würde so jemand sich mit Linux anfreunden? Wohl eher nicht, denn eigentlich geht es gar nicht ums Betriebssystem, sondern um den Spaß an der Beschäftigung mit dem Computer selbst.

Natürlich kann jeder Linux benutzen: Manche Firmen fahren Linux als Desktop und natürlich noch viel mehr als Server, sodass die Anwender oft gar nicht wissen, dass sie Linux benutzen. Wer gerne was dazu lernt und Wert auf ein stabiles Betriebssystem legt, der wird an Linux Freude haben. Zudem gibt es eine ganze Reihe von Verwendungszwecken, für die sich Linux wirklich gut eignet und für die es sogar mehr Anwendungen mitbringt als Windows.

"Windows kann dich richtig verarschen"

tecChannel: Auf der anderen Seite gilt genau das Fehlen von Applikationen als Haupthindernis für Linux auf dem Desktop. Gäbe es mehr Business-Software und Spiele, würden wohl auch mehr Anwender zu Linux wechseln.

Torvalds: Es werden ja immer mehr Applikationen verfügbar, aber das dauert eben seine Zeit. Es ist ganz klar, dass Microsoft durch seine Marktführerschaft einen Vorteil genießt, der aber auch gar nichts mit technischer Aspekten zu tun hat. So ist das Halt im Leben ... Andererseits zeigt Linux in gewissem Sinn, dass es auch noch andere Gesichtspunkte gibt. Eine Vielzahl der Linux-Entwickler schert sich kein bisschen um Marktstellungen: Sie haben einfach Spaß am Programmieren unter Linux, und das treibt die Entwicklung voran. Und es treibt sie in einer Art und Weise voran, die viel wirksamer zu sein scheint als die bloße kommerzielle Marktführerschaft. Es gibt also keinen Grund zu Pessimismus.

Im Moment werden die meisten Anwender noch nicht zu Linux wechseln wollen, vielleicht sollten sie das auch gar nicht. Wenn sie nur Windows-Programme benutzen wollen, dann ist Windows halt das Richtige für sie. Aber ein beachtlicher Teil der User hat sich bereits entschlossen, zu wechseln. Das betrifft besonders die Leute mit vernetzten Maschinen, die im Web surfen oder E-Mail schreiben - die, die sich auch über die Sicherheit Gedanken machen. Wenn dein Rechner die ganze Zeit im Netz hängt, kann Windows dich richtig verarschen.

Viele Leute kümmert das nicht wirklich - nach dem Motto: Warum sollte schon jemand meinen Rechner angreifen? - , mich aber schon. Letzten Endes ist doch eigentlich jedermanns E-Mail zu wichtig, um da was zu riskieren, oder? Linux ist in solchen Belangen einfach besser.

Und natürlich eignet sich Linux durch seinen technischen Background auch viel besser für technische Anwendungen, da bringt es alle Tools schon mit. Und für einige dieser Bereiche bietet Linux sogar deutlich mehr Anwendungen als Windows.

"Was fange ich jetzt damit an?"

tecChannel: Vor allen Dingen unternimmt Linux nichts hinter dem Rücken des Anwenders - es macht, was man ihm sagt ...

Torvalds: Na ja, manchmal ist es ja ganz nett, die Details zu verstecken. Bei Linux kann man sie aber bei Bedarf eben auch beeinflussen. Die meisten Leute interessiert das weniger. Manche Leute müssen sich aber darum kümmern - ein Systemadministrator sollte schon wissen, was vorgeht. Solche Benutzer lieben Linux, weil sie jederzeit herausfinden können, was das System warum tut.

tecChannel: Dem Endbenutzer stellen die meisten Distributionen inzwischen eine solche Funktionsvielfalt zur Verfügung, dass er sich ohnehin nicht mehr um Details kümmern muss ...

