Software-Lizenzen: Mit ruhigem Gewissen alles im Blick

Grundlagen: Lizenzmanagement im Unternehmen

01.10.2008 von Matthias Juchhoff
Wenn Lizenz-Inhaber gegen Software-Piraten zu Felde ziehen, sollten sich nicht nur Filesharer, sondern auch Unternehmen angesprochen fühlen. Denn durch falsches Lizenzmanagement kann die weiße Weste schnell ein paar hässliche Flecken bekommen.

Doch so weit muss es nicht kommen. Denn wer proaktiv seine Software-Lizenzen im Griff hat, kann nicht nur besser schlafen, sondern sogar bis zu 30 Prozent seiner IT-Kosten in diesem Bereich einsparen.

Mitte Mai dieses Jahres verkündete die Business Software Alliance (BSA), dass der Anteil unlizenzierter Software in Deutschland auf 27 Prozent gesunken sei. Weltweit wäre die Software-Piraterie hingegen deutlich auf dem Vormarsch, was eine Piraterierate von 38 Prozent belege. Einen Monat zuvor meldete der Verband, dass deutsche Unternehmen in 2007 rund 2,8 Millionen Euro an Schadensersatz und Lizenzierungskosten bezahlen mussten. Dies entspricht einer Steigerung um mehr als 250 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Da die Nutzung von Software ohne Lizenz einen Verstoß gegen das Urheberrecht darstellt und als Straftat verfolgt werden kann, sollte allein diese Tatsache einem IT-Verantwortlichen schon ausreichen, um sich mit Lizenzmanagement aktiv auseinanderzusetzen. Doch in der Praxis vernachlässigen immer noch viele Unternehmen dieses Thema – obwohl Organisationen, deren Software nicht ausreichend lizenziert ist, neben rechtlichen und finanziellen Risiken auch Imageschäden und eine empfindliche Beeinträchtigung ihres Geschäftsbetriebs drohen.

Wer – wahrscheinlich in den meisten Fällen mehr aus Nachlässigkeit denn aus Vorsatz – die Verwaltung seiner Nutzungsrechte für Software in der Vergangenheit links liegen gelassen hat, lässt sich sicher gern durch die positiven Aspekte eines umfassenden Lizenzmanagements dazu motivieren, hier etwas zu ändern. Denn die Praxis zeigt beispielsweise, dass heute in Unternehmen mehr als 30 Prozent aller einmal erworbenen Lizenzen nicht mehr genutzt und auch nicht wiederverwendet werden.

Durch ein effektives Management dieser Lizenzen können sich so bereits Einsparungen in derselben Größenordnung realisieren lassen. Hinzu kommen die Vermeidung unnötiger Kosten durch Überlizenzierung, die gezielte Wiederverwertung oder der Verkauf vorhandener Lizenzen und die Wahl des kostengünstigsten Lizenzmodells der jeweiligen Hersteller.

Ab wann lohnt sich professionelles Lizenzmanagement

Grundsätzlich gilt, dass sich Lizenzmanagement allein aufgrund der rechtlichen Aspekte immer „lohnt“. Nach Auffassung von Gartner trägt proaktives Lizenzmanagement zudem dazu bei, bis zu 30 Prozent der Kosten im operativen Betrieb (TCO) einzusparen. Dies berücksichtigt dabei auch Nebeneffekte wie beispielsweise die Umstellung von Retail- auf kostengünstigere Volumenlizenzen. Wer sein persönliches Einsparpotenzial ermitteln will, kann sich dies exemplarisch von Microsofts SAM-ROI-Assessment innerhalb von fünf Minuten berechnen lassen. Hierbei geht es nicht um die Lizenzierung von Microsoft-Produkten, sondern allgemein darum, welche Erfolge durch bestimmte Verfahren erzielbar sind.

