Funknetze als schnelle Brücke ins Datennetz

08.03.2002
Mit Wireless LAN, Bluetooth und UMTS sind schnelle drahtlose Datenübertragungstechniken auf den Plan getreten, die auf den ersten Blick auf mehreren Feldern miteinander konkurrieren - eine falsche Einschätzung, wie sich bei genauer Betrachtung zeigt.

Von: Matthias Brünen

Die Unterschiede in Bezug auf Geschwindigkeit und Qualität, die zwischen Mobilfunksystemen und lokalen Netzen bestehen, werden dem Nutzer vor allem dann bewusst, wenn der den Schreibtisch im Büro gegen einen mobilen Arbeitplatz eintauscht. Der User steht dann vor einem weiteren Problem: Es ist alles andere als einfach, Notebook, Drucker und Mobiltelefon miteinander zu verbinden. Entweder muss der Anwender mit Datenkabeln herumhantieren oder Infrarot-Schnittstellen einsetzen, die einen ständigen "Sichtkontakt" zwischen den Geräten erfordern.

Einen größeren Komfort und höhere Datenraten versprechen folgende Techniken:

- Bluetooth, eine Funkübertragungstechnik für kurze Entfernungen,

- Wireless LANs sowie

- das Universal Mobile Telecommunications System (UMTS).

Um akzeptable Datenraten zu bieten, greift UMTS auf zwei Verfahren zurück: Code Division Multiple Access (CDMA) und IPv6. Durchsatzraten von bis zu 2 MBit/s erlauben es, in begrenztem Umfang auch Multimedia-Inhalte zu übertragen, etwa Filme im MPEG-1-Format oder Sprache in Form von Paketen (Voice over IP). Die Mobilfunknetze der dritten Generation (3G) läuten einen Prozess ein, an dessen Ende die Integration von Daten- und Sprachdiensten auf Basis des IP-Protokolls stehen wird.

Die Grundlagen für mobile IP-Anwendungen wurden mit der GPRS-Technik (General Packet Radio Service) gelegt, die eine paket-orientierte Datenübertragung vorsieht. Die Internet Engineering Task Force (IETF) hat zudem mit den Mobile-IP-Standards bereits das Mobilitätsmanagement für IP-Dienste definiert (siehe Ticker "Mobilitätsmanagement bei Mobile IP"). Im Zusammenhang mit der Mobilkommunikation spielt vor allem eine Eigenschaft der Version 6 des Internetprotokolls eine zentrale Rolle: Pakete lassen sich bei IPv6 priorisieren. So können beispielsweise Daten, die Teil einer Videoübertragung oder einer Sprachverbindung sind, Vorrang gegenüber E-Mails erhalten.

In den Mobilfunknetzen wird es letztlich zu einer Konvergenz der Dienste kommen, weil dann auch Sprache in Form von Paketen über IP-Netze transportiert wird. Die Mobilnetzbetreiber tauschen diese Informationen über so genannte GPRS Roaming Exchanges aus. Diese GRX sind im Prinzip Virtuelle Private Netze (IP-VPN). Solche Netze, allerdings auf Basis von IPv4, bieten viele Betreiber weltweiter IP-Netze bereits heute ihren Kunden an. Somit hat UMTS das Potenzial, die "Mobilitätslücke" bei der Daten- und Sprachkommunikation zu schließen.

Wireless LANs als Brücke zum Internet

Ein zweiter Weg, um mobile Datendienste in Hot Spots bereitzustellen, sind Wireless LANs. WLANs gemäß der Spezifikation IEEE 802.11b haben eine Bruttoübertragungsrate von 11 MBit/s. Sie arbeiten im Frequenzbereich 2,4 GHz, für den keine Lizenzgebühren anfallen. Deshalb lassen sich solche Netze mit relativ geringen Investitionskosten aufbauen (Beispiele dazu finden Sie in der erweiterten Online-Version dieses Artikels unter www.networkworld.de). Ein Serviceprovider kann deshalb zu vergleichsweise günstigen Konditionen einen Breitband-Internetzugang für mobile Endgeräte anbieten.

Dennoch haben Wireless LANs, über die sich Reisende oder Geschäftsleute an öffentlichen Orten in das Internet oder andere Datennetze einklinken können, noch Seltenheitswert. Der Grund: WLANs ließen sich bislang nicht refinanzieren, weil Abrechungsverfahren für Endkunden fehlten. Obwohl alle Komponenten zur Verfügung stehen, vom Notebook mit Funk-LAN-Karte bis hin zum Access Point, haben die meisten User bis jetzt keine Möglichkeit, die Vorteile eines kabellosen LANs außerhalb des Unternehmensnetzes zu nutzen.

