Funknetze im Überblick

10.10.2002 von Burkhard Müller
Die neuen WLANs sollen vor allem mit gesteigerten Datenraten und Konvergenz von Sprach- und Datendiensten überzeugen. Diese Übersicht zeigt die Vorteile der verschiedenen Techniken auf.

Die Marktführerschaft im Bereich Wireless Networks beanspruchen momentan Funknetze nach dem Standard 802.11b (11 MBit/s theoretische Datenrate) sowie dessen High-Speed-Nachfolger 802.11a (54 MBit/s). Aber es existieren auch andere Standards, die teilweise mehr Komfort und geringere Kosten versprechen.

Größtes Manko der WLANs nach a- und b-Standard: Sie haben keine Sprachdienste zu bieten - ein Anwendungsbereich, in dem sich seit Jahren schon die DECT-Technologie bestens bewährt. Kombinationen aus WLAN und DECT, wie sie zum Beispiel HomeRF integriert, sind ein interessanter Ansatz. Daneben drängt die vom Mobiltelefon her bekannte Funktechnik immer mehr in die paketvermittelten Datennetze, allerdings noch bei geringen Datenraten und zu extrem hohen Kosten.

Viele Konkurrenztechniken zu 802.11b kämpfen damit, dass es für sie nur wenige bis gar keine Endgeräte gibt, während die Preise für WLAN-Hardware nach 802.11b-Standard auf äußerst günstigem Niveau liegen.

Bluetooth: Funken auf kurze Distanz

Bluetooth (IEEE 802.15, WPAN) ist eine Funktechnik, die über kurze Strecken Notebooks, Handys, PDAs und andere Geräten untereinander verbindet. Die Reichweite zwischen den Geräten liegt dabei unter 10 Metern, was das Einsatzgebiet stark einschränkt.

Mit Bluetooth kann die gesamte PC-Peripherie von der Maus über die Tastatur bis zum Netzwerk per Funk miteinander kommunizieren, und das nahezu ohne jeden Kabelsalat. So wird Bluetooth etwa zur schnurlosen Verbindung eines Headsets mit dem Handy genutzt, beispielsweise von Ericsson. Weitere Geräte, die derzeit mit Bluetooth arbeiten: Scanner, Digitalkameras, DV-Camcorder, Uhren und sogar Festplatten.

Die Spezifikation ist offen und hält alle notwendigen Informationen bereit, die für eine weltweite Kommunikation aller Bluetooth-fähigen Geräte gebraucht werden. Sie enthält auch Definitionen für die Anwendungsschicht, die die Entwicklung von Sprach- und Datenapplikationen ermöglichen.

Wie die WLANs verwendet Bluetooth das lizenzfreie 2,4-GHz- oder ISM-Band (ISM steht für Industrial, Scientific, Medical), das weltweit zugelassen ist. Mit der Technik des Frequenz-Hoppings, bei der die Übertragungsfrequenz 1600-mal pro Sekunde wechselt, erreicht Bluetooth eine recht störungsfreie Datenübertragung. Die Datenraten liegen bei maximal 1 MBit/s.

Bluetooth-fähige Geräte arbeiten in einem so genannten Piconet zusammen. Es besteht aus einem Master, der unter anderem das Frequenz-Hopping steuert, und bis zu sieben Slaves. Überlappende Piconets bilden ein so genanntes Scatternet.

Mit Bluetooth werden überwiegend temporäre Verbindungen aufgebaut, wogegen ein WLAN eher stationären Charakter hat. In diesem Sinne ergänzt Bluetooth die WLAN-Technik. Beide senden allerdings auf dem gleichen Frequenzband, was sich negativ auf die Übertragungsgeschwindigkeit auswirken kann. Auf Grund seiner geringen Geschwindigkeit ist Bluetooth bisher nicht für typische Netzwerkanwendungen wie Datei- und Druckservices geeignet.

DECT: Bewährte Funktechnik

Der DECT-Standard ist eine besonders in Europa weit verbreitete Funktechnologie, die Zugang zu jeglicher Art von Netzwerken bietet. Der Vorteil von DECT besteht in der Unterstützung zahlreicher Anwendungen und Dienste. Lokale DECT-Anwendungen (so genannte Campus-Telefonnetze), etwa Verbindungen ins öffentliche Telefonnetz, ISDN, GSM, LAN-Anbindung und andere, stellen Dienste wie Sprachtelefonie, Fax, Internet-Anbindung und X25 zur Verfügung, um nur einige zu nennen.

