Intels Zukunftsstrategien

02.03.2001 von ALBERT  LAUCHNER
Echte Hardcore-CPU-Highlights hat es auf dem Intel Developer Forum in San Jose nicht gegeben. Doch für einige Überraschungen ist Intel immer gut.

Der PC im Zentrum der vernetzten Welt - und Intel schwebt über den Wassern und lenkt die Geschicke der digitalen Zukunft. So hätten es Intels Präsident Craig Barrett und seine Vizes gern. Und auch wenn mal etwas nicht ganz so schnell läuft, wie von vielen erwartet, oder erst mit Verzögerungen erscheint: Bislang scheint die Rechnung aufzugehen. Spätestens nach Besuch der sieben IDF-Keynotes, etlicher Tracks und Labs wird man sich Intels marktbeherrschender Dominanz bewusst.

Im Folgenden lesen Sie eine Zusammenstellung der wichtigsten Entwicklungen auf dem IDF. Bei den Prozessoren gibt es einige Ankündigungen und Neuerungen, im Speicherbereich tut sich was bei DDR und RDRAM. Außerdem plant Intel bei den Bussen nun sogar auf dem Mainboard einen seriellen Bus, und die Peer-to-Peer-Technologie ändert alles und doch zugleich auch nichts.

Peer to Peer

P2P wird unser Leben genau so stark verändern wie B2B - oder eben auch nicht. Zumindest Intel hat keine Angst vor Peer to Peer. So ganz genau weiß zwar noch niemand, was P2P eigentlich ist und was ein Rechner dem anderen alles direkt anbieten kann. Aber eines ist klar: Intel will damit kräftig Geld verdienen.

Wenn sich Modelle wie Seti@home durchsetzen - dabei stellen arbeitslose Rechner ihre freie Rechenzeit zur Verfügung -, wird man nach Meinung von Intels Vizepräsident Pat Gelsinger versuchen, die Clients immer leistungsfähiger zu machen. Denn die Clients müssen auch nennenswerte Rechenleistung anbieten, damit sich der Aufwand für Firmen lohnt. Zudem wird so die zur Verfügung stehende Leistung dann Tag und Nacht sinnvoll genutzt. Ein Upgrade zu einem schnelleren Client macht sich also in viel kürzerer Zeit bezahlt. Auch im privaten Umfeld steigen Ansehen und Rang in der P2P-Comunity, je mehr Ressourcen man anbietet. Zugleich soll so auch der Anreiz steigen, einen neuen, schnelleren PC zu kaufen.

Das andere klassische P2P-Modell, Datenaustausch wie bei Napster und Instant Messaging, kann Intel ebenfalls nutzen. Es steigert den Netzwerkverkehr und von der einfachen Netzwerkkarte bis zu optischen Komponenten für SPs hat Intel diesbezüglich einiges zu bieten. Zudem müssen die Daten und Angebote der zahllosen beteiligten Rechner verwaltet werden - die Serverdivision von Intel steht schon parat.

Auch alle anderen P2P-Anwendungen werden die digitale Welt - und damit Intel - weiter vorantreiben. In einer Keynote war beispielsweise die drahtlose P2P-Anbindung eines Handhelds zu sehen - mit Intel StrongARM-CPU. "Neue Applikationen treiben den Markt an", so Gelsinger, "und das ist gut für uns."

Alles wird seriell

Revolutionäre Veränderungen gibt es von den verschiedenen Bussen zu vermelden. Ob zur Peripherie, zwischen Servern oder ganz aktuell auch auf dem Mainboard, die Verbindungsbusse werden seriell. Vier neue Busse, die die bisherige Infrastruktur komplett umkrempeln, waren auf dem IDF Anlass zum Feiern.

USB 2.0 Host- und Devicecontroller sind fertig. Zwei Jahre nachdem die USB 2.0 Promoters Group gegründet wurde, haben zahlreiche Hardwarehersteller auf dem IDF nun serienreife Produkte vorgestellt.

Auf dem IDF zeigten Seagate, Intel und APT erstmals Serial-ATA in der fertigen Revision 1.0 . Selbst Linux-Treiber mit Hot-Swap-Unterstützung existieren bereits.

Erstmals war auch eine funktionierende InfiniBand-Vernetzung zu sehen. Diese serielle Schnittstelle ist bis zu 30 GBit/s schnell. In Zukunft sollen Server mit ihrer Hilfe mit internen Devices, Massenspeichern, Netzwerken und anderen Servern ihre Daten austauschen.

Intels Vizepräsident Louis Burns hat daneben in seiner Keynote das Ende des PCI-Busses eingeläutet. In Zukunft soll ein serieller Bus die Komponenten und Erweiterungskarten auf dem Mainboard verbinden.

Der Trend zu seriellen Bussen kommt dabei nicht von ungefähr. Serielle Busse bieten gegenüber der parallelen Verbindung einige Vorteile. Zum einen benötigen sie weniger Leitungen, was zur Folge hat, dass weniger teure Pins an Chips und Steckern erforderlich sind. Auch das Platinenlayout vereinfacht sich und Kabel sind deutlich preiswerter.