Torvalds: Meistens jedenfalls. Klar gibt's da Horrorstorys über mangelnden Hardware-Support und solche Sachen. Aber im Großen und Ganzen lassen sich die Distributionen heute einfach installieren. Und sie liefern eine tolle Oberfläche, geradezu atemberaubend, und verbraten dazu haufenweise CPU-Zyklen (grinst). Als Unix-Oldtimer finde ich sie manchmal geradezu überflüssig toll ...

Na ja, trotzdem gibt es da auch noch ganz andere Probleme. Manche Leute installieren Linux, sitzen dann vor dem Rechner, und fragen sich: "Und was fange ich jetzt damit an?" Wenn Du so jemand bist, dann wirst Du enttäuscht sein. Wenn Du gerne mit dem System herumspielst und alles ausprobierst, wirst Du Linux mögen.

"Windows ist wie eine Diktatur"

tecChannel: Linux ist also nur was für Neugierige?

Torvalds: Man muss nicht unbedingt neugierig sein; vielen ist auch einfach von vorne herein klar, dass Linux das bessere System ist. Manche sind schlicht von bestimmten Windows-Features so angefressen, dass sie wechseln. Aber Neugier hilft auf jeden Fall - und die Fähigkeit, mit Veränderungen umzugehen. Wenn Du nicht damit leben kannst, dass Dein Desktop hinterher nicht mehr genauso ausschaut, wird Dich wahrscheinlich nichts umstimmen können.

tecChannel: Eine Menge von Linux-Programmen und -Utilities sehen aber ihren Windows-Pendants verdächtig ähnlich.

Torvalds: Eine der Stärken von Windows - und übrigens auch MacOS - liegt in der Tatsache, dass es sich um sehr kontrollierte Umgebungen handelt. Alles sieht irgendwie gleich aus, und viele Leute schätzen das. Tatsächlich macht es viele Dinge leichter - alles arbeitet ähnlich, es gibt kaum Unterschiede. Das ist wie eine Diktatur - Du brauchst Dir keine Gedanken zu machen, wen Du wählen sollst (lacht). Andere Leute hassen das und wollen wählen können.

"Mangel an gewissen Applikationen"

tecChannel: Manche Anwender lehnen sogar bestimmte Distributionen ab, weil die zu sehr nach Windows aussehen.

Torvalds: Auf dem Desktop sieht das Default-Setup inzwischen meistens Windows 95 ziemlich ähnlich, weil das die weniger variablen Anwendern nicht so abschreckt. Für die anderen haben die Entwickler der diversen Window-Manager über das letzte Jahr viel Arbeit in Desktop-Themen gesteckt. Wem sein System also zu sehr nach Windows aussieht, der kann das problemlos ändern. Die Leute mit einer Vorliebe für ausgefallene Desktop-Setups sind sowieso die Experimentierfreudigsten.

Die meisten Anwender sind mit dem Linux-Desktop heute ganz zufrieden. Es gibt zwar Beschwerden über mangelnde Performanz, und die Entwickler versuchen mit großem Einsatz, die Oberflächen effektiver zu machen. Alles in allem stört aber wohl weniger die Oberfläche an sich, als der Mangel an gewissen Applikationen.

"Ich arbeite fast nur in Textfenstern"

tecChannel: Wie sieht denn Linus Torvalds' persönlicher Desktop aus?

Torvalds: Ach, ich bin altmodisch. Ich benutze den Feeble - den fvwm - daran bin ich halt gewöhnt. Demnächst werde ich meine Maschine mal upgraden, und dann kommt auch wohl auch ein neuerer Window-Manager dran. Eigentlich gibt's aber nicht viel Anlass dazu, ich benutze meinen Rechner ziemlich einseitig: Ich programmiere eigentlich nur. Zwar verwende ich die ganze Zeit grafische Oberflächen, aber nur dazu, um ein paar xterm-Fenster zu öffnen. Ich arbeite fast nur in Textfenstern, gelegentlich mache ich auch mal einen Webbrowser auf. Darum sieht mein Desktop ziemlich schlicht aus. Das ist bei den meisten Programmierern das selbe. Aber natürlich gibt es auch viele Zeitgenossen, die aufgemotzte Desktops mögen - oft verbringen sie mehr Zeit damit, die Optik zu tunen, als tatsächlich damit zu arbeiten (lacht).

