Green IT soll umweltfreundlich und energieeffizient sein

Green IT: Hype oder Wirklichkeit?

29.04.2008 von Bernhard Haluschak
Mit Green IT soll nach dem Willen der IT-Industrie alles „grün“ werden. Green IT beinhaltet aber nicht nur Energieeffizienz, Stromkosten reduzieren oder Virtualisierung, sondern viele weitere wichtige Faktoren wie Umweltschutz oder Recycling. TecChannel erläutert die vielschichtigen Aspekte von Green IT.

Laut Wikipedia bezeichnet man als Green IT alle Maßnahmen, um ein IT-Produkt über den gesamten Lebenszyklus möglichst umweltfreundlich und ressourcenschonend zu gestalten. Dabei fängt Green IT bereits bei der Entwicklung und dem Design des Geräts an, geht über den Betrieb bis hin zur umweltgerechten Entsorgung beziehungsweise Recycling. Zwei Aspekte spielen bei Green IT eine besondere Rolle: der Energieeinsatz bei der Herstellung und Nutzung des Produkts sowie die verwendeten Materialien und Produktionsmittel. So weit die Theorie.

Doch in der Praxis ist grün nicht gleich grün. Vielmehr zwingen die steigenden Energiekosten die Hersteller von IT-Produkten energieeffiziente Geräte herzustellen, da die Anwender diesen Aspekt verstärkt in ihre Überlegungen bei der Anschaffung einplanen. So beschränkt sich Green IT in vielen Bereichen nur auf den Schwerpunkt Energieeffizienz. Bei Prozessoren beziehungsweise bei Rechnersystemen gilt Leistung pro Watt als Benchmark für ein „grünes System“. In anderen Bereichen ist es der geringere Energieverbrauch eines Geräts im Vergleich zum Vorgänger.

Green IT sollte aber nicht nur aus ökonomischer Sicht betrachtet werden, sondern in erster Linie ökologische Aspekte erfüllen – und das vom Anfang bis zum Ende des Produktzyklus. Um die Aspekte von Green IT zu verdeutlichen, haben wir die wichtigsten Gesichtspunkte für Sie zusammengefasst und erörtern diese detailliert.

Entwicklung und Produktion unter Umweltaspekten

Der Green-IT-Gedanke fängt schon bei der Entwicklung von neuen Produkten an. So können bereits im Vorfeld umweltverträgliche Materialien in das Produkt einfließen. Dabei ist wichtig, dass der Hersteller die Produktion bereits im Vorfeld nach ökologischen Gesichtspunkten plant und durchführt. In diesem Bereich zwingt sogar der Gesetzgeber durch die RoHS-Verordnung (Restriction of Hazardous Substances) die Hersteller zum umweltbewussten Handeln.

Die Einhaltung dieses Gesetzes obliegt dem Hersteller beziehungsweise dem Importeur. Bei Verstößen gegen das Gesetz haftet der Hersteller. Die RoHS-Richtlinie soll die Verwendung von gesundheits- und umweltschädigenden Stoffen in Elektro- und Elektronikgeräten einschränken. Zu den auf der Liste stehenden Substanzen befinden sich die gesundheitsschädlichen Elemente Quecksilber, Cadmium, sechswertiges Chrom und Blei sowie polybromierte Biphenyle und Diphenylether.

Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt bei der Produktion umweltverträglicher Geräte ist der Energieeinsatz. Dieser sollte schon bei der Herstellung so gering wie möglich sein, um die klimaschädlichen CO2-Emissionen während des Produktionsprozesses zu reduzieren. Zudem schont diese Maßnahme die begrenzten Energieressourcen.

Server-Konsolidierung: Alt gegen Neu = Grün?

Nach den neuesten Zahlen des Marktforschers IDC benötigt ein Standard-Server heute circa 400 Watt – viermal so viel wie noch vor zehn Jahren. Gleichzeitig hat sich die Server-Dichte im Server-Rack von 7 auf 14 Server gesteigert. Demgegenüber steht aber auch eine hohe Zunahme der Server-Rechenleistung.

Da jedes Kilowatt elektrischer Leistung von den Systemen in Wärme umgewandelt wird, muss diese auch wieder teuer und energieintensiv über die Klimaanlage abtransportiert werden. Daher wären Investitionen in energiesparende Server, die ihrerseits wiederum energieoptimierte Prozessoren, Netzteile, Festplatten und Lüfter enthalten, eine besonders „grüne“ Option.