Zum anderen übertragen serielle Busse die Daten schneller. Bei parallelen Bussen müssen alle Daten gleichzeitig beim Empfänger ankommen, Laufzeitunterschiede auf einzelnen Leitungen führen zur Fehlfunktion. Dies limitiert die maximalen Taktfrequenzen. Bei seriellen Bussen sieht Vizepräsident Burns die Grenzfrequenz mit Kupferverbindung erst bei 12 GHz erreicht, optische serielle Verbindungen ermöglichen noch weitaus höhere Frequenzen.

Speicher-Strategien

Intel hält auch weiterhin an der Strategie "DDR für Server, Rambus für den Desktop" fest. Frühestens Mitte nächsten Jahres wird ein DDR-Chipsatz für den Pentium 4- kommen. Wären da nicht die hohen RDRAM-Preise, Rambus könnte die preiswertere Lösung sein. Denn mit weniger Pins und Leitungen liegt Rambus eigentlich voll im Trend zu schnellen seriellen Bussen.

Doch bislang scheitern Intels Planspiele an den hohen Preisen für Rambus-Speicher. Deshalb kommt für den Ramp-Up des Pentium 4 ab Mitte diesen Jahres ein preiswerter PC133-SDRAM-Chipsatz mit Codenamen Brookdale. Er ist auf einen niedrigen Preis hin designed, kann aber den Hunger des Pentium 4 nach Speicherbandbreiten nicht befriedigen. Vorsichtige Ankündigungen von Intelianern gehen von einer nur mäßigen Performance aus.

Aber bis Ende des Jahres wird alles wieder gut. Die großen Hersteller von Rambus-Speicher gehen von drastisch sinkenden RDRAM-Preisen aus. So prophezeit Samsung noch für dieses Jahr eine Preissenkung um mindestens 60 Prozent.

Wenn RDRAM dann wirklich nur noch 10 Prozent teurer als herkömmlicher SDRAM-Speicher ist, wird Intel keinen Desktop-Chipsatz mit DDR-Speicher für den Pentium 4 bringen. Dann wird eher ein neuer Rambus-Chipsatz für den Pentium 4 kommen, der die preiswerteren so genannten 4i-Speicher unterstützt.

Für Server präsentiert sich die Speicher-Strategie von Intel jedoch gänzlich anders. Hier sieht Intel DDR200-Speicher als den neuen Standard an. Die Gründe dafür lesen Sie hier.

Doch auch diese Technologie hat noch Kinderkrankheiten wie bei RDRAM auszukurieren. Der Spannungspegel der Signalleitungen ist eng definiert, eine stabile Spannungsversorgung bereitet Probleme. Außerdem kann der Worst-Case kann nicht vorhergesagt, sondern nur ausgetestet werden. Die Auslieferung der Chipsets findet auf jeden Fall erst statt, wenn keine Probleme mehr auftreten. Denn ein zweites Waterloo wie bei den ersten Rambus-Chipsätzen kann sich Intel nicht mehr leisten.

Prozessoren

Auch bei den CPUs hat sich etwas getan. Zur allgemeinen Verwirrung nennt Intel den Xeon-Nachfolger auf Basis des Pentium 4, Codename Foster, weiterhin Xeon. Gute Gründe sprechen dafür, dass auch der Itanium-Nachfolger McKinley demnächst wieder Itanium heißen wird.

In seiner Eröffnungs-Keynote auf dem Developer Forum hat Intels Vizepräsident Paul Otellini bereits einen lauffähigen McKinley-Prozessor präsentiert. McKinley soll noch Ende des Jahres in die Pilotproduktion gehen und Anfang 2002 in Stückzahlen hergestellt werden - und damit Intels IA64-Architektur endlich zum Durchbruch verhelfen.

Otellini hat neben dem Itanium-Nachfolger ganz nebenbei auch den neuen Pentium III, Tualatin, erstmals öffentlich gezeigt. Die ersten serienreifen Tualatin-CPUs werden erstaunlicherweise zuerst in Notebooks und nicht auf dem Desktop zu sehen sein. Nach unbestätigten Quellen ist im dritten Quartal mit diesen Notebooks zu rechnen, deren Taktfrequenz bei 1,13 GHz liegen wird.

Aber auch für die Freunde der großen Eisen hatte Otellini etwas zu bieten. Zunächst, noch in Q1, kommt der Xeon (Pentium III) mit 900 MHz und großem Cache. Im zweiten Quartal diesen Jahres soll dann der Xeon auf Pentium-4-Basis folgen. Wie der Desktop-Bruder wird er mit Taktraten ab 1,4 GHz erhältlich sein. Der Pentium-4-Xeon soll mindestens 1,5-mal mehr Leistung bringen als der bisher schnellste Xeon auf Basis des Pentium III.

Fazit

Insgesamt betrachtet ist das Frühjahrs-IDF in San Jose für Intel eine gelungene Veranstaltung gewesen. Perfekt über die drei Tage gestreut durfte jeder der Intel-Vizepräsidenten ein kleines Highlight enthüllen, das dann in seiner Keynote dementsprechend in Szene gesetzt wurde. Technische Details gab es in den Tracks zuhauf. Die wirklich großen Sensationen, die über Ankündigungen hinaus gehen, blieben diesmal aber aus.

Auffällig, und für einen Europäer mitunter merkwürdig, war wieder einmal der bedingungslose Glaube der Intel-Mitarbeiter an die eigene Firma. Der PC ist das Zentrum der digitalen Welt - und ob kleines Licht oder großer Häuptling, jeder Intelianer steht natürlich im Zentrum dieser Welt. (ala/fkh)