Gut vorbereitet in die Fremde

30.11.2001
Viele Unternehmen unterstützen die Mobilität ihrer Angestellten durch so genannte "Expatriat"-Programme, zeitlich befristete Aufenthalte in einer Auslandsniederlassung. Nicht nur Anreise und Einsatz müssen sorgfältig vorbereitet werden, auch die Rückkehr an den heimischen Arbeitsplatz sollte schon vor der Abreise geregelt sein.

Von: Sonja Woyzechowski, Dr. Thomas Hafen

Für global agierende Firmen gibt es viele Gründe, den internationalen Personalaustausch zu fördern. Der Einsatz in einer fremden Niederlassung lässt nicht nur eine einheitliche Unternehmenskultur wachsen, er unterstützt auch den Wissenstransfer zwischen den Standorten, verbessert das Verständnis für nationale Unterschiede und macht Angestellte fit für Verhandlungen mit ausländischen Kunden. Der Entsendete selbst erwirbt zudem berufliche und persönliche Erfahrungen, die ihm bei seiner weiteren Karriere von Nutzen sein können.

Wer im neuen Job keine Enttäuschungen erleben möchte, sollte sich vorher gut informieren und die Anforderungen am fremden Arbeitsplatz genau kennen. Wichtige Wissensquellen stellen die Außenhandelskammern (AHK) dar. Als internationale Vertretungen der Industrie- und Handelskammern unterhalten sie Büros in 76 Ländern. Ebenfalls wertvoll für die Vorbereitung sind Besuche bei den Wirtschaftsvertretungen ("Chamber of Commerce"), Botschaften oder Konsulaten des anvisierten Landes. In den "soc.culture"-Newsgruppen sowie in Mailinglisten wie dem "Foreign-Exchange"-Newsletter der Online-Community "Expatexchange.com" finden sich aktuelle länderspezifische Informationen.

Viele Unternehmen bieten zusätzlich Sprachkurse und Seminare, die das Verständnis für das Gastland fördern sollen. Häufig schließen die Beteiligten zudem einen Entsendungsvertrag ab, der das Beschäftigungsverhältnis im Ausland regelt. "Vor meiner Abreise konnte ich auf Kosten der Firma an einem interkulturellen Training teilnehmen und mich in steuerlichen und versicherungsrechtlichen Angelegenheiten beraten lassen", sagt beispielsweise Walter Betz, Wirtschaftsprüfer beim Consulting-Unternehmen KPMG und derzeit in Mexiko tätig.

Die Intershop Communications AG, Entwickler von E-Business-Lösungen, bietet Mitarbeitern vor deren zukünftigem Auslandseinsatz so genannte "Preview-Trips" an, wenn bisher noch keine Geschäftsreise in die entsprechende Niederlassung erfolgte. "Darüber hinaus legen wir in speziellen Entsendungsverträgen detailliert die Bedingungen fest, wie beispielsweise Dauer, Aufgabe, Position und Kostenübernahmeregelungen", erklärt Kerstin Baudisch, Manager Human Resources bei Intershop.

Professionelle organisatorische Hilfe erhalten die zukünftigen Expatriates bei so genannten Relocation-Agenturen. Diese Dienstleister erledigen von der Wohnungssuche über den Umzug bis hin zu Formalitäten wie Aufenthaltserlaubnis und Visumsbeschaffung alles, was an Logistik und Papierkram anfällt. Darüber hinaus bieten sie Informationsveranstaltungen zu Steuerfragen, Sozialversicherung und Arbeitsrecht. Adressen solcher Agenturen findet man beispielsweise auf der Website der "European Relocation Association" (www.eurarelocation.com).

Häufig verlieren Expatriates den Kontakt zu ihren heimischen Kollegen. Dabei ist es für die Zeit nach dem Aufenthalt sehr wichtig, den Mitarbeiter während der Entsendung auf dem Laufenden zu halten. So steht Wirtschaftsprüfer Betz beispielsweise nach wie vor auf allen E-Mail-Verteilern, wird zu Fortbildungsmaßnahmen eingeladen und erhält den wöchentlichen Firmen-Newsletter aus Deutschland. Intershop betreut Mitarbeiter in der fremden Niederlassung mit Mentoren aus dem jeweiligen Fachbereich. Bei Personalfragen stehen ebenfalls Ansprechpartner zur Verfügung.

Probleme bei der Rückkehr werden unterschätzt

Nicht nur der Job im Ausland muss gut vorbereitet sein, sondern auch die Rückkehr an den heimischen Arbeitsplatz. Für viele Expatriates stellt die berufliche Wiedereingliederung im Stammhaus das größte Problem dar. Entsandte, die erwartungsfroh in die Heimat zurückkehren, erleben oft böse Überraschungen. Die vorgesehene Position entspricht nicht den eigenen Karrierevorstellungen, ehemalige Kollegen, die nicht im Ausland waren, sind aufgestiegen, der frühere Arbeitsplatz im Unternehmen wurde von einem anderen Mitarbeiter besetzt oder gar wegrationalisiert. Um solche Schwierigkeiten zu vermeiden, bieten viele Firmen ihren Mitarbeitern Wiedereingliederungs-Programme an. Zusammen mit der Personalabteilung dokumentieren Expatriates ihre Erfahrungen und Fortschritte und planen ihre Rückkehr. Schließlich soll ja nicht nur Know-how ins Ausland transferiert werden, auch das Stammhaus will von den dort erworbenen Kenntnissen und Erfahrungen profitieren. Gute Entsendungsverträge legen darüber hinaus schon im Vorfeld fest, ob das frühere Arbeitsverhältnis nach dem Aufenthalt unverändert fortbesteht, oder ob neue Einsatzgebiete definiert werden müssen. Oft helfen Vorgesetzte bei Eingliederungsproblemen und bewerten die Leistungen im Ausland. Bei der Intershop AG finden einen Monat vor Ende des Einsatzes Mitarbeitergespräche mit Managern des Heimatlandes statt, um die zukünftige Position im Unternehmen zu definieren. "Wir stellen dem Expatriat einen Mentor zur Seite, der den Mitarbeiter einarbeitet und den Erfahrungsaustausch systematisch organisiert", sagt Kerstin Baudisch.

Besonders bei kleineren und mittelständischen Unternehmen sieht die Praxis jedoch oft anders aus. So sehen Arbeitgeber häufig keine Notwendigkeit, ihre Mitarbeiter auf die Entsendung oder auf die Rückkehr in die deutsche Niederlassung vorzubereiten. Verträge, die nach dem Aufenthalt eine vergleichbare Position im heimatlichen Betrieb garantieren, werden schon gar nicht angeboten.

Mangelnde Sorgfalt in vielen Firmen

Laut einer Umfrage unter 500 deutschen Auslandsmitarbeitern durch den Bayreuther Personalforscher Günter K. Stahl sind die Befragten mit den Lebens- und Arbeitsbedingungen im Einsatzland deutlich zufriedener als mit der Betreuung durch ihre Unternehmen. Besonders die Hilfe bei der Rück-kehr, aber auch die Unterstützung im Einsatzland sowie die Vorbereitung werden als unzureichend kritisiert.

Zur Person

Sonja Woyzechowski

ist freie Autorin in München.