Wearable Devices

Internet im digitalen Wandel

10.07.2014 von Heike Simmet
Everybody, everywhere, everything - für das Internet gilt dieser Dreiklang. Prof. Heike Simmet über den Einfluss von Datenbrillen auf industrielle Prozesse und Privatleben.

Für das Internet gilt mittlerweile das Dreiklang-Prinzip: everybody, everywhere, everything. Denn Menschen im Internet (Internet of People) treffen sich im Internet der Orte (Internet of Places) und sie nutzen dabei das Internet der Dinge (Internet of Things).

In den vergangenen Jahren standen vor allem die Social Media im Mittelpunkt der Diskussionen rund um das Thema Internet. Denn das Internet der Menschen hat sich innerhalb von wenigen Jahren in nahezu allen demografischen Schichten etabliert. Die jüngere Generation ist schon lange fast vollständig im Social Web vertreten und selbst unter den über 60-jährigen gibt es mittlerweile mehr Nutzer als Verweigerer von Social Media.

Wearables -
Epson Moverio BT-200
Epson hat seine Cyberbrille verbessert und hofft nun auf Anwendungen für den Moverio Apps Market.
Netatmo JUNE
Nie wieder Sonnenbrand: In dem Schmuckstück steckt ein Sensor, der die über den Tag konsumierte UV-Menge Dosis misst und bei drohender Überdosis Alarm schlägt.
Sony Core Wristband
Gewöhnungsbedürftig: Das Sony-Gadget zeichnet über die „Lifelog“-App auf dem verbundenen Sony-Smartphone sämtliche Aktivitäten des Nutzers auf.
Sony Core Wristband
Der Träger (und möglicherweise die NSA?) weiss später genau, wann er wo unterwegs war, welche Musik er gehört hat und welche Fotos er dort geschossen hat.
CSR Bluetooth Smart Jewellery
Noch ein Prototyp: Der Modeschmuck von CSR kann via Bluetooth mit dem iPhone gekoppelt werden und informiert anschließend per LED-Blinklicht über eingegangene Nachrichten etc.
Kronoz SmartWatch
Swatch meets Smartwatch scheint die Devise des Schweizer Hersteller Kronoz zu sein.
Oculus Rift HD-Prototyp
CES-Besucher beim Test des Spiels „EVE: Valkyrie“ mit der verbesserten VR-Brille Oculus Rift HD am Intel-Stand.
Pebble Steel
Mit einem Metallgehäuse und einem ordentlichen Armband sieht die Pebble-Smartwatch schon ganz manierlich aus.
Martian Watch
Die Uhren des hierzulande noch unbekannten Smartwatch-Herstellers Martian sind relativ dezent...
Martian Watch
...warten jedoch mit interessanten Features wie Sprachsteuerung...
Martian Watch
...und konfigurierbaren Vibrationsalarm auf.

Hinzu gesellt sich das Erfordernis der Mobilität - ein Internet der Orte ist entstanden. Denn die rein stationäre Nutzung des Internets gilt längst als obsolet. Durch den Siegeszug der Smartphones, Tablets und Handhelds ist ein mobiler Zugang zum Netz Standard und auch das Angebot von WLAN stellt keinen Zusatznutzen mehr dar, sondern wird als selbstverständliche Leistung von den Kunden in Restaurants, Hotels oder öffentlichen Einrichtungen gefordert.

Parallele Entwicklungen vollziehen sich an Arbeitsplätzen. So wird das Einchecken im Unternehmen via Smartphone und das Platzieren der Check-ins in den sozialen Netzwerken auch im Berufsleben für die Generation der sogenannten Digital Natives immer selbstverständlicher. Zudem trägt das Prinzip Bring Your Own Device (BYOD) trotz der in deutschen Unternehmen vielfach bestehenden Vorbehalte zu einer weiteren Mobilisierung des Internets bei.

Foto: Heike Simmet, Hochschule Bremerhaven

Die nächste Entwicklungsstufe der Durchdringung aller Lebens- und Arbeitsbereiche durch das Internet steht unmittelbar bevor. Durch das Internet der Dinge zeichnet sich bereits jetzt eine weitere revolutionäre Entwicklungsstufe ab, durch welche die Reichweite des digitalen Wandels nochmals erheblich erhöht wird.

