Hotspots bieten Breitbanddienste

12.10.2001
In öffentlichen Gebäuden, Flughäfen, Innenstädten, Zügen und Bahnhöfen gibt es bereits die ersten Anwendungen für Breitband-Funknetze. Für den Zugang zu den neuen Diensten sorgen Bluetooth und Wireless LAN nach dem 802.11b-Standard.

Von: Stefan Gneiting

Eigentlich hatten die Netzbetreiber GPRS (General Packet Radio Service) dazu bestimmt, den Markt für die nächste Mobilfunkgeneration UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) vorzubereiten. Die Erweiterung der GSM-Mobilfunknetze (Global System for Mobile Communications) sollte dem Kunden die Datendienste schmackhaft machen, mit denen die Mobilfunkbetreiber die teuren Lizenzgebühren für UMTS wieder hereinholen wollen.

Doch nun machen zwei ganz andere Zugangsarten auf sich aufmerksam, die ursprünglich gar nicht für öffentliche Netze bestimmt waren: Bluetooth und der von der IEEE (Institute of Electrical and Electronical Engineers ) fest-gelegte Wireless-LAN-Standard 802.11b (WLAN). Sie kommen in Bereichen zum Einsatz, die eigentlich für GPRS oder später UMTS vorgesehen waren. Der Vorteil gegenüber GPRS: Die Bandbreite ist mit 700 kBit/s bei Bluetooth beziehungsweise bis zu 11 MBit/s bei WLAN erheblich höher.

In naher Zukunft sollen mit den Standards 802.11a und Hiperlan2 sogar Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 54 MBit/s erreichbar sein. Der Nachteil dieser Techniken gegen-über dem Mobilfunk: Die Reichweite ist sehr gering, WLAN-Signale lassen sich ohne spezielle Antennen bis maximal 500 Meter übertragen. Bei Bluetooth ist sogar schon nach zehn Metern Schluss.

Analysten beurteilen die Zukunft von WLAN optimistisch: Die Marktbeobachter von BWCS (Baker/Wilde Consultancy Services) sagen für das Jahr 2006 mehr als 130 Millionen Notebooks voraus, die mit "Wireless Fidelity"-Karten (WiFi) ausgerüstet und damit kompatibel zu allen Standard-WLANs sind. In ihrer Studie "Wireless LANs and the Threat to Mobile Revenues" sehen sie dagegen im gleichen Zeitraum "nur" 90 Millionen Geschäftskunden, die sich per GPRS, WAP oder UMTS ins Internet einwählen.

Dennoch erwartet Matthias Brünen, Produkt Marketing Manager bei Nokia Networks, keinen Verdrängungswettbewerb der Techniken. "WLAN ist keine Konkurrenz zu UMTS, sondern eine Ergänzung. Die Technik eignet sich für Anwendungen, bei denen es in erster Linie auf Bandbreite ankommt, und weniger auf die Mobilität." Nokia bietet folgerichtig den Netzbetreibern das so genannte "Operator Wireless LAN" an, das den Nutzer über seine SIM-Karte (Subscriber Identification Module) authentifiziert.

Skandinavien: WLAN-Speerspitze in Europa

Der finnische Netzbetreiber Sonera rüstet bereits sein bestehendes WLAN-Angebot mit dem neuen Nokia-System auf. Das Unternehmen erkannte als eines der ersten das Potenzial des Breitbandfunks und begann frühzeitig mit dem Aufbau von Hotspots. In Finnland können die Kunden für umgerechnet etwa 66 Pfennig pro Minute in vielen Hotels und Konferenzzentren auf Soneras "Wgate"-Angebot zugreifen (siehe auch Kasten). Bisher erfolgte die Anmeldung über das Web, in Zukunft soll sie auch per SIM-Karte möglich sein. In den Flughafen-Lounges der Finnair installierte der Betreiber ebenfalls das Wgate-System. Doch nicht nur der Netzbetreiber und der Kunde profitieren vom Angebot, sondern auch die Fluggesellschaft. Wählt sich ein Gast in der Lounge per Wgate ins Internet ein, bekommt er zunächst eine spezielle Begrüßungsseite auf den Bildschirm, die Angebote und Leistungen von Finnair anpreist.

Deutschland zieht langsam nach

Auch außerhalb der Heimat bietet Sonera seinen mobilen Internetdienst bereits an. Mit der Installation von Wgate in der Finnair-Lounge des Flughafens Arlanda drangen die Finnen in das Revier des schwedischen Wettbewerbers Telia ein. Der versorgt nämlich in Stockholm die Kunden von SAS mit einem ähnlichen Service: "Home Run" soll bis Ende 2001 in allen SAS-Lounges der internationalen Flughäfen zur Verfügung stehen. Hotels, Konferenzzentren und Bahnhöfe von mehr als jeweils 30 Städten in Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland will Telia mit den Hotspots versorgen.