Die Hardwareanbieter ihrerseits offerieren den Anwendern eine entsprechend Strom sparende Hardware. Sie garantieren für die Server mehr Leistung pro Watt, sodass ein neuer Server mehrere alte Server problemlos ersetzen kann und darüber hinaus noch weniger Strom verbraucht. Damit lassen sich unter Umständen aufwendige Ausbaumaßnahmen der Stromversorgung und der Klimaanlage hinausschieben oder sogar vermeiden. Allerdings darf bei einer Server-Konsolidierung der Aspekt einer Server-Virtualisierung nicht außer Acht gelassen werden. Erst diese Kombination erbringt den maximalen Effekt hinsichtlich Green IT.

Virtualisierung macht Server grün

Für Rechenleistungen, die bislang auf mehreren Servern erbracht wurden, wird durch den Einsatz der Virtualisierungstechnologie heute nur noch ein Server benötigt. Damit lässt sich die Anzahl der Server in einem Rechenzentrum deutlich reduzieren.

Sogenannte virtuelle Maschinen beinhalten die Betriebssysteme und Applikationen der zu konsolidierenden Server und laufen „nebeneinander “ auf derselben physikalischen Hardware. Daten und Anwendungen werden also komplett von der physikalischen Hardwareumgebung entkoppelt. Virtuelle Maschinen ermöglichen es, einen Großteil der ungenutzten Rechenkapazitäten einer modernen Standard-Server-Hardware für die Konsolidierung wenig ausgelasteter oder älterer Server-Hardware zu nutzen.

In Bezug auf den Energieverbrauch ergeben sich durch virtuelle Systeme enorme Sparpotenziale: So können einzelne virtuelle Maschinen jederzeit deaktiviert werden. Aber auch nur hin und wieder genutzte Applikationen kann das System bei Bedarf als virtuelle Maschine starten. Zusätzlich entwickelt die IT-Industrie immer neue Migrationstechnologien, die die Möglichkeit bieten, im laufenden Betrieb von einem Server auf einen anderen zu migrieren. Treten bei bestimmten rechenintensiven Anwendungen Lastspitzen auf, können damit die vorhandenen Ressourcen besser auf viele virtuelle Systeme aufgeteilt werden.

Durch die Virtualisierung kann der Anwender ungenutzte Reserven für Lastspitzen deutlich reduzieren, da der Auslastungsgrad der Hardware damit wesentlich höher ist als ohne dieser Technologie. Bedingt durch die höhere Auslastung und die höhere Leistungsfähigkeit der Server sinkt der Bedarf an Hardware beziehungsweise Rechnersystemen. Das bietet Einsparmöglichkeiten im Bereich Raumbedarf, Kühlung der Systeme und reduziert auch direkt den Energiebedarf für die Anwendungen.

Der grüne Server-Raum

Laut einhelliger Meinung der Rechenzentrumsbetreiber wird sich die Entwicklung hin zu immer größerer Rechnerdichte im Server-Rack fortsetzen. Damit entwickelt sich die Thematik der ausreichenden Kühlung dieser Systeme zu einem immer größeren Problem. Allerdings kann durch den Administrator eine Vielzahl von relativ einfachen Maßnahmen die Effizienz der Klimatisierung deutlich gesteigert werden.

Dazu gehört zum Beispiel unter Berücksichtigung der Garantieansprüche des Herstellers das Anheben der Umgebungstemperatur in einem Server-Raum. Denn viele Server lassen sich problemlos in Umgebungstemperaturen von 30 bis 35 Grad Celsius betreiben. Da in den meisten Rechenzentren die Luftansaugtemperatur allerdings zwischen 20 und 25 Grad Celsius liegt, könnte man hier den Energiebedarf für die Klimaanlage signifikant verringern.

Bei der klassischen Kühlung mit Luft kann der Betreiber eines Server-Raums bereits durch einfache bauliche Maßnahmen einen deutlichen Effizienzgewinn durch die sorgfältige Führung der Kühlluft erreichen. So sollte keine Vermischung der Warm- und Kaltluft erfolgen. Zusätzlich sollte der Luftwiderstand durch das Rechnersystem so gering wie möglich sein. Diese Maßnahmen beinhalten zwingend bauliche Optimierungen wie eine optimale Kabelführung oder die Vermeidung perforierter Doppelbodenplatten.