Geräte werden durch den direkten oder indirekten Zugang zum Internet zunehmend intelligent und eröffnen damit eine weitere Dimension der voranschreitenden Digitalisierung. Sie stellen sich dabei zunehmend auf die Bedürfnisse der Menschen im Sinne einer Umgebungsintelligenz (Ambient Intelligence) ein.

In der Konsequenz lassen sich durch die Vernetzung von Menschen, Orten und Dingen schon heute Anwendungen realisieren, die vor ein paar Jahren noch als pure Science Fiction abgetan oder sogar verlacht worden sind. Und die Entwicklung neuer Anwendungen und neuer Geschäftsmodelle schreitet in einer unglaublichen Geschwindigkeit weiter voran.

Einsatz von Wearable Devices

Eine wichtige Rolle werden in Zukunft die Wearable Devices in der privaten wie auch in der kommerziellen Nutzung spielen, also tragbare Geräte wie beispielsweise Datenbrillen, Datenhandschuhe, smarte Kontaktlinsen und Uhren sowie Fitnessbänder. Hierbei handelt sich nicht lediglich um nette Gadgets im Sinne von Spielereien: Durch Wearable Devices wird ein neuer Technologiezyklus eingeleitet, der das bis vor kurzem noch dominierende Desktop Internet Computing und das sich jetzt immer stärker durchsetzende Mobile Internet Computing in absehbarer Zeit durch ein Everywhere Computing mittels tragbarer Geräte ablösen wird.

Im Mittelpunkt steht dann nicht mehr die Beschäftigung des Menschen mit dem Internet. Vielmehr wird der Mensch bei seinen Tätigkeiten in der realen Welt durch die integrierten Systeme unterstützt. Mittels Wearable Devices erfolgt also eine mehr oder weniger unsichtbare und störungsfreie Unterstützung der Kerntätigkeiten. So lassen sich die Anwendungen im Konsumentenbereich vor allem durch die Datenbrille von Google oder die Smart Watch und künftig auch die smarte Kontaktlinse mit Location Based Services verbinden und durch weitere Informationen zum Beispiel über QR-Codes, RFID oder die neue iBeacon-App derart anreichern, das eine für alle Menschen leicht zugängliche und ubiquitär verfügbare, erweiterte Realität (Augmented Reality) entsteht.

Wearables -
Vuzix M100
Reparatur und Wartung sind neben der Lagerarbeit ein starker Fall für Smart Glasses wie die Vuzix M100. Die Brille nimmt dabei nicht nur wichtige Informationen auf, sondern vermittelt dem Fachmann auch solche.
Vuzix M100 II
Die Datenbrillen zeigen den Mitarbeitern die Position der gesuchten Ware im Lager.
Vuzix M100 III
Die entsprechende Software für die Datenbrillen hat beispielsweise SAP entwickelt.
Marktaussichten
Noch sind Sport-und Fitness-Tracker ganz weit vorn im Wearable-Markt. ABI Research zufolge werden sich bis 2017 aber Smartwatches an die Spitze drängen. Der Gesamtmarkt soll sich bis 2018 ungefähr verzehnfachen
Hands free
Ob im Warenlager, bei der Kommissionierung oder Wartung von Maschinen, erlauben Smart Glasses das freihändige Arbeiten....
Hands free II
SAP hat mit Brillen von Google und Vuzix schon entsprechende AR-Lösungen vorgestellt.
Google
Im Ausland kann sich beim Lesen von Straßenschildern die Übersetzungshilfe von Google Glass bezahlt machen. Gleiches gilt natürlich auch im Lager. Denn Postsprache ist immer noch Französisch.
Google II
Google Glass ist noch gar nicht auf dem Markt, dennoch wurden wie hier von Onoffre Consulting am brasilianischen Instituto Lubeck schon mehrere OPs damit geführt, oft über Hunderte von Kilometern.
Google III
Ein Szenario, das Google für die eigenen Smart Glasses mit integriertem GPS aufzeigt, ist die Navigation einschließlich Anzeige von Mautstellen.
Metaio
AR-Spezialist Metaio hat im September 2013 die erste interaktive Bedienungsanleitung auf Google-Glass-Basis mit neuer 3D-Tracking-Technologie vorgestellt.
Metaio II
Vorläufer der Metaio-Lösung ist die eKurzinformation für Audi.
Navigationsjacke
Ein australisches Unternehmen namens We:Ex (Wearable Electronics) hat unter anderem diese Navigate Jacket entwickelt, welche die Trägerin über optische und haptische Signale sicher zum Ziel führen soll.
BioHarness
Zephyrs Bioharness 3 wird zusammen mit dem PSM Responder ECHO im amerikanischen Profisport zu Trainingszwecken eingesetzt.
Smartwatches
Smartwatches wie die Samsung Galaxy Gear, Sony Smartwatch 2, Pebble und Co. werden meist als reine Consumer-Gimmicks gesehen. Gepaart mit Health oder Fitness Tracking wird daraus aber auch schnell ein B2B-Fall.
Adidas MiCoach
Dieses MiCoach genannte System von Adidas wird unter anderem zum Training der deutschen Fußballmannschaft im Vorfeld der WM 2014 in Brasilien eingesetzt.
Zeiss Cinemizer Oled
Zeiss Bajohr Lupenbrille
Die 3D-Brillen von Zeiss werden unter anderem als Ablenkung bei Angstpatienten eingesetzt.

