Gute Karten für Profis

17.08.2001
Fachkräfte haben nach wie vor sehr gute Berufschancen, vor allem in den Bereichen Softwareentwicklung, Services und Internet. Laut aktuellen Studien gibt es 2001 etwa zwei Prozent mehr IT-Arbeitsplätze als im Jahr zuvor.

Von: Petra Riedel

Horrormeldungen über Entlassungswellen zeichnen ein falsches Bild: Stellensuchende haben in IT- und TK-Berufen weiter gute Chancen. Nach dem Rekordjahr 2000, das die Zahl der IT-Mitarbeiter um gut zehn Prozent hochschnellen ließ, ist nun zwar eine Abschwächung auf dem Arbeitsmarkt eingetreten, aber kein Abschwung. Für 2001 erwartet der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom) immerhin zwei Prozent mehr Arbeitsplätze und spricht von einem "Wachstum auf niedrigem Niveau". Von den aktuellen Berichten über Entlassungen in verschiedenen Unternehmen dürfe man sich nicht täuschen lassen, so Bitkom-Vizepräsident Jörg Menno Harms: "Unter dem Strich steht in unserer Branche ein deutliches Plus." Das wesentliche Hindernis für einen stärkeren Anstieg sei nach wie vor der Mangel an qualifizierten Bewerbern.

Jobmotor Software, Services, Internet

Die stärksten Impulse kommen Bitkom zufolge auch im Jahr 2001 wieder aus den Bereichen Service- provider, Softwareentwicklung sowie IT-Services. Im Internetsegment soll auch weiterhin kräftig Personal eingestellt werden, ebenso wie in den Softwarehäusern: Jedes zweite Unternehmen hat im ersten Quartal seinen Personalstand sowie Umsätze und Auftragseingänge gesteigert. "Dieser Trend wird sich im weiteren Jahresverlauf noch verstärken", erwartet Jung. Noch dynamischer entwickeln sich die IT-Dienstleister. Zwei Drittel der Firmen meldeten für die ersten drei Monate des Jahres ein Plus bei Umsatz, Auftragseingang und Personal. "Software und Services sind auch auf dem Arbeitsmarkt der Motor des Wachstums", sagte Jung.

Insgesamt haben 44 Prozent aller von Bitkom befragten Unternehmen im ersten Quartal zusätzliches Personal eingestellt. Lediglich 14 Prozent hatten Arbeitsplätze abgebaut. "An dieser insgesamt positiven Situation ändern auch die Entlassungen in verschiedenen Bereichen nichts", so Jung. Problematisch sei die Situation im Bereich der Hardwareproduktion. "Das Geschäft mit der IT-Hardware und TK-Endgeräten entwickelt sich insgesamt am schwierigsten." Bereits 2000 gingen in diesem Segment Stellen verloren, Softwarehäuser und Anbieter von IT-Dienstleistungen machten den Rückgang jedoch mehr als wett: Das Beschäftigungsvolumen im Software- und Servicesektor wuchs um 27 Prozent oder 81 000 Stellen, das Jahressaldo in der gesamten ITK-Branche belief sich auf 75 000 neue Jobs.

Stagnation bei den TK-Unternehmen

Weniger dynamisch geht es im Telekommunikations-Sektor zu. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Mitarbeiter um ein Prozent. Für 2001 erwartet Bitkom einen leichten Rückgang um ein Prozent. Bedarf an Fachkräften ist im Laufe des Jahres vor allem bei den Betreibern von UMTS-Netzen (Universal Mobile Telecommunications System) zu erwarten, meint Jung: "Der Aufbau der neuen Mobilfunknetze wird die Firmen bis an die Kapazitätsgrenze auslasten."

Auch Ursula Triller, Geschäftsführerin von www.worldwidejobs.de, bestätigt diesen Tend. Die Datenbank der Stellenbörse enthält für Deutschland rund 30 000 aktuelle Offerten aus der Hightechbranche. "Exzellente Berufsaussichten hat, wer Mobilfunk- und Festnetze integrieren kann", sagt Triller. Stark gefragt bei den Anbietern im Telekommunikations-Bereich seien Experten, die auf die Projektierung, Einrichtung und Betreuung von Netzen spezialisiert sind. Ein Blick in das Angebot der Börse zeigt: Alle großen TK-Unternehmen, aber auch die Systemhäuser, suchen Mitarbeiter, vor allem hochqualifiziertes Fachpersonal. Eine genaue Analyse der IT-Stellenanzeigen durch die CDI Deutsche Private Akademie für Wirtschaft GmbH hat ergeben, dass der IT-Stellenmarkt im ersten Quartal 2001 insgesamt auf dem Vorjahresniveau geblieben beziehungsweise leicht zurückgegangen ist. Das gilt jedoch nicht für alle Sparten: Im Bereich der IT-Kernberufe, also den Berufen rund um Softwareprogrammierung, IT-Organisation und Beratung, Netzwerke und Betriebssysteme, Service, Support und Datenbanken, zeigt sich dem Münchner Weiterbildungsunternehmen zufolge eine nahezu gleich bleibend hohe Nachfrage. Und für das SAP-Segment ist nach dem Rückgang im vergangenen Jahr sogar wieder ein deutlicher Anstieg festzustellen.

Viele Jobs in der "Old Economy"

Die Nachfrage ist also weiterhin groß - der Hype ist allerdings vorbei. "Die Personalverantwortlichen achten nun genauer auf die Qualifikationen", so Trillers Einschätzung, was sich auch auf die Gehälter auswirke: "Die Leute müssen sich wieder realistische Gehaltsvorstellungen zulegen, Einstiegsgehälter von 100 000 Mark im Jahr sind passé." Gerade bei Berufseinsteigern werde praktische Erfahrung honoriert, und so empfiehlt Triller, neben dem Studium zu arbeiten: "Doppelgleisigkeit bringt Erfolg."

Besonders in der "Old Economy" werden Leute gesucht, so Trillers Beobachtung. Gute Aussichten haben Internetexperten - 30 Prozent aller Dax-notierten Firmen haben Bedarf an diesen Spezialisten. Auch Java-Programmierer sind sehr gefragt. Die Angebote im Bereich Marketing, Beratung und Verkauf sind jedoch zurückgegangen. Den typischen Quereinsteigerjobs der vergangenen Jahre, wie ScreenDesignern und Online-Redakteuren, bescheinigt Triller ebenfalls schlechtere Aussichten: "In diesem Bereich sind viel weniger Jobs vorhanden als vor einem Jahr."

Doch auch die "New Economy" bietet noch Perspektiven, insbesondere im Raum München. Die Bayerische Regierung habe Start-ups gezielt gefördert, so Triller. "Viele dieser Firmen sind nicht pleite gegangen und suchen dringend Leute."

Nicht nur was Startup-Unternehmen angeht, steht die Bayerische Landeshauptstadt gut da. Im Städtevergleich liegt München mit 15 Prozent vor Frankfurt (neun Prozent). Berlin und Stuttgart teilen sich den dritten Platz mit je fünf Prozent und rangieren knapp vor Hamburg (vier Prozent). (haf)

Zur Person

Petra Riedel

ist freie IT-Journalistin in München.