Ideal für Einsteiger

22.01.2001
Die Firma Mandrakesoft richtet sich mit der Version 7.2 ihrer LinuxDistribution vorwiegend an den Heimanwender. Grafische Tools erleichtern zwar die Desktop-Verwaltung; bei der Serververwaltung ist der Administrator aber nach wie vor auf Hilfsmittel wie "Linuxconf" oder "Webmin" angewiesen.

Von: Peter Kößler

"Linux Mandrake" hat sich längst von der ursprünglichen Plattform "Red Hat mit KDE" zu einer hochgelobten Distribution entwickelt. Ein neues Drucksystem, nämlich "Xfree 4.0.1" mit Windows-Font-Unterstützung, die grafische Oberfläche "KDE 2.0" und nützliche Internet-Verbindungsassistenten sind die wichtigsten Neuerungen der aktuellen Version 7.2 des französischen Distributors Mandrakesoft. Die Linux-Sammlung beziehen deutsche User als "Download Edition" mit zwei CDs vom FTP-Server des Herstellers oder als "Powerpack Deluxe" mit sieben CDs im Handel. Eine spezielle Servervariante "Corporate Server 1.0" ist in Deutschland noch nicht zu haben. Deshalb prüften wir die Edition "Linux-Mandrake 7.2 Powerpack Deluxe".

Voreiliges Marketing

Nach dem Öffnen der Verpackung fielen uns sieben mit bunten Pinguinen bedruckte CDs und zwei nicht weniger bunte Handbücher (Benutzer- und Installations- sowie ein Referenzhandbuch) entgegen und ein Faxformular - denn die auf der Verpackung angepriesenen Programme KDE 2.0 und IBM "Via Voice" sind darin durch Gutscheine vertreten, die der Anwender durch eine Bestellung der CDs einlöst. Diese waren noch nicht fertig, als Mandrake das 7.2er-Paket schnürte.

Das Basispaket enthält die Grafiksysteme "KDE 1.99", "Gnome 1.2.1" und "Xfree 4.0.1" und den Kernel der Version 2.2.17. Auch eine umfangreiche Zusammenstellung beliebter Desktop-Anwendungen wie "Staroffice 5.2", "Netscape 4.75" und "Gimp 1.1.25" sowie Serveranwendungen wie "Apache 1.3.12 mit PHP 4.02" und "Interbase 6.01" befinden sich auf den CDs. Zudem gewährt Mandrakesoft einen Installationssupport von 100 Tagen. Wie mittlerweile bei den meisten Linux-Distributionen Standard, startet die bootfähige CD eine grafische Installation oder auf Wunsch eine textorientierte.

Bootmanager für große Festplatten

Dem Benutzer stehen drei Installationsklassen zur Wahl: "Empfehlenswert", "Benutzerdefiniert" und "Experte". "Empfehlenswert" richtet sich an den absoluten Linux-Neuling. Bei der Variante "Benutzerdefiniert" kann sich der Anwender entscheiden, wofür er sein System verwenden will - als Arbeitsplatzrechner, Server oder Entwicklungsplattform. Der "Experte" schließlich darf sein System ganz nach seinen Wünschen konfigurieren. Reicht der Plattenplatz für eine gewählte Variante nicht aus, spielt das Installationsprogramm nur einen Teil der gewählten Pakete ein. Der Administrator bestimmt, wie viel Prozent wegfallen dürfen. Das Setup sucht dann die wichtigen Pakete aus.

Sehr praktisch ist das Tool "Diskdrake", mit dem der User Windows-Partitionen verkleinern kann. Als Dateisysteme stehen ext2, lvm und reiserfs zur Verfügung. Anstelle des verbreiteten Programms "Lilo" verwendet Linux Mandrake den Bootmanager "Grub" (Grand Unified Bootloader). Die meisten Betriebssysteme müssen innerhalb der ersten acht GByte der Festplatte installiert sein, damit das BIOS des Rechners sie booten kann. Das Programm Grub umschifft diese Klippe, vorausgesetzt, dass das BIOS des Rechners aktuell ist.

Für Clients hat Mandrake eine Installation via FTP, NFS oder von einem Windows-Server aus vorgesehen. Die Netzwerkkonfiguration fällt mit dem neuen Internet Connection Wizard "Draknet" sehr leicht. Neben Ethernet-Einstellungen lassen sich damit Modems, ISDN- und auch DSL-Verbindungen zum Provider einfach konfigurieren.