Energienutzung: In einem typischen Rechenzentrum verschlingen die Kühlaggregate und die IT-Ausrüstung die meiste Energie. (Quelle: Green Grid)

Eine sehr hohe Kühlleistung erzielen geschlossene, direkt gekühlte Racks. In solchen Systemen ist ein Luft-Wasser-Wärmetauscher bereits im Rack integriert. Der Schrank ist luftseitig geschlossen, sodass die Kühlluft in einem geschlossenen Kreislauf mit einem festen Temperatursollwert vor die Luftansaugung der IT-Komponenten geführt wird. Durch eine strikte Trennung der warmen von der kalten Seite ist die Kühllufttemperatur von unten bis oben gleich. Diese Technologie der direkten Rack-Kühlung erreicht eine sehr hohe Kühlleistung. Eine zusätzliche Kühlung außerhalb des Racks ist somit nicht mehr erforderlich.

Auch im Bereich der Stromzuführung steht ein erhebliches Einsparpotenzial zur Verfügung. So kann in USVs durch den Einsatz von Deltawandlern statt einer Doppelwandlertechnik ein höherer Leistungsgrad der unterbrechungsfreien Stromversorgung erreicht werden. Komponenten in der Stromverteilung und in der Rack-Unterverteilung sind nicht notwendig. Durch die Weiterleitung des Gleichstroms kann sich der Leitungsverlust um bis zu 50 Prozent reduzieren.

Effizientes Energiemanagement nicht nur in Server-Räumen

Zum energieeffizienten Betrieb eines Rechenzentrums beziehungsweise eines Servers gehört es, dass die Stromversorgung selbst optimiert wird. So verfügen die Server-Systeme über vielfältige Stromsparoptionen wie zum Beispiel die Prozessoren mit den Optionen „Intel Enhanced Speedstep Technology“ oder „AMD PowerNow“. Diese sollen den Stromverbrauch um bis zu 40 Prozent reduzieren können. Darüber hinaus bieten einige Server ausgeklügelte Powermanagement-Funktionen wie etwa eine intelligente Lüftersteuerung.

Eine weitere Möglichkeit der dynamischen Regulierung der elektrischen Leistung ist die Optimierung des maximalen Energieverbrauchs pro Rack beziehungsweise je Raum. Dabei stehen zwei Optionen zur Auswahl: Zum einen können absolute maximale Verbrauchsgrenzen festgelegt werden, zum anderen lässt sich diese Technologie gleichermaßen zur Modellierung von maximaler Leistung verwenden. So kann für einen Server mehr Leistung freigegeben werden, sobald andere Server diese nicht benötigen.

Alles Grün: Hilfreiche Werkzeuge vereinfachen die Überwachung des Stromverbrauchs und der CO2-Emissionen des Rechnersystems. (Quelle: CPI)

Die weitere Maßnahme wäre die Kontrolle aller Racks in einem Rechenzentrum inklusive der Kühlanlagen. Die Idee ist grundsätzlich nicht neu und in vielen Systemmanagement-Anwendungen IT-seitig integriert. Allerdings fehlt in diesen in der Regel die Erweiterung um die Optionen der Kühlung und Haustechnik. Bei einem konsequenten Einsatz dieser Technologie können beispielsweise die Klimaanlage, der Luftstrom der Ventilatoren oder die Leistungsaufnahme der Kühlung auf ein Minimum reduziert werden.

Wer eine direkte Kontrolle des Energieverbrauchs aus der Server-Steckdose benötigt, für den ist eine funktional erweiterte Stromsteckerleiste sinnvoll. Diese ist in der Lage, aus jeder Steckdose die absoluten Energiewerte und den Verbrauch des Systems ständig zu messen. Diese Werte übermittelt ein Server über eine Standard-Ethernet-Verkabelung und über TCP/IP-Protokoll zum Anwender.

Klimatisierung von Server-Räumen richtig planen

Gerade Server-Räume bieten in punkto Green IT enormes umweltschonendes Potenzial. Sind zum Beispiel größere Umbauten oder gar ein Neubau geplant, gibt es eine Reihe von Maßnahmen, wie die Klimatisierung des Rechenraums beziehungsweise -zentrums effizient gestaltet werden kann.

In der Regel fällt in den Server-Räumen und Rechenzentren sehr viel Abwärme an. Diese sollte der Betreiber aber nicht ungenutzt in die Umwelt ableiten, sondern zum Heizen von beispielsweise Büroräumen nutzen.

Alternative beziehungsweise regenerative Energiequellen liegen im Trend und werden wirtschaftlich gefördert. So könnte zum Beispiel eine Photovoltaik- oder Windenergieanlage zur Stromerzeugung für den Betrieb der Klimaanlage des Rechenzentrums genutzt werden. Zusätzlich könnten durch die Nutzung der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungstechnologie die Betriebskosten für die Klimatisierung des Rechenzentrums oder Server-Raums gesenkt werden.

