Goldener Mittelweg

25.01.2002
Zusatzdienste wie Website-Monitoring oder Firewall-Management steigern den Umsatz der Provider und verbessern die Kundenbindung. Für viele Unternehmen sind sie außerdem der richtige Kompromiss zwischen autarker IT-Infrastruktur und komplettem Outsourcing.

Von: Dr. Thomas Hafen

Das Angebot an so genannten "Managed Services" ist groß. Dies ist kein Wunder, denn für viele Anbieter fallen alle Dienstleistungen in diese Kategorie, die über die bloße Bereitstellung von Internetzugang oder Serverplatz hinausgehen und beispielsweise zusätzliche Updates, Monitoring oder die Integration in bestehende Systeme umfassen. Auch beim "One-Stop Shopping" sprechen Provider gerne von Managed Services. In diesem Fall schnürt der Anbieter ein Bündel aus Hard- und Software sowie Diensten Dritter und stellt sie als Komplettpaket zur Verfügung.

Für Lionel Lamy, Research Manager beim Marktforschungsunternehmen IDC, bilden Managed Services dagegen die Vorstufe zum kompletten IT-Outsourcing (siehe Bild). Marina Martin, Analystin bei Frost & Sullivan, sieht im Grad der Kundenanpassung das entscheidende Kriterium: Während Application-Serviceprovider eine Plattform für mehrere Kunden nutzten, seien Managed Services individuell zugeschnitten.

Ähnlich weit gefasst wie der Begriff selbst, sind auch die Einsatzbereiche. So finden sich solche Services für Hosting, Security, Storage und Netzwerkmanagement, um nur die wichtigsten zu nennen. Aber auch für Callcenter, Business Integration, Linux-Server, IT-Systeme oder Firmennetze werden diese Dienste angeboten.

Provider setzen auf mehr Service

Welcher Markt auch immer betrachtet wird: Der Trend geht eindeutig in Richtung Mehrwertdienste. Dies hat verschiedene Gründe: So sind beispielsweise Bandbreite und Stellfläche so billig geworden, dass mit einem bloßen Access-Angebot kaum mehr Geld zu verdienen ist. Kein Wunder also, dass vor allem Carriers Carrier mit eigenem Backbone und Überkapazitäten wie Global Crossing, PSI Net oder Teleglobe nun auch komplexere Services wie VPN-Dienste für Geschäftskunden anbieten. Und allgemein lassen sich mit den höherwertigen Gliedern in der Wertschöpfungskette größere Gewinne machen. So kostet nach einer Studie des Marktforschungsinstituts Technomar ein Quadratmeter reine Stellfläche mit zirka 125 Euro noch etwa die Hälfte wie vor zwei Jahren. Inklusive First Level Support (Strom, Sicherheit und Wartung) lassen sich dagegen schon zwischen 800 und 1000 Euro pro Quadratmeter erzielen. Zudem besteht bei maßgeschneiderten Services eine weit intensivere Kundenbindung als beim reinen Access Providing. Die so genannte "Churn Rate", das heißt der Anteil der Nutzer, die ihren Anbieter wechseln, ist geringer, Investitionen in die Akquise von Neukunden gehen seltener verloren.

Unternehmen profitieren von Outsourcing-Lösungen

Firmen, die sich für das Angebot eines Managed Service Providers entscheiden, sparen sich hohe Anfangsinvestitionen - ein klares Plus in Zeiten leerer Kassen und zurück-haltender Geldgeber. Außerdem reduziert sich bei geringerem Kapitaleinsatz die Zeit bis zum Return on Investment erheblich.

Gerade kleinere und mittlere Unternehmen haben zudem meist nicht das notwendige Fachpersonal, um aufwändige IT-Installationen funktionsfähig und auf dem neuesten Sicherheitsstandard zu halten. Erledigt dies ein Dienstleister, kann sich der Kunde auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Auch für kurzfristige, projektbezogene Maßnahmen bietet sich der Einsatz von Managed Services an.

Die laufenden Ausgaben lassen sich durch den Einsatz von externen Dienstleistern ebenfalls reduzieren. So kostet ein Netzwerkspezialist 75 000 bis 100 000 Euro pro Jahr. Hinzu kommen noch Ausgaben für Lizenzen, Updates und Wartung. Zudem lässt sich Verantwortung an Dritte delegieren. Geht etwas schief, erhält das betroffene Unternehmen eine entsprechende Kompensation. Voraussetzung ist allerdings, dass realistische und konkrete Service Levels vereinbart wurden.

Skepsis überwiegt

Trotz dieser offensichtlichen Vorteile setzen viele Firmen Outsourcing-Lösungen nur zögernd ein. Nach einer Untersuchung des Marktforschungsunternehmens Yankee Group nutzen nur 13,5 Prozent der großen Unternehmen Managed Services für ihre Firmennetze, 12 Prozent denken über deren Einsatz nach. Bei kleineren und mittleren Unternehmen ist die Zurückhaltung noch größer.

