Internet: Wer haftet für Hyperlinks?

19.01.2006
Die Frage der Verantwortlichkeit und Haftung für das Setzen von Hyperlinks sorgt immer wieder für Diskussionen und Unsicherheit. Rechtsanwältin Dr. Katharina Scheja beantwortet die wichtigsten Fragen.

Nach der aktuellen Online-Studie von ARD und ZDF ist die Anzahl der Internetnutzer im Jahre 2005 in Deutschland weiter angestiegen. Danach sind mittlerweile 37,5 Millionen Erwachsene und damit 57,9 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahre online. Allein gegenüber dem Vorjahr kamen 1,8 Millionen neue Nutzer hinzu. Es wird erwartet, dass bis zum Jahr 2010 70 bis 75 Prozent der Bundesbürger ab 14 Jahre das Internet als Informations- und Kommunikationsmedium nutzen werden.

Mit der wachsenden Bedeutung des Internets hat sich auch das "Hyperlinking" zu einem bedeutenden Instrument der Vernetzung weltweiter Informationen und Daten entwickelt. Die schier unübersehbare Informationsfülle auf der Datenautobahn kann erst durch den Einsatz von Hyperlinks für den Betrachter überschaubar und nutzbar gemacht werden. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass die hohe Praktikabilität von Hyperlinks auch dazu führt, dass rechtswidrige Inhalte im Netz schneller und gezielter aufgerufen werden können.

"Freizeichnung" schützt vor Strafe nicht

Die Frage der Verantwortlichkeit und der Haftung für das Setzen von Hyperlinks hat daher bereits seit den frühen Tagen des Internets für Diskussionen und Unsicherheiten gesorgt.

Vielfach wird verkannt, dass die allgemein üblichen "Freizeichnungsklauseln" nicht vor einer Inanspruchnahme durch Dritte schützen. Was auch immer der Diensteanbieter, Webseiten-Inhaber oder Content-Provider in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen schreibt: Diese gelten nur im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander, nicht aber gegenüber Dritten. Wer also wegen eines rechtswidrigen Links in Anspruch genommen wird, der durch den Vertragspartner gesetzt wurde, mag bei diesem Regress nehmen - gegenüber einem hiervon Betroffenen ist der Webseiten-Inhaber erst einmal rechtlich selbst verantwortlich. Dies kann empfindlich teuer werden, da der Verletzte nicht nur Unterlassung, sondern regelmäßig auch seine Rechtsverfolgungskosten und Schadensersatz verlangen kann. Das Unterfangen, die hierdurch entstandenen Kosten dann beim Vertragspartner zurückzuholen, ist nicht nur mühselig, sondern - etwa im Falle der Insolvenz des Partners - oft auch vergeblich.

Keine eindeutige gesetzliche Regelung

Es ist daher ratsam, beim Setzen von Hyperlinks die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu beachten. Denn leider hat es der Gesetzgeber unterlassen, eine klare gesetzliche Regelung zur Frage der Haftung für Hyperlinks zu schaffen.

Insbesondere hat auch die Umsetzung der europäischen E-Commerce-Richtlinie nicht zu einer gesetzlichen Regelung der Verantwortlichkeit für Links geführt. Stattdessen bleibt es den Gerichten über-lassen, allgemeine Grundsätze für die Verantwortlichkeit für Hyperlinks aufzustellen. Anhand neuerer Entscheidungen soll nachfolgend ein Überblick über die wichtigen Eckpfosten der Entscheidungspraxis gegeben werden.

"Schöner-Wetten" – Entscheidung des BGH2

In dieser Entscheidung vom 01.04.2004 hatte der BGH über die Haftung eines Presseunternehmens zu entscheiden. Dieses hatte in einem redaktionellen Artikel über ein Glücksspielunternehmen per Hyperlink auf die Internet-Adresse dieses Unternehmens verwiesen. Tatsächlich fehlte aber dem Glücksspielunternehmen die erforderliche Genehmigung, sodass deren Leistungsangebot rechtswidrig war. Dem Presseunternehmen war dies nicht ohne weitere Nachforschung ersichtlich, dennoch wurde es auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen.

