Analyse der Quartalszahlen

IBM-Zahlen enthüllen die Wahrheit über den Cloud-Markt

23.01.2014 von Steve Janata
Die IBM hat ihre Zahlen für das vierte Quartal und das Gesamtjahr 2013 vorgelegt. Die Ergebnisse zeigen besser und plastischer als jede Marktprognose, mit welcher Geschwindigkeit und Intensität die Transformation in das Cloud-Computing-Zeitalter vonstatten geht.

Ginni Rommety ist wirklich nicht um ihren Job als Kapitän bei IBM zu beneiden. Zwar hat sich der große Tanker IBM in den letzten Jahren auf den richtigen Kurs begeben, allerdings muss man feststellen, dass die Stürme, die auf den IT-Meeren toben noch viel stärker ausfallen als die meisten geglaubt haben. Und so muss Rommety in immer kürzeren Abständen dafür Sorge tragen, dass sich die Reisegeschwindigkeit erhöht, um möglichst schnell wieder in ruhigere Gewässer zu kommen.

Dramatische Verschiebungen beim Umsatz

Aber erst mal zurück zum Zahlenwerk. Da kommt man aus dem Staunen kaum mehr heraus. Der unspektakuläre Teil ist sicherlich der Umsatzrückgang im vierten Quartal, als auch für das Gesamtjahr 2013 um rund fünf Prozent. Natürlich nicht erfreulich, in Anbetracht der Marktentwicklungen aber kaum verwunderlich. Wenn man aber die einzelnen Geschäftssparten betrachtet, wird deutlicher, welche tektonischen Verwerfungen im IT-Markt am Werke sind (siehe auch IBM-Chefin verzichtet nach trübem Jahr auf ihren Bonus).

Das Segment "Systems and Technology" hatte im vierten Quartal mit Umsatzrückgängen von 26 Prozent zu kämpfen. Das Wort Rückgang ist hier aber eigentlich viel zu harmlos. Desaster, Fiasko oder Waterloo wären wohl passendere Vokabeln. Das Geschäft mit der Hardware löst sich gerade in rasender Geschwindigkeit in Luft auf. Insbesondere das mit Servern. System Z (Mainframe): minus 37 Prozent. Power Systems: minus 31 Prozent. System X: minus 16 Prozent. Der Bereich Storage war mit einem Rückgang von 13 Prozent sozusagen noch eine Stütze des Segments.

Die Cloud ist doppelt verantwortlich für dieses Dilemma. Zum einen kaufen Endanwender immer weniger Hardware und setzen mehr und mehr auf Cloud- und Hosting-Modelle. Und zum anderen neigen die großen Anbieter von Cloud-Services dazu, ihre eigenen Architekturen zu nutzen und teils sogar eigene Hardware produzieren zu lassen, was für die traditionellen Infrastrukturanbieter wie IBM weitere Geschäftseinbußen bedeutet.

Cloud Umsatz wächst überproportional

Auf der anderen Seite hat IBM es fertiggebracht, den Umsatz im Bereich Cloud Computing um 69 Prozent auf rund 4,4 Milliarden US-Dollar zu steigern, was ungefähr doppelt so schnell ist wie das Wachstum des Gesamtmarktes. Und dennoch reicht es offensichtlich nicht aus, das zu kompensieren, was an anderer Stelle verloren geht.

Vor diesem Hintergrund ist auch die Ankündigung zu bewerten 1,2 Milliarden Dollar in diesen Bereich zu investieren. Bei der derzeitigen Geschwindigkeit, mit denen sich die Märkte und Umsätze verschieben, stellt sich allerdings die Frage, ob das hinreichend ist.

Crisp Research geht davon aus, dass IBM in den kommenden zwölf Monaten noch weitere, große Zukäufe im Bereich Cloud Computing, wie zuletzt Softlayer, tätigen wird. Aber auch das Thema Desinvestment wird wohl wieder aktuell werden. IBM hat kein allzu großes Problem damit, wenn einzelne Sparten rückläufige Umsätze aufweisen. Wenn diese allerdings eine ernste Gefahr für die (immer ambitionierten) Gewinnziele darstellen, dann wird es schnell ernst. Und in stürmischer See war das Abwerfen von Ballast schon immer ein probates Mittel. (jha)