Die Anwendungen von Wearable Devices sind bereits im privaten Bereich äußerst vielfältig. Vor allem in der Sport- und Freizeitwelt finden intelligente Puls- und Herzfrequenzmessgeräte eine zunehmend breite Akzeptanz. Insbesondere Fitnessbänder sind von den Absatzzahlen her Vorreiter der neuen Form tragbarer Geräte. Ein weiterer großer Anwendungsschwerpunkt liegt im Gesundheitswesen: In der Medizintechnik wird mittlerweile immer häufiger mit Wearable Devices gearbeitet, so zum Beispiel mit Datenbrillen bei Operationen. Google entwickelt derzeit elektronische Kontaktlinsen für Diabetiker, mit deren Hilfe die Blutzuckerwerte gemessen und der Träger bei Schwankungen gewarnt werden kann.

Auch im Bereich der Touristik gibt es ein großes Potenzial. So können umfangreiche Informationen über individuelle interessierende Orte den Informationsgehalt erheblich steigern und auf diese Weise deutlich zum Infotainment, das heißt einer Mischung aus Information und Entertainment beitragen. Der Erlebniswert wird wiederum durch eine Verbindung mit Informationen aus dem sozialen Netzwerk erhöht - beispielsweise: Wer meiner Freunde ist jetzt auch hier oder war bereits hier und hat dabei welche Erfahrungen gemacht?

Im industriellen Bereich sind robustere Varianten der Datenbrillen in Verbindung mit Informationen aus der erweiterten Realität (Augmented Reality) zum Beispiel in der Automobilindustrie bereits im testweisen Einsatz. Hier leistet die Überlagerung beziehungsweise Erweiterung der menschlichen Wahrnehmung um rechnergenerierte visuelle Informationen ein unermessliches Potenzial des Aufbaus neuer Informationswelten zur Unterstützung, zur Beschleunigung und zur Effizienzsteigerung von Geschäftsprozessen.

Vor allem in der Lagerlogistik und Kommissionierung ermöglichen die neuen Datenbrillen in Verbindung mit Smartphones bereits jetzt nachweisbare Effizienzsteigerungen durch die Einbindung virtueller Informationen. Mitarbeiter im Lager können mit der Datenbrille äußerst flexibel interagieren. Denn der Lagerarbeiter wird durch die integrierten Systeme mittels speziell auf seine Tätigkeiten abgestimmten Informationen wirkungsvoll unterstützt. Er kann sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren und behält beide Hände hierfür frei. Ähnliche Effizienzsteigerungen werden durch Datenhandschuhe erreicht.

Digitale Mensch-Maschine-Schnittstellen

Bereits jetzt ist absehbar, dass sich Wearable Devices noch schneller als vorangegangene, innovative Entwicklungen durchsetzen werden. So existieren bereits jetzt Wartelisten für die Google Glasses in den USA und es werden Überlegungen geäußert, die Datenbrille für Konsumenten zum Beispiel auch über Optikergeschäfte zu vertreiben. Im industriellen Einsatz ist man schon weiter: Hier gibt es mehrere Anbieter, die in unterschiedlichen Bereichen die Einsatzmöglichkeiten von Datenbrillen bereits seit einigen Jahren vorantreiben.