DECT-Systeme setzen sich zusammen aus dem DECT Fixed Part (FP), der aus einer oder mehreren Basisstationen besteht, und verschiedenen DECT Portable Parts (PPs). Überlappende Funkzellen bilden die Struktur eines DECT-Netzwerks.

Die Größe des Netzwerks ist nahezu unbegrenzt, bis zu 100.000 Anwender gleichzeitig können in Büroumgebungen versorgt werden. In Europa wird das Band von 1880 bis 1900 MHz belegt, andere Länder weichen davon ab, teilweise wird auch das 2,4-GHz-Band verwendet. Die Reichweite von DECT ist in Gebäuden größer als die von WLANs nach 802.11b: 50 Meter in Gebäuden und bis zu 200 Meter im Freien sind möglich, wobei die üblichen Einschränkungen für Störungen durch Wände, Metall, Glas und Bäume gelten.

Ursprünglich wurde DECT für synchrone symmetrische Telefonie entwickelt, die Technik unterstützt inzwischen aber auch paketorientierte Datenübertragung. Das DECT Packet Radio Service Protocol (DPRS) erlaubt eine Kanalbündelung, so dass Datenraten bis zu 552 KBit/s erreicht werden, die sich unterschiedlich auf Uplink und Downlink verteilen lassen. Für effiziente Netzwerkanwendungen ist das zu wenig, es sind aber Bestrebungen im Gange, Datenraten bis zu 2 MBit/s zu erreichen.

HomeRF: WLAN und DECT vereint

Speziell für den Einsatz im Heimbereich hat die HomeRF Working Group den Standard HomeRF geschaffen: eine Kombination aus WLAN und DECT. HomeRF erlaubt einerseits die paketorientierte Datenvermittlung, andererseits werden - im Gegensatz zu WLAN - auch Sprachdienste nach DECT-Standard unterstützt. HomeRF garantiert konstante Datenraten, die für störungsfreie Sprachverbindungen gebraucht werden und auch um etwa Digital Audio in CD-Qualität in Gebäuden über mehrere Stockwerke hinweg zu verbreiten.

HomeRF-kompatible Geräte sind auf niedrigen Stromverbrauch optimiert, da sie meistens mit Batterien arbeiten. Die Sendeleistung beträgt maximal 100 mW, die Reichweite höchstens 100 Meter. HomeRF 2.0 arbeitet mit Datenraten bis zu theoretisch 10 MBit/s, eine Erweiterung auf 20 MBit/s wird derzeit entwickelt.

HiperLAN/2: High-Speed-Funker

Die Einführung eines drahtlosen Hochgeschwindigkeitsnetzes treibt das HiperLAN2 Global Forum voran. HiperLAN/2 arbeitet im 5-GHz-Band, was eine Abstimmung mit Funknetzen nach 802.11a erforderlich macht, die ebenfalls dieses Band nutzen.

Mit HiperLAN/2 sind Datenraten von bis zu 54 MBit/s zu erreichen. Der Standard entspricht auch hinsichtlich der Dienstgüte (QoS) der drahtlosen Variante von ATM. Ein HiperLAN/2-Netzwerk hat Ähnlichkeit mit WLANs nach dem a- oder b-Standard: Mobile Terminals kommunizieren mit dem Access Point (AP), der seinerseits die Verbindung ins Festnetz herstellt. Zu jedem Zeitpunkt kann eine Verbindung immer nur mit einem AP unterhalten werden. Beim Roaming bewegen sich Terminals von Funkzelle zu Funkzelle, wobei die APs die Verbindung aufrechterhalten.

Ein Ad-Hoc-Modus wird ebenfalls unterstützt, der bei HiperLAN/2 Direct Mode heißt. In diesem Modus können die Terminals untereinander ohne einen AP kommunizieren, allerdings ist ein so genannter Central Controller erforderlich, der die Aktivitäten koordiniert.

Anders als WLAN nach 802.11a/b arbeitet HiperLAN/2 verbindungsorientiert. Bevor Nutzdaten ausgetauscht werden können, muss zunächst eine Verbindung zwischen Terminal und AP hergestellt sein. Unterstützt werden bidirektionale Punkt-zu-Punkt- sowie unidirektionale Punkt-zu-Multipunkt-Verbindungen in Terminal-Richtung. Zudem kann ein AP Daten an alle Terminals innerhalb der Funkzelle senden.