"Das ist eine Art Behinderung"

tecChannel: Was halten Sie denn von Leuten, die Linux als das allein selig machende Betriebssystem betrachten? Davon finden sich vor allem im Internet immer mehr, auch in unseren eigenen Foren gibt es da immer wieder "Glaubenskrieger".

Torvalds: Ja, das ist vor allem im Internet immer wieder das selbe. Es ist ja so einfach, einseitig zu sein. Wenn Sie jetzt ein Wort vom Propheten erwarten, muss ich passen. Ich bleibe lieber für alles offen - in vielerlei Hinsicht. Manche Leute sind mir einfach zu fanatisch. Wie beispielsweise Richard Stallman - ein sehr extremer Mensch. Ich bewundere einige seiner Ideale - aber ich bewundere nicht die Person. Er ist so einseitig, dass er sich nicht mehr mit den Ideen anderer Leute auseinander setzen kann - das ist eine Art Behinderung. OK, ich verstehe ihn teilweise, und ich verstehe auch die kommerzielle Gegenseite. Mich beeindrucken zwar Leute nicht sonderlich, denen es nur ums Geld geht. Andererseits kann ich ihren Standpunkt nachvollziehen.

Ich denke, seine Offenheit nach allen Seiten hat wesentlich zum Erfolg von Linux beigetragen. Ja, es ist Teil einer gewissen Weltanschauung, aber es ist gleichzeitig gemäßigt. Es will keinen Streit provozieren. Die Leute streiten sich natürlich trotzdem (lacht) - aber das ist sozusagen nicht die "offizielle Linie".

"Visual Basic oder so was in der Art"

tecChannel: Ich würde gern noch ein paar Fragen zum Mensch Linus Torvalds stellen.

Torvalds: Klar (grinst). Vielleicht kriegen Sie nicht auf alles Antwort, aber nur zu ...

tecChannel: Wie haben Sie eigentlich mit dem Programmieren angefangen?

Torvalds: Da war ich so zehn oder elf Jahre alt. Mein erster Computer war der Commodore VC-20 meines Großvaters - wahrscheinlich einer der ersten in Finnland. Damit habe ich anfangs einfach herumgespielt. Damals, so um 1981, gab es kaum kommerzielle Spiele, das war noch nicht die Art Industrie, die es heute ist. Also habe ich angefangen, mir selber welche zu schreiben. Mit 15 war das Programmieren dann praktisch mein wichtigstes Hobby. Es gab viel weniger Software zu kaufen, und sie war schwer zu kriegen und teuer. Nachdem ich nur wenige Freunde hatte, mit denen ich sie hätte tauschen können, habe ich halt selbst programmiert.

Tatsächlich war das Schreiben von Software damals viel einfacher, die Rechner waren noch nicht so kompliziert. Wenn Du heute ein gutes Programm schreiben willst, nimmst Du entweder eines dieser Tools, die das meiste für Dich erledigen: Viele Leute benutzen beispielsweise Visual Basic oder so was in der Art. Oder Du musst Dich viel eingehender mit der Hardware auseinandersetzen, gerade was Betriebssysteme betrifft. Das ist heute um ein vielfaches komplizierter als vor 20 Jahren, und dementsprechend schwerer fällt der Einstieg.

"Entwicklungsland Deutschland"

tecChannel: Aus diesem Blickwinkel betrachtet, stellt Linux auch ein gutes System zum Lernen dar, oder?

Torvalds: Na ja, ganz so einfach ist Linux heute auch nicht mehr. Vor acht, neun Jahren war der Einstieg noch leichter. Aber tatsächlich erlaubt es den Leuten einen Blick unter die Haube - nach dem Motto: "Ach, so funktioniert das". Selbst wenn man letztendlich nichts am Code ändert, lernt man eine Menge dabei.