Ob und wenn ja wie viel ein Unternehmen dann in eine professionelle Lösung investieren muss, hängt hingegen von verschiedenen Faktoren ab: Im günstigsten Fall reicht bereits eine einfache Excel- oder OpenOffice-Tabelle, um die im Unternehmen vorhandenen Lizenzen in Form einer Lizenzbilanz den eingesetzten Software-Paketen gegenüberzustellen. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass man einerseits weiß, welche Software auf allen Rechnern im Betrieb installiert ist und auch tatsächlich genutzt wird. Andererseits muss der Administrator natürlich über alle im Unternehmen vorhandenen Lizenzen informiert sein und sich im Klaren darüber sein, wie diese genutzt werden dürfen.

Ein Beispiel: Eine Werbeagentur hat eine überschaubare Anzahl von Programmen wie das vorinstallierte Betriebssystem, eine Office-Suite und ein paar Grafikwerkzeuge im Einsatz. Bei den Anwendungen handelt es sich zudem um sogenannte Retail-Versionen mit einem klaren Lizenzmodell. Hier kann eine Tabellenkalkulation oder selbst gestrickte Datenbank absolut ausreichen, um über Soll und Ist der Software-Nutzungsrechte Buch zu führen. Schwieriger wird es dann, wenn viele Rechner regelmäßig inventarisiert werden müssen oder Software mit komplexeren Lizenzmodellen zum Einsatz kommt.

Viele Lizenzen verderben den Brei

In der Praxis oft verwendete Lizenzformen sind Nutzungsrechte pro Benutzer, pro Maschine oder pro gleichzeitiger Nutzung, neudeutsch auch concurrent use genannt. Alle vorhandenen Lizenzformen muss ein Unternehmen in seinem Lizenzmanagement abbilden können. Anspruchsvoll wird es bereits bei bestimmten Lizenzformen von Microsoft, die beispielsweise die Installation von Office auf einem zweiten mobilen Rechner erlauben, sofern dieser nicht gleichzeitig mit dem Desktop genutzt wird.

Flexibel: Professionelle Werkzeuge ermöglichen auch komplexe Lizenzbestimmungen. (Quelle: Aagon)

Eine andere Lizenzform räumt hingegen Unternehmen ein Downgrade-Recht ein, sodass ein installiertes Office 2003 durchaus von einer Office-2007-Lizenz abgedeckt sein kann. Problematisch ist auch immer eine gemischte Umgebung aus Fat Clients und einer Terminal-Server-Farm mit Thin Clients. Hier muss das Lizenzmanagement sehr flexibel regelbasierte Definitionen von Lizenzpaketen ermöglichen, um eine automatisierte Lizenzbilanz erstellen zu können. Manche Volumenlizenzen erlauben zudem die Installation der Software auf einem privaten PC. An dieser Stelle wird schnell klar, dass hier eine Tabellenkalkulation an ihre Grenzen stößt.

Inventarisierung ist Voraussetzung

In kleinen Installationen ist die eingesetzte Software noch überschaubar, von Hand zählbar, und Information über die tatsächliche Nutzung können durch Benutzerbefragungen erlangt werden. Größere Umgebungen erfordern hingegen einen gewissen Automatisierungsgrad, um den Istzustand noch mit vertretbarem Aufwand feststellen zu können. Dies übernehmen Werkzeuge zur Software-Inventarisierung. Und auch bei deren Einsatz sind einige Dinge zu beachten.

So reicht es beispielsweise nicht aus, lediglich zu einem bestimmten Zeitpunkt alle Rechner im lokalen Netz von einer zentralen Konsole aus zu inventarisieren. Denn hier gehen dem Unternehmen all diejenigen Rechner durch die Lappen, die gerade ausgeschaltet, offline oder im mobilen Einsatz sind. Gibt es solche Rechner im Unternehmen und bleiben diese bei der Inventarisierung außen vor, so kann man sie und auch das nachfolgende Lizenzmanagement eigentlich gleich ganz sein lassen.

