Ratgeber Mittelstand

In sechs Schritten zum IT-Servicekatalog

07.09.2009 von Marcus Schwertz, Dr. Ralf  Meyer und Dr. Rolf  Kühn
Standardisierung, Transparenz, Flexibilisierung und Kostenoptimierung der IT-Leistungen sind die Ziele eines IT-Servicekatalogs. Dafür bedarf es einiger Vorarbeit.

Nicht immer haben Unternehmen einen strukturierten Überblick über die gegenwärtigen und zukünftigen IT-Services, die durch die Fachbereiche abgefragt und genutzt werden. Gerade in wachsenden Unternehmen ist eine klare Darstellung der notwendigen Leistungen oft nicht mehr möglich, weil sich im Laufe der Zeit oder durch Unternehmenszukäufe Redundanzen und Überschneidungen bilden. Ein IT-Servicekatalog kann dies vermeiden. Zudem kann er helfen, die passenden IT-Leistungen zur rechten Zeit an der richtigen Stelle in der optimalen Qualität anzubieten. Ein IT-Servicekatalog lässt sich in sechs Phasen realisieren:

1. Definition der IT-Leistungskategorien

Zu Beginn ist der detektivische Spürsinn des IT-Service-Managers gefragt: Zunächst muss er in groben Kategorien die IT-Leistungskategorien den Eigenarten des Unternehmens anpassen. Dabei helfen Best-Practice-Vorlagen: Häufig sind es Strukturen, die sich im Laufe der Zeit am Markt gebildet haben und die die Leistungsinhalte praxisgerecht untergliedern. Typische IT-Leistungskategorien sind Arbeitsplatzsysteme, Backup und Restore, Server und der Betrieb von Standardapplikationen. Diese machen in der Regel rund 80 bis 90 Prozent des Umfangs eines IT-Servicekatalogs aus. Dazu kommen geschäftszweckabhängige IT-Leistungskategorien, die im Idealfall aus vorhandenen Kategorien modularisiert oder als deren Spezialfälle dargestellt werden. Ziel dieser Phase ist eine marktübliche Struktur des Katalogs, die sich an den ermittelten IT-Leistungskategorien (etwa 20 bis 40) orientiert.

2. Detaillierung der IT-Leistungskategorien zu IT-Leistungen

Aufbauend auf den Leistungskategorien müssen nun die jeweiligen Leistungen detailliert beschrieben werden, die sich hinter den Kategorien verbergen. Hierbei benötigen die Verantwortlichen die Mithilfe der Anwender, um etwa die verwendete Begriffswelt an die betrieblichen Gepflogenheiten anzupassen. Das gewährleistet die spätere Akzeptanz des Katalogs. Ein Beispiel für eine Detaillierung ist die Einteilung der IT-Leistungskategorie "Arbeitsplatzsysteme" in die Leistungen "Clients", "Standardsoftwarepakete", "Drucker" und "Mobile Devices".

3. Erarbeitung der IT-Leistungsscheine

Die Definition der IT-Leistungen bildet den Input dafür, die IT-Leistungsscheine zu erstellen. In ihnen werden konkrete Leistungen und Qualitätsstufen strukturiert und verbindlich beschrieben. Sie stellen damit auch die Benchmark-Fähigkeit der IT-Leistung sicher. Ein Unternehmen kann durchaus mehrere Leistungsscheine der gleichen Kategorie in unterschiedlicher Ausprägung (Service-Level, Standorte usw.) abschließen.

Wichtig hierbei ist, dass die Struktur der Leistungsscheine einem einheitlichen Vorbild folgt, das auch über die Kategorien hinweg beibehalten wird. Ebenfalls Bestandteil der Leistungsbeschreibung sollte eine saubere Abgrenzung von den übrigen Leistungen sein. Dazu gehören ebenso Service-Level und deren Messverfahren, Leistungsübergabepunkte, Verrechnungsgrößen für das Pricing sowie Mitwirkungsleistungen durch den Kunden.

