Atom-Prozessoren und NM10-Chipsatz

Intels neue Netbook-Plattform mit Atom N450

21.12.2009 von Malte Jeschke
Seit Mitte 2008 machen Netbooks Furore, für Schub sorgte seinerzeit die Einführung von Intels Atom-Plattform. Jetzt folgt die nächste Generation der Netbook-Plattform von Intel, die eine verbesserte Performance und weniger Leistungsaufnahme verspricht.

Erst mit der Einführung von Intels Atom-Plattform respektive entsprechenden Endprodukten nahm der Netbook-Markt Mitte 2008 Fahrt auf, auch wenn derlei Geräte natürlich schon vorher existierten. Inzwischen sind Netbooks ein etabliertes Segment, sie stellen rund 20 Prozent der portablen Rechner am Markt. Dabei wurden nur wenige herkömmliche Notebooks verdrängt, denn Netbooks sind zusätzliche portable Systeme.

Das Gros der aktuellen Netbooks basiert auf Intels Atom-Plattform, die sich seit ihrer Einführung 2008 kaum verändert hat. Das bedeutet: In den meisten Netbooks steckt ein Atom N270, dem Intels 945GSE-Chipsatz zur Seite steht, der wiederum die integrierte Grafik GMA 950 mit sich bringt; das Ganze wurde auch als „Diamondville“ eingeführt. Seit Beginn des Jahres 2009 sind auch hie und da Netbooks mit dem Intel Atom N280 zu finden. Dieser arbeitet ein wenig flinker als der weit verbreitete N270, und zwar mit 1,66 statt 1,6 GHz und einem FSB von 667 statt 533 MHz. Der TDP-Wert liegt laut Intel wie beim N270 unverändert bei 2,5 Watt.

Ursprünglich sollte dem N280 einmal der GN40-Chipsatz assistieren, von dem man insbesondere bei der Wiedergabe von HD-Inhalten Vorteile erwartete. Tatsächlich findet sich der Atom N280 in Endgeräten aber in der gleichen Umgebung wieder wie der N270, sprich in Gesellschaft des 945GSE-Chipsatzes. Der GN40 hat den Markt nicht so recht erreicht. Von einem wirklich spürbaren Performancevorteil kann man in der Praxis daher kaum sprechen.

Das soll sich jetzt mit der neuen Generation, die den Codenamen Pine Trail trägt, ändern. Intel verspricht mehr Performance bei geringerer Leistungsaufnahme. So spricht Intel von 10 bis 20 Prozent mehr Leistung und einer Akku-Laufzeit, die um 20 bis 30 Minuten länger ist als bei vergleichbaren Geräten.

Vorher/Nachher: Die neue Netbook/Nettop-Plattform (rechts) kommt als Zwei-Chip-Lösung. (Quelle: Intel)

Mit der Einführung von Pine Trail verabschiedet sich Intel auch bei Netbooks und Nettops von der klassischen Drei-Chip-Lösung so wie bei anderen Plattformen. Dazu integriert Intel Speichercontroller und integrierte Grafik in den Prozessor, oder besser auf den Prozessor-Chip. Bislang ist die Atom-Plattform der Netbooks sehr traditionell aufgebaut und besteht aus Prozessor, Chipsatz und ICH. Der zweite Teil der neuen Plattform ist der Chipsatz, der sich um I/O wie Serial ATA, USB und PCI Express kümmert. Nach Aussagen von Intel soll Pine Trail einige Flaschenhälse der bisherigen Atom-Plattform in Sachen Leistung eliminieren. Das betrifft nicht nur die im Fokus stehenden Netbooks, sondern auch die sogenannten Nettops und auch „Entry-Level-Desktop“-Systeme. Das kompaktere Design der neuen Chip-Lösung soll zudem Kostenersparnisse für die Hersteller mit sich bringen und gleichzeitig für eine geringere Leistungsaufnahme der Gesamtplattform sorgen.

