Googles neuer Browser im Praxistest

Google Chrome: Schnell, neu und mit Sicherheitslücke

03.09.2008 von Moritz Jäger
Googles neuer Browser Chrome ist als Beta verfügbar und wir unterziehen ihn einem ersten Test und Benchmarks. Bereits jetzt ist klar: Chrome ist schnell, aber es fehlen noch die Erweiterungen wie bei Firefox - zudem gibt es bereits eine Sicherheitslücke.

Googles Ankündigung eines eigenen Browsers hat sich wie ein Lauffeuer durch das Internet verbreitet. Gestern hatte der Suchmaschinengigant die Existenz des eigenen Browsers Chrome bestätigt, nachdem ein Werbecomic über Chrome aufgetaucht war. Seit der Nacht zum 03.09.2009 steht der Browser für Windows-Nutzer als erste Beta zum Download bereit, Versionen für Mac und Linux sollen folgen.

Google Chrome
Google Chrome
Google Chrome ist ein von Google entwickelter Webbrowser. Er setzt auf die WebKit Rendering-Engine auf und soll sich besonders durch seine hohe Geschwindigkeit beim Seitenaufbau von anderen Browsern absetzen. Besonders an dem Google-Browser ist die strikte Trennung der einzelnen Browser-Tabs in separate Prozesse.
Chrome 01 Nach Installation
Chrome 02 Suchmaschine ändern
Chrome 03 Auto-Vervollständigen
Chrome 04 TecChannel
Chrome 05 Seite mit SSL-Zertifikat
Chrome 06 Flash Plugin nachinstallieren
Chrome 07 Download-Bar
Chrome 08 Haufig besuchte Seiten
Chrome 09 Task Manager
Chrome 10 inkognito
Chrome 11 Datenschutz
Chrome 12 Phishing bemerkt
Chrome 13 Sicherheitslücke carpet bombing
Chrome 14 Speicherverbrauch acht Tabs
Chrome 15 Speicherverbrauch sechs tabs
Chrome 16 Sad Tab
Chrome 17 Anwendungsvernküpfung m google gears
Chrome 19 Suchmaschinen bearbeiten

Wir haben die erste Version von Chrome installiert und angetestet. In diesem Beitrag lesen Sie, wie gut sich Googles Browser im Vergleich mit den drei Browsern Firefox, Opera und Internet Explorer schlägt. Dabei gehen wir auch auf das Thema Datenschutz ein.

Chrome Comic
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Wer den Browser selbst testen will, sollte Folgendes beachten: Chrome ist zwar bereits einsatzfähig, befindet sich aber noch in einer frühen Beta-Phase. Daher sollte diese Version, wenn möglich, noch nicht auf Produktivsystemen verwendet werden.

Schnüffelsoftware? Problemfall Datenschutz

Die drängendste Frage bei Google-Software ist: Wie sieht es mit dem Datenschutz aus? Überträgt der Browser ungewollt Informationen an Google? In unseren ersten Tests sieht es so aus, als ob man zumindest beim Thema „Phone Home“ Entwarnung geben kann. Mit Wireshark ließ sich zumindest in einem ersten Test nicht feststellen, dass die Beta ungewollt persönliche Daten überträgt. Wichtig hierbei: Wir hatten das optionale Feld „Sende anonyme Nutzerstatistiken“ beim Download nicht aktiviert. Wird dieses angekreuzt, sendet Chrome anonymisierte User-Daten sowie Crash-Reports zu Google. Das ist allerdings nichts Ungewöhnliches, nahezu jeder Browseranbieter nutzt diese Funktion.

Freiwillig: Wahlweise kann man anonyme Nutzerdaten übertragen - oder auch nicht.

Chrome nimmt regelmäßig Kontakt zu den Google-Servern auf, allerdings geht es hier um Downloads. Chrome prüft alle 25 Stunden, ob eine neue Version bereitsteht. Alle halbe Stunde aktualisiert der Browser den integrierten Anti-Phishing-Filter. Zusätzlich greift Chrome auf Google zu, sobald der Nutzer eine Adresse in die Omnibar genannte Adressleiste eingibt. Das klingt zunächst dramatisch, ist aber relativ harmlos. Denn Chrome nutzt hier die „I feel Lucky“-Funktion der Google-Suche, um dem Nutzer passende Webseiten zu seinen Eingaben vorzuschlagen. Im Suchmaschinenmenü lässt sich dieses Feature deaktiveren.