Dazu trägt die Architektur konventioneller WLANs bei. Sie sind in erster Linie dafür ausgelegt, kabelgestützte lokale Netze zu ersetzen oder zu ergänzen. Erst seit kurzem sind Produkte auf dem Markt, die auf den Einsatz in Hot Spots zugeschnitten sind. Zu dieser Kategorie zählt beispielsweise die Produktlinie "Operator Wireless LAN" von Nokia. Bei dieser Lösung authentifiziert sich der User eines WLAN mithilfe einer GSM-SIM-Karte, die im Funkadapter seines Notebooks integriert ist. Für Anwender, die bereits eine "normale" WLAN-PC-Card besitzen, hat Nokia eine alternative Lösung parat. Der User kann nach der Authentifizierung auf das Wireless LAN und sein Mobilfunk-netz zugreifen. Die Gebühren für beide Netze werden über die Mobilfunkrechnung abgebucht.

In dieser Konstellation eröffnen Wireless LANs dem mobilen Anwender den Zugang zum ortsgebundenen Internet und zum Intranet - als Ergänzung zum Mobilfunk.

Bluetooth für die kurzen Distanzen

Die dritte Wireless-Technik, die künftig für mobile User an Bedeutung gewinnen wird, ist Bluetooth. Das Funksystem ist für die Datenübertragung im Nahbereich bis zehn Meter ausgelegt. Es soll insbesondere Infrarot ersetzen. Zwar verfügen die meisten Mobilgeräte über eine entsprechende Schnittstelle. In der Praxis ist es jedoch umständlich, Handys, Notebooks oder PDAs über Infrarot zu koppeln, denn die notwendige Sichtverbindung lässt sich faktisch nur innerhalb geschlossener Räume mit günstigen Lichtverhältnissen herstellen. Die Geräte sollten zudem auf einem festen Untergrund liegen, etwa einem Tisch, und dürfen nicht bewegt werden.

Bluetooth, das ursprünglich von Ericsson, IBM, Intel, Nokia und To-shiba entwickelt wurde, erleichtert die Verbindung, indem an die Stelle der Infrarot-Schnittstellen ein Funksender beziehungsweise Empfänger tritt, der mit einer Leistung von 1 mW geringe Entfernungen überbrücken kann. Im Duplexbetrieb wird dabei in der Praxis eine Übertragungsrate von 432 kBit/s erzielt. Marktbeobachter gehen davon aus, dass Bluetooth nicht als Ersatz für Wireless LANs infrage kommt. Zum einen haben WLANs- einen Vorsprung in puncto Übertragungsgeschwindigkeit, zum anderen werden die Sicherungsmechanismen von Bluetooth im Vergleich zu denen von Wireless LANs als problematisch angesehen.

Bluetooth wird sich daher vor allem als Medium für die Datenübertragung im Nahbereich durchsetzen. Typische Einsatzgebiete sind der Anschluss von Peripheriegeräten wie Sprechgarnituren, Dru-ckern und Kameras, aber auch standortbezogene Mobilfunk- und Navigationsdienste, also Location Based Services.

Somit lässt sich folgendes Fazit ziehen: Alles deutet darauf hin, dass es zu einer Arbeitsteilung zwischen den aufgeführten Funktechniken kommen wird. Geschäftskunden und Privatleute, die auf Flughäfen, Bahnhöfen oder in Konferenzzent-ren einen drahtlosen Internetzugang mit akzeptablen Übertragungsraten haben möchten, werden Public Wireless LANs den Vorzug geben. Zwar hat auch diese Technik ihre Tücken: Sie ist beispielsweise ein "Shared Media", das bedeutet, mehrere Benutzer in einer Funkzelle müssen sich die Bandbreite teilen. Wegen der höheren Bandbreite und der niedrigeren Kosten dürfte ein solcher Netzzugang für den Anwender akzeptabler sein als das Surfen via UMTS. Bluetooth dagegen ist aufgrund der Reichweite und relativ niedrigen Übertragungsraten auf den Einsatz in "Personal Area Networks" beschränkt. Als Alternative zu Wireless LANs taugt dieses Verfahren nicht. (re)

Zur Person

Matthias Brünen

ist als Produktmarketing-Manager bei der Nokia GmbH im Bereich Nokia Networks tätig.