GSM: Globale Handy-Kommunikation

Der GSM-Standard beschreibt ein zellulares Mobilfunksystem mit Datenraten bis zu 9,6 KBit/s pro Kanal für Daten oder Sprache. Das System hat sich inzwischen in ganz Europa durchgesetzt, weltweit kommen laufend weitere Länder hinzu. Zu den Marktführern in Deutschland gehören T-Mobil (D1-Netz), Vodafone (D2-Netz), E-Plus (E1-Netz) und O2 (E2-Netz).

GSM ist leitungsvermittelt und asynchron. Zu den Leistungsmerkmalen gehören unter anderem Anrufumleitung, Anklopfen, Makeln, Dreierkonferenzen sowie SMS bis zu 160 Zeichen.

Für die Funkübertragung verwendet GSM Frequenzen aus dem 900-MHz- und dem 1800-MHz-Bereich (in den E-Netzen nur 1800 MHz). Jede Frequenz wird dabei für mehrere Sprach- oder Datenverbindungen genutzt. Pro Kanal werden acht Verbindungen in so genannten Zeitschlitzen übertragen. Bei diesem Zeitmultiplex-Verfahren (TDMA) wird jeder Kanal in acht Zeitschlitze unterteilt, die je eine Verbindung übertragen können und kurz nacheinander gesendet werden (Multiplexing). Jeder Zeitschlitz dauert 0,577 ms und kann für eine Sprach- oder Datenverbindung verwendet werden. Diese acht Zeitschlitze bilden zusammen den TDMA-Zeitrahmen mit einer Dauer von 4,615 ms.

Der GSM-Frequenzbereich teilt sich in einzelne Kanäle, die so gewählt sind, dass sie sich gegenseitig möglichst nicht stören. Der 900-MHz-Bereich ist zum Beispiel in 124 Kanäle mit einer Bandbreite von je 200 kHz unterteilt. Diese Unterteilung heißt Frequenzmultiplex-Verfahren (Frequency Divison Multiple Access, FDMA). Zusammen mit dem Zeitmultiplex-Verfahren ergibt sich so eine effektive Ausnutzung der Kanäle.

Für jede Verbindung sind zwei Kanäle erforderlich, um gleichzeitig senden und empfangen zu können (Duplex-Betrieb). Deshalb ist der Frequenzbereich in ein Ober- und ein Unterband aufgeteilt: Bei GSM 900 wird der Bereich von 890 bis 915 MHz als Unterband bezeichnet und für die Übertragung von den Mobil- zu den Basisstationen benutzt (Uplink). Das Oberband verwendet den Bereich von 935 bis 960 MHz für die umgekehrte Übertragung: von der Basisstation zu den Mobilstationen.

GPRS: Datentransporteur

GPRS ist eine Erweiterung des GSM-Standards und erlaubt vor allem höhere Übertragungsraten bis zu 53 KBit/s mittels Kanalbündelung. Dieser Dienst benutzt eine paketvermittelte Datenübertragung und eignet sich deshalb besonders für die Internet-Anbindung des Handys.

UMTS: Breitbandkommunikator

Als Nachfolger von GSM und GPRS soll UMTS als Mobilfunksystem der dritten Generation (3G) ein schnelleres Surfen im Internet ermöglichen sowie die Übertragung von Multimedia-Daten wie Videos bei Datenraten bis zu 2 MBit/s.

Der Ausbau der UMTS-Netze erfolgt zur Zeit parallel zur bisherigen GSM-Technik (Dual-Mode) zunächst in den Ballungsgebieten. Verlässt ein UMTS-fähiges Terminal die UMTS-Funkzelle, findet ein automatischer Handover in eine Funkzelle des flächendeckenden GSM-Netzes statt. UMTS-Terminals unterstützen daher auch die Standards GSM 900 und GSM 1800 (Multi-Mode-Geräte). Auf Grund der derzeitigen Turbulenzen am Mobilfunkmarkt ist der tatsächliche Netzstart von UMTS noch nicht abzusehen.

Die Grundlage von UMTS bildet das CDMA-Verfahren. Dabei senden alle Teilnehmer im gleichen Frequenzkanal mit etwa 5 MHz Bandbreite. Jede Verbindung erhält zur Abgrenzung von anderen einen individuellen Code. UMTS arbeitet im Bereich um 2 GHz. Unterschieden werden gepaarte und ungepaarte Frequenzbereiche. Diese Frequenzen differieren von Netzanbieter zu Netzanbieter.

UMTS: Breitbandkommunikator II

Im gepaarten Frequenzbereich werden für Uplink und Downlink getrennte Kanäle verwendet, im ungepaarten Bereich nur ein Kanal. Der ungepaarte Bereich wird dort benutzt, wo Daten überwiegend nur in eine Richtung fließen, zum Beispiel bei Downloads aus dem Internet.