Laut den Datenschutzbedingungen erzeugt Chrome eine eindeutige Anwendungsnummer. Diese kommt beispielsweise bei den Update-Prüfungen oder den Crash-Reports zum Einsatz. Was genau in diese Nummer einfließt, ist noch nicht bekannt, hier könnte es unter Umständen zu Datenschutzproblemem kommen. Wir haben bei Google angefragt, derzeit aber noch keine Antwort erhalten.

Der Vorteil ist, dass Google Chrome als Open Source jedermann zur Verfügung stellt. Daher ist davon auszugehen, dass Chrome in nächster Zeit von verschiedenen Experten in die digitalen Einzelteile zerlegt wird. Sollte Google also wirklich Schnüffelsoftware in dem Browser verborgen haben, werden wir das in nächster Zeit wahrscheinlich erfahren. Der Blogger Matt Cutts beschreibt jede Kommunikation zwischen Google und Chrome ausführlich, seiner Meinung nach besteht keinerlei Grund zu Paranoia.

Installation, erster Eindruck und erste Sicherheitslücke

Nach der Installation bietet Chrome an, bestehende Bookmarks aus Firefox zu importieren. Ein Import aus IE ist ebenfalls möglich, das muss man allerdings in den Einstellungen gesondert angeben. Beim ersten Start kann man einen Suchmaschinenanbieter auswählen oder Google eintragen lassen.

Freie Suche: Wer Google nicht will, kann eine andere Suchmaschine wählen.

Anschließend sieht man als Startseite einen leeren Tab. Nach längerem Einsatz werden hier bis zu neun Webseiten angezeigt, die zuletzt besucht wurden. Seitlich ist ein Suchfeld angebracht, außerdem werden hier die zuletzt geschlossenen Seiten seitlich angezeigt.

Einmerker: Chrome merkt sich die am häufigsten besuchten Seiten und zeigt diese beim Öffnen eines neuen Tabs an.

Das Design ist zunächst gewöhnungsbedürftig, Google ordnet die Tabs über der Adressleiste an. Laut den Entwicklern sind Tabs das Wichtigste; außerdem soll so gezeigt werden, dass jeder Tab als einzelner Prozess läuft. Mehr dazu im nächsten Kapitel.

Chrome kennt keine Trennung zwischen Adressleiste und Suchfeld, beides ist in der sogenannten Omnibar zusammengefasst. Sobald man eine Adresse eintippt, schlägt der Browser passende Webseiten vor, dazu nutzt er die Google-Such-API. Darunter wird der Verlauf angezeigt, falls man bereits ähnliche Webseiten besucht hat. Ein Klick auf den Stern links neben der Omnibar speichert die Webseite als Bookmark.

Weiterschreiben: Auf Wunsch schlägt Chrome passende Web-Seiten vor.

Problematisch ist allerdings, dass bereits die erste Sicherheitslücke gefunden wurde. Diese steckt eigentlich in Webkit, das Chrome für das Rendering von HTML verwendet. Über die Carpet Bombing genannte Lücke können Angreifer Dateien direkt auf dem System des Nutzers speichern, ohne dass dieser gefragt wird. Im Browser Safari, der ebenfalls auf Webkit aufsetzt, wurde diese Lücke mit dem letzten Update bereinigt. Einen Test, ob Ihre Installation anfällig ist, finden Sie hier.

Sicherheitslücke: Der Browser ist noch anfällig für die Carpet-Bombing-Schwachstelle.

Inkognito-Surfen, Phishing-Schutz und Google Gears

Fast unsichtbar: Der Inkognito-Modus sorgt dafür, dass keine unabsichtlichen Spuren auf dem lokalen System bleiben.