Neue Prozessoren

Drei neue CPUs führt Intel mit der neuen Generation ein. Für die beliebten Netbooks steht mit dem Atom N450 ein neues Modell zur Verfügung. Diese Single-Core-CPU arbeitet mit 1,66 GHz, verfügt über einen L2-Cache von 512 KByte und unterstützt DDR2-667-Speicher. Der Prozessor ist mit einem TDP-Wert von 5,5 Watt spezifiziert. Dieser Wert ist jetzt nicht mehr direkt mit der Vorgängergeneration vergleichbar (Atom N270: 2,5 Watt), da nun ja die Grafik und der Speichercontroller mit an Bord sind.

Neue Atom-Prozessoren

Prozessor

Taktfrequenz

Cores

Cache

Speicher-Unterstützung

TDP-Wert

Atom N450

1,66 GHz

1

512 KByte

DDR2-667

5,5 Watt

Atom D410

1,66 GHz

1

512 KByte

DDR2-800

10 Watt

Atom D510

1,66 GHz

2

1 MByte

DDR2-800

13 Watt

Für die Desktop-Systeme sind die neuen Atom-Prozessoren D410 und D510 zuständig. Beim D410 handelt es sich um einen Single-Core-Prozessor, der mit maximal 1,66 GHz arbeitet, über 512 KByte Cache verfügt und DDR2-800 unterstützt. Der D510 ist ein Dual-Core-Prozessor, arbeitet maximal mit 1,66 GHz und kann mit 1 MByte Cache aufwarten und unterstützt ebenfalls DDR2-800. Den TDP-Wert für den D410 beziffert Intel mit 10 Watt, der D510 soll bei 13 Watt liegen. Mit dem neuen Plattform-Design ist der FSB Geschichte, der Chipsatz wird per DMI angebunden. Die Atom-Prozessoren unterstützen wie das Gros des bisherigen Line-ups Hyperthreading.

Neue Grafik, neuer Chipsatz

Die neue Grafik trägt die Bezeichnung GMA 3150 und ist „in“ den Prozessor gewandert. Intel verspricht einen deutlichen Leistungssprung gegenüber der jetzigen Grafik GMA 950 oder GMA 500. Zeitgemäß wäre dies in jedem Fall, denn die am häufigsten anzutreffende GMA 950 hat ihren Einzug in das mobile Segment ja bereits Anfang 2006 gehalten.

Wie leistungsfähig die neue Lösung wirklich ist, , bleibt weiterhin unklar. Nach Angaben von Intel sei die neue Grafik durchaus in der Lage HD-Flash-Videos abzuspielen, H.264-Unterstützung sei ebenfalls vorhanden. Dennoch bietet sich für OEMs die Möglichkeit, die Netbooks mit entsprechenden Zusatz-HD-Decodern – etwa von Broadcom – auszurüsten. Damit sollten die erwähnten Anwendunen dann in jedem Fall möglich sein. Diese HD-Video-Decoder sind wie WLAN-Karten als Mini-PCI-Cards ausgeführt. Die Netbook-Displays werden per LVDS mit maximal 1366 x 768 Bildpunkten angesteuert. Damit dürfte sich hinsichtlich der bislang verwendeten Maximalauflösungen bei Netbooks nichts ändern. Per VGA werden maximal 1400 x 1050 Bildpunkte unterstützt. Eine HDMI-Unterstützung seitens Intels erfolgt derzeit mit der Pine-Trail-Plattform nicht.

Dem neuen Atom-Prozessor steht jetzt der NM10-Chipsatz zur Seite. (Quelle: Intel)

Wie eingangs erwähnt, ist bislang das Gros der Netbooks mit Intels 945GSE-Chipsatz ausgerüstet. Dessen technischer Ursprung liegt schon einige Zeit zurück, dementsprechend stand diese Lösung immer wieder in der Kritik. Mit der Einführung des Atom N280 wurde ursprünglich der GN40-Chipsatz erwartet, tatsächlich ist dieser aber nie so wirklich am Markt aufgetaucht. Der neue Chipsatz NM10 ist deutlich kleiner (17 x 17 mm) als die bisherige 945GSE-Lösung mit Grafik- und Speichercontroller (27 x 27 mm), zu der sich ja auch noch der ICH7 gesellt. Das dürfte den Designern von Netbooks einige Optimierungen erlauben.