4. Kostenzuordnung und Preiskalkulation

Mit Hilfe eines einheitlichen Kalkulationsschemas müssen die IT-Ist-Kosten auf die jeweiligen Leistungsarten abgebildet werden. Die Abrechnungseinheiten, die Kosten und das detailliert erhobene Mengengerüst fließen in die Berechnung der Stückpreise ein. Mit Hilfe einer definierten Preiskalkulation sind die Leistungen zukünftig adaptierbar und lassen auch Benchmarks zu. Den Abschluss dieser Phase bildet ein Proof-of-concept für exemplarische Fälle.

5. Zusammenstellung des IT-Servicekatalogs

Die in den vorhergehenden Phasen entstandenen Dokumente werden modular im Servicekatalog zusammengefasst. Die IT-Leistungen müssen klar voneinander abgegrenzt sein, so dass keine Redundanzen und vor allem keine Leistungslücken entstehen. Erst dadurch bekommt die geschaffene Leistungstransparenz ihren eigentlichen Wert.

Gleichzeitig müssen Schnittstellen der einzelnen IT-Leistungen zur Dokumentation außerhalb des Servicekatalogs explizit benannt und beschrieben werden. Das können Prozessbeschreibungen sein, jedoch auch Warenkörbe oder IT-Richtlinien unterschiedlichster Ausrichtung.

6. Implementierung und Pflege

In der letzten Phase sind die Verantwortlichen gefordert, den Servicekatalog zu implementieren. Dazu zählt auch, dass der Katalog den Fachbereichen und Anwendern bekannt gemacht wird, sofern dies nicht im Rahmen der Abstimmungsprozeduren bereits geleistet wurde. Die Akzeptanz des IT-Servicekatalogs ist wichtig und wird erleichtert, wenn es dem IT-Management gelingt, den damit verbundenen Nutzen klar herauszustellen. Nicht zu unterschätzen ist der Aufwand für die Pflege des Servicekatalogs. Dieser beträgt etwa zwölf Tage pro Jahr.

Hier bietet es sich an, einen einfachen Änderungsprozess festzulegen. Zunächst sollten anstehende Änderungen gesammelt und zu bestimmten Zeitpunkten, zum Beispiel halbjährlich, im Servicekatalog abgebildet werden. Dabei müssen Priorität und Auswirkungen beachtet werden. Zur Steigerung der Effizienz kann beispielsweise ein Web-Tool (in der Regel durch den Dienstleister) zur Verfügung gestellt werden.

Fazit: Wichtig sind Vorbereitung und Abstimmung

Viele Unternehmen besitzen nur rudimentäre IT-Leistungsbeschreibungen und Service-Level-Agreements (SLAs). Oft haben es die Betriebe auch versäumt, bestehende Servicebeschreibungen an geänderte Erfordernisse und Rahmenbedingungen anzupassen. Sie sollten einen neuen IT-Servicekatalog in Erwägung ziehen. Erstellung, Abstimmung und Implementierung sind letzten Endes nur erfolgreich, wenn die damit verfolgten Ziele transparent sind und von den Entscheidern mitgetragen werden.

Um einen IT-Servicekatalog zu entwerfen, sollten sich die Verantwortlichen an einem Stufenmodell orientieren und marktübliche Vorlagen (Best Practices) nutzen. Wichtig ist es, die IT-Leistungen auf die vorhandene IT-Kostenrechnung abzustimmen, wobei letztere stets Anpassungen unterliegen kann. Jede Tätigkeit im Erstellungsprozess muss sich immer daran messen lassen, ob sie etwas zum notwendigen Reifegrad, der Marktüblichkeit und der Benchmark-Fähigkeit des IT-Servicekatalogs beiträgt. Angesichts der Menge an Informationen und Strukturen dürfen die Ziele nicht aus dem Fokus verschwinden. Sie lauten Standardisierung, Transparenz, Flexibilisierung und Kostenoptimierung der IT-Leistungen. Die Erfahrung zeigt: Je gründlicher die Vorarbeiten sind und je intensiver der Abstimmungsprozess, desto nachhaltiger und wirksamer ist schließlich der erarbeitete Leistungskatalog.