Vielen Unternehmen fällt es offensichtlich schwer, geschäftskritische Kompetenzen auszulagern. Bereiche wie Sicherheit oder Datenspeicherung erscheinen ihnen zu sensibel, als dass sie Dritten überlassen werden könnten. Die Pleiten einiger Serviceprovider fördern zudem nicht gerade das Vertrauen. Aber auch wer mit seinem Dienstleister unzufrieden ist und aus bestehenden Verträgen aussteigen will, tut sich schwer. Ein Providerwechsel ist in vielen Fällen mühselig und teuer.

Häufig scheitert der Einsatz von Managed Services auch an Integrationsproblemen. Gerade in größeren Firmen haben sich über Jahrzehnte hin proprietäre IT-Landschaften entwickelt. Diese bieten meist keine standardisierten Schnittstellen und können nur mit erheblichem Aufwand an ein Fremdsystem angepasst werden.

Um sich in dem stark angebotsgetriebenen Markt durchzusetzen, fehlt den meisten Providern zudem ein klares Markenimage. Weder bei den Services selbst noch bei Tarifen und Leistungen herrscht Transparenz. "Wer langfristig Erfolg haben will, muss sich auf vertikale Märkte spezialisieren und sich einen Markennamen aufbauen", rät Frost-Analystin Martin.

Nacharbeiten müssen die Provider auch, was die Qualitätssicherung angeht. Zwar bieten die meisten Service Levels in irgendeiner Form an, doch häufig sind diese Vereinbarungen ohne große Auswirkung. Nur wenn der Kunde sicher ist, dass der Provider im Schadensfall seine finanziellen Einbußen kompensiert, wird er das notwendige Vertrauen aufbringen können. "Wenn ich eine Versicherung abschließe, will ich schließlich auch sicher sein, dass sie im Schadensfall zahlt", so Martin.

Managed Hosting ist in der Flaute

Besonders der Markt für Dienstleistungen rund um das Outsourcing von Webauftritten hat schwer unter dem Dotcom-Sterben der letzten Monate gelitten. In Europa betrugen die Umsätze für Managed Hosting nach einer Analyse von Frost & Sullivan 2001 gerade einmal 564 Millionen Dollar. Die Wachstumsraten fielen von über 650 Prozent im Jahr 1999 auf knapp über 20 Prozent im letzten Jahr. "Kaum ein anderer Sektor der IT- und TK-Branche musste einen derartigen Wandel verkraften", sagt James Eibisch, Research Director bei IDC.

Überkapazitäten und dünne Finanzdecken führen zu einer massiven Konsolidierung bei den Anbietern. Europaweit werden derzeit rund 630 000 Quadratmeter Colocation-Fläche angeboten, lediglich ein Drittel davon sei vermietet, so Frost & Sullivan (siehe auch Seite 18).

Die langfristigen Aussichten für das Hostinggeschäft sind gut. Frost & Sullivan erwartet ab 2004 einen spürbaren Wachstumsschub, IDC sieht ebenfalls eine Erholung der Nachfrage und Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich. Die Marktforscher von Technomar glauben sogar, dass sich die Hostingflächen in Deutschland unter günstigen Bedingungen bis 2005 verzehnfachen könnten.

Auch im Bereich Security soll der Bedarf an Managed Services wachsen, auch wenn wie üblich die Zahlen und Bemessungsgrundlagen der Analysten stark differieren. Nach einer Prognose der Yankee Group wird sich das Marktvolumen von 2000 bis 2005 auf 1,7 Milliarden Dollar verzehnfachen, IDC erwartet einen Zuwachs von rund 500 Millionen im Jahr 1998 auf 2,2 Milliarden Dollar im Jahr 2003. Etwas bescheidener geben sich die IT-Analysten von Giotto Perspectives: 900 Millionen Dollar Umsatz sollen es in diesem Jahr sein.

Trotz der guten Wachstumsprognosen werden es vor allem die Newcomer im Geschäft schwer haben. Zu viele Anbieter tummeln sich auf dem Markt - zwischen 50 und 80 Firmen bieten derzeit ihre Sicherheitsdienste an. Das IT-Consultingunternehmen Gartner sagt voraus, dass 60 Prozent der Managed-Security-Serviceprovider aufgeben oder aufgekauft werden. Größe und ein gutes Finanzpolster dürften die wesentlichen Faktoren sein, die notwendig sind, um die derzeitige Durststrecke zu überstehen. Wer also eine Investition in Managed Services plant, sollte sich die Bilanzen des potenziellen Providers sehr genau ansehen.