Grundsätzlich haftet der Anbieter eines Links auch verschuldensunabhängig als so genannter "Störer", wenn er sich die fremden Inhalte zu Eigen macht. Allerdings darf von Dritten, die die rechtswidrige Verhaltensweise durch die Link-Setzung nur indirekt unterstützen, nichts Unmögliches verlangt werden. Dem Link-Setzenden kann nicht die ständige Kontrolle aller verlinkten Inhalte auferlegt werden, zumal diese Inhalte nicht statisch sind, sondern ständig verändert werden können. Insbesondere die Bereitstellung einer Internet-Suchmaschine wäre faktisch nicht mehr möglich, wenn man den Anbieter von Hyperlinks unbeschränkt haften lassen würde. Deshalb knüpft der Bundesgerichtshof an die Verletzung von Prüfungspflichten an. Prüfungspflichten bestehen (im Regelfall nur dann), wenn die verlinkte Seite eindeutig als rechtswidrig zu erkennen war oder tatsächlich erkannt wurde oder konkrete Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit vorlagen. Da dies hier aber nicht der Fall war, hat der Bundesgerichtshof die Haftung des Presseunternehmens im konkreten Fall abgelehnt.

"Heise"-Urteil des OLG München 3

Hat der Link-Setzende aber Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der verlinkten Inhalte, dann haftet er - so stellt es auch das Oberlandesgericht München in einem aktuellen Urteil vom 28.07.2005 fest. Dem Urteil lag ein Heise-Onlineartikel zugrunde, in dem der Verlag über neue Software zum Knacken von Kopierschutzmechanismen für Musik-CDs berichtete - auf die Rechtswidrigkeit des Einsatzes solcher Software wurde explizit hingewiesen. Dennoch setzte der Verlag einen Link zur Herstellerfirma und wurde dafür vom Oberlandesgericht als Störer verantwortlich gemacht.

Bedeutet dies nun, dass jede Link-Setzung vorher juristisch geprüft werden muss? Es ist klar: Für juristische Laien ist nicht immer ohne weiteres feststellbar, ob ein Inhalt rechtswidrig ist. Die regelmäßige Einholung von Rechtsrat legt die Rechtsprechung dem Anbieter von Links aber nicht auf. Entscheidend ist im Regelfall, ob der Inhalt offensichtlich rechtswidrig ist (etwa ein öffentlicher Aufruf zum Mord – nicht aber etwa im "Schöner-Wetten"-Fall) oder die Rechtswidrigkeit tatsächlich bekannt war, wie im Fall "Heise Verlag".

Achtung: Prüfungseifer...

Schließlich sei noch anzumerken, dass sich ein zu hoher Prüfungseifer am Ende durchaus auch gegen den Linkanbieter richten kann.

Nach einem Urteil des OLG Hamburg vom 14.07.2004 haftet ein Link-Setzender jedenfalls dann, wenn er zuvor darauf hingewiesen hat, vor Schaltung eines Links die beworbene Seite auf Rechtsverletzungen zu prüfen.

Zusammenfassung

Was ergibt sich aus der vorstehend geschilderten Entscheidungspraxis nun für den Anwender?

Es ist unmöglich, allzeit gültige, perfekte Patentrezepte zu liefern - die Rechtsprechung kann sich ja auch wieder ändern oder verschärfen. Der Hinweis auf der eigenen Homepage, dass sich der Inhaber von den fremden Inhalten der verlinkten Seiten distanziert, ist grundsätzlich zu empfehlen. Ein solch allgemeiner Hinweis genügt aber nicht in jedem Fall. Auf Basis der jetzt vorliegenden Entscheidungen sollten jedenfalls folgende Faustregeln beachtet werden.

Ein Link sollte nicht gesetzt oder entfernt werden, wenn

Pflichten eines Link-Setzenden

Die Kontrollpflichten des Link-Setzenden verschärfen sich darüber hinaus, je mehr ein Link sich als Empfehlung der fremden Inhalte darstellt.

Besondere Vorsicht ist daher geboten bei der Verwendung eines

Über die Autorin
Dr. Katharina Scheja arbeitet als Rechtsanwältin in der Kanzlei FPS Fritze Paul Seelig in Frankfurt. Zu ihren Rechtsgebieten gehören unter anderem gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, IT-Recht, Lizenzverträge und Outsourcing. Kontakt und Infos:
www.fps-law.de
scheja@fps-law.de/

Dieser Beitrag stammt von unserer Schwesterzeitschrift ComputerPartner, der Fachzeitschrift für den ITK-Handel. (mec)

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