Stromkosten im Netzwerk reduzieren

Intelligentes Energie-Management mit Switches

22.09.2011 von Georg von der Howen
Zu den Aufgaben aktueller Switches gehört mehr als nur den Datentransport in einem Netzwerk zu steuern. Sie besitzen eine Grundintelligenz, um sich dynamisch auf den Datenverkehr und den Energiebedarf anzupassen und leisten somit einen erheblichen Beitrag zur Senkung der Stromkosten.

Wenn das Thema IT-Stromkosten in einem Unternehmen diskutiert wird, stehen meistens Komponenten wie Server, Storage, Clients und Klimatisierung an erster Stelle. Diese Geräte müssen neben der erforderlichen Performance auch entsprechend energieeffizient arbeiten. Dabei übersehen die IT-Verantwortlichen, das auch das Netzwerk ein enormes Energieeinsparpotenzial bietet, wie eine Untersuchung von Tolly Group belegt.

Um die Energiekosten für die Netzwerk-Infrastruktur zu reduzieren, sollten schon bei der Anschaffung von Neugeräten der Energieverbrauch dieser Komponenten berücksichtigt werden. Besonders wichtig sind dabei die Energiesparoptionen, die ein Gerät wie zum Beispiel ein Switch bietet. So summiert sich zum Beispiel bei einem PoE-Switch mit 96-Ports jedes gesparte Watt pro Port zu einem relevanten Wert. Bietet ein Switch flexible Stromsparmodi, Port-Abschaltfunktionen oder dynamische Geschwindigkeitsverteilung und Überwachung, verringern sich die Stromkosten weiter.

Aber auch andere Aspekte dürfen nicht außer Acht gelassen werden. So ist etwa die zugeteilte Datengeschwindigkeit zu den entsprechenden Netzwerkgeräten bei den Energiesparüberlegungen zu berücksichtigen. Denn bei steigenden Geschwindigkeiten in einem Netzwerk erhöhen sich im Kupferkabel die Fehler durch Störungen, sodass schnellere und effizientere Korrekturverfahren verwendet werden müssen. Diese Funktionen erforderten mehr Rechenleistung, was sich in einem höheren Stromverbrauch auswirkt.

Energiesparen beginnt bei der Switch-Wahl

Jedes bei einem Switch gesparte Watt an Leistungsaufnahme spart dabei mehrfach. Denn energiehungrige Switches produzieren jede Menge Abwärme, für deren Ableitung Unternehmen wiederum zusätzliche Energie aufwenden müssen. Ein energiesparender Switch senkt also nicht nur den Stromverbrauch im Netzbetrieb. Er bedeutet gleichzeitig geringere Anschaffungs- und Betriebskosten bei der Klimatisierung des Verteilerschranks oder Rechenzentrums sowie im Idealfall kleiner dimensionierte Notstromaggregate und unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USVs), die im Standby ebenfalls weniger Energie verbrauchen.

Das nächste Augenmerk sollten Unternehmen dann auf die maximale Port-Dichte ihrer Switches richten. Denn wenn es die Verkabelungssituation vor Ort zulässt, erspart die Zusammenlegung von Netzwerk-Edge- und Distribution-Area einer klassischen Three-Tier-Architektur eine Vielzahl an Switches und damit auch deren Anschaffungs- und Betriebskosten. Auch bei dem Anschluss von Server-Farmen an das Netzwerk kann eine entsprechend hohe Port-Dichte "am Ende der Reihe" die Zahl der benötigten Switches reduzieren.

Aktuelle Geräte können dabei bis zu 784 Gigabit-Ethernet-Ports in einem Chassis zur Verfügung stellen. Bei drei möglichen Chassis pro Schrank ergibt dies eine maximale Port-Dichte von 2352 Gigabit-Ethernet-Ports pro Schrank. Bei 10-Gigabit-Ethernet lassen sich bis zu 582 Ports in einem Schrank unterbringen.

Energiehunger der Switches in der Praxis

Die Tester der Tolly Group haben die Switches "Catalyst 6509" von Cisco, "BlackDiamond 8810" von Extreme Networks und den "BigIron RX-16" von Foundry/Brocade näher analysiert und ihren Stromverbrauch miteinander verglichen.

Switches dieser Klasse kommen meist im Netzwerk-Core oder in Rechenzentren zum Einsatz. In dem Vergleichstest stellte sich heraus, dass sich der Stromverbrauch der Geräte bereits ohne Line-Cards und ohne Datenverkehr bis um den Faktor 2,8 unterschied. So verlangte der BlackDiamond für das Nichtstun lediglich 219 Watt, während sich der Catalyst dafür bereits 452 Watt genehmigte und der BigIron 617 Watt schluckte.

Bei bidirektionalem Datenverkehr auf acht 10-Gigabit-Ethernet-Ports und 48 1-Gigabit-Ethernet-Ports konsumiert das Gerät von Extreme Networks 535 Watt an elektrischer Leistung, Foundry verlangte 1223 Watt, und das Cisco-Modell benötigte 1876 Watt. Den detaillierten Test finden Sie im Tolly Report.