Ein probates Mittel zur Klimatisierung von IT-Räumen ist die sogenannte „adiabate Kühlung“, die mithilfe von Verdunstungskälte Räume klimatisiert. Auch die Verwendung einer Betonkernkühlung, bei der die Zuluft durch in die Decke einbetonierte Kühlrohre strömt und nicht direkt in den Raum eingeleitet wird, kann die Energieressourcen schonen.

Rechenzentren sind in der Regel nicht zwingend ortsgebunden. So kann eine Verlagerung des Rechenzentrums an einen Standort, der klimatisch günstigere Wetterverhältnisse aufweist sowie eine sichere Energieversorgung garantiert, ebenfalls ein interessanter Aspekt im Zuge von Green IT sein.

Recycling: Alte IT wiederverwenden oder umweltgerecht entsorgen

In Deutschland fallen jährlich bis zu zwei Millionen Tonnen an alten Elektrogeräten an. Diese Zahl beinhaltet auch Computer beziehungsweise Computer-Equipment. Im Vergleich zu den anderen Abfallarten ist das Aufkommen von Elektroschrott in den vergangenen Jahren ständig gestiegen. Viel zu häufig landen intakte Altgeräte auf der Müllhalde oder in Abfallöfen.

Ähnlich wie bei der Produktion regelt auch hier der Gesetzgeber durch entsprechende Verordnungen den Umgang mit den „Altlasten“. So reguliert das Elektro- und Elektronikgerätegesetz, kurz ElektroG, wie Abfälle von Elektro- und Elektronikgeräten reduziert und vermieden werden können. Dazu gehört, dass je nach Gerätekategorie Verwertungsquoten zwischen 70 und 80 Prozent vorgeschrieben sind. Die Quoten für die Wiederverwendung und die stoffliche Verwertung liegen zwischen 50 und 80 Prozent. Diese Vorgaben zwingen die Hersteller, dass die bei der manuellen Zerlegung von Altgeräten gewonnenen sortenreinen Komponenten entsprechend aufbereitet werden. Nach diesem Arbeitsprozess stehen sie wieder als Rohstoffe dem Stoffkreislauf zur Verfügung.

Ein weiterer Gesichtspunkt von Recycling ist die Wiederverwendung von gebrauchten Geräten beziehungsweise Rechnersystemen. Kernargument der auf diesen Bereich spezialisierten Computer-Recycler ist: Durch den Verzicht auf neue schnelle Rechner oder Systemperipherie kann der Nutzer bis zu zwei Drittel bei der Gesamtenergiebilanz des Produktes im Vergleich zu einem neuen Gerät einsparen und so einen enormen Beitrag zum Umweltschutz leisten.

Fazit

Der Begriff Green IT wird aktuell sehr inflationär benutzt und oft für ausschweifende Marketingzwecke missbraucht. Doch hinter dem Schlagwort verbirgt sich mehr, als viele Hersteller den Kunden zu vermitteln versuchen. Denn Green IT beschränkt sich nicht nur auf das IT-Equipment, sondern ist ein ganzheitliches Konzept.

So beginnt der Green-IT-Gedanke bereits bei der Entwicklung und Produktion von Geräten. Schon in dieser Phase können Umweltaspekte wie Verwendung umweltfreundlicher Rohstoffe, Energieeinsatz bei der Produktion oder späteres Altgeräterecycling berücksichtigt werden.

Die am häufigsten genannten Gesichtspunkte in Verbindung mit Green IT sind der Betrieb und das Umfeld von Rechensystemen beziehungsweise deren Peripherie. Hier spielen die Energieeffizienz von Geräten respektive die Kühlung eine entscheidende Rolle. In diesem Zusammenhang sind Leistungskriterien wie Performance pro Watt bei Server-Systemen oder die Kühlkapazität und Abwärmenutzung in Server-Räumen wichtige Aspekte, die zu einem umweltschonenden IT-Konzept eines Unternehmens zwingend gehören.

Am Schluss der Green-IT-Kette steht das Recycling. Auch dieser Aspekt bietet enormes umweltschonendes Potenzial. So können recycelte IT-Altgeräte in vielen Bereichen oft noch gute Dienste leisten. Darüber hinaus bietet das Recycling von IT-Produkten in Form von Rohstoffwiedergewinnung weitere umfeldfreundliche Betätigungsfelder. (hal)