Im Vergleich zu den skandinavischen Ländern ist das Angebot in Deutschland ziemlich dünn. Doch auch hier zu Lande finden sich immer mehr funkgestützte Zugangspunkte. Frühzeitig bauten deutsche Universitäten WLAN-Netze auf, die den Studenten drahtlosen Access zu den Rechenzentren bieten. Diese ähneln aber eher Unternehmensnetzen als öffentlichen Hotspots. Funknetze helfen Ärzten in Hospitälern bei der Erstellung und Einsicht von Patientenakten; aber weder das Bluetooth-Netz von Red-M in der Uniklinik Mainz noch das WLAN-Netz von Lucent im Frankfurter Rotkreuzkrankenhaus bieten einen öffentlichen Zugang, obwohl dies theoretisch möglich wäre.

Einen öffentlichen Hotspot bietet dagegen der Airport Club des Frankfurter Flughafens, seit er vom Hersteller Elsa mit etwa zehn WLAN-Basisstationen und einem Public-Access-System ausgestattet wurde. Den Betrieb des Netzwerkes übernimmt die Synavion, eine Tochter von Lufthansa und Siemens Business Services. Außerdem arbeitet Elsa an der Funkversorgung der Aachener Innenstadt, ebenfalls auf Basis von 802.11b. Den Betrieb übernimmt der lokale Provider Accom. Bis Ende dieses Jahres ist das Surfen kostenlos, ab 2002 werden dann 5 Cent pro MByte Datenvolumen fällig.

Auch Gäste des Landshuter Hotels "Lifestyle" oder des "Vier Jahreszeiten" in München können mit entsprechend ausgestatteten PDAs oder Notebooks drahtlos über ein lokales Funknetz surfen (siehe auch Seite 24).

Kostenfrei ist das WLAN derzeit in einigen nordamerikanischen Cafés. Das Unternehmen Surf and Sip stattet Lokale in US-Städten mit Zugangsstationen aus. Nutzer können sich online registrieren und müssen bis Jahresende nichts für den Dienst bezahlen. Danach soll ein Gebührenmodell greifen, nach dem nicht nur die Websurfer einen Obolus bezahlen, sondern auch die Cafébesitzer einen Jahresbeitrag an den Betreiber überweisen. Surf and Sip möchte wiederum die eigenen Einnahmen mit den Wirten teilen. "Eine Tasse Kaffee und einmal Internet", können die Besucher auch in den Lokalen von Starbucks bestellen. Die Kaffeehauskette will gemeinsam mit Microsoft sowie den Ausrüstern Mobilestar und Compaq in 70 Prozent der weltweit über 3000 Cafés WLAN-Zugänge anbieten. Bereits heute ist der Dienst in den USA in mehr als 500 Lokalen verfügbar. Betreiber Mobilestar arbeitet mit einem Prepaid-System und verlangt für eine Nutzungsdauer von 120 Minuten 20 Dollar. 300 Minuten kosten 50 Dollar.

Die Marktbeobachter von BWCS sehen denn auch die USA als das Land mit der größten Verbreitung von öffentlichen WLAN-Systemen. Bereits Ende 2000 verzeichneten die Analysten in den USA 1770 Installationen, in Europa zählten sie dagegen nur rund 250, die meisten davon in Skandinavien. Ende 2006 prognostiziert die BWCS-Studie weltweit 115 000 mit WLANs ausgestattete Hotspots; knapp 30 000 in den USA und nahezu 8000 in Europa.

Symbiose von GPRS und Bluetooth

Die genannten Beispiele zeigen, dass die Versorgung viel frequentierter Bereiche mit Bluetooth oder 802.11b weltweit Raum und Kunden gewinnt. Verständlich, dass bei den heutigen GPRS- und künftigen UMTS-Betreibern die Angst umgeht, die breitbandigen Zugänge könnten ihre Geschäftsmodelle gefährden. Dass der stationäre und der mobile Funk sich ergänzen können, beweisen jedoch der Bluetooth-Spezialist Red-M und BT Ig-nite Solutions in Großbritannien. Sie rüsten nicht nur die Business-Lounge eines Londoner Bahnhofs mit dem Access-System von Red-M aus, sondern installieren sie auch in Zügen, die auf einer Hauptverkehrstrecke Englands verkehren. Über Bluetooth erhalten die Fahrgäste Zugriff auf das Bordnetz und auf einen Server mit zwischengespeicherten Internetinhalten. Gleichzeitig fungiert der Bluetooth-Server als Gateway in ein Wide Area Network (WAN).

Der Internetzugang in Echtzeit und der Zugriff auf die E-Mail-Konten der Kunden erfolgt über ein GPRS-Mobilfunknetz. Anwendungen, die nicht zeitkritisch sind, nutzen dagegen Bluetooth. Die Steuerung des Bordnetzes übernimmt die BT-Ignite-Vermittlungsstelle in Ipswich. Ist der Zug in Fahrt, erfolgt der mobile Datentransfer und die Synchronisierung mit dem Server per GPRS, bei einem Zwischenstopp in einem Bahnhof erfolgt sie über Bluetooth. Die Pilotinstallation befindet sich derzeit im Aufbau, die kommerzielle Inbetriebnahme des Hybridsystems ist aber noch für dieses Jahr vorgesehen. (haf)

Zur Person

Stefan Gneiting

ist Fachjournalist in München. Sein Spezialgebiet ist der Mobilfunk.