Intels neues Selbstbewusstsein

31.08.2001 von NICO ERNST 
Neben neuen Megahertz-Rekorden vermittelte die Herbstveranstaltung des Intel Developer Forum 2001 vor allem, dass Intel sich wieder gefangen hat. Die Paranoia-Company zeigt endlich einen Hauch von Souveränität.

"Only the paranoid survive" - nach diesem Motto des Mitbegründers Andy Grove handelt Intel seit Jahr und Tag. In den vergangenen beiden Jahren führte das bis zu nicht funktionierenden Produkten wie dem 820-Chipsatz und dem Pentium III mit 1,13 GHz. Zu früh hatte man manches auf den Markt geworfen, nur um dem überraschend erstarkten Konkurrenten AMD Paroli bieten zu können.

Der ist aber inzwischen zumindest performancemäßig eingeholt, wie auch unser Test des Pentium 4 mit 2 GHz zeigt. Nachdem Intel am Montag, dem ersten Tag des IDF, diese CPU offiziell vorgestellt hatte, legte man am Dienstag noch nach - bei 3,5 GHz blieb der Frequenzzähler stehen. Details zu dieser Demonstration sind hier zu finden.

Später war hinter vorgehaltener Hand zu erfahren, was der flüssig gekühlte Pentium 4 mit Northwood-Kern so alles aushalten musste. Kurzfristig hatten die Intel-Mitarbeiter die Drehzahl bis auf 5,3 GHz erhöht, was der Kühler aber kurioserweise nicht lange mitmachte. Möglicherweise hat Intel sich freiwillig auf 3,5 GHz beschränkt, um eine schöne Tradition beim nächsten Herbst-IDF aufrechtzuerhalten: Der erste 2-GHz-Rechner war genau ein Jahr vor seinem Marktstart auf dem IDF zu sehen, und nun kann man ihn kaufen.

Jenseits der Gigahertz

Bei so viel Megahertz fällt Intel der Abschied vom Rennen um den höchsten Takt leicht. Zwar hatte Vizepräsident Luis Burns am Montag noch die Parole "Faster, faster, faster" ausgegeben, aber Marketing-Vize Paul Otelini rückte das am Dienstag ins rechte Licht. Zwar brauche man die Gigahertz, aber: "Die reichen nicht aus" meinte er. Es ginge jetzt um den Rest des Rechners, um neue Ansätze für die gesamte Plattform.

Später erklärte Otellini dann, dass Intel sich vor allem um die Bus-Systeme kümmern will: AGP 8x, Serial ATA, Infiniband, USB 2.0 und 3GIO stehen nun ebenfalls im Zentrum der Entwicklungen bei Intel.

Auf einem dieser Gebiete hat Intel schon auf ganzer Linie gewonnen. Roger Tipley, Präsident der PCI-SIG, ließ im Gespräch mit tecChannel.de nicht den leisesten Zweifel, dass die Entscheidung, Intels "Arapahoe"-Spec in PCI mit aufzunehmen, richtig war. Die Ausgabe 3.0 von PCI soll 2002 erscheinen. Geld sei dabei aber nicht geflossen, gab Tipley an.

Doch auch bei den CPUs geht Intel neue Wege. Die unter dem Codenamen "Jackson" bekannte Technologie soll jetzt als HyperThreading in neue Prozessoren Einzug halten. Mehrere "virtuelle Prozessoren" teilen sich dabei Caches und Execution Engines. Die Aufgaben sollen somit automatisch besser verteilt werden, was für mehr Leistung sorgt.

McKinley: Itanium, wie er sein sollte

Aufatmen war auch beim leidigen Thema IA-64 angezeigt. Der vorher recht geheim gehaltene Chip McKinley wurde auf dem IDF enthüllt. Er ist die neue Ausgabe des Itanium, der erste IA-64-Prozessor (Codename Merced) kam ja erst vor kurzem nach jahrelangen Verzögerungen auf den Markt.

McKinley soll noch in diesem Jahr in Form von Pilot-Systemen an die Entwickler geliefert werden. Er soll auch bei den großen Servern 1 GHz erreichen - gegenüber 800 MHz beim heutigen Itanium. Nicht nur durch den Takt sind 70 Prozent mehr Leistung als mit Itanium versprochen, was vor allem an optimierten Caches liegt, der L3-Cache sitzt nun sogar auf dem Die. Das belegt dann mal eben 240 Millionen Transistoren.

Was sich mit solchen Prozessoren anstellen lässt, zeigte Chef-Entwickler Gadi Singer am Donnerstag mit einer Anwendung der Nachrichtenagentur Reuters, bei der Tausende von Meldungen pro Sekunde sortiert und verteilt wurden. Dumm nur, dass dabei auch Intels Aktienkurs eingeblendet wurde, und der fiel während der Demonstration. Da aber die IDF-Keynotes noch nicht per Radio oder Fernsehen übertragen werden, war das wohl nur Zufall.

Fazit

Trotz der anhaltenden PC-Krise darf die jüngste Ausgabe des IDF als Erfolg gewertet werden. Zwar hatten nur etwas mehr als 4000 Besucher den Weg nach San Jose gefunden, ca. 500 weniger als im Frühjahr, doch selbst einer der Väter des IDF, Intel-Direktor Matthew Haller, zeigte sich zufrieden. Seine Konferenz, die mit 600 Entwicklern 1997 etabliert wurde, ist nun einer der wichtigsten Events der Branche.

Das beweisen unfreiwilligerweise auch Firmen wie AMD, VIA, Texas Instruments und das HyperTransport-Konsortium, die neue Meisterleistungen im Guerilla-Marketing vollbrachten. Frech in der Lobby eines der Tagungshotels aufgestellte Schilder und andere Maßnahmen wiesen den Weg zur Intel-Konkurrenz - aber auch hier zeigte sich der Chip-Gigant relativ souverän. Einzig das kaum zu übersehende HyperTransport-Schild musste ein paar Meter weichen.

Immerhin hatte Intel den Spaß ja bezahlt - und einige Millionen wird die Party wohl gekostet haben. Fallende Aktienkurse hin oder her, PC-Absatz außen vor: Wer 4,2 Milliarden Dollar für Forschung und Entwicklung und 7,5 Milliarden für Investments ausgeben kann, bezahlt auch eine derartige Entwicklerkonferenz fast aus der Portokasse. (nie)