100 Jahre IBM
Hollerith Tabulator
Diese Tabulatoren wurden von Herrman Hollerith erfunden und für das amerikanische statistische Bundesamt gebaut. Sie wurden in dieser Konstellation erstmals 1890 für eine US-weite Volkszählung eingesetzt. Holleriths Patente kaufte später die Computing Tabulating Recording Co., die wiederum 1924 in International Business Machines (IBM) umfirmierte.
Thomas J. Watson Sr.
Der 1874 geborene Watson wurde 1914 zunächst zum Generalbevollmächtigten und 1915 zum Präsidenten der Computing-Tabulating-Recording Company. Er benannte das Unternehmen 1924 in IBM um. Watsons provisionsbasierender Vertrag sicherte ihm fünf Prozent des Gewinns der IBM (nach Steuern). Das macht ihn später zum bestbezahlten Manager der USA. Watson galt als genialer Verkäufer und großer Mitivator. Er schreckte allerdings auch nicht vor unsauberen Methoden zurück, um die Konkurrenz zu bekämpfen. Das brachte der IBM bereits 1932 ihr erstes Anti-Trust-Verfahren ein. In einem Wikipedia-Beitrag ist genauer nachzulesen, was Watson für die IBM erreicht hat und wie er dabei vorgegangen ist. Er übergab die Führung des Unternehmens 1956 an seinen ältesten Sohn Thomas J. Watson Jr.
Elektrische Schreibmaschine
Diese elektrische Schreibmaschine, Model 01 IBM Electric Typewriter kam 1935 auf den Markt. Sie wurde zur ersten erfolgreich verkauften Maschine ihrer Art. Bereits zwei Jahre vorher war die IBM in diesen Geschäftszweig eingestiegen und hatte die Produktionsstätten von Electromatic Tyopewriters Inc übernommen. Im folgenden Jahr steckte IBM die unerhörte Summe von einer Millionen Dollar in das Redisign des Models „Electromatic Typpewriter“ Ergebnis war Model 01 – trotz der vielen Entwicklungsdollars immer noch keine Schönheit, aber erfolgreich.
Lochkarten-Maschinen
Diese Damen und Herrn bedienen elektrische Buchhaltungsmaschinen (frühe 50er Jahre). Die Maschinen auf der linken Seite (IBM 523 gang summary punch) konnte 80 Lochkarten in der Minute verarbeiten, die in der Mitte abgebildeten Hochgeschwindigkeits-Sortierer (IBM 82) brachten es auf eine „Prozessorgeschwindigkeit“ von 650 Lochkarten pro Minute.
NORC
Der Naval Ordnance Research Calculator (NORC) wurde 1954 an die amerikanische Marine ausgeliefert. Er schaffte 15000 arithmetische Berechnungen pro Sekunde und galt damit als der schnellste Supercomputer seiner Zeit.
Thomas J. Watson Jr.
Watson Jr führte die IBM durch eine Phase stürmischen Wachstums. Unter seiner Ägide wurde aus der IBM nicht nur eine der zwölf größten Unternehmen der Welt, er führte sie auch ins eigentliche Computerzeitalter. Als er 1956 sein Amt antrat, zählte das Unternehmen 72500 Mitarbeiter und erzielte einen Umsatz von 892 Millionen Dollar. Als er 1971 abtrat, beschäftigte Big Blue 270 000 Mitarbeiter und machte einen Umsatz von 8.3 Milliarden Dollar. Das Fortune Magazin nannte ihn laut IBM-Quellen sogar „den größten Kapitalisten, der je gelebt hat."
IBM 7090
Dieser 1959 eingeführte Großrechner war nicht mehr mit Röhren, sondern vollständig mit Transistoren ausgestattet. Mit der 7090 wurden die Mondflüge des Apollo-Programms simuliert. Der Rechner konnte 229 000 Berechnungen pro Sekunde durchführen und kostet damals rund 2, 9 Millionen Dollar oder 63 500 Dollar Miete pro Monat.
System /360
Der Name war Programm: Die Zahl 360 im Produktnamen stand für die 360 Grad eines Kreises, was wiederum als Hinweis auf die universelle Einsetzbarkeit dieses Systems zu verstehen ist. Das im April 1964 eingeführte System /360 stellte die erste Familie kompatibler Universalrechner dar. Das neue Prinzip der Kompatibilität bedeutete, dass die verschiedenen Rechner der Familie, die gleichen Prozessoren und das gleiche Betriebssystem nutzten und so Rechner ausgetauscht werden konnten, ohne wie früher notwendig, sämtliche Peripheriegeräte auszutauschen und sämtliche Programme neu zu schreiben. Für Anwenderunternehmen machte das die Computerei sehr viel billiger und nützlicher als früher. Aber es band sie auch sehr eng an die IBM, die diese Bindung vor allem für ihre Ziele ausnutzte. Schließlich konnten Kunden der IBM sich nur durch hohe zusätzliche Investitionen wieder von IBM-Equipment lösen. Die Einführung der /360 gilt noch heute als einer der bedeutendsten, wenn nicht als der wichtigste Meilenstein in der Entwicklung der IBM.