Rechts neben der Omnibar befinden sich die Optionen. Hinter dem Seiten-Symbol sind die allgemeinen Optionen für die Webseite, hier lassen sich zudem neue Tabs öffnen oder ein Inkognito-Fenster starten. Inkognito-Fenster sollen die Daten der User beim Surfen besser schützen, ähnlich dem Privacy-Feature des IE 8. Allerdings betrifft das hier nur die lokale Seite des Browsers, sprich Chrome speichert keine Cookies und Seitenverläufe. Google weist aber darauf hin, dass der User nicht vor Schnüffelprogrammen wie Keyloggern oder vor Ermittlungsbehörden geschützt ist. Auch Skripte oder Werbung werden nicht blockiert.

Gefahr: Chrome warnt vor Phishing-Seiten.

Google nutzt für den Schutz der User den hauseigenen Anti-Phishing-Dienst, der beispielsweise auch in Firefox integriert ist. Chrome aktualisiert diese Liste alle halbe Stunde, sodass der Schutz relativ aktuell ist. Will der Nutzer eine entsprechende Seite ansurfen, konfrontiert ihn Chrome mit einer eindeutigen Warnung. Dieser Blacklist-Ansatz ist in nahezu allen aktuellen Browsern vorhanden, ersetzt aber auf keinen Fall eine lokal installierte und aktuelle Anti-Viren-Software.

Offline arbeiten: Mit Google Gears lassen sich Web-Anwendungen auch ohne Netzzugang nutzen.

Mit Chrome installiert sich der Endnutzer auch Google Gears auf seinem Rechner. Google stellt damit eine Plattform zur Verfügung, um kompatible Web-Anwendungen offline laufen zu lassen. Beispielsweise lassen sich so Dokumente aus Google Docs auch ohne Internetverbindung bearbeiten und speichern. Sobald der Nutzer wieder mit dem Internet verbunden ist, kopiert Google Gears die Änderungen in die entsprechende Anwendung. Neben Google Reader und Google Docs unterstützen beispielsweise Anwendungen wie Zoho, Remember the Milk oder Wordpress die Offline-Nutzung

Speicherlast und Tab-Management

Überblick: Der Chrome Task Manager zeigt, wie viele Ressourcen Tabs und Plugins benötigen.

Eine der größten Neuerungen von Chrome ist das Speichermanagement. Wenn der Nutzer einen Tab schließt, gibt Chrome den dafür benutzten Speicher komplett frei, ohne dass Speicherreste zurückbleiben. Um das zu erreichen, startet jeder Tab einen eigenen Prozess. Hinzu kommt noch eine Chrome-Instanz als Task-Manager.

Trauriger Tab: Stürzt ein Tab ab, zeigt das Fenster ein trauriges Gesicht.

Wenn beispielsweise sieben Tabs geöffnet sind, sieht man im Windows Task Manager insgesamt acht Chrome-Instanzen. Durch diesen Aufbau benötigt Chrome zu Beginn mehr Arbeitsspeicher, da der eigene Task Manager ebenfalls unterhalten werden muss. Der größte Vorteil ist aber: Selbst wenn ein Tab abstürzt, betrifft das nur die eine Seite. Alle anderen geöffneten Tabs bleiben davon unbehelligt.

Acht Tabs: Der Speicherverbrauch bei acht geöffneten Seiten in Firefox und Chrome.

In einem praktischen Versuch sind wir den Versprechungen von Google auf den Grund gegangen. Zunächst haben wir in Chrome und Firefox je acht Seiten geöffnet. Im Speichermanager, der sich per Chrome Task Manager oder über den Befehl about:memory erreichen lässt, haben wir die Last dann geprüft. Chrome benötigte laut den Angaben insgesamt knapp 130 MByte Speicher, Firefox kam auf etwas mehr als 100 MByte.

Sechs Tabs: Schließt man zwei Seiten, nimmt die Speicherauslastung bei Chrome ab, bei Firefox nimmt sie hingegen zu.

Nun schlossen wir zwei Tabs, in beiden Browsern waren nun noch sechs Tabs offen. Erstaunlicherweise stieg der Speicherhunger von Firefox anschließend auf 123 MByte an, während Chrome 20 MByte weniger benötigt. Der Speichermanager von Chrome zeigt anschaulich, dass das Konzept aufgeht. Ähnlich sieht es Mikka Hyppönnen von F-Secure: „Es ist schön, zur Abwechslung mal einen Browser zu sehen, der nicht den kompletten Speicher verschlingt“, schreibt Hyppönnen im F-Secure-Blog.