Viele Leute hoffen auch, dass Linux den Ländern der Dritten Welt einen raschen Einstieg in die IT-Industrie ermöglicht. Wenn man genauer hinsieht, kann Dritte Welt in dem Zusammenhang auch durchaus Frankreich oder Deutschland heißen. Es ist doch ein chronisches Problem, dass ein unverhältnismäßig großer Anteil der IT-Industrie in den USA angesiedelt ist. Es ist schwer, da gegenzuhalten, weil die Staaten die Masse der Infrastruktur besitzen, sie haben all die großen Software-Firmen. Deswegen interessieren sich auch immer wieder hochrangige Politiker - etwa aus der Europäischen Union oder China - für Linux. Speziell China halte ich für ein gutes Beispiel - in vielerlei Hinsicht ist das ja nicht wirklich ein klassisches Entwicklungsland. Da wirkt Linux weniger als Technologie, sondern vielmehr als groß angelegte Starthilfe. Das habe ich jedoch weder beabsichtigt, als ich Linux anfing, noch beeinflusst es mich jetzt groß. Ich finde es aber faszinierend, wie viele Leute ihre eigenen Vorstellungen über die Bedeutung von Linux entwickeln und es für ihre Zwecke adaptieren.

"Linux bedeutet ... Spaß"

tecChannel: Was bedeutet denn Linux für Sie ganz persönlich?

Torvalds: Es bedeutet ... Spaß (lacht). Für mich bedeutet Technologie ganz allgemein und Programmieren im Besonderen einfach ein großes Spielzeug. Das gilt, denke ich, auch für die meisten anderen Programmierer. Ich liebe dieses komplexe Spielzeug, mit dem man so viel anstellen kann. Noch besser ist natürlich, dass ich auch noch dafür bezahlt werde (lacht) ...

tecChannel: Das bringt uns zum Thema Transmeta. Sie arbeiten dort - sicherlich eine anspruchsvolle Tätigkeit, Sie arbeiten daneben weiter am Linux-Kernel, und Sie haben eine Frau und zwei Kinder. Wie bringen Sie das alles unter einen Hut?

Torvalds: Ähem ... ich arbeite schon ziemlich lang, aber ich bin keiner von diesen 18-Stunden-Workaholics. Ich versuche, mich aufs Programmieren zu konzentrieren, und arbeite vielleicht acht bis zehn Stunden am Tag. Ich denke, es ist schlauer, acht Stunden konzentriert und wach zu arbeiten, als sich 18 Stunden abzuquälen und dann einen schlechten Job zu liefern.

Es ist auch nicht so viel Arbeit, wie man zunächst denken könnte. In Sachen Linux etwa erledigen andere Leute die meiste Arbeit. Ich fungiere da nur als Kommunikationskanal und E-Mail-Schnittstelle. Klar, ich arbeite für Transmeta - aber da war von vorneherein klar, dass ich mich auch weiter um Linux kümmern werde. Darüber ist man dort nicht böse, Transmeta benutzt selbst Linux. Also erlaubt man mir, weiter an Linux zu arbeiten. Ich mache also keine zwei Fulltime-Jobs, sondern einer dient beiden Zwecken.

"Kein fester Stundenplan"

tecChannel: Wie funktioniert das mit den parallelen Jobs?

Torvalds: Ach, ich arbeite eigentlich meistens an mehreren Dingen gleichzeitig. Außerdem gibt es da keinen festen Stundenplan. Gerade jetzt zum Beispiel verwende ich viel Zeit darauf, den 2.4er-Kernel für das Release fertig zu machen. Das habe ich den Transmeta-Leuten gesagt, und sie waren damit einverstanden. Daneben mache ich natürlich auch einige Sachen für Transmeta, wenn es verlangt wird. Aber man weiß, ich arbeite am neuen Kernel, also lässt man mich nach Möglichkeit in Ruhe. Andererseits habe ich vor dem Transmeta-Release im Januar praktisch nur für Transmeta gearbeitet, da lagen eine Menge Deadlines an.