Solid Logic Technology (SLT)
Der integrierte Schaltkreis wurde erstmals im System /360 eingesetzt. Die Schaltkreis-Module waren dichter gepackt, schneller und sie verbrauchten weniger Energie als Rechner, die auf Transistoren aufgebaut waren.
IBM 1800
Das IBM im November 1964 eingeführte IBM 1800 Datenerfassungs- und Kontrollsystem verfügte über eine bahnbrechende Innovation: Ein Speichersystem, das 512 000 Worte pro magnetischer Speicherplatte speichern konnte. Außerdem hatte die 1800 steckbare Schaltkreise, die es Anwendern erlaubten, mit der Maschine Hunderte verschiedener Produktionsprozesse zu überwachen.
IBM Datenbank DB/2
Das Konzept der relationalen Datenbank wird seit 1970 implementiert. In ihnen werden Informationen in leicht interpretierbaren Tabellen organisiert. Die Methode wurde in der IBM Datenbank DB/2 erstmals kommerziell verwendet.
T. Vincent Learson
T. Vincent Learson folgte als CEO und Chairman auf Thomas Watson Jr. Er führte die IBM vergleichsweise kurze eineinhalb Jahre von Juni 1971 bis Januar 1973.
Frank T. Cary
Frank T. Cary besetzte den Chefsessel der IBM acht Jahre lang - von 1973 bis 1981. Trotz dieser gegenüber seinem Vorgänger vergleichsweise langen Verweildauer, kann selbst die IBM wenig Bemerkenswertes über ihn erzählen.
System /34
Bereits 1977 kündigte die IBM das System /34 an, eine - verglichen mit dem Mainframe - preisewerte Maschine für die verteilte Datenverarbeitung. /34 stellt den ersten Ausflug der IBM in die sogenannte mittlere Datentechnik dar, in der sie trotz der Nachfolgesysteme /36, /38 und vor allem der AS/400 nie eine solche Dominanz gewann, wie im Mainframe-Geschäft. Der Erfolg dort war höchstwahrscheinlich auch der Grund für die durchwachsene Bilanz im mittleren Marktsegment. Die Mainframe-Befürworter sahen die Midrange-Maschinen als einen Angriff auf ihre Kundenbasis, den sie mit allem Mitteln versuchten abzuwehren.
John R. Opel
John R. Opel überstand nur vier Jahre an der Spitze der IBM – von 1981 bis 1985.
Personal Computer (IBM 5150)
Im August 1981 stellte IBM den Personal Computer (IBM 5150) vor. Erstmals stammten die meisten Komponenten nicht von der IBM, vor allem die wichtigsten nicht, der Prozessor (8088) kam von Intel und das Betriebssystem (PC-DOS) von einem kleinen, 22 Mann starken Unternehmen – von Microsoft. IBM setzte auf verfügbare Komponenten weil sie schnell ein Pendant zu den Microcomputern brauchte, die erfolgreich verkauft wurde – das war vor allem der Apple II. Geplant war definitiv nicht, ein Standardsystem zu schaffen (IBM-kompatibel), an dem sich andere Hard- und Softwarehersteller orientieren konnten und das die Welt eroberte. So gesehen hat IBM unfreiwillig einen Milliarden-Markt eröffnet ohne selbst davon zu profitieren. Die Monopole von Microsoft und Intel haben ihren Ursprung in IBMs Produktinnovation.
John F. Akers
John F. Akers führte die IBM in die größte Krise ihrer Geschichte. Von seinem Vorgänger übernahm er 1985 ein kraftstrotzendes Unternehmen, das zu seiner Amtsaufgabe 1993 über fünf Milliarden Dollar Verluste machte und kurz vor seiner Zerschlagung stand.
AS/400
Die AS/400 stellte den teilweise erfolgreichen Versuch der IBM dar, das sogenannte Midrange-Geschäft wieder in den Griff zu bekommen. Als die AS/400 1988 auf den Markt kam, wurde sie als leicht bedienbare hochintegrierte Maschine für den Mittelstand positioniert. Gleichzeitig hatte die IBM weltweit Tausende Partner für das System gewonnen, die entsprechende Businss-Software für die AS/400 anboten. Damit war ein funktionierendes Ökosystem geschaffen, das die AS/400 enorm erfolgreich machte.
