Ob Führungskraft, Freiberufler oder Mitarbeiter, die Münchner Informatikerin Claudia Kimich hat in den vergangenen zwölf Jahren schon viele Klienten in Sachen Eigen-Marketing, Neuorientierung oder Gehaltsverhandlung gecoacht.
Ihre Erkenntnisse in Sachen Verhandlungsgeschick hat sie kürzlich zu einem kompakten Ratgeber (Um Geld verhandeln. Honorare, Preise und Gehalt: So bekommen Sie, was Sie verdienen, erschienen im Beck Verlag) verarbeitet. Für unsere Leser erklärt Kimich, wie sie in sechs Schritten zum Erfolg beziehungsweise zu einem höheren Gehalt kommen.
Bevor Sie mit Ihrem Chef über Geld sprechen, müssen sie einige Vorarbeit leisten. Sie wollten wissen, was Sie wollen und ihre Ziele kennen. Dazu einige Anregungen von Kimich:
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Schreiben Sie Ihre Ziele auf. Das führt zu besserer Struktur und schafft sofort mehr Klarheit im Kopf.
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Formulieren Sie positiv: Schreiben Sie, was Sie wollen, nicht, was Sie nicht wollen.
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Überprüfen Sie Ihr Ziel auf Verallgemeinerungen, wie zum Beispiel man, jeder, usw. Sprechen Sie von sich als ich oder sprechen Sie direkt über andere.
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Verwenden Sie Tatsachen statt Möglichkeiten: werde, habe, will, kann und darf statt würde, hätte, möchte, könnte und dürfte
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Prüfen Sie, ob sich in Ihrem Ziel noch einige der folgenden Füllwörter verstecken, wie äh - ähm - tja - oder so - eigentlich - vielleicht - quasi - eventuell - aber - auch - ja - im Prinzip - allerdings - gegebenenfalls - relativ - möglicherweise …
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Streichen Sie die Füllwörter oder überlegen Sie zumindest, ob diese Wörter Ihre Aussage verändern. Lassen Sie diese Füllwörter beim Vorsagen oder Lesen weg und prüfen Sie, ob inhaltlich dann etwas fehlt. Wenn nein, prima, nichts, wie raus damit. Wenn ja, lassen Sie es drin, oder formulieren Sie besser
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Ist Ihr Ziel griffig? Oder haben sich Weichmacher drin versteckt? Versuchen gehört zu den so genannten Weichmachern und macht zusammen mit glauben, bemühen, vielleicht und eventuell Ihre Ziele weich und nachgiebig.
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Gibt es Abschrecker in Ihrem Ziel? Abschrecker, wie müssen, Problem, Mühe oder Disziplin haben eine gewaltige Widerstandswirkung auf Ihr Unterbewusstsein. Streichen Sie das Wort müssen in jeder Variante aus Ihrem Sprach- und Schreibgebrauch. Kennen Sie dreijährige Kinder, die ins Bett gehen sollen und nicht wollen? Sie spreizen sich mit allen Vieren sehr kraftvoll in die Tür und haben damit oft Erfolg, solange der ins Bett bringende Erwachsene kein achtarmiger Tintenfisch ist. Genauso geht es Ihrem Unterbewusstsein, wenn es auf das Wort müssen stößt.
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Formulieren Sie müssen in ein aktives Verb um. Statt "Ich muss mit meinem Chef über mein Gehalt reden." Besser " Ich spreche mit meinem Chef über mein Gehalt "
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Schritt 1: Werden Sie konkret
Konkret bedeutet: Genau, detailliert und auf den Punkt gebracht. Was wollen Sie? Für welche Leistung wollen Sie es? Was ist der Nutzen für Ihr Gegenüber?
Konkret bedeutet auch, dass Sie sich Ihrer Leistungen bewusst sind oder werden. Bedenken Sie, dass eine Geldverhandlung ein klares Gegengeschäft ist: Sie erhalten den Gegenwert für Ihre Leistung. Gehören Sie zu den Menschen, die noch an das Märchen glauben, dass Ihr Chef Ihre Taten sieht und entsprechend würdigt? Wie soll er denn? Und vor allem wann? Ihr Chef hat seine eigenen Aufgaben und verlässt sich darauf, dass seine Mitarbeiter arbeiten. Für Sie bedeutet das:
Erstellen Sie Ihre Leistungsliste
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Listen Sie Ihre Leistungen, Tätigkeiten und Projekte genau auf.
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Stellen Sie heraus, was genau Ihr Anteil daran war. Bereiten Sie die Informationen etwa in einer Tabelle auf, es dürfen natürlich auch mehr sein.