Benchmarks: Schnell in JavaScript

V8 Benchmark Suite: Im hauseigenen Google-Benchmark kann Chrome klar überzeugen.

Laut den Google-Entwicklern sollte der neue Browser komplett neu konzipiert und auf die aktuellen Anforderungen des Internets zugeschnitten sein. Dabei haben sie sich vor allem um eine schnelle Ausführung von JavaScript bemüht. Chrome nutzt als Engine die bis dato relativ unbekannte V8-Engine. Diese Open Source Engine ist in C++ geschrieben und soll extrem schnell sein.

SunSpider: Auch beim aufwändigen SunSpider JavaScript Benchmark liegt Chrome vorne.

Ein erster Praxistest bestätigt das, allerdings wollten wir es genau wissen und haben Chrome und seine Konkurrenten drei JavaScript-Benchmarks unterzogen. Wir nutzen dabei den V8-Benchmark von Google und den SunSpider JavaScript Benchmark. Für den Test verwenden wir die Out-of-the-Box-Version, also direkt nach der Installation, ohne Erweiterungen oder Tweaks unter Windows Vista Ultimate 32-Bit. Die Intel Pentium 4 COU taktet mit 2,8 GHz, das System verfügt über 1024 MByte Arbeitsspeicher. Hier die Ergebnisse:

Tatsächlich kann sich Chrome gegenüber dem IE, Firefox und Opera deutlich durchsetzen, die Benchmarks bestätigen den subjektiven Eindruck. Google hat also nicht zu viel versprochen.

Fazit: Konkurrenz zu Opera und Firefox, noch fehlen Erweiterungen

Alles in allem lässt sich sagen: Google hat ein sauberes Produkt abgeliefert. Bereits die erste Beta von Chrome ist sehr stabil und benutzerfreundlich. Der Browser ist schnell und intelligent an die aktuellen Anforderungen des Interenets angepasst. Vor allem das weiterentwickelte Tab-Konzept samt Multi-Threading beeindruckt, hier fragt man sich: Warum ist noch niemand vorher auf diese Idee gekommen? Ebenfalls beeindruckend ist die rasend schnelle Verarbeitung von JavaScript. Die V8-Engine war eine gute Wahl; wie die Benchmarks zeigen, lässt Chrome die Konkurrenz weit hinter sich.

Sichere Seite: Websites mit SSL-Zertifikat erhalten eine grünes https.

Allerdings vermissen wir die Erweiterungen von Firefox. Klar, der Browser ist erst seit Kurzem verfügbar, dennoch hätten wir gerne einige Funktionen nachgerüstet, etwa, dass die Eingabe einer Web-Adresse jedes Mal einen neuen Tab öffnet. Da Google Chrome aber komplett als Open Source zur Verfügung stellt, hoffen wir, dass sich bald eine engagierte Entwickler-Community um den Browser bildet.

Wer muss sich nun vor Chrome fürchten? Entgegen anderer Meinungen wird es wohl nicht Microsoft sein. Denn der IE hat eine breit installierte Basis, schließlich ist er Bestandteil nahezu jeder Windows-Installation. Zudem lässt er sich zentral verwalten und in Policys einbinden, was gerade im Firmenumfeld wichtig ist. Schlecht sieht es eher für Opera und Firefox aus. Wahrscheinlich wird Google hier einige Marktanteile für sich abknapsen. Die Gears-Integration könnte zwar die Verbreitung von Online-Office-Systemen im Consumer-Bereich fördern, im Business-Umfeld bleibt dies jedoch fraglich.

Download-Management: Chrome verfügt über einen eignen Download-Manager.

Die Open-Source-Lizenz hat noch einen weiteren Vorteil: Jeder Entwickler kann sich Teile von Chrome entnehmen, um sie in einem eigenen Produkt zu verarbeiten. Die Konkurrenz durch Chrome könnte also schon bestehenden Browser-Projekten eine Brise frischen Wind geben. (mja)