Der neue Chipsatz NM10 bringt zwei SATA-Ports mit sowie Unterstützung für acht USB-Ports. Das klingt nach sehr viel, tatsächlich muss man davon aber die internen – per USB angebundenen – Geräte abziehen. Zur Integration ins Netzwerk steht ein integrierter 100 MBit-MAC zur Verfügung, unterstützt wird darüber hinaus Intels Gbit-Chip. Die verfügbaren WLAN-Module werden 802.11n unterstützen.

Der Vollständigkeit halber sei die ebenfalls am Markt vorhandene Silverthorne-Lösung erwähnt. Dabei handelt es sich um die Z-Versionen des Atoms, die gemeinsam mit dem Chipsatz US15W (Poulsbo) auftreten. Diese Kombination erweist sich als in der Leistungsaufnahme genügsamer als die bekanntere Diamondville-Plattform. Zum Chipsatz gehört die integrierte Grafik GMA500, die in puncto Performance gleichfalls noch etwas unter der GMA950 bleibt. Derzeit trifft man in entsprechenden Netbooks meist auf die Z-Varianten Atom Z520 (1,33 GHz, FSB 533 MHz) und Z530 (1,6 GHz, FSB 533 MHz). Die Z-Atoms unterstützen anders als der N270 Intels Virtualization Technology.

Apps für Netbooks

Was Smartphones recht ist, kann Netbooks nur billig sein. Bereits im Herbst 2009 hat Intel auf dem IDF das „Atom Developer Program“ vorgestellt. Damit will der Hersteller Entwickler von Applikationen für Atom-basierte Geräte wie Netbooks und MIDs unterstützen.

Apps für Netbooks: Mit dem Programm möchte Intel Entwickler und OEMs unterstützen.

Dabei handelt es sich nicht um einen Appstore für Anwender, sondern um eine Community für Entwickler. Intel stellt dort ein SDK für die Atom-Plattform zur Verfügung. Mit dem Ziel, die Verfügbarkeit von plattformübergreifenden Applikationen zu fördern, unterstützt das Atom Developer Program laut Intel verschiedene Betriebssysteme und Laufzeitumgebungen. Entwickler sollen damit eine Applikation nur noch mit einer Code-Basis schreiben müssen, die aber dann gleichermaßen für die Betriebssysteme Windows und Moblin geeignet sind. Umfangreiche Neuprogrammierungen sollen nicht mehr notwendig sein. OEMs von Netbooks können dann beispielsweise entscheiden, ob sie ab Werk entsprechende Applikationen auf ihre Produkte packen.

Fazit

Die neue Plattform dürfte den Herstellern bei Netbooks durchaus attraktive Designs erlauben. Man darf annehmen, dass alle gängigen Netbook-Hersteller sehr schnell mit entsprechenden Geräten zur Stelle sein werden. An den eigentlichen Formfaktoren wird sich aber wohl wenig ändern. Schließlich existiert ja, ebenfalls in preislicher als auch in leistungsmäßiger Hinsicht durchaus attraktiv, die CULV-Plattform von Intel als nächst höhere Alternative.

Für viele Anwender dürfte insbesondere die Leistungsfähigkeit der Grafik ein interessanter Punkt sein. Schließlich sind Netbooks Geräte, mit denen in der Praxis häufig Online-Inhalte konsumiert werden, und dazu gehören heutzutage eben auch höherwertige Videos. Wie sich die Matrix aus Leistungsfähigkeit und Laufzeit darstellen wird, müssen erste Tests zeigen. (mje)