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Stehen Sie zu Ihren Erfolgen und präsentieren Sie den Nutzen, den Sie dem Unternehmen bringen, am Besten auf dem Silbertablett, so dass kein Chef daran vorbeischauen kann.
Konkrete Übung: Papier und Stift in die Hand und werden Sie konkret!
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Schreiben Sie Ihr Ziel auf.
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Prüfen Sie, dass es sich um ein Ziel handelt.
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Bei Mehrfach-Zielen bearbeiten Sie das Wichtigste zuerst.
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Beschreiben Sie Ihren Zielgegenstand so genau wie möglich.
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Wiederholen Sie diese Übung mit allen Ihren Zielen.
Schritt 2: Vertrauen Sie Ihrer Intuition
Wenn wir Entscheidungen treffen, vor allem, wenn es schnell gehen muss, dann treffen wir sie meist aus dem Bauch heraus. Oft sind das die besten Entscheidungen.
Intuitions-Übung: Befragen Sie Ihren Bauch zu Ihrem Ziel:
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Überprüfen Sie Ihr Ziel intuitiv und verändern Sie es, wenn Ihre Intuition streikt.
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Lesen Sie sich das Ziel laut vor!
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Stellen Sie sich vor, wie es wäre, das Ziel schon erreicht zu haben.
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Malen Sie sich das erreichte Ziel in aller Ausführlichkeit aus, beispielsweise Gefühle, Körperempfindung, innere Stimmen, Farben und Formen, mögliche Vorteile, usw.
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Achten Sie genau auf Ihre inneren Reaktionen bei dieser Vorstellung.
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Jede Reaktion ist in Ordnung, es ist Ihre ganz eigene!
Erzeugt die Vorstellung ein gutes Gefühl? - Perfekt, dann nix wie los!
Erzeugt die Vorstellung ein schlechtes Gefühl? - Gehen Sie dem Grummeln auf den Grund. Nehmen Sie das Grummeln wahr und ernst!
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Warum grummelt es?
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Was grummelt genau?
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Ist das Grummeln eine Altlast, zum Beispiel ein Glaubenssatz oder eine Warnung?
Schritt 3: Messen Sie Ihren Erfolg
Gestalten Sie Ihr Verhandlungsziel mit Zahlen und Daten messbar.
Messbarkeits-Übung:
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Legen Sie Ihren Wert in Zahlen und Daten fest.
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Schreiben Sie genau auf, was Sie bis wann haben wollen.
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Setzen Sie Ihren Maximalwert als Minimalwert ein.
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Wenn Sie eine Spanne, etwa 40.000 Euro bis 45.000 Euro angeben, führt das meist dazu, dass Sie höchstens den niedrigen Wert, eher noch weniger bekommen.
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Geben Sie 45.000 Euro als Ihre Vorstellung an.
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Das Gleiche gilt für das zu erreichende Datum. Wenn Sie Ihr Ziel zwischen Juli und Dezember erreichen wollen, schreiben Sie Juli.
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Stellen Sie sich Ihr Idealzahlenziel bildlich oder auf Ihrem Bankkonto vor.
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Schlagen Sie 10 bis 20 Prozent auf! Jetzt ist Schluss mit Tiefstapeln!
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Legen Sie Ihre absolute unterste Schmerzgrenze fest. Behalten Sie diese für sich!
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Binden Sie Ihre Zahlenziele wohl formuliert in Ihr Gesamtziel ein.
Schritt 4: Ergreifen Sie die Initiative
Initiativ sein bedeutet, von sich aus in Aktion zu treten. Aktion kann auch bedeuten, dass Sie sich bewerben, damit Ihren Marktwert feststellen und sich mögliche Alternativen schaffen.
Es ist sehr situationsabhängig, wann Sie persönlich am besten verhandeln. Haben Sie gerade einen guten Auftrag an Land gezogen, einen Reklamationskunden zurückgeholt oder für positive Schlagzeilen gesorgt? Hat Ihr Kunde durch Ihre Leistungen selbst mehr Umsatz gemacht? Dann nichts wie ran an den Chef oder Kunden! Machen Sie Ihren Mehrwert sichtbar! Von allein bekommen Sie nur im Tarifvertrag Erhöhungen.
Bewerbungstipp: Bewerben Sie sich bei zwei bis drei Stellen, die Nachteile für Sie haben, beziehungsweise die zweite bis fünfte Wahl sind: weite Anfahrt, andere Branche, Befristung oder was Ihnen sonst nicht gefällt. Sie werden merken, dass Sie zum einen Übung in Bewerbungssituationen erlangen. Zum anderen hängt Ihr Herz nicht an diesen Bewerbungen, und Sie können viel freier agieren. Wenn Sie es dann noch schaffen, das lockere, leichte Gefühl daraus in die anderen wichtigen Gespräche mitzunehmen, haben Sie schon gewonnen.