Eine zunehmend breitere Distribution von Wearable Devices trägt wiederum zur Kostendegression und über den damit verbundenen Preisverfall zu einer nochmals beschleunigten Diffusion bei. Ähnliches wird sich auch bei anderen tragbaren Multifunktionsgeräten vollziehen. Es entsteht - noch schneller als es beim Mobile Computing der Fall gewesen ist - ein Massenmarkt.

Bereits die dynamische Entwicklung von Mobile Devices hat eindrucksvoll gezeigt, wie schnell aus einem Trend eine grundlegende Änderung bestehender Geschäftsprozesse und Geschäftsmodelle resultieren kann. Ähnliches ist in nochmals deutlich beschleunigter Form durch die Wearable Devices zu erwarten. Damit eröffnet sich mit der Einführung von Wearable Devices die Perspektive ein erneutes Game-Changing in unserer zunehmend digitalisierten Welt.

5 Knackpunkte bei Wearable Devices -
5 Knackpunkte bei wearable Devices
Googles Datenbrille und Samsungs Smartwatch sind die prominentesten Beispiele für wearable Devices, Geräte also, die der Nutzer im wortwörtlichen Sinne am Körper trägt. Diese Entwicklung stellt CIOs vor fünf Herausforderungen, meint jedenfalls Robert Mullins von der Networkworld.com.
1. Den MDM-Anbieter überprüfen
In vielen Unternehmen ist es mittlerweile Usus, dass Mitarbeiter die eigenen Geräte nutzen. Mobile Device Management (MDM) dürfte daher gesetzt sein. Allerdings eignet sich nicht jede MDM-Software auch für die neuen wearable Devices.
2. Nicht die Geräte managen, sondern die Anwendungen
Möglicherweise geht es weniger um das Management der mobilen Geräte als um das der Anwendungen. Dafür plädiert jedenfalls Ahmed Datoo, Vice President Produkt Marketin (Xen Mobile) bei Citrix.
3. Alle Aspekte der Sicherheit bedenken
Unternehmen haben Angst vor Malware, Mitarbeiter vor Verletzung ihrer Privatsphäre. Bei wearable Devices verschärft sich dieses Problem - die Geräte werden am Körper getragen, "berühren" den Nutzer also viel stärker.
5. Das Positive sehen
Die Vorteile von wearable Devices sind nicht zu übersehen. Flugzeug-Mechaniker zum Beispiel, die an der Maschine stehen und über ihre Datenbrille Informationen abrufen können, haben die Hände zum Arbeiten frei.

Unternehmen sollten sich hierauf jetzt bereits einstellen, um den Anschluss an die sich beständig beschleunigende Entwicklungen in der digitalen Transformation nicht zu verlieren. Smarte Datenbrillen und Datenuhren werden schon bald ebenso selbstverständlicher Bestandteil der Unternehmens-IT sein wie heute PC, Tablets und Smartphones. Durch die Wearable Devices zeichnet sich folglich ein disruptiver Wandel ab: Die Wertschöpfung verlagert sich unaufhaltsam in die virtuelle Welt und verändert bestehende Systeme fundamental. Es kommt in absehbarer Zeit zu einem explosiven Wachstum der neuen digitalen Mensch-Maschine-Schnittstellen.

Für den erfolgreichen Einsatz von Wearable Devices sind neue Prozesse, Kompetenzen und Qualifikationen erforderlich. Denn nicht allein die Technik, sondern vor allem die bedarfsorientierte Anwendungen durch den Menschen bilden die Grundlage für den künftigen Erfolg. Komplexes und nicht kompliziertes Denken ist hierfür erforderlich.

Die Technik der Wearable Devices bildet nur einen Enabler für den digitalen Wandel. Entscheidend für den Erfolg ist der Aufbau von neuen digital-vernetzten und kollaborativ ausgerichteten Systemen und hieraus abgeleiteten Strukturen. Unternehmen sollten sich mit diesen neuen Spielregeln der Digitisation frühzeitig vertraut machen - siehe cio.de. Denn immer mehr Waren, Dienstleistungen und Prozesse werden virtualisiert und durch Wearable Devices gesteuert.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag von CFOworld.de. (mhr)