IBM lässt Molekül schalten

04.08.2006
IBM hat im Forschungslabor Rüschlikon vorgeführt, dass ein einzelnes Molekül zwischen zwei verschiedenen Ladungszuständen wie an/aus schalten kann. Damit lassen sich laut den Forschern mit einem einzelnen Molekül bereits Daten speichern.

Die Experimente zeigen laut den Rüschlikon-Forschern, dass bestimmte Molekültypen intrinsische Eigenschaften haben, die vergleichbar mit Baukomponenten in der heutigen Halbleitertechnologie sind. Dieses Ergebnis sei ein viel versprechender Weg in Richtung neuartige Technologien für die Post-CMOS-Ära.

In der Ausgabe der Zeitschrift SMALL vom 4. August berichten die IBM Forscher Heike Riel und Emanuel Lörtscher von einem Schalter und Speicherelement, bestehend aus einem einzelnen Molekül. Unter Nutzung einer mechanischen Methode konnten sie einen elektrischen Kontakt zu einem einzelnen Molekül schaffen, um eine umkehrbare und steuerbare Schaltung zwischen zwei Ladungszuständen zu schaffen.

Diese Untersuchung sei Teil der Arbeit der Forscher, Moleküle auf ihre Eigenschaft und Nutzbarkeit zu untersuchen als mögliche künftige Bausteine für Speicher- und Logikanwendungen. Die Dimension eines einzelnen Moleküls liegt dabei in der Größenordnung von einem Nanometer. Somit liegt Molekularelektronik in der Strukturgröße weit unterhalb der aktuellen Silizium-Technologie von 65 nm.

Durch die Anwendung von Spannungspulsen bei einem Molekül kann es laut den IBM-Forschern steuerbar zwischen den Zuständen "an" und "aus" hin und her geschaltet werden. Darüber hinaus seien beide Ladungszustände stabil und ermöglichen ein zerstörungsfreies Auslesen des Bit-Status - eine Voraussetzung für nicht-flüchtige Speicheroperationen. Die IBM Forscher haben dies durch wiederholte Schreib-Lese-Lösch-Lese-Zyklen nachgewiesen. Mit diesem Einzel-Molekül-Speicherelement haben Riel und Lörtscher laut IBM mehr als 500 Schaltzyklen und Schaltzeiten im Mikrosekundenbereich zeigen können.

Kontaktaufnahme zum Molekül

Wesentlich für die Untersuchung der Eigenschaften von Molekülen ist die Fähigkeit, diese einzeln anzusprechen. Für diesen Zweck haben Riel und Lörtscher eine Methode erweitert, die "mechanically controllable break-junction (MCBJ)" genannt wird. Mit dieser Technik wird eine Metallbrücke auf einem isolierenden Substrat durch mechanische Beugung gedehnt. Irgendwann bricht die Brücke ab und schafft zwei Elektroden, die Spitzen in atomarer Größe besitzen.

Die Lücke zwischen den Elektroden könne mit Pikometer-Genauigkeit gesteuert werden - aufgrund des sehr hohen Übertragungsverhältnisses des Beugemechanismus. In einem nächsten Schritt wird eine Lösung organischer Moleküle auf der Spitze der Elektroden positioniert. Wenn die Verbindung sich schließt, überbrückt ein Molekül, das sich an beide Metallelektroden anbinden kann, die Lücke. Auf diesem Weg ist ein einzelnes Molekül zwischen den Elektroden "eingefangen" und die Messungen können durchgeführt werden, wie die Forscher mitteilen.

Die Moleküle, die untersucht wurden, sind speziell entwickelte organische Moleküle, die zirka 1,5 nm lang sind. Das ist ungefähr ein hundertstel der Größe eines aktuellen CMOS-Elements. Die Moleküle wurden entwickelt und synthetisiert von Professor James M. Tour und Mitarbeitern an der Rice University in Houston, Texas.

"Der Hauptvorteil der Ausnutzung von Transporteigenschaften auf molekularem Maßstab ist, dass diese fundamentalen Bausteine wesentlich kleiner als heutige CMOS-Elemente sind", erläutert die leitende Forscherin Heike Riel vom IBM Rüschlikon-Labor. "Darüber hinaus erzeugt chemische Synthese völlig identische Moleküle, die im Prinzip Bausteine ohne Varianz sind. Dies erlaubt uns, ein bekanntes Problem zu umgehen, das CMOS-Elemente betrifft, wenn sie auf immer kleinere Dimensionen geschrumpft werden. Zusätzlich hoffen wir, noch weitere, bisher unbekannte Eigenschaften zu entdecken, die Silizium und verwandte Materialien nicht haben."

Nanotechnologien für die Post-CMOS-Zeit

Die CMOS-Technologie wird laut IBM ihre endgültige Grenze voraussichtlich in zehn bis fünfzehn Jahren erreichen. Wenn Chipstrukturen jenseits der 20 Nanometer-Marke schrumpfen, tauchen weitere komplizierte Herausforderungen auf, wie die IBM-Forscher angeben. Skalierung scheint demnach ökonomisch nicht weiter machbar. Unterhalb von 10 Nanometer werden laut IBM zudem die fundamentalen physikalischen Grenzen der CMOS-Technologie erreicht. Daher seien neuartige Konzepte erforderlich.

Unter den Technologien, die der Realisierungsmöglichkeit am nächsten sind, sind die Kohlenstoff-Nanoröhren und halbleitende Nanodrähte. Weitere Forschung findet auch im Bereich von Spintronics statt. Durch die Vorstellung des Einzel-Molekül-Speicherelements haben IBM Forscher eigenen Angaben zufolge gezeigt, dass Molekularelektronik ein valider post-CMOS-Kandidat ist.

Im Artikel Coole Nano-CPUs mit Molekültransistoren informieren wir Sie detailliert über die neuen Möglichkeiten bei Prozessoren durch den Einsatz von Kohlenstoffröhrchen und Molekülen. Außerdem erfahren Sie mehr über die zunehmenden Probleme bei der Fertigung von CPUs mit Silizium. (cvi)

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