Überlegen Sie bitte, bevor Sie den Bewerbungstipp durchführen, ob Sie an Ihrem jetzigen Arbeitsplatz glücklich sind. Wenn das auch bei Ihnen so ist, ist das völlig in Ordnung. Es wird nur die Verhandlung erschweren, wenn Sie diese Zufriedenheit aus allen Poren ausstrahlen. Dann ist es noch wichtiger, dass Sie Ihre Leistung sichtbar machen und Ihrem Verhandlungsgegenüber einen Mehrwert bieten.
Initiativ-Übung:
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Seien Sie aktionsorientiert. Kommen Sie in die Gänge!
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Schreiben Sie mindestens eine Bewerbung.
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Erkennen Sie einen günstigen Zeitpunkt.
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Prüfen Sie mögliche Alternativen.
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Stellen Sie ehrlich Ihre Prioritäten bezüglich Ihres Jobs fest.
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Beschäftigen Sie sich mit Ihrem Mehrwert.
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Machen Sie sich einen Plan über Ihre Initiativen
Schritt 5: Seien Sie Creativ
Creativ sein bedeutet, etwas zu entwickeln oder die Perspektive zu wechseln.
Wenn Ihnen der Kunde oder der Chef mit einer Nullrunde oder dem Argument "Mehr Geld geht nicht!" kommt, seien Sie auf der Hut. Wenn Sie sich jetzt damit zufrieden geben oder ohne Gegenleistung herunterhandeln lassen, leidet Ihre Glaubwürdigkeit und Sie zeigen, dass es bei Ihnen grundsätzlich Verhandlungsspielraum gibt.
Wenn Sie Ihr Gehalt verhandeln und Ihre Vorstellung ist wesentlich höher als die des zukünftigen Chefs, dann können Sie ihm folgendes Angebot machen: "Die Probezeit arbeite ich zu Ihren Konditionen und danach geht es zu meinen Bedingungen weiter."
Achtung! Schriftlich fixieren! Lassen Sie sich auf diesen Deal nur ein, wenn es bereits jetzt im Vertrag schriftlich festgehalten wird. Geben Sie sich nicht mit der Aussage zufrieden: "Dann reden wir nach der Probezeit noch mal darüber." Das funktioniert nicht!
Creativ-Übung "Nehmen Sie andere Standpunkte ein."
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Wie würden Sie als Ihre Chef/ Kunde reagieren?
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Wie würde ein Kind argumentieren?
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Was würden Sie normalerweise niemals sagen?
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Was würden Sie jemand anderem in der Situation empfehlen?
Schritt 6: Nehmen Sie die Herausforderung an
Stapeln Sie gerne tief? Womöglich noch, ohne es selbst zu merken? Dann ist jetzt der Zeitpunkt zu entscheiden, ob Sie das weiter wollen oder einen anderen Weg gehen.
Erstgebotstipp: Steigen Sie Ihren Leistungen entsprechend ein. Ein zu niedrig ausgehandeltes Anfangsgehalt oder -honorar holen Sie nie wieder auf. Die Nummer: Jetzt hab ich den Job oder den Auftrag erstmal und dann sehen die schon, was ich kann und geben mir freiwillig mehr Geld, klappt in den seltensten Fällen. Stellen Sie im Zweifel klar, dass das ein Beschnupperungsangebot ist und wie Ihr Gehalt oder Honorar danach aussieht. Am besten schriftlich!
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Üben Sie sich in Herausforderungen.
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Ist Ihr Ziel herausfordernd? Wirklich? Wenn nein, dann legen Sie die Latte ruhig noch ein paar Nummern höher!
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Stellen Sie fest, was Ihnen schlimmstenfalls bei einem Misserfolg passieren kann! Meistens ist das halb so wild!
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Listen Sie auf, was geschehen ist, wenn Sie Ihre Ziele in der Vergangenheit erreicht haben.
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Genießen Sie dieses tolle Gefühl, das Sie hatten, als Sie ein Ziel erfolgreich erreicht haben.
Noch mehr Verhandlungstipps finden Sie in Claudia Kimichs Ratgeber Um Geld verhandeln. Honorare, Preise und Gehalt: So bekommen Sie, was Sie verdienen, Beck: juristischer Verlag 2010.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation Computerwoche. (cvi)