Im gepaarten Frequenzbereich kommt das so genannte W-CDMA als Basistechnik zum Einsatz, im ungepaarten das TD-CDMA (Time Division CDMA). Diese Verfahren unterscheiden sich von der GSM-Technik, bei der für jede Verbindung eine bestimmte Trägerfrequenz sowie ein Zeitschlitz verwendet werden.

Die Datenraten hängen unter anderem von der Geschwindigkeit ab, mit der sich die Teilnehmer bewegen. Theoretisch sind bis zu 2 MBit/s erreichbar, wobei sich der Teilnehmer aber kaum fortbewegen darf. Zunächst ist die Datenrate auf 384 KBit/s beschränkt, sie wird erst im weiteren Ausbau der Netze erhöht werden.

Die Datenrate von UMTS liegt damit deutlich über den von GSM (9,6 KBit/s) und GPRS (53 KBit/s) und kann anders als bei diesen Techniken je nach Anforderung variieren: So wird zum Beispiel bei einer Videoübertragung eine höhere Datenrate verwendet als für ein Telefongespräch.

UMTS unterstützt die paketvermittelte Datenübertragung, bei der die Daten in kleine Pakete aufgeteilt und über verschiedene gerade, freie Übertragungswege versendet werden. Das entlastet das Netz, da keine dauerhafte Verbindung zwischen Sender und Empfänger aufgebaut werden muss. Durch eine spezielle Adressierung können die Pakete beim Empfänger wieder richtig zusammengesetzt werden. Mit der GPRS-Erweiterung der GSM-Systeme kommt die Paketvermittlung auch in diesen Netzen zum Einsatz.

Standards im Überblick

Standards im Überblick

Netz

Frequenzband

Reichweite*

Geschwindigkeit

Einsatzgebiet

* Grundreichweite ohne Zusatzverstärker und Richtantennen, ** Reichweite Basisstation maximal 30 km (900 MHz) und 15 km (1800 MHz)

Bluetooth

2,4 GHz

10 m (bis 100 m)

max. 1 MBit/s

Personal Area Networks

DECT

1880 - 1900 MHz

50 m in Gebäuden, 300 m im Freien

max. 20 MBit/s

lokale Sprache und Datendienste

HomeRF

2,4 GHz

50 m

1,6 MBit/s, Kanalbündelung möglich

SOHO-Netzwerke

HiperLAN/2

5 GHz

50 - 100 m

max. 54 Mbit/s

Zugang zu Festnetzen

GSM

900 und 1800 MHz

1 - 5 km**

9,6 MBit/s, Kanalbündelung möglich

Mobilfunk

GPRS

900 und 1800 MHz

1 - 5 km**

53 Kbit/s

Datenmobilfunk

UMTS

1900 - 2000 MHz und 2100 - 2200 MHz

ähnlich GSM/GPRS

max. 2 MBit/s

Daten, Sprache, Multimedia

802.11b

2,4 GHz

30 - 50 m in Gebäuden, 100 m im Freien

max. 11 MBit/s

WLAN Netzwerkdienste

Ringen um Marktanteile

Funknetze nach dem 802.11b-Standard sprießen nur so aus dem Boden. Die günstigen Einstandspreise und die recht einfache Inbetriebnahme sorgen für eine schnelle Verbreitung in Unternehmen, aber auch an öffentlich zugänglichen Plätzen sowie in Privathaushalten. Die Nachfrage steigt derzeit ungebrochen.

Firmenspezifische Anpassungen und Erweiterungen des Standards im Hinblick auf einen größeren Datendurchsatz könnten den 802.11-WLANs immense Wachstumsraten bescheren. Inwieweit hier andere Standards wie HiperLAN/2 und HomeRF Aussicht auf Erfolg haben, ist noch nicht abzusehen.

Nach großen Startschwierigkeiten steigt momentan auch das Angebot an verfügbaren Endgeräten mit Bluetooth-Unterstützung rapide an. Mit Bluetooth ausgestattete Handys, Headsets, Organizer und Drucker wachsen dank kostengünstiger Bluetooth-Adapter für den PC zusammen. Diese Funktechnik für kurze Strecken ergänzt breitbandige Funknetze, ersetzt diese aber nicht.

Die Kommunikationstechnik rund um UMTS wird sich in den nächsten Jahren rasant weiterentwickeln. Unklar ist zur Zeit, wie groß der Markt für Multimedia-Anwendungen aller Art in Zukunft tatsächlich sein wird. (kmo)