Wie intelligente Switches Strom sparen

Noch einen Schritt weiter gehen moderne Switches, die über intelligente Technologien zur Port-Konfiguration sowie über definierte Schnittstellen nach außen besitzen und somit zum Energie-Manager im Netz avancieren. Ein Beispiel hierfür ist die Abschaltung von am Netzwerk angeschlossenen Komponenten wie IP-Telefonen, wenn diese nicht benötigt werden. Geht man davon aus, dass in einem typischen Bürobetrieb das Telefon am Arbeitsplatz an fünf Tagen in der Woche rund acht Stunden genutzt wird, bedeutet dies gleichzeitig, dass es rund 75 Prozent der Zeit ungenutzt herumsteht - und dabei Strom verbraucht.

Intelligente Switches können nun beispielsweise dafür sorgen, dass bestimmte Switch-Ports während der Nachtzeit und am Wochenende nicht mit Strom - also mit Power-over-Ethernet-Funktion (PoE) - versorgt werden. So angeschlossene Telefone oder WLAN-Access-Points verbrauchen dann in diesen Zeiten überhaupt keine Energie mehr. Voraussetzung hierfür ist, dass das Betriebssystem des Switchs zeitgesteuert auf einzelne Ports Power-over-Ethernet-Profile anwenden kann.

Spart Strom: Der Switch EZ1016DT von SMC erkennt den Verbindungsstaus zu den einzelnen Netzwerkgeräten und regelt automatisch die Sendeleistung beziehungsweise den aktiven Strombedarf. Darüber hinaus verfügt das Gerät über diverse Energiesparoptionen. (Quelle: SMC)

Um trotzdem jederzeit die Möglichkeit zu bieten, etwa Notrufe abzusetzen, bietet Avaya beispielsweise eine rote Abdeckung für seine IP-Telefone an. Entsprechend gekennzeichnete Apparate lassen sich an zentralen Stellen aufstellen und werden als Notfalltelefone kontinuierlich mit Strom versorgt.

Switch-Betriebssystem und Schnittstellen

Noch einen Schritt weiter gehen Switches, wenn sie Schnittstellen zu Drittsystemen bereitstellen und ihre Port-Profile darüber steuern lassen. Dies ist beispielsweise über die XML-Schnittstelle im Switch-Betriebssystem ExtremeXOS beim Hersteller Extreme Networks möglich.

Koppelt man darüber einen Switch mit einem Zeiterfassungssystem, kann dieses dem Switch den Befehl geben, das Telefon eines Mitarbeiters mit Strom zu versorgen, sobald dieser am Gebäudeeingang seinen Firmenausweis in das Lesegerät zur Zeiterfassung steckt. Verlässt der Mitarbeiter später das Gebäude und meldet sich bei der Zeiterfassung ab, gibt diese dem Switch wiederum den Befehl, das Telefon des Mitarbeiters auszuschalten.

Technische Voraussetzung dafür ist immer ein intelligentes Switch-Betriebssystem, das sich über Befehle von außen steuern lässt, ohne dabei Kompromisse in Sachen Zuverlässigkeit und Stabilität zu machen. Klar definierte und offengelegte Schnittstellen sorgen dann dafür, dass Drittanbieter diese Funktionen in ihre Produkte integrieren können. Moderne Switches sind zudem in der Lage, Stromsparprofile nicht nur auf Ports, sondern auch auf Line Cards anzuwenden und diese unter bestimmten Bedingungen abzuschalten. Dadurch lässt sich der Stromverbrauch eines Switchs weiter reduzieren, wenn alle Ports eines Moduls gerade nicht benötigt werden.

Fazit und Ausblick

Die Möglichkeiten, die zeitgesteuerte Port-Profile eines Switchs sowie Schnittstellen zu externen Anwendungen bieten, sind bei weitem nicht auf die Energieeffizienz begrenzt. Bleibt man in diesem Umfeld, so lässt sich damit faktisch alles ein- und ausschalten, was über Power-over-Ethernet mit Strom versorgt wird.

Noch einen Schritt weiter gehen moderne Switches, die neben PoE-Ports auch zeit- oder schnittstellengesteuert ihre Line Cards in einen Hibernation-Modus schalten können und dadurch den Stromverbrauch des Switchs noch weiter senken.

Aus den oben genannten Gründen sollten deshalb Unternehmen bei der Auswahl ihrer Switches nicht nur darauf achten, wie viel Energie diese selbst verbrauchen. Ebenso interessant ist, welche Möglichkeiten sie bieten, um auch den Energieverbrauch der Switch-Module sowie der angeschlossenen Geräte zu senken. Wer als findiger IT-Manager seinem Unternehmen so nachweisbar Kosten spart, kann sich für seine gute Idee vielleicht bald selbst über einen Bonus freuen. (hal)

Dieser Artikel basiert auf Beiträgen unserer Schwesterpublikation Computerwoche.