RS/6000 SP2
Nachdem sich die IBM-Nomenklatura lange gegen den Unix- und Workstationtrend gewehrt hatte, kam 1990 endlich der RISC-Rechner RS/60000 unter dem IBM-Unixderivat AIX auf den Markt – zunächst als Workstation, später auch als Server. Bezeichnend für die nachhaltige Macht der Mainframe-Fraktion innerhalb der IBM ist folgende Tatsache: IBM-Forscher hatten das sehr effiziente Reduced Instruction Set Computing bereits in den frühen 70ern entwickelt. Man zeigte 1975 sogar einen experimentellen RISC-Rechner, aber die Innovation wurde quasi totgeschwiegen.
System 390
Es handelte sich um die Nachfolgeserie der IBM /370 und wurde 1990 vorgestellt. Die Rechnerfamilie bestand aus acht wassergekühlten und zehn luftgekühlten Mainframes, letzteres ein Novum in der IBM-Welt.
PS/1
Der PC wurde im Juni 1990 vorgestellt er stellt IBMs Versuch dar, im Endverbrauchermarkt wieder Fuß zu fassen. Der DOS-kompatible PS/1ließ sich als Rechner für den Privatgebrauch genauso einsetzen wie als Business-Rechner für einen Kleinbetrieb. Er basierte auf der 80286-Prozessortechnologie von Intel, klotzte mit 1 MB Hauptspeicher und wies ein internes Modem auf. Allerdings galten die ersten PS/1 Modelle wegen fehlender ISA-Erweiterungssteckplätze als nur schwer ausbaubar.
Think Pad
Die Think Pad Laptopserie wurde 1992 vorgestellt. Sie galt als sehr robust, schlicht, aber schick designed und absolut verlässlich. An dem neuen Trackpoint-Device(der rote Knopf in der Mitte der Tastatur) schieden sich die Geister. Das Butterfly-Modell sorgte wegen seiner beim Aufklappen expandierenden Tastatur für Furore.
Louis V. Gerstner
Louis V. Gerstner übernahm 1993 die Geschäfte vom glücklosen John Akers. Gerstner rettete die IBM. Er teilte sie nicht, wie von Akers geplant, in verschiedene Unternehmen auf, sondern suchte gerade aus dem breiten Portfolio der IBM neue Erfolge zu erzielen. Das schaffte er und richtete die IBM mit einem deutlichen Fokus auf das Servicegeschäft aus. Als er die Führung der IBM in die Hände seines Nachfolgers, Samual J. Palmisano, legte, hatte die IBM ihre existenzbedrohliche Krise längst überwunden. Außerdem war sie durch geschicktes Zugehen auf Partner, Kunden und Öffentlichkeit vom „bad guy“ der IT zum „good boy“ geworden, der sich glaubhaft für offene Standards einsetzte und sich für Opensource-Software einsetzte.
Deep Blue
Im ersten Schachturnier (1996) zwischen Mensch (Weltmeister Garry Kasparov) und Computer gewann die Maschine nur ein Spiel von sechs . 1997 gewann Deep Blue das gesamte Turnier gegen Kasparov. Deep Blue basierte auf einer um Spezialhardware erweiterten IBM RS/6000 SP2. Das System konnte 200 Millionen Züge pro Sekunde berechnen oder 50 Milliarden Positionen innerhalb der drei Minuten, in denen ein Schachspieler in einem Turnier ziehen muss.
Samual j. Palmisano
Samual J. Palmisano steht der IBM seit 2002 vor. Bis vor kurzem hat er die Company streng auf Servicekurs gehalten, aber in den vergangenen fünf Jahren gleichzeitig kräftig in Software investiert. Wenn er abtritt wird man von ihm wahrscheinlich sagen, er habe die IBM in eine Software-Company und in ein multizentrisches globales Unternehmen verwandelt. Ob er auch als der IBM-Boss in die Geschichte eingeht, der das Unternehmen als eine Kraft etabliert hat, die weit über die IT-Branche hinausreicht, bleibt abzuwarten.
Watson
Mit dieser Maschine schlug die IBM in der US-Quiz-Show Jeopardy zwei menschliche Ratefüchse und bewies damit, wie weit die IBM auf dem Gebiet der entscheidungsunterstützenden Systeme fortgeschritten ist. IBM will die Watson zugrunde liegende Software künftig in ihren Business Intelligence Systemen zur Verfügung stellen. Früher nannte man das auch künstliche Intelligenz, aber der Begriff ist inzwischen aus der Mode gekommen. „Entscheidungsunterstütztend“ klingt auch nicht so gefährlich wie künstliche Intelligenz. Da fragt man sich schließlich sofort, wann die künstliche, die organische überholt hat.