Um also ein vollständiges Bild aller installierten und genutzten Software zu erhalten, eignen sich für diese Aufgabe eher Produkte, die einen kleinen Software-Agenten auf allen Rechnern installieren. Dieser führt dann automatisch in vordefinierten Abständen lokale Inventarisierungsläufe durch und kann idealerweise seine Ergebnisse beispielsweise auch per E-Mail an eine zentrale Software-Asset-Management-Konsole im Unternehmen melden. Wichtig ist also immer, alle potenziell lizenzpflichtigen Systeme regelmäßig zu betrachten.

Ein weiterer bedenkenswerter Punkt ist die Unterstützung der zu inventarisierenden Betriebssysteme. Gibt es aber beispielsweise nur wenige Server unter einem vom Asset-Management nicht unterstützten Betriebssystem, so kann es aus Kostengründen durchaus sinnvoll sein, diese Rechner manuell zu inventarisieren. Denn auf Servern verändert sich der Software-Bestand im Vergleich zu Arbeitsplatzrechnern eher selten. In diesem Zusammenhang gilt es auch hier, ein immer wieder auftretendes Missverständnis zu beseitigen: Selbst wenn ein Server unter dem freien Betriebssystem Linux läuft, bedeutet dies nicht, dass für Software auf diesem Server keine kommerziellen Lizenzen notwendig sind. So kann beispielsweise der Einsatz einer Open-Source-Datenbank im kommerziellen Umfeld durchaus eine Lizenzpflicht auslösen.

Organisation ist alles

Neben der technischen Umsetzung sollte ein Unternehmen zudem das Lizenzmanagement auch organisatorisch in seinen Abläufen verankern. Im ersten Schritt empfiehlt es sich dabei, zunächst die Prozesse für die Beschaffung von Software, die Ablage von Software-Lizenzen und Lizenznachweisen, Prozesse für die Verteilung von Software sowie die Supportwege in einem Unternehmen zu dokumentieren.

Prozess: Zu einem erfolgreichen Lizenzmanagement gehört auch ein fester Prozess für die Beschaffung und Installation von Software. (Quelle: Aagon)

Bereits hier zeigen sich in der Praxis oft die ersten Unzulänglichkeiten, beispielsweise wenn die IT-Abteilung, der Einkauf oder einzelne Mitarbeiter die Prozesse der Beschaffung und Installation von Software höchst unterschiedlich interpretieren. Zudem vernachlässigen Unternehmen gern die Ablage aller vorhandenen Lizenzen und Original-Datenträger. Im schlimmsten Fall befinden sich diese im Büro oder gar im Homeoffice der Anwender. Idealerweise wären sie an einem zentralen Ort in einem abschließbaren, feuerfesten Schrank aufgehoben, zu dem nur berechtigte Personen Zugang haben.

Fazit

An einem umfassenden und verantwortungsvollen Lizenzmanagement kommt heute rein rechtlich kein Unternehmen vorbei. In der Praxis bewegen sich viele immer noch zwischen strafrechtlich relevanter Unterlizenzierung und verschwenderischer Überlizenzierung. Dabei muss Lizenzmanagement nicht teuer sein, und die richtigen Werkzeuge können sich durch erzielte Einsparungen in kurzer Zeit amortisieren.

Wo stehe ich gerade: In der Lizenzbilanz sieht der Administrator per Knopfdruck, wo sein Unternehmen über- oder unterlizenziert ist. (Quelle: Aagon)

Auf der Suche nach dem richtigen Tool sollten Unternehmen darauf achten, dass es keinen Rechner und keine Lizenzform außen vor lässt, alle notwendigen Daten inventarisiert, einfach zu bedienen ist und ihnen so viel Arbeit wie möglich abnimmt. Letzteres gilt sowohl für die Inventarisierung wie auch für die Pflege der Lizenzen und die automatische Erstellung einer Lizenzbilanz. (mha)