Ein besonderer Clou ist der neue "Internet Connection Sharing Wizard" namens "Drakgateway". Per Knopfdruck konfiguriert der Administrator damit den Linux-Server als Internet-Proxy, der anderen Rechnern im lokalen Netz seine Internet-Verbindung zur Verfügung stellt. Beim Einrichten startet das Setup automatisch einen DNS-Server (Domain Name Service), einen DHCP-Server (Dynamic Host Control Protocol) und eine Firewall mit Adressübersetzung beziehungsweise Network Adress Translation (NAT).

Selbst bei der Installationsvariante "Server" ist Drakgateway jedoch der einzige "Wizard", der dem Anwender das Einrichten von Serverdiensten erleichtert. Abhilfe verspricht erst die "Corporate Server Edition 1.0" mit ihren speziellen "Wizdrakes", die bislang nur in Frankreich zu haben ist. Einen Schritt hin zu einfacher Administration ging Mandrake mit dem Mailserver "Postfix", der die komplizierte Software "Sendmail" ersetzt. Der modulare Aufbau des Programms erleichtert dem Anwender die Suche nach Fehlern und Sicherheitsmängeln. Außerdem verhindert Postfix, dass Angreifer Root-Rechte erhalten.

Sicherheit nach Maß

Zum Thema Sicherheit hat sich Mandrakesoft einiges einfallen lassen. Mit Hilfe des Tools "Msec" stellt der Administrator sechs verschiedene Sicherheitsstufen (0-5) ein. In Ebene 0 brauchen sich die Benutzer gar nicht anzumelden. Auf der höchsten Sicherheitsstufe 5 kann sich niemand als "Root" einloggen. Weiterhin beeinflussen die Sicherheitsebenen die Dateirechte, den Versand von Warnmeldungen und die Kontrolle von offenen Ports und X-Verbindungen. Periodische Sicherheitstests stellen die Integrität der Passwortdateien sicher und prüfen Dateirechte. Weil die Tests von Scripts in "/usr/share/msec" gesteuert werden, kann der Benutzer dort leicht eigene Ergänzungen anfügen. Warum dabei aber die Firewall von Linux nicht zum Einsatz kommt, ist schleierhaft; denn ganz so sicher dürfte selbst ein Linux-Server der Stufe 5 nicht sein, dass er ohne Firewall zurecht kommt. Ebenso fehlt "Secure Shell" in der Standardinstallation.

Als Web-Server dient die speziell von SGI im Rahmen des "Accelerating Apache Project" optimierte Software "Apache 1.3.12", die "PHP 4.0.1" und "Secure Sockets Layer" (SSL) unterstützt. Die grafische Oberfläche setzt auf "Xfree 4.0.1" auf und lässt sich mit "Xfdrake" gut konfigurieren. Mit dem dabei verwendeten Font-Server und dem Tool "Drakfont" kann der Benutzer auch Windows-Schriftarten einsetzen. Mandrake hat neben KDE und Gnome viele Fenstermanager in eine einheitliche Menüstruktur eingebunden.

Drucken übers Internet

Mandrake Linux hat als erste Distribution die Printing-Software "Common Unix Printing System" (Cups) aufgenommen. Über deren Standardschnittstelle xpp stehen Anwendern verschiedene Druckeroptionen zur Papierfachwahl oder zum doppelseitigen Drucken zur Verfügung, was bisher unter Unix nicht möglich war. Dazu dient eine so genannte "Postscript-Printer-Description"-Datei, die vielen der einschlägigen Ausgabegeräten auf einer Installations-CD beiliegt.

Bei den Netzwerkdruckern unterstützt Cups die Protokolle TCP/IP (LPD), HP Jetdirect und Windows/ CIFS. Cups kann der Administrator über seinen Browser (Port 631) verwalten. Die Software ist eine der ersten Umsetzungen des "Internet Printing Protocol" (IPP) und erlaubt, Netzwerkdrucker über "HTTP" anzusprechen. Sie gilt als der künftige Standard. Alle Einstellungen und "Wizards" hat Madrakesoft im grafischen Konfigurationstool "Drakconf" integriert, wobei "Linuxconf" für die komplexeren Einstellungen zuständig ist.

Innovative Ideen

Probleme gibt es noch mit der "Internationalisierung", denn deutsche und englische Textfelder treten hier und da gemischt auf. Leider fehlen der Distribution grafische Administrationshilfen für die Serversoftware.

Insgesamt glänzt Mandrake Linux 7.2 durch einige "innovative" Ideen und eignet sich dank seiner einfachen grafischen Administrationstools im Desktop-Bereich auch für Windows-Erfahrene. (kpl)

Zur Person

Peter Kößler

ist freier Journalist in Regensburg.