Auf diese Weise versuche ich, die Dinge auszubalancieren und dabei auch Zeit für meine Familie zu finden. Deswegen mag ich eigentlich auch Konferenzen wie diese hier nicht besonders. Dreieinhalb Tage hier, je einen Tag Hin- und Rückreise, da bin ich praktisch eine ganze Woche verschwunden. Oft nehme ich meine Familie auch mit, aber hier hätte das wenig Sinn gemacht.

Deswegen versuche ich auch, mich auf ein halbes Dutzend Konferenzen im Jahr zu beschränken - speziell, weil sie mich persönlich meistens nicht sonderlich interessieren. Wenn ich aber schon mal da bin, dann versuche ich, mich wenigstens nützlich zu machen (grinst). Selbst wenn das heißt, sechs Stunden am Stück Interviews zu geben.

"Abgedrehte Typen und seltsame Projekte"

tecChannel: Die Arbeit für Transmeta hat für Sie ja einen Umzug von Helsinki nach Santa Clara bedeutet. Wie gefällt es Ihnen denn in Kalifornien?

Torvalds: Ich schätze es sehr, dort zu leben. Zum einen natürlich wegen des Wetters - es ist herrlich. Aber auch vom beruflichen Standpunkt aus, es ist eine sehr dynamische Umgebung. Ich komme ja aus Finnland, das sicher auch einiges an Hightech zu bieten hat, wie etwa Nokia. Europäische Länder beschränken sich in der Regel aber auf einige wenige Technologie-Nischen, in denen sie arbeiten: Bei Finnland etwa die Mobiltelefonie.

Das außergewöhnliche am Silicon Valley sind all diese abgedrehten Typen, die an wirklich merkwürdigen Projekten arbeiten, auf die überall anders auf der Welt keiner einen Deut geben würde. Und das in allen technischen Bereichen: Im Silicon Valley gibt es 10.000 Firmen, die an aufregenden Dingen arbeiten und dabei nahezu jedes Risiko eingehen, weil jede Menge Geld zur Verfügung steht.

Dabei scheitern die meisten Firmen, 95 oder 97 Prozent geben letzten Endes auf! Hunderte von Milliarden Dollar werden da jedes Jahr in dem Wissen investiert, dass 97 Prozent davon den Bach runtergehen werden. Das kümmert die Investoren aber nicht - sie setzen auf die drei Prozent, die dann schließlich tausendfach Rendite abwerfen. So was gibt es sonst nirgends auf der Welt. So seltsam das für einen Europäer anmutet, so gut gefällt mir das Resultat: Es gibt wohl keinen anderen ähnlich dynamischen und anregenden Platz zum Arbeiten.

"Zu Transmeta kann ich nichts sagen"

tecChannel: Können Sie uns etwas Genaueres über Ihre Arbeit bei Transmeta erzählen?

Torvalds: Eigentlich würde ich gern mehr über Transmeta erzählen, aber im Moment kann ich nichts dazu sagen. Wir gehen innerhalb des nächsten Monats oder so an die Börse und unterliegen deshalb der Schweigepflicht. Die amerikanische Börsenaufsicht hat die Regel, dass bis zu 25 Tagen nach dem Börsengang keine Firmeninformationen herausgegeben werden dürfen. Jedenfalls keine, die nicht auch den Papieren zur Börsenzulassung entnommen werden könnten. Und das ist ziemlich langweiliges Zeug ...

tecChannel: Könnten Sie nicht wenigstens Ihre Arbeit dort für unsere Leser ein wenig umschreiben?

Torvalds (grinst): Ich bin Programmierer und schreibe Programme. Die Transmeta-Technologie beinhaltet einige bemerkenswerte Aufgaben in dieser Richtung. (lacht) Nein ehrlich, ich kann wirklich nichts dazu sagen. Vielleicht sind die Regeln der Börsenaufsicht ja nicht wirklich so streng, aber ich bleibe lieber auf der sicheren Seite.

tecChannel: Schade - da kann man wohl nichts machen. Trotzdem vielen Dank für dieses ausführliche Gespräch. jlu)